thun, oder sich zu verschaffen (§. 44. 57.). Wenn derowegen nicht in unserm Vermögen ist dem andern eine Pflicht zu leisten, oder der andere kan sich selbst rathen; so kann man sein Begehren mit Recht abschla- gen (§. 46.). Daher ist zugleich klar, wenn man unrechtmäßiger weise einem eine Pflicht versaget, und wenn man solglich durch die- ses Abschlagen sündiget (§. 58).
§. 60.
Was in unserm Vermö- gen ste- het, und was nicht in unsern Vermö- gen ste- het.
Es ist also nothwendig, daß man gehöriger massen erwege, was in unserm Vermögen, und was nicht in demselben stehet. Es ste- het nämlich in unserem Vermögen(in po- testate nostra est), was wir durch den Gebrauch unserer Kräfte, so wohl des Leibes als der See- len, Dinge die uns zugehören, und durch an- derer Hülffe und Beystand erhalten, oder vermeiden können. Es stehet aber nicht in unsern Vermögen, was wir durch den Gebrauch unserer Kräfte des Leibes und der Seele, und der Dinge die uns zugehören, wie auch durch anderer Beystand und Hülfe zu erhalten, oder zu vermeiden nicht im Stan- de sind. Es ist uns aber allein zuzu- rechnen, daß etwas nicht in unserm Vermögen stehet, wenn wir selbst Ur- sache sind, warum es nicht in unserm Vermögen ist (§. 3.). Es hat diese Be- trachtung nicht allein ihren Nutzen, wenn wir andern unsere Pflichten erweisen; sondern auch bey anderen Arten der Handlungen. Al-
so
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
thun, oder ſich zu verſchaffen (§. 44. 57.). Wenn derowegen nicht in unſerm Vermoͤgen iſt dem andern eine Pflicht zu leiſten, oder der andere kan ſich ſelbſt rathen; ſo kann man ſein Begehren mit Recht abſchla- gen (§. 46.). Daher iſt zugleich klar, wenn man unrechtmaͤßiger weiſe einem eine Pflicht verſaget, und wenn man ſolglich durch die- ſes Abſchlagen ſuͤndiget (§. 58).
§. 60.
Was in unſerm Vermoͤ- gen ſte- het, und was nicht in unſern Vermoͤ- gen ſte- het.
Es iſt alſo nothwendig, daß man gehoͤriger maſſen erwege, was in unſerm Vermoͤgen, und was nicht in demſelben ſtehet. Es ſte- het naͤmlich in unſerem Vermoͤgen(in po- teſtate noſtra eſt), was wir durch den Gebrauch unſerer Kraͤfte, ſo wohl des Leibes als der See- len, Dinge die uns zugehoͤren, und durch an- derer Huͤlffe und Beyſtand erhalten, oder vermeiden koͤnnen. Es ſtehet aber nicht in unſern Vermoͤgen, was wir durch den Gebrauch unſerer Kraͤfte des Leibes und der Seele, und der Dinge die uns zugehoͤren, wie auch durch anderer Beyſtand und Huͤlfe zu erhalten, oder zu vermeiden nicht im Stan- de ſind. Es iſt uns aber allein zuzu- rechnen, daß etwas nicht in unſerm Vermoͤgen ſtehet, wenn wir ſelbſt Ur- ſache ſind, warum es nicht in unſerm Vermoͤgen iſt (§. 3.). Es hat dieſe Be- trachtung nicht allein ihren Nutzen, wenn wir andern unſere Pflichten erweiſen; ſondern auch bey anderen Arten der Handlungen. Al-
ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0074"n="38"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,</hi></fw><lb/>
thun, oder ſich zu verſchaffen (§. 44. 57.). <hirendition="#fr">Wenn</hi><lb/>
derowegen <hirendition="#fr">nicht in unſerm Vermoͤgen<lb/>
iſt dem andern eine Pflicht zu leiſten, oder<lb/>
der andere kan ſich ſelbſt rathen; ſo kann<lb/>
