Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

und Zusagen ohne Vollmacht.
oder auch die höchste Gewalt nicht an-
ders andern verbindlich machen.

§. 1156.

Ein Bündniß ohne Vollmacht (spon-Von den
Verträ-
gen ohne
Voll-
macht.

sio) ist ein Vertrag, so die Republick ange-
het, welcher ohne Vollmacht von der höchsten
Gewalt, auch nicht innerhalb den Schrancken
desjenigen, worüber man gesetzt ist, errichtet
worden. Es verstehet sich aber leicht, daß
ein Stifter eines Vertrags ohne Voll-
macht sich anheischig mache, er wolle
bewircken, daß die höchste Gewalt
sein gethanes Versprechen genehm hal-
te, und er sich
folglich dazu verbinde
(§. 380.). Weil niemand den andern einem
dritten ohne seinen Willen verbinden kann
(§. 385.): so bringt der Vertrag ohne
Vollmacht keine Verbindlichkeit auf
die höchste Gewalt, wo diese jenen
nicht entweder ausdrücklich, oder still-
schweigend, indem sie nämlich etwas
thut, nachdem es ihr bekannt gewor-
den, was wahrscheinlicher Weise auf
keine andere Ursach gezogen werden
kann, gut heißet: und mithin noch
vielweniger, wenn sie ihren Misfallen
deutlich zu Tage geleget hat.
Weil aber
der, so ein Bündniß ohne Vollmacht schließt,
eine eigene, und nicht bloß eine fremde, Hand-
lung verspricht; so ist er, daferne die Ge-
nehmhaltung nicht erfolget, dem, mit
welchem er den Vertrag aufgerichtet

hat,

und Zuſagen ohne Vollmacht.
oder auch die hoͤchſte Gewalt nicht an-
ders andern verbindlich machen.

§. 1156.

Ein Buͤndniß ohne Vollmacht (ſpon-Von den
Vertraͤ-
gen ohne
Voll-
macht.

ſio) iſt ein Vertrag, ſo die Republick ange-
het, welcher ohne Vollmacht von der hoͤchſten
Gewalt, auch nicht innerhalb den Schrancken
desjenigen, woruͤber man geſetzt iſt, errichtet
worden. Es verſtehet ſich aber leicht, daß
ein Stifter eines Vertrags ohne Voll-
macht ſich anheiſchig mache, er wolle
bewircken, daß die hoͤchſte Gewalt
ſein gethanes Verſprechen genehm hal-
te, und er ſich
folglich dazu verbinde
(§. 380.). Weil niemand den andern einem
dritten ohne ſeinen Willen verbinden kann
(§. 385.): ſo bringt der Vertrag ohne
Vollmacht keine Verbindlichkeit auf
die hoͤchſte Gewalt, wo dieſe jenen
nicht entweder ausdruͤcklich, oder ſtill-
ſchweigend, indem ſie naͤmlich etwas
thut, nachdem es ihr bekannt gewor-
den, was wahrſcheinlicher Weiſe auf
keine andere Urſach gezogen werden
kann, gut heißet: und mithin noch
vielweniger, wenn ſie ihren Misfallen
deutlich zu Tage geleget hat.
Weil aber
der, ſo ein Buͤndniß ohne Vollmacht ſchließt,
eine eigene, und nicht bloß eine fremde, Hand-
lung verſpricht; ſo iſt er, daferne die Ge-
nehmhaltung nicht erfolget, dem, mit
welchem er den Vertrag aufgerichtet

