Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
hierinnen der Danck bestehet; so muß der,
welcher Wohlthaten empfangen hat,
ein danckbares Gemüth gegen den
Wohlthäter haben,
oder danckbar seyn.
Und weil man sagt, daß derjenige danck-
sage
(gratias agere), der sein danckbares Ge-
muth mit Worten oder Wercken bezeigt; so
muß er demselben auch dancksagen.

Allein weil derjenige undanckbar ist, der
kein danckbares Gemüth hat, folglich weder
mit Worten, noch weniger mit Wercken das-
selbe an den Tag leget, ja gar das Gegen-
theil thut, worinnen der Undanck bestehet;
so ist die Undanckbarkeit durch das na-
türliche Gesetze verboten
(§. 57.).

§. 475.
Von
Schen-
ckungen.

Das Geben, welches umsonst (dario gratui-
ta)
geschieht, nennt man eine Schenckung
(donationem): dasjenige aber, welches ohne
Entgelt (gratis) gegeben wird, heist das
Geschenck
(donum, munus). Wer das Ge-
schenck giebt, heist der Schenckende (do-
nans, donator),
der, welcher es empfängt,
der Beschenckte (donatarius). Da man
in der Schenckung das Eigenthum desjeni-
gen, was gegeben wird, auf einen andern
bringt (§. 258.); so wird zur Schen-
ckung eine Annehmung erfordert (§.
316.), und es beruhet auf dem Wil-
len des Schenckenden, ob und auf was
vor Art und Weise er etwas verschen-
cken will (§. 314.); und ist also nicht

nöthig,

II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
hierinnen der Danck beſtehet; ſo muß der,
welcher Wohlthaten empfangen hat,
ein danckbares Gemuͤth gegen den
Wohlthaͤter haben,
oder danckbar ſeyn.
Und weil man ſagt, daß derjenige danck-
ſage
(gratias agere), der ſein danckbares Ge-
muth mit Worten oder Wercken bezeigt; ſo
muß er demſelben auch danckſagen.

Allein weil derjenige undanckbar iſt, der
kein danckbares Gemuͤth hat, folglich weder
mit Worten, noch weniger mit Wercken daſ-
ſelbe an den Tag leget, ja gar das Gegen-
theil thut, worinnen der Undanck beſtehet;
ſo iſt die Undanckbarkeit durch das na-
tuͤrliche Geſetze verboten
(§. 57.).

§. 475.
Von
Schen-
ckungen.

Das Geben, welches umſonſt (dario gratui-
ta)
geſchieht, nennt man eine Schenckung
(donationem): dasjenige aber, welches ohne
Entgelt (gratis) gegeben wird, heiſt das
Geſchenck
(donum, munus). Wer das Ge-
ſchenck giebt, heiſt der Schenckende (do-
nans, donator),
der, welcher es empfaͤngt,
der Beſchenckte (donatarius). Da man
in der Schenckung das Eigenthum desjeni-
gen, was gegeben wird, auf einen andern
bringt (§. 258.); ſo wird zur Schen-
ckung eine Annehmung erfordert (§.
316.), und es beruhet auf dem Wil-
len des Schenckenden, ob und auf was
vor Art und Weiſe er etwas verſchen-
cken will (§. 314.); und iſt alſo nicht

