Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

und ihrer Zurechnung.
nicht freywillig (ungern) eine Handlung
ausübt, einige Entschuldigung hat.

§. 6.

Es sind aber die freyen HandlungenDie ü-
berlegte
Hand-
lung, die
unüber-
legte, die
Ueberle-
gung.

entweder überlegte, welche nicht eher, als
nach geschehener Ueberlegung (consultatio-
ne),
ausgeübet werden; oder unüberlegte,
wenn jemand, ohne daß er vorher die Sache
überleget, die Handlung ausübt. Es be-
stehet aber die Ueberlegung in der Würckung
des Verstandes, durch welche man unter-
sucht, ob eine Handlung auszuüben sey, oder
nicht, und auf was vor Art dieselbe auszu-
üben sey. Da nun eine überlegte Hand-
lung
mehr eine freye Handlung ist, als ei-
ne unüberlegte (§. 1.); so wird eine ü-
berlegte Handlung mehr zugerech-
net, als eine unüberlegte; und je mehr
die Handlung überlegt worden ist,
desto mehr wird sie zugerechnet.

§. 7.

Alles Vermögen (facultates) der SeeleDie Be-
stimmung
der Hand-
lungen.

ist an und vor sich selbst zu gewissen Hand-
lungen, und alle Glieder des Körpers sind
zu gewissen Verrichtungen geschickt; folg-
lich sind so wohl diese, als jene zu einem ge-
wissen Zweck bestimmt, auf welchen die na-
türlichen Handlungen, oder die Handlun-
gen der Natur abzielen (§. 1.). Es ist aber
aus der Erfahrung klar, daß die freyen
Handlungen, entweder durch eben

die-
A 3

und ihrer Zurechnung.
nicht freywillig (ungern) eine Handlung
ausuͤbt, einige Entſchuldigung hat.

§. 6.

Es ſind aber die freyen HandlungenDie uͤ-
berlegte
Hand-
lung, die
unuͤber-
legte, die
Ueberle-
gung.

entweder uͤberlegte, welche nicht eher, als
nach geſchehener Ueberlegung (conſultatio-
ne),
ausgeuͤbet werden; oder unuͤberlegte,
wenn jemand, ohne daß er vorher die Sache
uͤberleget, die Handlung ausuͤbt. Es be-
ſtehet aber die Ueberlegung in der Wuͤrckung
des Verſtandes, durch welche man unter-
ſucht, ob eine Handlung auszuuͤben ſey, oder
nicht, und auf was vor Art dieſelbe auszu-
uͤben ſey. Da nun eine uͤberlegte Hand-
lung
mehr eine freye Handlung iſt, als ei-
ne unuͤberlegte (§. 1.); ſo wird eine uͤ-
berlegte Handlung mehr zugerech-
net, als eine unuͤberlegte; und je mehr
die Handlung uͤberlegt worden iſt,
deſto mehr wird ſie zugerechnet.

§. 7.

Alles Vermoͤgen (facultates) der SeeleDie Be-
ſtim̃ung
der Hand-
lungen.

iſt an und vor ſich ſelbſt zu gewiſſen Hand-
lungen, und alle Glieder des Koͤrpers ſind
zu gewiſſen Verrichtungen geſchickt; folg-
lich ſind ſo wohl dieſe, als jene zu einem ge-
wiſſen Zweck beſtimmt, auf welchen die na-
tuͤrlichen Handlungen, oder die Handlun-
gen der Natur abzielen (§. 1.). Es iſt aber
aus der Erfahrung klar, daß die freyen
Handlungen, entweder durch eben

