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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 6. H. Von der Eröfnung
§. 349.
Eine auf-
richtige
Hand-
lung, die
Verstel-
lung die
Verhee-
lung, der
Vor-
wand.

Eine äusserlich aufrichtige Hand-
lung
(actio externa sincera) nennt man die-
jenige, welche mit der innern übereinstimmt;
wenn aber die äussere Handlung der inneren
zuwieder ist, so heißt es eine Verstellung
(simulatio). Die Verbergung so wohl der
äussern, als innern Handlungen, sie mag ent-
weder in einer That oder Unterlassung dersel-
ben bestehen, auf was Art und Weise sie auch
geschiehet, heißt die Verheelung (dissimu-
latio).
Die Verstellung der Jntention, wenn
wir nemlich eine andere, als die wahre, wel-
che wir haben, vorgeben, heisset der Vor-
wand
(praetextus), welche von einigen ein
Blendwerck (obtentus) genannt wird.

§. 350.
Welche
Rede
Wahrre-
den, wel-
che Rede
Unwahr-
heit ist.

Es erhellet also, daß Wahrreden eine
aufrichtige Rede, und eine Unwahrheit
im Reden eine verstellte Rede sey
(§.
347. 348. 349.). Es erhellet aber auch fer-
ner, daß der Vorwand eine Art der
Unwahrheit sey,
wie die Unterlaßung
der Rede, die zu dem Ende geschiehet,
daß unsere Gedancken dem andern nicht
bekannt werden sollen, zur Verheelung
zu rechnen ist
(§. 349.).

§. 351.
Vom Lü-
gen und
Ver-
schwei-
gen.

Der lügt (mentitur), welcher moralisch
falsch redet, wenn er wahr zu reden verbun-
den ist, oder wenn er verbunden ist dem an-
dern seine Gedancken zu entdecken. Eine Lü-

gen
II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung
§. 349.
Eine auf-
richtige
Hand-
lung, die
Verſtel-
lung die
Verhee-
lung, der
Vor-
wand.

Eine aͤuſſerlich aufrichtige Hand-
lung
(actio externa ſincera) nennt man die-
jenige, welche mit der innern uͤbereinſtimmt;
wenn aber die aͤuſſere Handlung der inneren
zuwieder iſt, ſo heißt es eine Verſtellung
(ſimulatio). Die Verbergung ſo wohl der
aͤuſſern, als innern Handlungen, ſie mag ent-
weder in einer That oder Unterlaſſung derſel-
ben beſtehen, auf was Art und Weiſe ſie auch
geſchiehet, heißt die Verheelung (diſſimu-
latio).
Die Verſtellung der Jntention, wenn
wir nemlich eine andere, als die wahre, wel-
che wir haben, vorgeben, heiſſet der Vor-
wand
(prætextus), welche von einigen ein
Blendwerck (obtentus) genannt wird.

§. 350.
Welche
Rede
Wahrre-
den, wel-
che Rede
Unwahr-
heit iſt.

Es erhellet alſo, daß Wahrreden eine
aufrichtige Rede, und eine Unwahrheit
im Reden eine verſtellte Rede ſey
(§.
347. 348. 349.). Es erhellet aber auch fer-
ner, daß der Vorwand eine Art der
Unwahrheit ſey,
wie die Unterlaßung
der Rede, die zu dem Ende geſchiehet,
daß unſere Gedancken dem andern nicht
bekannt werden ſollen, zur Verheelung
zu rechnen iſt
(§. 349.).

§. 351.
Vom Luͤ-
gen und
Ver-
ſchwei-
gen.

Der luͤgt (mentitur), welcher moraliſch
falſch redet, wenn er wahr zu reden verbun-
den iſt, oder wenn er verbunden iſt dem an-
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[214/0250] II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung §. 349. Eine aͤuſſerlich aufrichtige Hand- lung (actio externa ſincera) nennt man die- jenige, welche mit der innern uͤbereinſtimmt; wenn aber die aͤuſſere Handlung der inneren zuwieder iſt, ſo heißt es eine Verſtellung (ſimulatio). Die Verbergung ſo wohl der aͤuſſern, als innern Handlungen, ſie mag ent- weder in einer That oder Unterlaſſung derſel- ben beſtehen, auf was Art und Weiſe ſie auch geſchiehet, heißt die Verheelung (diſſimu- latio). Die Verſtellung der Jntention, wenn wir nemlich eine andere, als die wahre, wel- che wir haben, vorgeben, heiſſet der Vor- wand (prætextus), welche von einigen ein Blendwerck (obtentus) genannt wird. §. 350. Es erhellet alſo, daß Wahrreden eine aufrichtige Rede, und eine Unwahrheit im Reden eine verſtellte Rede ſey (§. 347. 348. 349.). Es erhellet aber auch fer- ner, daß der Vorwand eine Art der Unwahrheit ſey, wie die Unterlaßung der Rede, die zu dem Ende geſchiehet, daß unſere Gedancken dem andern nicht bekannt werden ſollen, zur Verheelung zu rechnen iſt (§. 349.). §. 351. Der luͤgt (mentitur), welcher moraliſch falſch redet, wenn er wahr zu reden verbun- den iſt, oder wenn er verbunden iſt dem an- dern ſeine Gedancken zu entdecken. Eine Luͤ- gen

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/250>, abgerufen am 21.12.2024.