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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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dem Rechte und Gesetze etc.
Geboth, oder gebiethendes Gesetzdes, ver-
biethen-
des, er-
lauben-
des Ge-
setz.

(praeceptiva), welches uns verbindet, Hand-
lungen auszuüben; ein (Verboth), oder
verbiethendes Gesetz (lex prohibitiva),
welches uns verbindet, Handlungen zu unter-
lassen; eine Erlaubniß, oder ein erlau-
bendes Gesetz
(permissiva), welches uns
das Recht giebt, etwas zu thun, oder zu un-
terlassen. Eben diese Eintheilung findet
auch bey den wilkührlichen Gesetzen (legibus
positivis)
stat.

§. 48.

Die Natur des Menschen ist so beschaf-Ein voll-
kommen-
machen-
des Gesetz
der Na-
tur.

fen, daß er dasjenige dem andern vorzieht,
von welchem er erkennet, daß es besser sey,
als das andere. Es ist aber die natürliche
Verbindlichkeit da, so bald die Natur und
das Wesen des Menschen und der Dinge
da ist (§. 38.), und das Gesetz der Natur
enthält die natürliche Verbindlichkeit in sich
(§. 40.); daher verbindet uns auch das
Gesetz der Natur, dasjenige, was bes-
ser ist, dem andern vorzuziehen;
und
in so weit, als es uns hierzu verbindet, wird
es ein volkommenmachendes Gesetz
(lex perfectiva) genennet.

§. 49.

Das, was wir auszuüben verbunden sind,Was
schuldig,
was er-
laubt u.
uner-
laubt ist.

ist unsere Schuldigkeit (debitum); das
was mir verbunden sind, nicht auszuüben
oder zu unterlassen, ist unerlaubt (illici-

tum);

dem Rechte und Geſetze ꝛc.
Geboth, oder gebiethendes Geſetzdes, ver-
biethen-
des, er-
lauben-
des Ge-
ſetz.

(præceptiva), welches uns verbindet, Hand-
lungen auszuuͤben; ein (Verboth), oder
verbiethendes Geſetz (lex prohibitiva),
welches uns verbindet, Handlungen zu unter-
laſſen; eine Erlaubniß, oder ein erlau-
bendes Geſetz
(permiſſiva), welches uns
das Recht giebt, etwas zu thun, oder zu un-
terlaſſen. Eben dieſe Eintheilung findet
auch bey den wilkuͤhrlichen Geſetzen (legibus
poſitivis)
ſtat.

§. 48.

Die Natur des Menſchen iſt ſo beſchaf-Ein voll-
kommen-
machen-
des Geſetz
der Na-
tur.

fen, daß er dasjenige dem andern vorzieht,
von welchem er erkennet, daß es beſſer ſey,
als das andere. Es iſt aber die natuͤrliche
Verbindlichkeit da, ſo bald die Natur und
das Weſen des Menſchen und der Dinge
da iſt (§. 38.), und das Geſetz der Natur
enthaͤlt die natuͤrliche Verbindlichkeit in ſich
(§. 40.); daher verbindet uns auch das
Geſetz der Natur, dasjenige, was beſ-
ſer iſt, dem andern vorzuziehen;
und
in ſo weit, als es uns hierzu verbindet, wird
es ein volkommenmachendes Geſetz
(lex perfectiva) genennet.

§. 49.

Das, was wir auszuuͤben verbunden ſind,Was
ſchuldig,
was er-
laubt u.
uner-
laubt iſt.

iſt unſere Schuldigkeit (debitum); das
was mir verbunden ſind, nicht auszuuͤben
oder zu unterlaſſen, iſt unerlaubt (illici-

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[31/0067] dem Rechte und Geſetze ꝛc. Geboth, oder gebiethendes Geſetz (præceptiva), welches uns verbindet, Hand- lungen auszuuͤben; ein (Verboth), oder verbiethendes Geſetz (lex prohibitiva), welches uns verbindet, Handlungen zu unter- laſſen; eine Erlaubniß, oder ein erlau- bendes Geſetz (permiſſiva), welches uns das Recht giebt, etwas zu thun, oder zu un- terlaſſen. Eben dieſe Eintheilung findet auch bey den wilkuͤhrlichen Geſetzen (legibus poſitivis) ſtat. des, ver- biethen- des, er- lauben- des Ge- ſetz. §. 48. Die Natur des Menſchen iſt ſo beſchaf- fen, daß er dasjenige dem andern vorzieht, von welchem er erkennet, daß es beſſer ſey, als das andere. Es iſt aber die natuͤrliche Verbindlichkeit da, ſo bald die Natur und das Weſen des Menſchen und der Dinge da iſt (§. 38.), und das Geſetz der Natur enthaͤlt die natuͤrliche Verbindlichkeit in ſich (§. 40.); daher verbindet uns auch das Geſetz der Natur, dasjenige, was beſ- ſer iſt, dem andern vorzuziehen; und in ſo weit, als es uns hierzu verbindet, wird es ein volkommenmachendes Geſetz (lex perfectiva) genennet. Ein voll- kommen- machen- des Geſetz der Na- tur. §. 49. Das, was wir auszuuͤben verbunden ſind, iſt unſere Schuldigkeit (debitum); das was mir verbunden ſind, nicht auszuuͤben oder zu unterlaſſen, iſt unerlaubt (illici- tum); Was ſchuldig, was er- laubt u. uner- laubt iſt.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/67>, abgerufen am 21.12.2024.