Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 2. H. Von ursprüngl. Erlangung
kommet, als eine Frucht derselben an-
zusehen ist
(§. 198.). Daher sind die
Früchte, die ohne unsern Fleiß von der
Natur nicht hervorgebracht werden,
theils Früchte der Sache, theils Früch-
te des Fleisses,
oder der Arbeit, der War-
tung und Besorgung (§. 224.). Es
gehöret
aber auch zu der Erhaltung
der Früchte
(perceptionem) die Bestim-
mung zu einem gewissen Gebrauch,

z. E. wenn man die Eicheln, die vor sich her-
unter fallen, den Schweinen die dahin ge-
trieben worden, zu fressen überläßt; oder das
Graß dem Viehe, so auf die Weide getrie-
ben wird.

§. 227.
Von der
Specisi-
cation.

Man nennet eine Speciem ein einzelnes
Ding von einer gewissen Art. Daher nennt
man die Specification die Verrichtung, wo-
durch aus einer gewissen Materie ein Ding
von einer andern Art gemacht wird; und die
Gestalt
(forma), welche die Sache be-
kommt, ist anzusehen als eine Frucht
der Bemühung desjenigen, der es zu
einem Dinge von einer andern Art
macht
(§. 226.). Woraus erhellet, in wie-
ferne künstliche Sachen als Früchte an-
zusehen sind, die demjenigen gehören,
der sie macht
(§. 221.), nämlich das Ei-
genthum
künstlicher Sachen wird durch
die Specification erhalten.
Weil die
Körner in den Aehren, aus welchen sie ge-

droschen

II. Th. 2. H. Von urſpruͤngl. Erlangung
kommet, als eine Frucht derſelben an-
zuſehen iſt
(§. 198.). Daher ſind die
Fruͤchte, die ohne unſern Fleiß von der
Natur nicht hervorgebracht werden,
theils Fruͤchte der Sache, theils Fruͤch-
te des Fleiſſes,
oder der Arbeit, der War-
tung und Beſorgung (§. 224.). Es
gehoͤret
aber auch zu der Erhaltung
der Fruͤchte
(perceptionem) die Beſtim-
mung zu einem gewiſſen Gebrauch,

z. E. wenn man die Eicheln, die vor ſich her-
unter fallen, den Schweinen die dahin ge-
trieben worden, zu freſſen uͤberlaͤßt; oder das
Graß dem Viehe, ſo auf die Weide getrie-
ben wird.

§. 227.
Von der
Speciſi-
cation.

Man nennet eine Speciem ein einzelnes
Ding von einer gewiſſen Art. Daher nennt
man die Specification die Verrichtung, wo-
durch aus einer gewiſſen Materie ein Ding
von einer andern Art gemacht wird; und die
Geſtalt
(forma), welche die Sache be-
kommt, iſt anzuſehen als eine Frucht
der Bemuͤhung desjenigen, der es zu
einem Dinge von einer andern Art
macht
(§. 226.). Woraus erhellet, in wie-
ferne kuͤnſtliche Sachen als Fruͤchte an-
zuſehen ſind, die demjenigen gehoͤren,
der ſie macht
(§. 221.), naͤmlich das Ei-
genthum
kuͤnſtlicher Sachen wird durch
die Specification erhalten.
Weil die
Koͤrner in den Aehren, aus welchen ſie ge-

droſchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0178" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 2. H. Von ur&#x017F;pru&#x0364;ngl. Erlangung</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">kommet, als eine Frucht der&#x017F;elben an-<lb/>
zu&#x017F;ehen i&#x017F;t</hi> (§. 198.). Daher <hi rendition="#fr">&#x017F;ind die<lb/>
Fru&#x0364;chte, die ohne un&#x017F;ern Fleiß von der<lb/>
Natur nicht hervorgebracht werden,<lb/>
theils Fru&#x0364;chte der Sache, theils Fru&#x0364;ch-<lb/>
te des Flei&#x017F;&#x017F;es,</hi> oder der <hi rendition="#fr">Arbeit, der War-<lb/>
tung und Be&#x017F;orgung (§. 224.). Es<lb/>
geho&#x0364;ret</hi> aber <hi rendition="#fr">auch zu der Erhaltung<lb/>
der Fru&#x0364;chte</hi> <hi rendition="#aq">(perceptionem)</hi> <hi rendition="#fr">die Be&#x017F;tim-<lb/>
mung zu einem gewi&#x017F;&#x017F;en Gebrauch,</hi><lb/>
z. E. wenn man die Eicheln, die vor &#x017F;ich her-<lb/>
unter fallen, den Schweinen die dahin ge-<lb/>
trieben worden, zu fre&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berla&#x0364;ßt; oder das<lb/>
Graß dem Viehe, &#x017F;o auf die Weide getrie-<lb/>
ben wird.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 227.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
Speci&#x017F;i-<lb/>
cation.</note>
              <p>Man nennet eine <hi rendition="#fr">Speciem</hi> ein einzelnes<lb/>
Ding von einer gewi&#x017F;&#x017F;en Art. Daher nennt<lb/>
man <hi rendition="#fr">die Specification</hi> die Verrichtung, wo-<lb/>
durch aus einer gewi&#x017F;&#x017F;en Materie ein Ding<lb/>
von einer andern Art gemacht wird; und <hi rendition="#fr">die<lb/>
Ge&#x017F;talt</hi> <hi rendition="#aq">(forma),</hi> <hi rendition="#fr">welche die Sache be-<lb/>
kommt, i&#x017F;t anzu&#x017F;ehen als eine Frucht<lb/>
der Bemu&#x0364;hung desjenigen, der es zu<lb/>
einem Dinge von einer andern Art<lb/>
macht</hi> (§. 226.). Woraus erhellet, in wie-<lb/>
ferne <hi rendition="#fr">ku&#x0364;n&#x017F;tliche Sachen als Fru&#x0364;chte an-<lb/>
zu&#x017F;ehen &#x017F;ind, die demjenigen geho&#x0364;ren,<lb/>
der &#x017F;ie macht</hi> (§. 221.), na&#x0364;mlich <hi rendition="#fr">das Ei-<lb/>
genthum</hi> ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Sachen <hi rendition="#fr">wird durch<lb/>
die Specification erhalten.</hi> Weil die<lb/>
Ko&#x0364;rner in den Aehren, aus welchen &#x017F;ie ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dro&#x017F;chen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0178] II. Th. 2. H. Von urſpruͤngl. Erlangung kommet, als eine Frucht derſelben an- zuſehen iſt (§. 198.). Daher ſind die Fruͤchte, die ohne unſern Fleiß von der Natur nicht hervorgebracht werden, theils Fruͤchte der Sache, theils Fruͤch- te des Fleiſſes, oder der Arbeit, der War- tung und Beſorgung (§. 224.). Es gehoͤret aber auch zu der Erhaltung der Fruͤchte (perceptionem) die Beſtim- mung zu einem gewiſſen Gebrauch, z. E. wenn man die Eicheln, die vor ſich her- unter fallen, den Schweinen die dahin ge- trieben worden, zu freſſen uͤberlaͤßt; oder das Graß dem Viehe, ſo auf die Weide getrie- ben wird. §. 227. Man nennet eine Speciem ein einzelnes Ding von einer gewiſſen Art. Daher nennt man die Specification die Verrichtung, wo- durch aus einer gewiſſen Materie ein Ding von einer andern Art gemacht wird; und die Geſtalt (forma), welche die Sache be- kommt, iſt anzuſehen als eine Frucht der Bemuͤhung desjenigen, der es zu einem Dinge von einer andern Art macht (§. 226.). Woraus erhellet, in wie- ferne kuͤnſtliche Sachen als Fruͤchte an- zuſehen ſind, die demjenigen gehoͤren, der ſie macht (§. 221.), naͤmlich das Ei- genthum kuͤnſtlicher Sachen wird durch die Specification erhalten. Weil die Koͤrner in den Aehren, aus welchen ſie ge- droſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/178
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/178>, abgerufen am 21.12.2024.