nige auszuführen, was wir beschlossen haben; so sollen wir es auch nicht thun. Denn es ist sicherer sie nicht zu vertrauen, als zu vertrauen, damit man nicht in Gefahr stehe, sie möchten verrathen werden. Geheimnis- se aber, die einem vertrauet sind, dör- fen niemahls verrathen werden (§. 269.), besonders wenn wir uns ver- bunden haben, sie nicht zu verrathen (§. 97. 100.).
§. 359.
Von der Sittlich- keit der Verstel- lung, der Verhe- lung und des Vor- wandes.
Da wir durch verstellen und moralisch falsch reden einerley intendiren, nämlich, daß der andere von unsern Gedancken eine entgegengesetzte Meinung fassen möge (§. 348. 349.); so ist auch, wenn die Unwahr- heit erlaubt, oder unerlaubt ist, die Verstellung erlaubt, oder unerlaubt. Eben so, da durch die Verbergung unserer Gedancken und die Verheelung einerley ge- sucht wird, daß unsere Meinung einem an- dern nicht bekannt werden solle (§. 349.); so ist auch, wenn es erlaubt ist, seine Ge- dancken zu verbergen, die Verheelung erlaubt. Weil nun der Vorwand eine Art der Unwahrheit ist (§. 350.); so gilt von der Sittlichkeit des Vorwands eben dasjenige, was von der Sittlichkeit der Unwahrheit erwiesen worden.
§. 360.
Von un- nützen Worten
Unnütze Worte(verba temeraria) sind diejenigen, welche ohne eine Absicht gespro-
chen;
II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung
nige auszufuͤhren, was wir beſchloſſen haben; ſo ſollen wir es auch nicht thun. Denn es iſt ſicherer ſie nicht zu vertrauen, als zu vertrauen, damit man nicht in Gefahr ſtehe, ſie moͤchten verrathen werden. Geheimniſ- ſe aber, die einem vertrauet ſind, doͤr- fen niemahls verrathen werden (§. 269.), beſonders wenn wir uns ver- bunden haben, ſie nicht zu verrathen (§. 97. 100.).
§. 359.
Von der Sittlich- keit der Verſtel- lung, der Verhe- lung und des Vor- wandes.
Da wir durch verſtellen und moraliſch falſch reden einerley intendiren, naͤmlich, daß der andere von unſern Gedancken eine entgegengeſetzte Meinung faſſen moͤge (§. 348. 349.); ſo iſt auch, wenn die Unwahr- heit erlaubt, oder unerlaubt iſt, die Verſtellung erlaubt, oder unerlaubt. Eben ſo, da durch die Verbergung unſerer Gedancken und die Verheelung einerley ge- ſucht wird, daß unſere Meinung einem an- dern nicht bekannt werden ſolle (§. 349.); ſo iſt auch, wenn es erlaubt iſt, ſeine Ge- dancken zu verbergen, die Verheelung erlaubt. Weil nun der Vorwand eine Art der Unwahrheit iſt (§. 350.); ſo gilt von der Sittlichkeit des Vorwands eben dasjenige, was von der Sittlichkeit der Unwahrheit erwieſen worden.
§. 360.
Von un- nuͤtzen Worten
Unnuͤtze Worte(verba temeraria) ſind diejenigen, welche ohne eine Abſicht geſpro-
chen;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0256"n="220"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. 6. H. Von der Eroͤfnung</hi></fw><lb/>
nige auszufuͤhren, was wir beſchloſſen haben;<lb/><hirendition="#fr">ſo ſollen wir es auch nicht thun.</hi> Denn<lb/>
es iſt ſicherer ſie nicht zu vertrauen, als zu<lb/>
vertrauen, damit man nicht in Gefahr ſtehe,<lb/>ſie moͤchten verrathen werden. <hirendition="#fr">Geheimniſ-<lb/>ſe aber, die einem vertrauet ſind, doͤr-<lb/>
fen niemahls verrathen werden (§.<lb/>
269.), beſonders wenn wir uns ver-<lb/>
bunden haben, ſie nicht zu verrathen</hi><lb/>
(§. 97. 100.).</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 359.</head><lb/><noteplace="left">Von der<lb/>
Sittlich-<lb/>
keit der<lb/>
Verſtel-<lb/>
lung, der<lb/>
Verhe-<lb/>
lung und<lb/>
des Vor-<lb/>
wandes.</note><p>Da wir durch verſtellen und moraliſch<lb/>
falſch reden einerley intendiren, naͤmlich,<lb/>
daß der andere von unſern Gedancken eine<lb/>
entgegengeſetzte Meinung faſſen moͤge (§. 348.<lb/>
349.); <hirendition="#fr">ſo iſt auch, wenn die Unwahr-<lb/>
heit erlaubt, oder unerlaubt iſt, die<lb/>
Verſtellung erlaubt, oder unerlaubt.</hi><lb/>
Eben ſo, da durch die Verbergung unſerer<lb/>
Gedancken und die Verheelung einerley ge-<lb/>ſucht wird, daß unſere Meinung einem an-<lb/>
dern nicht bekannt werden ſolle (§. 349.); <hirendition="#fr">ſo<lb/>
iſt auch, wenn es erlaubt iſt, ſeine Ge-<lb/>
dancken zu verbergen, die Verheelung<lb/>
erlaubt.</hi> Weil nun der Vorwand eine Art<lb/>
der Unwahrheit iſt (§. 350.); <hirendition="#fr">ſo gilt von<lb/>
der Sittlichkeit des Vorwands eben<lb/>
dasjenige, was von der Sittlichkeit der<lb/>
Unwahrheit erwieſen worden.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 360.</head><lb/><noteplace="left">Von un-<lb/>
nuͤtzen<lb/>
Worten</note><p><hirendition="#fr">Unnuͤtze Worte</hi><hirendition="#aq">(verba temeraria)</hi>ſind<lb/>
diejenigen, welche ohne eine Abſicht geſpro-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">chen;</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[220/0256]
II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung
nige auszufuͤhren, was wir beſchloſſen haben;
ſo ſollen wir es auch nicht thun. Denn
es iſt ſicherer ſie nicht zu vertrauen, als zu
vertrauen, damit man nicht in Gefahr ſtehe,
ſie moͤchten verrathen werden. Geheimniſ-
ſe aber, die einem vertrauet ſind, doͤr-
fen niemahls verrathen werden (§.
269.), beſonders wenn wir uns ver-
bunden haben, ſie nicht zu verrathen
(§. 97. 100.).
§. 359.
Da wir durch verſtellen und moraliſch
falſch reden einerley intendiren, naͤmlich,
daß der andere von unſern Gedancken eine
entgegengeſetzte Meinung faſſen moͤge (§. 348.
349.); ſo iſt auch, wenn die Unwahr-
heit erlaubt, oder unerlaubt iſt, die
Verſtellung erlaubt, oder unerlaubt.
Eben ſo, da durch die Verbergung unſerer
Gedancken und die Verheelung einerley ge-
ſucht wird, daß unſere Meinung einem an-
dern nicht bekannt werden ſolle (§. 349.); ſo
iſt auch, wenn es erlaubt iſt, ſeine Ge-
dancken zu verbergen, die Verheelung
erlaubt. Weil nun der Vorwand eine Art
der Unwahrheit iſt (§. 350.); ſo gilt von
der Sittlichkeit des Vorwands eben
dasjenige, was von der Sittlichkeit der
Unwahrheit erwieſen worden.
§. 360.
Unnuͤtze Worte (verba temeraria) ſind
diejenigen, welche ohne eine Abſicht geſpro-
chen;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/256>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.