Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Theil 1. Abth. 4. Hauptstück.
schaft gleichsam durch einen Vertrag
erhalten
(§. cit.); daher entsteht auch
hieraus eine vollkommne Verbindlich-
keit, und werden vollkommene Rechte
erworben
(§. 687.).

§. 909.
Von der
väterli-
chen Ge-
sellschaft.

Auf gleiche Weise wird erwiesen, daß zwi-
schen Eltern und Kindern der Erzie-
hung wegen gleichsam ein Vertrag
gemacht; und
folglich unter ihnen eine
gewisse Gesellschaft selbst nach der Na-
tur aufgerichtet werde,
welche die vä-
terliche Gesellschaft
(societas paterna) ge-
nannt wird. Und deswegen sind die Ver-
bindlichkeiten und Rechte, welche die
Erziehung der Kinder betreffen, nicht
allein Pflichten, die von dem Gesetze
der Natur vorgeschrieben worden;
sondern sie entspringen gleichsam aus
einem Vertrage eben so, als wenn der-
selbe würcklich wäre errichtet worden

(§. 687.). Die Erziehung der Kinder wird
auf zwiefache Weise betrachtet, theils in so
fern sie beyde Ehegatten angehet, theils in
so weit sie von den Eltern zum Nutzen der
Kinder zu bewerckstelligen ist. Wird sie auf
die erste Art betrachtet, so gehört sie zur ehe-
lichen Gesellschaft; im andern Falle aber zur
väterlichen.

§. 910.
Ob die
väterliche
Gewalt

Weil die Eltern die freyen Handlungen der
Kinder einzurichten haben, indem sie noch

nicht

III. Theil 1. Abth. 4. Hauptſtuͤck.
ſchaft gleichſam durch einen Vertrag
erhalten
(§. cit.); daher entſteht auch
hieraus eine vollkommne Verbindlich-
keit, und werden vollkommene Rechte
erworben
(§. 687.).

§. 909.
Von der
vaͤterli-
chen Ge-
ſellſchaft.

Auf gleiche Weiſe wird erwieſen, daß zwi-
ſchen Eltern und Kindern der Erzie-
hung wegen gleichſam ein Vertrag
gemacht; und
folglich unter ihnen eine
gewiſſe Geſellſchaft ſelbſt nach der Na-
tur aufgerichtet werde,
welche die vaͤ-
terliche Geſellſchaft
(ſocietas paterna) ge-
nannt wird. Und deswegen ſind die Ver-
bindlichkeiten und Rechte, welche die
Erziehung der Kinder betreffen, nicht
allein Pflichten, die von dem Geſetze
der Natur vorgeſchrieben worden;
ſondern ſie entſpringen gleichſam aus
einem Vertrage eben ſo, als wenn der-
ſelbe wuͤrcklich waͤre errichtet worden

(§. 687.). Die Erziehung der Kinder wird
auf zwiefache Weiſe betrachtet, theils in ſo
fern ſie beyde Ehegatten angehet, theils in
ſo weit ſie von den Eltern zum Nutzen der
Kinder zu bewerckſtelligen iſt. Wird ſie auf
die erſte Art betrachtet, ſo gehoͤrt ſie zur ehe-
lichen Geſellſchaft; im andern Falle aber zur
vaͤterlichen.

§. 910.
Ob die
vaͤteꝛliche
Gewalt

Weil die Eltern die freyen Handlungen der
Kinder einzurichten haben, indem ſie noch