hat,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p>
                <pb facs="#f0881" n="845"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">und Zu&#x017F;agen ohne Vollmacht.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">oder auch die ho&#x0364;ch&#x017F;te Gewalt nicht an-<lb/>
ders andern verbindlich machen.</hi> </p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1156.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Ein Bu&#x0364;ndniß ohne Vollmacht</hi><hi rendition="#aq">(&#x017F;pon-</hi><note place="right">Von den<lb/>
Vertra&#x0364;-<lb/>
gen ohne<lb/>
Voll-<lb/>
macht.</note><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;io)</hi> i&#x017F;t ein Vertrag, &#x017F;o die Republick ange-<lb/>
het, welcher ohne Vollmacht von der ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Gewalt, auch nicht innerhalb den Schrancken<lb/>
desjenigen, woru&#x0364;ber man ge&#x017F;etzt i&#x017F;t, errichtet<lb/>
worden. Es ver&#x017F;tehet &#x017F;ich aber leicht, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
ein Stifter eines Vertrags ohne Voll-<lb/>
macht &#x017F;ich anhei&#x017F;chig mache, er wolle<lb/>
bewircken, daß die ho&#x0364;ch&#x017F;te Gewalt<lb/>
&#x017F;ein gethanes Ver&#x017F;prechen genehm hal-<lb/>
te, und er &#x017F;ich</hi> folglich <hi rendition="#fr">dazu verbinde</hi><lb/>
(§. 380.). Weil niemand den andern einem<lb/>
dritten ohne &#x017F;einen Willen verbinden kann<lb/>
(§. 385.): <hi rendition="#fr">&#x017F;o bringt der Vertrag ohne<lb/>
Vollmacht keine Verbindlichkeit auf<lb/>
die ho&#x0364;ch&#x017F;te Gewalt, wo die&#x017F;e jenen<lb/>
nicht entweder ausdru&#x0364;cklich, oder &#x017F;till-<lb/>
&#x017F;chweigend, indem &#x017F;ie na&#x0364;mlich etwas<lb/>
thut, nachdem es ihr bekannt gewor-<lb/>
den, was wahr&#x017F;cheinlicher Wei&#x017F;e auf<lb/>
keine andere Ur&#x017F;ach gezogen werden<lb/>
kann, gut heißet: und mithin noch<lb/>
vielweniger, wenn &#x017F;ie ihren Misfallen<lb/>
deutlich zu Tage geleget hat.</hi> Weil aber<lb/>
der, &#x017F;o ein Bu&#x0364;ndniß ohne Vollmacht &#x017F;chließt,<lb/>
eine eigene, und nicht bloß eine fremde, Hand-<lb/>
lung ver&#x017F;pricht; <hi rendition="#fr">&#x017F;o i&#x017F;t er, daferne die Ge-<lb/>
nehmhaltung nicht erfolget, dem, mit<lb/>
welchem er den Vertrag aufgerichtet</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">hat,</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[845/0881] und Zuſagen ohne Vollmacht. oder auch die hoͤchſte Gewalt nicht an- ders andern verbindlich machen. §. 1156. Ein Buͤndniß ohne Vollmacht (ſpon- ſio) iſt ein Vertrag, ſo die Republick ange- het, welcher ohne Vollmacht von der hoͤchſten Gewalt, auch nicht innerhalb den Schrancken desjenigen, woruͤber man geſetzt iſt, errichtet worden. Es verſtehet ſich aber leicht, daß ein Stifter eines Vertrags ohne Voll- macht ſich anheiſchig mache, er wolle bewircken, daß die hoͤchſte Gewalt ſein gethanes Verſprechen genehm hal- te, und er ſich folglich dazu verbinde (§. 380.). Weil niemand den andern einem dritten ohne ſeinen Willen verbinden kann (§. 385.): ſo bringt der Vertrag ohne Vollmacht keine Verbindlichkeit auf die hoͤchſte Gewalt, wo dieſe jenen nicht entweder ausdruͤcklich, oder ſtill- ſchweigend, indem ſie naͤmlich etwas thut, nachdem es ihr bekannt gewor- den, was wahrſcheinlicher Weiſe auf keine andere Urſach gezogen werden kann, gut heißet: und mithin noch vielweniger, wenn ſie ihren Misfallen deutlich zu Tage geleget hat. Weil aber der, ſo ein Buͤndniß ohne Vollmacht ſchließt, eine eigene, und nicht bloß eine fremde, Hand- lung verſpricht; ſo iſt er, daferne die Ge- nehmhaltung nicht erfolget, dem, mit welchem er den Vertrag aufgerichtet hat, Von den Vertraͤ- gen ohne Voll- macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/881
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/881>, abgerufen am 21.12.2024.