Gegentheil etwas dem Recht des andern gemäß(secundum jus alterius) geschieht, wenn nichts wieder dasselbe unternommen wird, noch unterlassen, was vermöge dessel- ben (eodem stante) geschehen muß. Ge- recht(justum) nennt man dasjenige, was dem vollkommenen Rechte des andern gemäß geschieht: Billig(aequum) aber dasjenige, was dem unvollkommenen Recht des andern gemäß geschieht. Weil die bürgerlichen Gese- tze einige Dinge dulden, welche natürlich un- gerecht sind, wie wir am gehörigen Orte zei- gen werden; so ist das bürgerlich gerech- te(civiliter justum) enger eingeschränckt, als das natürlich gerechte: und, im Gegensatz ge- gen dieses, nennt man billig, was gantz al- lein mit dem natürlichen Gesetz übereinkömmt, oder demselben gemäß ist.
§. 84.
Von der Frech- heit oder unge- zähmten Freyheit.
Mit der Freyheit muß die Frechheit (Licentz, licentia) nicht verwechselt werden, welche, der natürlichen Verbindlichkeit und dem natürlichen Recht zuwieder, auf alles sich erstreckt, was einem gefällt; und ist also ei- ne ungezähmte Begierde, alles dasjenige zu thun, was einem gefällt. Weil sie mit der natürlichen Verbindlichkeit, von welcher kein Mensch befreyet werden kann (§. 42.), strei- tet; so kann keinem Menschen eine Frechheit, oder ungezähmte Freyheit zukommen.
§. 85.
I. Th. 3. H. Von der allgem. Verbindl.
Gegentheil etwas dem Recht des andern gemaͤß(ſecundum jus alterius) geſchieht, wenn nichts wieder daſſelbe unternommen wird, noch unterlaſſen, was vermoͤge deſſel- ben (eodem ſtante) geſchehen muß. Ge- recht(juſtum) nennt man dasjenige, was dem vollkommenen Rechte des andern gemaͤß geſchieht: Billig(æquum) aber dasjenige, was dem unvollkommenen Recht des andern gemaͤß geſchieht. Weil die buͤrgerlichen Geſe- tze einige Dinge dulden, welche natuͤrlich un- gerecht ſind, wie wir am gehoͤrigen Orte zei- gen werden; ſo iſt das buͤrgerlich gerech- te(civiliter juſtum) enger eingeſchraͤnckt, als das natuͤrlich gerechte: und, im Gegenſatz ge- gen dieſes, nennt man billig, was gantz al- lein mit dem natuͤrlichen Geſetz uͤbereinkoͤmmt, oder demſelben gemaͤß iſt.
§. 84.
Von der Frech- heit oder unge- zaͤhmten Freyheit.
Mit der Freyheit muß die Frechheit (Licentz, licentia) nicht verwechſelt werden, welche, der natuͤrlichen Verbindlichkeit und dem natuͤrlichen Recht zuwieder, auf alles ſich erſtreckt, was einem gefaͤllt; und iſt alſo ei- ne ungezaͤhmte Begierde, alles dasjenige zu thun, was einem gefaͤllt. Weil ſie mit der natuͤrlichen Verbindlichkeit, von welcher kein Menſch befreyet werden kann (§. 42.), ſtrei- tet; ſo kann keinem Menſchen eine Frechheit, oder ungezaͤhmte Freyheit zukommen.
§. 85.
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I. Th. 3. H. Von der allgem. Verbindl.
Gegentheil etwas dem Recht des andern
gemaͤß (ſecundum jus alterius) geſchieht,
wenn nichts wieder daſſelbe unternommen
wird, noch unterlaſſen, was vermoͤge deſſel-
ben (eodem ſtante) geſchehen muß. Ge-
recht (juſtum) nennt man dasjenige, was
dem vollkommenen Rechte des andern gemaͤß
geſchieht: Billig (æquum) aber dasjenige,
was dem unvollkommenen Recht des andern
gemaͤß geſchieht. Weil die buͤrgerlichen Geſe-
tze einige Dinge dulden, welche natuͤrlich un-
gerecht ſind, wie wir am gehoͤrigen Orte zei-
gen werden; ſo iſt das buͤrgerlich gerech-
te (civiliter juſtum) enger eingeſchraͤnckt, als
das natuͤrlich gerechte: und, im Gegenſatz ge-
gen dieſes, nennt man billig, was gantz al-
lein mit dem natuͤrlichen Geſetz uͤbereinkoͤmmt,
oder demſelben gemaͤß iſt.
§. 84.
Mit der Freyheit muß die Frechheit
(Licentz, licentia) nicht verwechſelt werden,
welche, der natuͤrlichen Verbindlichkeit und
dem natuͤrlichen Recht zuwieder, auf alles ſich
erſtreckt, was einem gefaͤllt; und iſt alſo ei-
ne ungezaͤhmte Begierde, alles dasjenige zu
thun, was einem gefaͤllt. Weil ſie mit der
natuͤrlichen Verbindlichkeit, von welcher kein
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zukommen.
§. 85.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/88>, abgerufen am 21.11.2024.
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