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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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I. Th. 5. H. Von den Pflichten
ben. Es streitet der Neid, oder die Mis-
gunst, selbst mit der Natur des Menschen
(§. 39. 44.).

§. 135.
Ob die
natürli-
che Ver-
bindlich-
keit durch
andere
gegensei-
tige
Hand-
lungen
aufgeho-
ben wird.

Die natürliche Verbindlichkeit ist gäntzlich
unveränderlich (§. 38.). Wenn also ein
anderer der natürlichen Verbindlichkeit
kein Genügen leistet, so ist es uns des-
wegen nicht erlaubt ihr auch kein Ge-
nügen zu leisten;
folglich ist es nicht er-
laubt, die Uebertretung des Rechts
der Natur durch das Exempel ande-
rer zu bescheinigen; und es hört des-
wegen die Verbindlichkeit, gegen je-
mand anders eine Pflicht auszuüben,
nicht auf, wenn er seine Pflicht gegen
uns nicht erfüllet.
Weil dieses auch von
denjenigen Pflichten zu verstehen ist, welche
durch das Gesetze verbothen sind; so sind
wir auch Liebesdienste denen zu er-
weisen schuldig, die uns beleidigen

(§. 88.).

§. 136.
Von der
Liebe und
Bewei-
sung der-
selben ge-
gen an-
dere.

Die Pflichten des Menschen gegen andere
sind mit den Pflichten gegen sich selbst einer-
ley (§. 133.). Derowegen muß ein jeder
einen beständigen und dauernden Wil-
len haben, die Vollkommenheit und
Glückseeligkeit eines jeden andern Men-
schen, er sey wer er wolle, zu befördern

(§. 43. 118.); folgends, da in diesem Willen
die Beweisung der Liebe gegen andere

(dile-

I. Th. 5. H. Von den Pflichten
ben. Es ſtreitet der Neid, oder die Mis-
gunſt, ſelbſt mit der Natur des Menſchen
(§. 39. 44.).

§. 135.
Ob die
natuͤrli-
che Ver-
bindlich-
keit durch
andere
gegenſei-
tige
Hand-
lungen
aufgeho-
ben wird.

Die natuͤrliche Verbindlichkeit iſt gaͤntzlich
unveraͤnderlich (§. 38.). Wenn alſo ein
anderer der natuͤrlichen Verbindlichkeit
kein Genuͤgen leiſtet, ſo iſt es uns des-
wegen nicht erlaubt ihr auch kein Ge-
nuͤgen zu leiſten;
folglich iſt es nicht er-
laubt, die Uebertretung des Rechts
der Natur durch das Exempel ande-
rer zu beſcheinigen; und es hoͤrt des-
wegen die Verbindlichkeit, gegen je-
mand anders eine Pflicht auszuuͤben,
nicht auf, wenn er ſeine Pflicht gegen
uns nicht erfuͤllet.
Weil dieſes auch von
denjenigen Pflichten zu verſtehen iſt, welche
durch das Geſetze verbothen ſind; ſo ſind
wir auch Liebesdienſte denen zu er-
weiſen ſchuldig, die uns beleidigen

(§. 88.).

§. 136.
Von der
Liebe und
Bewei-
ſung der-
ſelben ge-
gen an-
dere.

Die Pflichten des Menſchen gegen andere
ſind mit den Pflichten gegen ſich ſelbſt einer-
ley (§. 133.). Derowegen muß ein jeder
einen beſtaͤndigen und dauernden Wil-
len haben, die Vollkommenheit und
Gluͤckſeeligkeit eines jeden andern Men-
ſchen, er ſey wer er wolle, zu befoͤrdern

(§. 43. 118.); folgends, da in dieſem Willen
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(dile-
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[88/0124] I. Th. 5. H. Von den Pflichten ben. Es ſtreitet der Neid, oder die Mis- gunſt, ſelbſt mit der Natur des Menſchen (§. 39. 44.). §. 135. Die natuͤrliche Verbindlichkeit iſt gaͤntzlich unveraͤnderlich (§. 38.). