Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
Strafe Versprochene (promissum poe-
nale).
Es ist aber eben wie vorher klar, daß
man bey Strafe etwas versprechen
könne;
weil es nemlich lediglich auf dem
freyen Willen des Versprechers und desjeni-
gen, dem etwas versprochen wird, beruhet
(§. 393. 381.). Es kan aber eine Strafe
auf eine dreyfache Weise angehängt werden,
entweder daß es der Wahl desjenigen, dem
etwas versprochen wird, überlassen wird, ob
er die Strafe haben will, oder den Verspre-
cher das Versprochene zu gewehren anhalten;
oder daß das Versprechen aufhöre, wenn die
Strafe geleistet worden; oder daß dessen un-
geachtet der Versprecher dennoch das Ver-
sprochene zu gewehren verbunden bleibet.

§. 411.
Von dem
Verspre-
chen, was
unsere
Kräfte
überstei-
get.
Vom
Verspre-
chen ei-
ner Sa-
che, die
einem
andern
zugehört.

Es ist unmöglich, daß wir etwas thun, was
unsere Kräfte übersteigt. Derowegen ist das
Versprechen ungültig, welches zu hal-
ten unsere Kräfte übersteiget
(§. 380.
37.).

§. 412.

Und weil niemand eine Sache, die einem
andern zugehört, jemanden geben kann (§.
258.), das Versprechen aber uns verbindet
das zu geben, was wir versprechen (§. 388.);
so kann niemand eine Sache, die einem
andern zugehört, versprechen. Wenn

aber jemand etwas verspricht, was sei-
ne werden kann, oder was er glaubt,
daß es seine werden könne, weil es

seine

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
Strafe Verſprochene (promiſſum poe-
nale).
Es iſt aber eben wie vorher klar, daß
man bey Strafe etwas verſprechen
koͤnne;
weil es nemlich lediglich auf dem
freyen Willen des Verſprechers und desjeni-
gen, dem etwas verſprochen wird, beruhet
(§. 393. 381.). Es kan aber eine Strafe
auf eine dreyfache Weiſe angehaͤngt werden,
entweder daß es der Wahl desjenigen, dem
etwas verſprochen wird, uͤberlaſſen wird, ob
er die Strafe haben will, oder den Verſpre-
cher das Verſprochene zu gewehren anhalten;
oder daß das Verſprechen aufhoͤre, wenn die
Strafe geleiſtet worden; oder daß deſſen un-
geachtet der Verſprecher dennoch das Ver-
ſprochene zu gewehren verbunden bleibet.

§. 411.
Von dem
Verſpre-
chen, was
unſere
Kraͤfte
uͤberſtei-
get.
Vom
Verſpre-
chen ei-
ner Sa-
che, die
einem
andern
zugehoͤrt.

Es iſt unmoͤglich, daß wir etwas thun, was
unſere Kraͤfte uͤberſteigt. Derowegen iſt das
Verſprechen unguͤltig, welches zu hal-
ten unſere Kraͤfte uͤberſteiget
(§. 380.
37.).

§. 412.

Und weil niemand eine Sache, die einem
andern zugehoͤrt, jemanden geben kann (§.
258.), das Verſprechen aber uns verbindet
das zu geben, was wir verſprechen (§. 388.);
ſo kann niemand eine Sache, die einem
andern zugehoͤrt, verſprechen. Wenn

aber jemand etwas verſpricht, was ſei-
ne werden kann, oder was er glaubt,
daß es ſeine werden koͤnne, weil es