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0696" n="660"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#b">Theil 1. Abth. 4. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chaft gleich&#x017F;am durch einen Vertrag<lb/>
erhalten</hi> (§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>); daher <hi rendition="#fr">ent&#x017F;teht auch<lb/>
hieraus eine vollkommne Verbindlich-<lb/>
keit, und werden vollkommene Rechte<lb/>
erworben</hi> (§. 687.).</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 909.</head><lb/>
                <note place="left">Von der<lb/>
va&#x0364;terli-<lb/>
chen Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft.</note>
                <p>Auf gleiche Wei&#x017F;e wird erwie&#x017F;en, <hi rendition="#fr">daß zwi-<lb/>
&#x017F;chen Eltern und Kindern der Erzie-<lb/>
hung wegen gleich&#x017F;am ein Vertrag<lb/>
gemacht; und</hi> folglich <hi rendition="#fr">unter ihnen eine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;elb&#x017F;t nach der Na-<lb/>
tur aufgerichtet werde,</hi> welche die <hi rendition="#fr">va&#x0364;-<lb/>
terliche Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> <hi rendition="#aq">(&#x017F;ocietas paterna)</hi> ge-<lb/>
nannt wird. Und deswegen <hi rendition="#fr">&#x017F;ind die Ver-<lb/>
bindlichkeiten und Rechte, welche die<lb/>
Erziehung der Kinder betreffen, nicht<lb/>
allein Pflichten, die von dem Ge&#x017F;etze<lb/>
der Natur vorge&#x017F;chrieben worden;<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie ent&#x017F;pringen gleich&#x017F;am aus<lb/>
einem Vertrage eben &#x017F;o, als wenn der-<lb/>
&#x017F;elbe wu&#x0364;rcklich wa&#x0364;re errichtet worden</hi><lb/>
(§. 687.). Die Erziehung der Kinder wird<lb/>
auf zwiefache Wei&#x017F;e betrachtet, theils in &#x017F;o<lb/>
fern &#x017F;ie beyde Ehegatten angehet, theils in<lb/>
&#x017F;o weit &#x017F;ie von den Eltern zum Nutzen der<lb/>
Kinder zu bewerck&#x017F;telligen i&#x017F;t. Wird &#x017F;ie auf<lb/>
die er&#x017F;te Art betrachtet, &#x017F;o geho&#x0364;rt &#x017F;ie zur ehe-<lb/>
lichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft; im andern Falle aber zur<lb/>
va&#x0364;terlichen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 910.</head><lb/>
                <note place="left">Ob die<lb/>
va&#x0364;te&#xA75B;liche<lb/>
Gewalt</note>
                <p>Weil die Eltern die freyen Handlungen der<lb/>
Kinder einzurichten haben, indem &#x017F;ie noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[660/0696] III. Theil 1. Abth. 4. Hauptſtuͤck. ſchaft gleichſam durch einen Vertrag erhalten (§. cit.); daher entſteht auch hieraus eine vollkommne Verbindlich- keit, und werden vollkommene Rechte erworben (§. 687.). §. 909. Auf gleiche Weiſe wird erwieſen, daß zwi- ſchen Eltern und Kindern der Erzie- hung wegen gleichſam ein Vertrag gemacht; und folglich unter ihnen eine gewiſſe Geſellſchaft ſelbſt nach der Na- tur aufgerichtet werde, welche die vaͤ- terliche Geſellſchaft (ſocietas paterna) ge- nannt wird. Und deswegen ſind die Ver- bindlichkeiten und Rechte, welche die Erziehung der Kinder betreffen, nicht allein Pflichten, die von dem Geſetze der Natur vorgeſchrieben worden; ſondern ſie entſpringen gleichſam aus einem Vertrage eben ſo, als wenn der- ſelbe wuͤrcklich waͤre errichtet worden (§. 687.). Die Erziehung der Kinder wird auf zwiefache Weiſe betrachtet, theils in ſo fern ſie beyde Ehegatten angehet, theils in ſo weit ſie von den Eltern zum Nutzen der Kinder zu bewerckſtelligen iſt. Wird ſie auf die erſte Art betrachtet, ſo gehoͤrt ſie zur ehe- lichen Geſellſchaft; im andern Falle aber zur vaͤterlichen. §. 910. Weil die Eltern die freyen Handlungen der Kinder einzurichten haben, indem ſie noch nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/696
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/696>, abgerufen am 21.12.2024.