Von der Erlan- gung ei- nes Ei- gen- thums aus einer vermu- theten Verlas- sung.
Daher folget nun, daß, woferne man nicht gewiß ausmachen kann, wenn daran gelegen ist, daß man gewiß wis- se, ob der Eigenthumsherr das ihm zugehörige verlassen habe, dennoch aber die Verlassung vermuthet wird, man vor wahr anzunehmen habe, daß er sie verlassen (§. 449.); und folglich die Sache dem Besitzer gehöre (§. 448.); nemlich nicht deswegen, weil er sie besitzet, sondern weil die Sache, die er besitzet, für eine keinem andern zugehörige gehalten wird (§. 203.), und er sich dieselbe zugeeignet hat (§. 448.).
§. 451.
Was die Ersitzung oder die Erlan- gung ei- ner bloß besesse- nen Sa- che sey, und wie dieselbe geschie- het.
Die Erlangung des Eigenthums aus der Vermuthung, daß sie von dem Eigenthums- herrn sey verlassen worden, nennet man die Erlangung des Eigenthums einer bloß besessenen Sache, oder mit einem Worte die Ersitzung(usucapio). Wenn man aber in den bürgerlichen Rechten saget, daß eine Sache durch den Besitz unser eigen werde, wenn er bis auf eine in den Gesetzen bestimmte Zeit in einem fortgedauret hat; so wird durch das bürgerliche Gesetze nichts anders als die Art und Weise bestimmet, die Verlaßung einer Sache zu vermuthen, und diese ist bloß bürgerlichen Rechtes. Gewiß, da niemand zweifeln kann, daß durch den blossen Besitz kein Eigenthum erhalten wer-
den
II.Th. 8. H. Von der Erſitzung
§. 450.
Von der Erlan- gung ei- nes Ei- gen- thums aus einer vermu- theten Verlaſ- ſung.
Daher folget nun, daß, woferne man nicht gewiß ausmachen kann, wenn daran gelegen iſt, daß man gewiß wiſ- ſe, ob der Eigenthumsherr das ihm zugehoͤrige verlaſſen habe, dennoch aber die Verlaſſung vermuthet wird, man vor wahr anzunehmen habe, daß er ſie verlaſſen (§. 449.); und folglich die Sache dem Beſitzer gehoͤre (§. 448.); nemlich nicht deswegen, weil er ſie beſitzet, ſondern weil die Sache, die er beſitzet, fuͤr eine keinem andern zugehoͤrige gehalten wird (§. 203.), und er ſich dieſelbe zugeeignet hat (§. 448.).
§. 451.
Was die Erſitzung oder die Erlan- gung ei- ner bloß beſeſſe- nen Sa- che ſey, und wie dieſelbe geſchie- het.
Die Erlangung des Eigenthums aus der Vermuthung, daß ſie von dem Eigenthums- herrn ſey verlaſſen worden, nennet man die Erlangung des Eigenthums einer bloß beſeſſenen Sache, oder mit einem Worte die Erſitzung(uſucapio). Wenn man aber in den buͤrgerlichen Rechten ſaget, daß eine Sache durch den Beſitz unſer eigen werde, wenn er bis auf eine in den Geſetzen beſtimmte Zeit in einem fortgedauret hat; ſo wird durch das buͤrgerliche Geſetze nichts anders als die Art und Weiſe beſtimmet, die Verlaßung einer Sache zu vermuthen, und dieſe iſt bloß buͤrgerlichen Rechtes. Gewiß, da niemand zweifeln kann, daß durch den bloſſen Beſitz kein Eigenthum erhalten wer-
den
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II. Th. 8. H. Von der Erſitzung
§. 450.
Daher folget nun, daß, woferne man
nicht gewiß ausmachen kann, wenn
daran gelegen iſt, daß man gewiß wiſ-
ſe, ob der Eigenthumsherr das ihm
zugehoͤrige verlaſſen habe, dennoch
aber die Verlaſſung vermuthet wird,
man vor wahr anzunehmen habe, daß
er ſie verlaſſen (§. 449.); und folglich die
Sache dem Beſitzer gehoͤre (§. 448.);
nemlich nicht deswegen, weil er ſie beſitzet,
ſondern weil die Sache, die er beſitzet, fuͤr
eine keinem andern zugehoͤrige gehalten wird
(§. 203.), und er ſich dieſelbe zugeeignet hat
(§. 448.).
§. 451.
Die Erlangung des Eigenthums aus der
Vermuthung, daß ſie von dem Eigenthums-
herrn ſey verlaſſen worden, nennet man die
Erlangung des Eigenthums einer
bloß beſeſſenen Sache, oder mit einem
Worte die Erſitzung (uſucapio). Wenn
man aber in den buͤrgerlichen Rechten ſaget,
daß eine Sache durch den Beſitz unſer eigen
werde, wenn er bis auf eine in den Geſetzen
beſtimmte Zeit in einem fortgedauret hat;
ſo wird durch das buͤrgerliche Geſetze nichts
anders als die Art und Weiſe beſtimmet, die
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dieſe iſt bloß buͤrgerlichen Rechtes. Gewiß,
da niemand zweifeln kann, daß durch den
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/316>, abgerufen am 21.11.2024.
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