ſeine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0286" n="250"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 7. H. Von dem Ver&#x017F;prechen</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Strafe Ver&#x017F;prochene</hi><hi rendition="#aq">(promi&#x017F;&#x017F;um poe-<lb/>
nale).</hi> Es i&#x017F;t aber eben wie vorher klar, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
man bey Strafe etwas ver&#x017F;prechen<lb/>
ko&#x0364;nne;</hi> weil es nemlich lediglich auf dem<lb/>
freyen Willen des Ver&#x017F;prechers und desjeni-<lb/>
gen, dem etwas ver&#x017F;prochen wird, beruhet<lb/>
(§. 393. 381.). Es kan aber eine Strafe<lb/>
auf eine dreyfache Wei&#x017F;e angeha&#x0364;ngt werden,<lb/><hi rendition="#fr">entweder</hi> daß es der Wahl desjenigen, dem<lb/>
etwas ver&#x017F;prochen wird, u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en wird, ob<lb/>
er die Strafe haben will, oder den Ver&#x017F;pre-<lb/>
cher das Ver&#x017F;prochene zu gewehren anhalten;<lb/><hi rendition="#fr">oder</hi> daß das Ver&#x017F;prechen aufho&#x0364;re, wenn die<lb/>
Strafe gelei&#x017F;tet worden; <hi rendition="#fr">oder</hi> daß de&#x017F;&#x017F;en un-<lb/>
geachtet der Ver&#x017F;precher dennoch das Ver-<lb/>
&#x017F;prochene zu gewehren verbunden bleibet.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 411.</head><lb/>
              <note place="left">Von dem<lb/>
Ver&#x017F;pre-<lb/>
chen, was<lb/>
un&#x017F;ere<lb/>
Kra&#x0364;fte<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;tei-<lb/>
get.<lb/>
Vom<lb/>
Ver&#x017F;pre-<lb/>
chen ei-<lb/>
ner Sa-<lb/>
che, die<lb/>
einem<lb/>
andern<lb/>
zugeho&#x0364;rt.</note>
              <p>Es i&#x017F;t unmo&#x0364;glich, daß wir etwas thun, was<lb/>
un&#x017F;ere Kra&#x0364;fte u&#x0364;ber&#x017F;teigt. Derowegen i&#x017F;t <hi rendition="#fr">das<lb/>
Ver&#x017F;prechen ungu&#x0364;ltig, welches zu hal-<lb/>
ten un&#x017F;ere Kra&#x0364;fte u&#x0364;ber&#x017F;teiget</hi> (§. 380.<lb/>
37.).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 412.</head><lb/>
              <p>Und weil niemand eine Sache, die einem<lb/>
andern zugeho&#x0364;rt, jemanden geben kann (§.<lb/>
258.), das Ver&#x017F;prechen aber uns verbindet<lb/>
das zu geben, was wir ver&#x017F;prechen (§. 388.);<lb/>
&#x017F;o <hi rendition="#fr">kann niemand eine Sache, die einem<lb/>
andern zugeho&#x0364;rt, ver&#x017F;prechen. Wenn</hi><lb/>
aber <hi rendition="#fr">jemand etwas ver&#x017F;pricht, was &#x017F;ei-<lb/>
ne werden kann, oder was er glaubt,<lb/>
daß es &#x017F;eine werden ko&#x0364;nne, weil es</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;eine</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0286] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen Strafe Verſprochene (promiſſum poe- nale). Es iſt aber eben wie vorher klar, daß man bey Strafe etwas verſprechen koͤnne; weil es nemlich lediglich auf dem freyen Willen des Verſprechers und desjeni- gen, dem etwas verſprochen wird, beruhet (§. 393. 381.). Es kan aber eine Strafe auf eine dreyfache Weiſe angehaͤngt werden, entweder daß es der Wahl desjenigen, dem etwas verſprochen wird, uͤberlaſſen wird, ob er die Strafe haben will, oder den Verſpre- cher das Verſprochene zu gewehren anhalten; oder daß das Verſprechen aufhoͤre, wenn die Strafe geleiſtet worden; oder daß deſſen un- geachtet der Verſprecher dennoch das Ver- ſprochene zu gewehren verbunden bleibet. §. 411. Es iſt unmoͤglich, daß wir etwas thun, was unſere Kraͤfte uͤberſteigt. Derowegen iſt das Verſprechen unguͤltig, welches zu hal- ten unſere Kraͤfte uͤberſteiget (§. 380. 37.). §. 412. Und weil niemand eine Sache, die einem andern zugehoͤrt, jemanden geben kann (§. 258.), das Verſprechen aber uns verbindet das zu geben, was wir verſprechen (§. 388.); ſo kann niemand eine Sache, die einem andern zugehoͤrt, verſprechen. Wenn aber jemand etwas verſpricht, was ſei- ne werden kann, oder was er glaubt, daß es ſeine werden koͤnne, weil es ſeine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/286
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/286>, abgerufen am 21.11.2024.