auf die gesetzte Zeit dauren soll, wo- fern nicht in einer bestimten Zeit der eine Theil dem andern den Vertrag aufsaget; so verbleibet derselbe nach dem, was anfangs abgeredet worden, so lange, bis er aufgehoben wird (§. 438.); folglich wird er nicht erneuret (§. 441.).
§. 442.
Man sagt, es gehe der vom Vertra-Wenn es erlaubet ist von einem Vertrage abzuge- hen. ge ab(a pactu discedit), welcher das nicht leisten will, wozu er vermöge des Vertrags verbunden ist. Derowegen da man Gegen- leistungen nennet (praestationes mutuae), wann einer dem andern etwas leistet, und der andere im Gegentheil ihm wieder etwas leisten muß; folglich bey Gegenleistungen die Leistung des einen die Leistung des andern als eine zuerfüllende Bedin- gung voraussetzet (§. 315.); so ist auch, wenn der eine Theil nicht leisten will, was er zu leisten schuldig ist, oder vom Vertrag abgehet, da der andere Theil solchergestalt auch nicht verbunden ist das zu leisten, was er schuldig war (§. 396.), dem- selben erlaubt von dem Vertrage ab- zugehen. Jedoch da der andere verbunden ist den Vertrag zu halten (§. 438.), und wir daher das Recht haben ihn dazu anzuhalten (§. 379.), welches uns wider unsern Willen nicht benommen werden kann (§. 100.); so stehet uns noch frey, wofern wir vom
Ver-
Nat. u. Völckerrecht. S
und den Vertraͤgen uͤberhaupt.
auf die geſetzte Zeit dauren ſoll, wo- fern nicht in einer beſtimten Zeit der eine Theil dem andern den Vertrag aufſaget; ſo verbleibet derſelbe nach dem, was anfangs abgeredet worden, ſo lange, bis er aufgehoben wird (§. 438.); folglich wird er nicht erneuret (§. 441.).
§. 442.
Man ſagt, es gehe der vom Vertra-Wenn es erlaubet iſt von einem Vertrage abzuge- hen. ge ab(a pactu diſcedit), welcher das nicht leiſten will, wozu er vermoͤge des Vertrags verbunden iſt. Derowegen da man Gegen- leiſtungen nennet (præſtationes mutuae), wann einer dem andern etwas leiſtet, und der andere im Gegentheil ihm wieder etwas leiſten muß; folglich bey Gegenleiſtungen die Leiſtung des einen die Leiſtung des andern als eine zuerfuͤllende Bedin- gung vorausſetzet (§. 315.); ſo iſt auch, wenn der eine Theil nicht leiſten will, was er zu leiſten ſchuldig iſt, oder vom Vertrag abgehet, da der andere Theil ſolchergeſtalt auch nicht verbunden iſt das zu leiſten, was er ſchuldig war (§. 396.), dem- ſelben erlaubt von dem Vertrage ab- zugehen. Jedoch da der andere verbunden iſt den Vertrag zu halten (§. 438.), und wir daher das Recht haben ihn dazu anzuhalten (§. 379.), welches uns wider unſern Willen nicht benommen werden kann (§. 100.); ſo ſtehet uns noch frey, wofern wir vom
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Nat. u. Voͤlckerrecht. S
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und den Vertraͤgen uͤberhaupt.
auf die geſetzte Zeit dauren ſoll, wo-
fern nicht in einer beſtimten Zeit der
eine Theil dem andern den Vertrag
aufſaget; ſo verbleibet derſelbe nach
dem, was anfangs abgeredet worden,
ſo lange, bis er aufgehoben wird (§.
438.); folglich wird er nicht erneuret
(§. 441.).
§. 442.
Man ſagt, es gehe der vom Vertra-
ge ab (a pactu diſcedit), welcher das nicht
leiſten will, wozu er vermoͤge des Vertrags
verbunden iſt. Derowegen da man Gegen-
leiſtungen nennet (præſtationes mutuae),
wann einer dem andern etwas leiſtet, und der
andere im Gegentheil ihm wieder etwas leiſten
muß; folglich bey Gegenleiſtungen die
Leiſtung des einen die Leiſtung des
andern als eine zuerfuͤllende Bedin-
gung vorausſetzet (§. 315.); ſo iſt
auch, wenn der eine Theil nicht leiſten
will, was er zu leiſten ſchuldig iſt, oder
vom Vertrag abgehet, da der andere Theil
ſolchergeſtalt auch nicht verbunden iſt das zu
leiſten, was er ſchuldig war (§. 396.), dem-
ſelben erlaubt von dem Vertrage ab-
zugehen. Jedoch da der andere verbunden
iſt den Vertrag zu halten (§. 438.), und wir
daher das Recht haben ihn dazu anzuhalten
(§. 379.), welches uns wider unſern Willen
nicht benommen werden kann (§. 100.); ſo
ſtehet uns noch frey, wofern wir vom
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/309>, abgerufen am 21.11.2024.
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