Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Theil 9. Hauptstück.
öffentlichen aber unter dem Beding der
Genehmhaltung verspricht.

§. 1221.
Wie der
Friede
könne
gemacht
werden.

Weil die Strenge der Gerechtigkeit erfor-
dert, daß ein ieder zu seinem Recht komme;
so müßte, wenn diese bey Schliessung des Frie-
dens beobachtet werden sollte, ein Urtheil über
die Gerechtigkeit des Krieges abgefasset, und
demjenigen, welcher einen rechtmäßigen Krieg
geführet, die Schuld abgetragen werden, de-
rentwegen der Krieg geführet worden, man
müßte ihm die Kriegsunkosten wiedergeben,
und ihm wegen des in dem Kriege selbst an-
gethanen Unrechts genug thun (§. 1190.),
was aber von einem rechtmäßigen Krieger
über das Ziel der Schuld eingenommen wor-
den, müßte dem andern wiedergegeben, und
ihm wegen des Unrechts, so ihm durch den
Misbrauch des Rechts wiederfahren, Genüge
geleistet werden (§. 271.). Es erhellet gantz
leicht, wenn auf diese Art Friede gemacht
werden sollte, so würde der Handel nimmer-
mehr zum Ende kommen. Daher kann man
nicht anders Friede stiften, als durch
Vergleich (§. 764.), und
deswegen wer-
den in dem Friedensvergleich weder
die Ursachen des Krieges, noch die
Streitigkeiten, welche über das ge-
schehene im Kriege erreget werden
konten, geschlichtet, indem kein Theil
den andern der Ungerechtigkeit bezüch-
tiget, und man vielmehr die anrathen-

den

IV. Theil 9. Hauptſtuͤck.
oͤffentlichen aber unter dem Beding der
Genehmhaltung verſpricht.

§. 1221.
Wie der
Friede
koͤnne
gemacht
werden.

