dessen Regent gehalten die Ungemäch- lichkeit, welche die Geissel leidet, der Geissel, oder deren Anverwandten zu vergüten. Jst aber die Geissel als ein Selbstschuldner, oder als ein Bürge, oder als einer, der ein Bündniß ohne Vollmacht schliesset, (wovon bald geredet werden wird) gegeben worden; so ist vor sich offenbar, daß, wenn das nicht gelei- stet wird, wessentwegen sie gestellet worden, sie ihrer eignen Handlung we- gen schuldig sey.
§. 1153.
Heilig(sanctum) heißt im Völckerrechte,Von der Heilig- keit der Bünd- nisse. was die öffentliche, oder gemeine Wohlfahrt der Völcker unverletzlich zu seyn befiehlet. Derowegen weil Bündnisse des öffentlichen Wohls wegen geschlossen (§. 1141.), und nicht nur wie alle übrige Verträge gehalten werden müssen, sondern auch den Völckern gar sehr daran gelegen ist, daß man sie hal- te; so sind die Bündnisse heilig, und müssen von den Völckern heilig gehal- ten werden, und weil bey Vollziehung der Bündnisse die Verschiedenheit der Religionen nicht in Betrachtung kommt, so hat die Heiligkeit der Treue und Glaubens mit der Religion eines Volcks, mit wel- chem ein Bündniß errichtet wird, nichts zu thun.
§. 1154.
und Zuſagen ohne Vollmacht.
deſſen Regent gehalten die Ungemaͤch- lichkeit, welche die Geiſſel leidet, der Geiſſel, oder deren Anverwandten zu verguͤten. Jſt aber die Geiſſel als ein Selbſtſchuldner, oder als ein Buͤrge, oder als einer, der ein Buͤndniß ohne Vollmacht ſchlieſſet, (wovon bald geredet werden wird) gegeben worden; ſo iſt vor ſich offenbar, daß, wenn das nicht gelei- ſtet wird, weſſentwegen ſie geſtellet worden, ſie ihrer eignen Handlung we- gen ſchuldig ſey.
§. 1153.
Heilig(ſanctum) heißt im Voͤlckerrechte,Von der Heilig- keit der Buͤnd- niſſe. was die oͤffentliche, oder gemeine Wohlfahrt der Voͤlcker unverletzlich zu ſeyn befiehlet. Derowegen weil Buͤndniſſe des oͤffentlichen Wohls wegen geſchloſſen (§. 1141.), und nicht nur wie alle uͤbrige Vertraͤge gehalten werden muͤſſen, ſondern auch den Voͤlckern gar ſehr daran gelegen iſt, daß man ſie hal- te; ſo ſind die Buͤndniſſe heilig, und muͤſſen von den Voͤlckern heilig gehal- ten werden, und weil bey Vollziehung der Buͤndniſſe die Verſchiedenheit der Religionen nicht in Betrachtung kommt, ſo hat die Heiligkeit der Treue und Glaubens mit der Religion eines Volcks, mit wel- chem ein Buͤndniß errichtet wird, nichts zu thun.
§. 1154.
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und Zuſagen ohne Vollmacht.
deſſen Regent gehalten die Ungemaͤch-
lichkeit, welche die Geiſſel leidet, der
Geiſſel, oder deren Anverwandten zu
verguͤten. Jſt aber die Geiſſel als ein
Selbſtſchuldner, oder als ein Buͤrge,
oder als einer, der ein Buͤndniß ohne
Vollmacht ſchlieſſet, (wovon bald geredet
werden wird) gegeben worden; ſo iſt vor
ſich offenbar, daß, wenn das nicht gelei-
ſtet wird, weſſentwegen ſie geſtellet
worden, ſie ihrer eignen Handlung we-
gen ſchuldig ſey.
§. 1153.
Heilig (ſanctum) heißt im Voͤlckerrechte,
was die oͤffentliche, oder gemeine Wohlfahrt
der Voͤlcker unverletzlich zu ſeyn befiehlet.
Derowegen weil Buͤndniſſe des oͤffentlichen
Wohls wegen geſchloſſen (§. 1141.), und
nicht nur wie alle uͤbrige Vertraͤge gehalten
werden muͤſſen, ſondern auch den Voͤlckern
gar ſehr daran gelegen iſt, daß man ſie hal-
te; ſo ſind die Buͤndniſſe heilig, und
muͤſſen von den Voͤlckern heilig gehal-
ten werden, und weil bey Vollziehung der
Buͤndniſſe die Verſchiedenheit der Religionen
nicht in Betrachtung kommt, ſo hat die
Heiligkeit der Treue und Glaubens mit
der Religion eines Volcks, mit wel-
chem ein Buͤndniß errichtet wird,
nichts zu thun.
Von der
Heilig-
keit der
Buͤnd-
niſſe.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/879>, abgerufen am 21.11.2024.
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