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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Von dem Erbrecht.
wird, als auch was keine Aenderung
macht.

§. 938.

Ein Vorausvermächtniß (praelega-Von
Voraus-
vermächt-
nissen.

tum) nennt man ein Vermächtniß, das ei-
ner, oder der andere Erbe vor den übrigen
voraus bekommt. Weil es auf den Willen
des Erblassers ankommt, wem er etwas ver-
machen will (§. 299. 475.), folglich nichts
hindert, daß er auch einem Erben etwas ver-
macht; so ist das Vorausvermächtniß
dem Rechte der Natur nicht zuwider.

§. 939.

Wenn ein Erbe die Erbschaft, oderVom
Ausschla-
gen der
Erb-
schaft,
oder ei-
nes Ver-
mächt-
nisses.

der, dem etwas vermacht worden, das
Vermächtniß ausschlägt; so wächst
dieser Theil,
indem es eben so viel ist, als
ob er nicht zum Erben eingesetzt, oder ihm
nichts wäre vermacht worden (§. 920. 339.),
der Erbschaft zu. Und da der Erbe durch
das, was er thut, dem sein Recht nicht be-
nehmen kann, dem etwas vermacht worden
(§. 100.), und man nach dem Rechte der
Natur auch in einem Testamente einigen gantz
allein etwas vermachen kann (§. 936.); so
bleiben die Vermächtnisse gültig, wenn
gleich der Erbe die Erbschaft nicht an-
treten will, oder kann.

§. 940.

Da die Einsetzung eines Erben und einesVon der
Substi-
tution ei-
nes an-

Vermächtnisses auf dem Willen des Erblas-
sers beruhet (§. 930. 938.); so kann auch

der
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Von dem Erbrecht.
wird, als auch was keine Aenderung
macht.

§. 938.

Ein Vorausvermaͤchtniß (prælega-Von
Voraus-
veꝛmaͤcht-
niſſen.

tum) nennt man ein Vermaͤchtniß, das ei-
ner, oder der andere Erbe vor den uͤbrigen
voraus bekommt. Weil es auf den Willen
des Erblaſſers ankommt, wem er etwas ver-
machen will (§. 299. 475.), folglich nichts
hindert, daß er auch einem Erben etwas ver-
macht; ſo iſt das Vorausvermaͤchtniß
dem Rechte der Natur nicht zuwider.

§. 939.

Wenn ein Erbe die Erbſchaft, oderVom
Ausſchla-
gen der
Erb-
ſchaft,
oder ei-
nes Ver-
maͤcht-
niſſes.

der, dem etwas vermacht worden, das
Vermaͤchtniß ausſchlaͤgt; ſo waͤchſt
dieſer Theil,
indem es eben ſo viel iſt, als
ob er nicht zum Erben eingeſetzt, oder ihm
nichts waͤre vermacht worden (§. 920. 339.),
der Erbſchaft zu. Und da der Erbe durch
das, was er thut, dem ſein Recht nicht be-
nehmen kann, dem etwas vermacht worden
(§. 100.), und man nach dem Rechte der
Natur auch in einem Teſtamente einigen gantz
allein etwas vermachen kann (§. 936.); ſo
bleiben die Vermaͤchtniſſe guͤltig, wenn
gleich der Erbe die Erbſchaft nicht an-
treten will, oder kann.

§. 940.

Da die Einſetzung eines Erben und einesVon der
Subſti-
tution ei-
nes an-

Vermaͤchtniſſes auf dem Willen des Erblaſ-
ſers beruhet (§. 930. 938.); ſo kann auch

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[679/0715] Von dem Erbrecht. wird, als auch was keine Aenderung macht. §. 938. Ein Vorausvermaͤchtniß (prælega- tum) nennt man ein Vermaͤchtniß, das ei- ner, oder der andere Erbe vor den uͤbrigen voraus bekommt. Weil es auf den Willen des Erblaſſers ankommt, wem er etwas ver- machen will (§. 299. 475.), folglich nichts hindert, daß er auch einem Erben etwas ver- macht; ſo iſt das Vorausvermaͤchtniß dem Rechte der Natur nicht zuwider. Von Voraus- veꝛmaͤcht- niſſen. §. 939. Wenn ein Erbe die Erbſchaft, oder der, dem etwas vermacht worden, das Vermaͤchtniß ausſchlaͤgt; ſo waͤchſt dieſer Theil, indem es eben ſo viel iſt, als ob er nicht zum Erben eingeſetzt, oder ihm nichts waͤre vermacht worden (§. 920. 339.), der Erbſchaft zu. Und da der Erbe durch das, was er thut, dem ſein Recht nicht be- nehmen kann, dem etwas vermacht worden (§. 100.), und man nach dem Rechte der Natur auch in einem Teſtamente einigen gantz allein etwas vermachen kann (§. 936.); ſo bleiben die Vermaͤchtniſſe guͤltig, wenn gleich der Erbe die Erbſchaft nicht an- treten will, oder kann. Vom Ausſchla- gen der Erb- ſchaft, oder ei- nes Ver- maͤcht- niſſes. §. 940. Da die Einſetzung eines Erben und eines Vermaͤchtniſſes auf dem Willen des Erblaſ- ſers beruhet (§. 930. 938.); ſo kann auch der Von der Subſti- tution ei- nes an- U u 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/715>, abgerufen am 21.12.2024.