Weil die Strenge der Gerechtigkeit erfor-
dert, daß ein ieder zu ſeinem Recht komme;
ſo muͤßte, wenn dieſe bey Schlieſſung des Frie-
dens beobachtet werden ſollte, ein Urtheil uͤber
die Gerechtigkeit des Krieges abgefaſſet, und
demjenigen, welcher einen rechtmaͤßigen Krieg
gefuͤhret, die Schuld abgetragen werden, de-
rentwegen der Krieg gefuͤhret worden, man
muͤßte ihm die Kriegsunkoſten wiedergeben,
und ihm wegen des in dem Kriege ſelbſt an-
gethanen Unrechts genug thun (§. 1190.),
was aber von einem rechtmaͤßigen Krieger
uͤber das Ziel der Schuld eingenommen wor-
den, muͤßte dem andern wiedergegeben, und
ihm wegen des Unrechts, ſo ihm durch den
Misbrauch des Rechts wiederfahren, Genuͤge
geleiſtet werden (§. 271.). Es erhellet gantz
leicht, wenn auf dieſe Art Friede gemacht
werden ſollte, ſo wuͤrde der Handel nimmer-
mehr zum Ende kommen. Daher kann man
nicht anders Friede ſtiften, als durch
Vergleich (§. 764.), und
deswegen wer-
den in dem Friedensvergleich weder
die Urſachen des Krieges, noch die
Streitigkeiten, welche uͤber das ge-
ſchehene im Kriege erreget werden
konten, geſchlichtet, indem kein Theil
den andern der Ungerechtigkeit bezuͤch-
tiget, und man vielmehr die anrathen-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0936" n="900"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Theil 9. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">o&#x0364;ffentlichen</hi> aber <hi rendition="#fr">unter dem Beding der<lb/>
Genehmhaltung ver&#x017F;pricht.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1221.</head><lb/>
              <note place="left">Wie der<lb/>
Friede<lb/>
ko&#x0364;nne<lb/>
gemacht<lb/>
werden.</note>
              <p>Weil die Strenge der Gerechtigkeit erfor-<lb/>
dert, daß ein ieder zu &#x017F;einem Recht komme;<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;ßte, wenn die&#x017F;e bey Schlie&#x017F;&#x017F;ung des Frie-<lb/>
dens beobachtet werden &#x017F;ollte, ein Urtheil u&#x0364;ber<lb/>
die Gerechtigkeit des Krieges abgefa&#x017F;&#x017F;et, und<lb/>
demjenigen, welcher einen rechtma&#x0364;ßigen Krieg<lb/>
gefu&#x0364;hret, die Schuld abgetragen werden, de-<lb/>
rentwegen der Krieg gefu&#x0364;hret worden, man<lb/>
mu&#x0364;ßte ihm die Kriegsunko&#x017F;ten wiedergeben,<lb/>
und ihm wegen des in dem Kriege &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
gethanen Unrechts genug thun (§. 1190.),<lb/>
was aber von einem rechtma&#x0364;ßigen Krieger<lb/>
u&#x0364;ber das Ziel der Schuld eingenommen wor-<lb/>
den, mu&#x0364;ßte dem andern wiedergegeben, und<lb/>
ihm wegen des Unrechts, &#x017F;o ihm durch den<lb/>
Misbrauch des Rechts wiederfahren, Genu&#x0364;ge<lb/>
gelei&#x017F;tet werden (§. 271.). Es erhellet gantz<lb/>
leicht, wenn auf die&#x017F;e Art Friede gemacht<lb/>
werden &#x017F;ollte, &#x017F;o wu&#x0364;rde der Handel nimmer-<lb/>
mehr zum Ende kommen. Daher <hi rendition="#fr">kann man<lb/>
nicht anders Friede &#x017F;tiften, als durch<lb/>
Vergleich (§. 764.), und</hi> deswegen <hi rendition="#fr">wer-<lb/>
den in dem Friedensvergleich weder<lb/>
die Ur&#x017F;achen des Krieges, noch die<lb/>
Streitigkeiten, welche u&#x0364;ber das ge-<lb/>
&#x017F;chehene im Kriege erreget werden<lb/>
konten, ge&#x017F;chlichtet, indem kein Theil<lb/>
den andern der Ungerechtigkeit bezu&#x0364;ch-<lb/>
tiget, und man vielmehr die anrathen-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">den</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[900/0936] IV. Theil 9. Hauptſtuͤck. oͤffentlichen aber unter dem Beding der Genehmhaltung verſpricht. §. 1221. Weil die Strenge der Gerechtigkeit erfor- dert, daß ein ieder zu ſeinem Recht komme; ſo muͤßte, wenn dieſe bey Schlieſſung des Frie- dens beobachtet werden ſollte, ein Urtheil uͤber die Gerechtigkeit des Krieges abgefaſſet, und demjenigen, welcher einen rechtmaͤßigen Krieg gefuͤhret, die Schuld abgetragen werden, de- rentwegen der Krieg gefuͤhret worden, man muͤßte ihm die Kriegsunkoſten wiedergeben, und ihm wegen des in dem Kriege ſelbſt an- gethanen Unrechts genug thun (§. 1190.), was aber von einem rechtmaͤßigen Krieger uͤber das Ziel der Schuld eingenommen wor- den, muͤßte dem andern wiedergegeben, und ihm wegen des Unrechts, ſo ihm durch den Misbrauch des Rechts wiederfahren, Genuͤge geleiſtet werden (§. 271.). Es erhellet gantz leicht, wenn auf dieſe Art Friede gemacht werden ſollte, ſo wuͤrde der Handel nimmer- mehr zum Ende kommen. Daher kann man nicht anders Friede ſtiften, als durch Vergleich (§. 764.), und deswegen wer- den in dem Friedensvergleich weder die Urſachen des Krieges, noch die Streitigkeiten, welche uͤber das ge- ſchehene im Kriege erreget werden konten, geſchlichtet, indem kein Theil den andern der Ungerechtigkeit bezuͤch- tiget, und man vielmehr die anrathen- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/936
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/936>, abgerufen am 21.11.2024.