in einem Grundgesetze von den heili- gen Dingen bereits feste gesetzet wor- den, z. E. daß keine Religion soll gedul- det werden, welche von der, wozu sich das Volck bekennet, unterschieden ist, oder daß der Regent keiner andern Religion zugethan seyn soll, an dergleichen gebunden sey. Stehet aber kein Grundgesetz im Wege, daß er nun nach Gefallen darüber anzuordnen Macht hat, was er will; so kann er eine iegliche Religion im Staate dulden, wenn sie nur dem bürgerlichen Zustan- de nicht zuwider ist, und die Bedin- gung vorschreiben, unter welcher er sie dulden will.
§. 1065.
Das Recht über die eigenthümlichen Sa-Von dem vorzügli- chen Ei- genthum und Macht. chen der Bürger der öffentlichen Wohlfahrt halber im Nothfall zu verfügen nennet man das vorzügliche Eigenthum(dominium eminens); das Recht aber aus eben der Ur- sache im Falle der Noth über die Personen der Bürger selbst Einrichtung zu machen heisset die vorzügliche Macht(potestas eminens). Beydes zusammen, nämlich über die Sachen und Personen, ist das vorzüg- liche Recht(jus eminens). Derowegen kommt einem Oberherrn das vorzügli- che Eigenthum und Macht, oder das vorzügliche Recht zu (§. 976.), bey- des Recht ist ein Recht in der Noth, und hat nicht eher statt, als wenn der
Gebrauch
C c c 4
Von den Majeſtaͤtsrechten.
in einem Grundgeſetze von den heili- gen Dingen bereits feſte geſetzet wor- den, z. E. daß keine Religion ſoll gedul- det werden, welche von der, wozu ſich das Volck bekennet, unterſchieden iſt, oder daß der Regent keiner andern Religion zugethan ſeyn ſoll, an dergleichen gebunden ſey. Stehet aber kein Grundgeſetz im Wege, daß er nun nach Gefallen daruͤber anzuordnen Macht hat, was er will; ſo kann er eine iegliche Religion im Staate dulden, wenn ſie nur dem buͤrgerlichen Zuſtan- de nicht zuwider iſt, und die Bedin- gung vorſchreiben, unter welcher er ſie dulden will.
§. 1065.
Das Recht uͤber die eigenthuͤmlichen Sa-Von dem vorzuͤgli- chen Ei- genthum und Macht. chen der Buͤrger der oͤffentlichen Wohlfahrt halber im Nothfall zu verfuͤgen nennet man das vorzuͤgliche Eigenthum(dominium eminens); das Recht aber aus eben der Ur- ſache im Falle der Noth uͤber die Perſonen der Buͤrger ſelbſt Einrichtung zu machen heiſſet die vorzuͤgliche Macht(poteſtas eminens). Beydes zuſammen, naͤmlich uͤber die Sachen und Perſonen, iſt das vorzuͤg- liche Recht(jus eminens). Derowegen kommt einem Oberherrn das vorzuͤgli- che Eigenthum und Macht, oder das vorzuͤgliche Recht zu (§. 976.), bey- des Recht iſt ein Recht in der Noth, und hat nicht eher ſtatt, als wenn der
Gebrauch
C c c 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0811"n="775"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Majeſtaͤtsrechten.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">in einem Grundgeſetze von den heili-<lb/>
gen Dingen bereits feſte geſetzet wor-<lb/>
den,</hi> z. E. daß keine Religion ſoll gedul-<lb/>
det werden, welche von der, wozu ſich das<lb/>
Volck bekennet, unterſchieden iſt, oder daß<lb/>
der Regent keiner andern Religion zugethan<lb/>ſeyn ſoll, <hirendition="#fr">an dergleichen gebunden ſey.</hi><lb/>
Stehet aber kein Grundgeſetz im Wege, daß<lb/>
er nun nach Gefallen daruͤber anzuordnen<lb/>
Macht hat, was er will; <hirendition="#fr">ſo kann er eine<lb/>
iegliche Religion im Staate dulden,<lb/>
wenn ſie nur dem buͤrgerlichen Zuſtan-<lb/>
de nicht zuwider iſt, und die Bedin-<lb/>
gung vorſchreiben, unter welcher er<lb/>ſie dulden will.</hi></p></div><lb/><divn="5"><head>§. 1065.</head><lb/><p>Das Recht uͤber die eigenthuͤmlichen Sa-<noteplace="right">Von dem<lb/>
vorzuͤgli-<lb/>
chen Ei-<lb/>
genthum<lb/>
und<lb/>
Macht.</note><lb/>
chen der Buͤrger der oͤffentlichen Wohlfahrt<lb/>
halber im Nothfall zu verfuͤgen nennet man<lb/><hirendition="#fr">das vorzuͤgliche Eigenthum</hi><hirendition="#aq">(dominium<lb/>
eminens);</hi> das Recht aber aus eben der Ur-<lb/>ſache im Falle der Noth uͤber die Perſonen<lb/>
der Buͤrger ſelbſt Einrichtung zu machen<lb/>
heiſſet <hirendition="#fr">die vorzuͤgliche Macht</hi><hirendition="#aq">(poteſtas<lb/>
eminens).</hi> Beydes zuſammen, naͤmlich uͤber<lb/>
die Sachen und Perſonen, iſt <hirendition="#fr">das vorzuͤg-<lb/>
liche Recht</hi><hirendition="#aq">(jus eminens).</hi> Derowegen<lb/><hirendition="#fr">kommt einem Oberherrn das vorzuͤgli-<lb/>
che Eigenthum und Macht, oder das<lb/>
vorzuͤgliche Recht zu (§. 976.), bey-<lb/>
des Recht iſt ein Recht in der Noth,<lb/>
und hat nicht eher ſtatt, als wenn der</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c c 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Gebrauch</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[775/0811]
Von den Majeſtaͤtsrechten.
in einem Grundgeſetze von den heili-
gen Dingen bereits feſte geſetzet wor-
den, z. E. daß keine Religion ſoll gedul-
det werden, welche von der, wozu ſich das
Volck bekennet, unterſchieden iſt, oder daß
der Regent keiner andern Religion zugethan
ſeyn ſoll, an dergleichen gebunden ſey.
Stehet aber kein Grundgeſetz im Wege, daß
er nun nach Gefallen daruͤber anzuordnen
Macht hat, was er will; ſo kann er eine
iegliche Religion im Staate dulden,
wenn ſie nur dem buͤrgerlichen Zuſtan-
de nicht zuwider iſt, und die Bedin-
gung vorſchreiben, unter welcher er
ſie dulden will.
§. 1065.
Das Recht uͤber die eigenthuͤmlichen Sa-
chen der Buͤrger der oͤffentlichen Wohlfahrt
halber im Nothfall zu verfuͤgen nennet man
das vorzuͤgliche Eigenthum (dominium
eminens); das Recht aber aus eben der Ur-
ſache im Falle der Noth uͤber die Perſonen
der Buͤrger ſelbſt Einrichtung zu machen
heiſſet die vorzuͤgliche Macht (poteſtas
eminens). Beydes zuſammen, naͤmlich uͤber
die Sachen und Perſonen, iſt das vorzuͤg-
liche Recht (jus eminens). Derowegen
kommt einem Oberherrn das vorzuͤgli-
che Eigenthum und Macht, oder das
vorzuͤgliche Recht zu (§. 976.), bey-
des Recht iſt ein Recht in der Noth,
und hat nicht eher ſtatt, als wenn der
Gebrauch
Von dem
vorzuͤgli-
chen Ei-
genthum
und
Macht.
C c c 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/811>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.