noͤthig,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0332" n="296"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 9. H. Von bloß milden Handl.</hi></fw><lb/>
hierinnen <hi rendition="#fr">der Danck</hi> be&#x017F;tehet; <hi rendition="#fr">&#x017F;o muß der,<lb/>
welcher Wohlthaten empfangen hat,<lb/>
ein danckbares Gemu&#x0364;th gegen den<lb/>
Wohltha&#x0364;ter haben,</hi> oder <hi rendition="#fr">danckbar &#x017F;eyn.</hi><lb/>
Und weil man &#x017F;agt, <hi rendition="#fr">daß derjenige danck-<lb/>
&#x017F;age</hi> <hi rendition="#aq">(gratias agere),</hi> der &#x017F;ein danckbares Ge-<lb/>
muth mit Worten oder Wercken bezeigt; <hi rendition="#fr">&#x017F;o<lb/>
muß er dem&#x017F;elben auch danck&#x017F;agen.</hi><lb/>
Allein weil derjenige <hi rendition="#fr">undanckbar</hi> i&#x017F;t, der<lb/>
kein danckbares Gemu&#x0364;th hat, folglich weder<lb/>
mit Worten, noch weniger mit Wercken da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe an den Tag leget, ja gar das Gegen-<lb/>
theil thut, worinnen der <hi rendition="#fr">Undanck</hi> be&#x017F;tehet;<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o i&#x017F;t die Undanckbarkeit durch das na-<lb/>
tu&#x0364;rliche Ge&#x017F;etze verboten</hi> (§. 57.).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 475.</head><lb/>
              <note place="left">Von<lb/>
Schen-<lb/>
ckungen.</note>
              <p>Das Geben, welches um&#x017F;on&#x017F;t <hi rendition="#aq">(dario gratui-<lb/>
ta)</hi> ge&#x017F;chieht, nennt man <hi rendition="#fr">eine Schenckung</hi><lb/><hi rendition="#aq">(donationem):</hi> dasjenige aber, welches ohne<lb/>
Entgelt <hi rendition="#aq">(gratis)</hi> gegeben wird, hei&#x017F;t <hi rendition="#fr">das<lb/>
Ge&#x017F;chenck</hi> <hi rendition="#aq">(donum, munus).</hi> Wer das Ge-<lb/>
&#x017F;chenck giebt, hei&#x017F;t <hi rendition="#fr">der Schenckende</hi> <hi rendition="#aq">(do-<lb/>
nans, donator),</hi> der, welcher es empfa&#x0364;ngt,<lb/><hi rendition="#fr">der Be&#x017F;chenckte</hi> <hi rendition="#aq">(donatarius).</hi> Da man<lb/>
in der Schenckung das Eigenthum desjeni-<lb/>
gen, was gegeben wird, auf einen andern<lb/>
bringt (§. 258.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o wird zur Schen-<lb/>
ckung eine Annehmung erfordert (§.<lb/>
316.), und es beruhet auf dem Wil-<lb/>
len des Schenckenden, ob und auf was<lb/>
vor Art und Wei&#x017F;e er etwas ver&#x017F;chen-<lb/>
cken will (§. 314.); und i&#x017F;t al&#x017F;o nicht</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">no&#x0364;thig,</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0332] II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl. hierinnen der Danck beſtehet; ſo muß der, welcher Wohlthaten empfangen hat, ein danckbares Gemuͤth gegen den Wohlthaͤter haben, oder danckbar ſeyn. Und weil man ſagt, daß derjenige danck- ſage (gratias agere), der ſein danckbares Ge- muth mit Worten oder Wercken bezeigt; ſo muß er demſelben auch danckſagen. Allein weil derjenige undanckbar iſt, der kein danckbares Gemuͤth hat, folglich weder mit Worten, noch weniger mit Wercken daſ- ſelbe an den Tag leget, ja gar das Gegen- theil thut, worinnen der Undanck beſtehet; ſo iſt die Undanckbarkeit durch das na- tuͤrliche Geſetze verboten (§. 57.). §. 475. Das Geben, welches umſonſt (dario gratui- ta) geſchieht, nennt man eine Schenckung (donationem): dasjenige aber, welches ohne Entgelt (gratis) gegeben wird, heiſt das Geſchenck (donum, munus). Wer das Ge- ſchenck giebt, heiſt der Schenckende (do- nans, donator), der, welcher es empfaͤngt, der Beſchenckte (donatarius). Da man in der Schenckung das Eigenthum desjeni- gen, was gegeben wird, auf einen andern bringt (§. 258.); ſo wird zur Schen- ckung eine Annehmung erfordert (§. 316.), und es beruhet auf dem Wil- len des Schenckenden, ob und auf was vor Art und Weiſe er etwas verſchen- cken will (§. 314.); und iſt alſo nicht noͤthig,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/332
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/332>, abgerufen am 21.11.2024.