Einwilligung (consensus), welche darinnengung und wie vie- lerley dieselbe ist. bestehet, daß wir wollen, es solle eben das- jenige geschehen, oder unterlassen werden, was der andere thun, oder unterlassen will. Wenn man mit ausdrücklichen Worten, oder durch ein anderes gleichgültiges Zeichen er- kläret, daß man eben das wolle, was der andere will, so heißt dieses die ausdrück- liche Einwilligung(consensus expres- sus); wenn dieselbe aber anderswoher, als z. E. aus Handlungen, oder Unterlaßungen derselben geschlossen wird, so nennt man sie die stillschweigende Einwilligung(ta- citum consensum); und eben dieselbe wird die vermuthete Einwilligung(con- sensus praesumtus) genannt, wenn sie nur wahrscheinlicher Weise geschlossen wird. Denn die Vermuthung(praesumtio) be- stehet darinnen, daß man, aus wahrschein- lichen Gründen, eine zweifelhafte Sache, in einem vorkommenden Falle, vor gewiß an- nimmet. Da die Art und Weise, wie man seine Willens-Meinung in Absicht einer ge- wissen Handlung anzeigt, die Handlung selbst nicht verändert; so ist die still- schweigende Einwilligung nicht we- niger eine wahre Einwilligung, als die ausdrückliche.
§. 28.
Der Einwilligung wird der wiedrigeDer Wieder- wille. Wille(dissensus) entgegen gesetzet, da man
will,
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und ihrer Zurechnung.
Einwilligung (conſenſus), welche darinnengung und wie vie- lerley dieſelbe iſt. beſtehet, daß wir wollen, es ſolle eben das- jenige geſchehen, oder unterlaſſen werden, was der andere thun, oder unterlaſſen will. Wenn man mit ausdruͤcklichen Worten, oder durch ein anderes gleichguͤltiges Zeichen er- klaͤret, daß man eben das wolle, was der andere will, ſo heißt dieſes die ausdruͤck- liche Einwilligung(conſenſus expreſ- ſus); wenn dieſelbe aber anderswoher, als z. E. aus Handlungen, oder Unterlaßungen derſelben geſchloſſen wird, ſo nennt man ſie die ſtillſchweigende Einwilligung(ta- citum conſenſum); und eben dieſelbe wird die vermuthete Einwilligung(con- ſenſus præſumtus) genannt, wenn ſie nur wahrſcheinlicher Weiſe geſchloſſen wird. Denn die Vermuthung(præſumtio) be- ſtehet darinnen, daß man, aus wahrſchein- lichen Gruͤnden, eine zweifelhafte Sache, in einem vorkommenden Falle, vor gewiß an- nimmet. Da die Art und Weiſe, wie man ſeine Willens-Meinung in Abſicht einer ge- wiſſen Handlung anzeigt, die Handlung ſelbſt nicht veraͤndert; ſo iſt die ſtill- ſchweigende Einwilligung nicht we- niger eine wahre Einwilligung, als die ausdruͤckliche.
§. 28.
Der Einwilligung wird der wiedrigeDer Wieder- wille. Wille(diſſenſus) entgegen geſetzet, da man
will,
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[19/0055]
und ihrer Zurechnung.
Einwilligung (conſenſus), welche darinnen
beſtehet, daß wir wollen, es ſolle eben das-
jenige geſchehen, oder unterlaſſen werden,
was der andere thun, oder unterlaſſen will.
Wenn man mit ausdruͤcklichen Worten, oder
durch ein anderes gleichguͤltiges Zeichen er-
klaͤret, daß man eben das wolle, was der
andere will, ſo heißt dieſes die ausdruͤck-
liche Einwilligung (conſenſus expreſ-
ſus); wenn dieſelbe aber anderswoher, als
z. E. aus Handlungen, oder Unterlaßungen
derſelben geſchloſſen wird, ſo nennt man ſie
die ſtillſchweigende Einwilligung (ta-
citum conſenſum); und eben dieſelbe wird
die vermuthete Einwilligung (con-
ſenſus præſumtus) genannt, wenn ſie
nur wahrſcheinlicher Weiſe geſchloſſen wird.
Denn die Vermuthung (præſumtio) be-
ſtehet darinnen, daß man, aus wahrſchein-
lichen Gruͤnden, eine zweifelhafte Sache, in
einem vorkommenden Falle, vor gewiß an-
nimmet. Da die Art und Weiſe, wie man
ſeine Willens-Meinung in Abſicht einer ge-
wiſſen Handlung anzeigt, die Handlung
ſelbſt nicht veraͤndert; ſo iſt die ſtill-
ſchweigende Einwilligung nicht we-
niger eine wahre Einwilligung, als
die ausdruͤckliche.
gung und
wie vie-
lerley
dieſelbe
iſt.
§. 28.
Der Einwilligung wird der wiedrige
Wille (diſſenſus) entgegen geſetzet, da man
will,
Der
Wieder-
wille.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/55>, abgerufen am 21.11.2024.
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