den, der Schuldner immer bezahlen, wenn er will: Der Gläubiger aber kann, ehe derselbe stirbt, die Schuld nicht fordern.
§. 752.
Vom Aufsa- gen, oder Aufkün- digen, und vom Mah- nen.
Das Aufsagen, oder die Auf kündi- gung(interpellatio, resignatio) ist eine Handlung, wodurch, genommener Abrede nach, einer dem andern anzeigt, daß er aus dem Contracte nicht länger verbindlich seyn wolle. Jns besondere heist einen Schuld- ner mahnen(debitorem interpellare) nichts anders, als die Bezahlung der Schuld von ihm verlangen. Wenn man also etwas auf einen gewissen Tag schuldig ist; so ist natürlicher Weise das Auf kündigen nicht nöthig: Wenn man es aber also verabredet hat, daß die Auf kündigung vorhergehen soll, ehe man zahlen darf; so ist sie beyden Theilen erlaubt; weil man das halten muß, was verabredet wor- den ist (§. 438.); der Schuldner darf und kann nicht eher zahlen, und im Ge- gentheil kann der Gläubiger den Schuld- ner nicht eher zur Bezahlung der Schuld antreiben, und ist auch die Schuld nicht anzunehmen schuldig, als bis die Auf kündigung auf die ver- abredete Weise geschehen. Wenn man es aber also verabredet hat, daß es dem Gläubiger frey stehen soll, die Schuld zu fordern, zu welcher Zeit er will; so
kann
II. Th. 17. H. Von der Aufhebung
den, der Schuldner immer bezahlen, wenn er will: Der Glaͤubiger aber kann, ehe derſelbe ſtirbt, die Schuld nicht fordern.
§. 752.
Vom Aufſa- gen, oder Aufkuͤn- digen, und vom Mah- nen.
Das Aufſagen, oder die Auf kuͤndi- gung(interpellatio, reſignatio) iſt eine Handlung, wodurch, genommener Abrede nach, einer dem andern anzeigt, daß er aus dem Contracte nicht laͤnger verbindlich ſeyn wolle. Jns beſondere heiſt einen Schuld- ner mahnen(debitorem interpellare) nichts anders, als die Bezahlung der Schuld von ihm verlangen. Wenn man alſo etwas auf einen gewiſſen Tag ſchuldig iſt; ſo iſt natuͤrlicher Weiſe das Auf kuͤndigen nicht noͤthig: Wenn man es aber alſo verabredet hat, daß die Auf kuͤndigung vorhergehen ſoll, ehe man zahlen darf; ſo iſt ſie beyden Theilen erlaubt; weil man das halten muß, was verabredet wor- den iſt (§. 438.); der Schuldner darf und kann nicht eher zahlen, und im Ge- gentheil kann der Glaͤubiger den Schuld- ner nicht eher zur Bezahlung der Schuld antreiben, und iſt auch die Schuld nicht anzunehmen ſchuldig, als bis die Auf kuͤndigung auf die ver- abredete Weiſe geſchehen. Wenn man es aber alſo verabredet hat, daß es dem Glaͤubiger frey ſtehen ſoll, die Schuld zu fordern, zu welcher Zeit er will; ſo
kann
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II. Th. 17. H. Von der Aufhebung
den, der Schuldner immer bezahlen,
wenn er will: Der Glaͤubiger aber
kann, ehe derſelbe ſtirbt, die Schuld
nicht fordern.
§. 752.
Das Aufſagen, oder die Auf kuͤndi-
gung (interpellatio, reſignatio) iſt eine
Handlung, wodurch, genommener Abrede
nach, einer dem andern anzeigt, daß er aus
dem Contracte nicht laͤnger verbindlich ſeyn
wolle. Jns beſondere heiſt einen Schuld-
ner mahnen (debitorem interpellare) nichts
anders, als die Bezahlung der Schuld von
ihm verlangen. Wenn man alſo etwas
auf einen gewiſſen Tag ſchuldig iſt; ſo
iſt natuͤrlicher Weiſe das Auf kuͤndigen
nicht noͤthig: Wenn man es aber alſo
verabredet hat, daß die Auf kuͤndigung
vorhergehen ſoll, ehe man zahlen darf;
ſo iſt ſie beyden Theilen erlaubt; weil
man das halten muß, was verabredet wor-
den iſt (§. 438.); der Schuldner darf
und kann nicht eher zahlen, und im Ge-
gentheil kann der Glaͤubiger den Schuld-
ner nicht eher zur Bezahlung der
Schuld antreiben, und iſt auch die
Schuld nicht anzunehmen ſchuldig,
als bis die Auf kuͤndigung auf die ver-
abredete Weiſe geſchehen. Wenn man
es aber alſo verabredet hat, daß es dem
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/574>, abgerufen am 21.11.2024.
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