man ſein Begehren mit Recht abſchla-<lb/>
gen</hi> (§. 46.). Daher iſt zugleich klar, wenn<lb/>
man unrechtmaͤßiger weiſe einem eine Pflicht<lb/>
verſaget, und wenn man ſolglich durch die-<lb/>ſes Abſchlagen ſuͤndiget (§. 58).</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 60.</head><lb/><noteplace="left">Was in<lb/>
unſerm<lb/>
Vermoͤ-<lb/>
gen ſte-<lb/>
het, und<lb/>
was nicht<lb/>
in unſern<lb/>
Vermoͤ-<lb/>
gen ſte-<lb/>
het.</note><p>Es iſt alſo nothwendig, daß man gehoͤriger<lb/>
maſſen erwege, was in unſerm Vermoͤgen,<lb/>
und was nicht in demſelben ſtehet. Es <hirendition="#fr">ſte-<lb/>
het</hi> naͤmlich <hirendition="#fr">in unſerem Vermoͤgen</hi><hirendition="#aq">(in po-<lb/>
teſtate noſtra eſt),</hi> was wir durch den Gebrauch<lb/>
unſerer Kraͤfte, ſo wohl des Leibes als der See-<lb/>
len, Dinge die uns zugehoͤren, und durch an-<lb/>
derer Huͤlffe und Beyſtand erhalten, oder<lb/>
vermeiden koͤnnen. <hirendition="#fr">Es ſtehet aber nicht<lb/>
in unſern Vermoͤgen,</hi> was wir durch den<lb/>
Gebrauch unſerer Kraͤfte des Leibes und der<lb/>
Seele, und der Dinge die uns zugehoͤren,<lb/>
wie auch durch anderer Beyſtand und Huͤlfe<lb/>
zu erhalten, oder zu vermeiden nicht im Stan-<lb/>
de ſind. <hirendition="#fr">Es iſt uns aber allein zuzu-<lb/>
rechnen, daß etwas nicht in unſerm<lb/>
Vermoͤgen ſtehet,</hi> wenn wir <hirendition="#fr">ſelbſt Ur-<lb/>ſache ſind, warum es nicht in unſerm<lb/>
Vermoͤgen iſt</hi> (§. 3.). Es hat dieſe Be-<lb/>
trachtung nicht allein ihren Nutzen, wenn wir<lb/>
andern unſere Pflichten erweiſen; ſondern<lb/>
auch bey anderen Arten der Handlungen. Al-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſo</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[38/0074]
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
thun, oder ſich zu verſchaffen (§. 44. 57.). Wenn
derowegen nicht in unſerm Vermoͤgen
iſt dem andern eine Pflicht zu leiſten, oder
der andere kan ſich ſelbſt rathen; ſo kann
man ſein Begehren mit Recht abſchla-
gen (§. 46.). Daher iſt zugleich klar, wenn
man unrechtmaͤßiger weiſe einem eine Pflicht
verſaget, und wenn man ſolglich durch die-
ſes Abſchlagen ſuͤndiget (§. 58).
§. 60.
Es iſt alſo nothwendig, daß man gehoͤriger
maſſen erwege, was in unſerm Vermoͤgen,
und was nicht in demſelben ſtehet. Es ſte-
het naͤmlich in unſerem Vermoͤgen (in po-
teſtate noſtra eſt), was wir durch den Gebrauch
unſerer Kraͤfte, ſo wohl des Leibes als der See-
len, Dinge die uns zugehoͤren, und durch an-
derer Huͤlffe und Beyſtand erhalten, oder
vermeiden koͤnnen. Es ſtehet aber nicht
in unſern Vermoͤgen, was wir durch den
Gebrauch unſerer Kraͤfte des Leibes und der
Seele, und der Dinge die uns zugehoͤren,
wie auch durch anderer Beyſtand und Huͤlfe
zu erhalten, oder zu vermeiden nicht im Stan-
de ſind. Es iſt uns aber allein zuzu-
rechnen, daß etwas nicht in unſerm
Vermoͤgen ſtehet, wenn wir ſelbſt Ur-
ſache ſind, warum es nicht in unſerm
Vermoͤgen iſt (§. 3.). Es hat dieſe Be-
trachtung nicht allein ihren Nutzen, wenn wir
andern unſere Pflichten erweiſen; ſondern
auch bey anderen Arten der Handlungen. Al-
ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/74>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.