die-
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0041" n="5"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und ihrer Zurechnung.</hi></fw><lb/>
nicht freywillig (ungern) eine Handlung<lb/>
ausu&#x0364;bt, einige Ent&#x017F;chuldigung hat.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 6.</head><lb/>
              <p>Es &#x017F;ind aber die freyen <hi rendition="#fr">Handlungen</hi><note place="right">Die u&#x0364;-<lb/>
berlegte<lb/>
Hand-<lb/>
lung, die<lb/>
unu&#x0364;ber-<lb/>
legte, die<lb/>
Ueberle-<lb/>
gung.</note><lb/>
entweder <hi rendition="#fr">u&#x0364;berlegte,</hi> welche nicht eher, als<lb/>
nach ge&#x017F;chehener Ueberlegung <hi rendition="#aq">(con&#x017F;ultatio-<lb/>
ne),</hi> ausgeu&#x0364;bet werden; oder <hi rendition="#fr">unu&#x0364;berlegte,</hi><lb/>
wenn jemand, ohne daß er vorher die Sache<lb/>
u&#x0364;berleget, die Handlung ausu&#x0364;bt. Es be-<lb/>
&#x017F;tehet aber die Ueberlegung in der Wu&#x0364;rckung<lb/>
des Ver&#x017F;tandes, durch welche man unter-<lb/>
&#x017F;ucht, ob eine Handlung auszuu&#x0364;ben &#x017F;ey, oder<lb/>
nicht, und auf was vor Art die&#x017F;elbe auszu-<lb/>
u&#x0364;ben &#x017F;ey. Da nun <hi rendition="#fr">eine u&#x0364;berlegte Hand-<lb/>
lung</hi> mehr eine freye Handlung i&#x017F;t, als ei-<lb/>
ne unu&#x0364;berlegte (§. 1.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">wird eine u&#x0364;-<lb/>
berlegte Handlung mehr zugerech-<lb/>
net, als eine unu&#x0364;berlegte; und je mehr<lb/>
die Handlung u&#x0364;berlegt worden i&#x017F;t,<lb/>
de&#x017F;to mehr wird &#x017F;ie zugerechnet.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 7.</head><lb/>
              <p>Alles Vermo&#x0364;gen <hi rendition="#aq">(facultates)</hi> der Seele<note place="right">Die Be-<lb/>
&#x017F;tim&#x0303;ung<lb/>
der Hand-<lb/>
lungen.</note><lb/>
i&#x017F;t an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu gewi&#x017F;&#x017F;en Hand-<lb/>
lungen, und alle Glieder des Ko&#x0364;rpers &#x017F;ind<lb/>
zu gewi&#x017F;&#x017F;en Verrichtungen ge&#x017F;chickt; folg-<lb/>
lich &#x017F;ind &#x017F;o wohl die&#x017F;e, als jene zu einem ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Zweck be&#x017F;timmt, auf welchen die na-<lb/>
tu&#x0364;rlichen Handlungen, oder die Handlun-<lb/>
gen der Natur abzielen (§. 1.). Es i&#x017F;t aber<lb/>
aus der Erfahrung klar, <hi rendition="#fr">daß die freyen<lb/>
Handlungen, entweder durch eben</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">die-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0041] und ihrer Zurechnung. nicht freywillig (ungern) eine Handlung ausuͤbt, einige Entſchuldigung hat. §. 6. Es ſind aber die freyen Handlungen entweder uͤberlegte, welche nicht eher, als nach geſchehener Ueberlegung (conſultatio- ne), ausgeuͤbet werden; oder unuͤberlegte, wenn jemand, ohne daß er vorher die Sache uͤberleget, die Handlung ausuͤbt. Es be- ſtehet aber die Ueberlegung in der Wuͤrckung des Verſtandes, durch welche man unter- ſucht, ob eine Handlung auszuuͤben ſey, oder nicht, und auf was vor Art dieſelbe auszu- uͤben ſey. Da nun eine uͤberlegte Hand- lung mehr eine freye Handlung iſt, als ei- ne unuͤberlegte (§. 1.); ſo wird eine uͤ- berlegte Handlung mehr zugerech- net, als eine unuͤberlegte; und je mehr die Handlung uͤberlegt worden iſt, deſto mehr wird ſie zugerechnet. Die uͤ- berlegte Hand- lung, die unuͤber- legte, die Ueberle- gung. §. 7. Alles Vermoͤgen (facultates) der Seele iſt an und vor ſich ſelbſt zu gewiſſen Hand- lungen, und alle Glieder des Koͤrpers ſind zu gewiſſen Verrichtungen geſchickt; folg- lich ſind ſo wohl dieſe, als jene zu einem ge- wiſſen Zweck beſtimmt, auf welchen die na- tuͤrlichen Handlungen, oder die Handlun- gen der Natur abzielen (§. 1.). Es iſt aber aus der Erfahrung klar, daß die freyen Handlungen, entweder durch eben die- Die Be- ſtim̃ung der Hand- lungen. A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/41
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/41>, abgerufen am 21.11.2024.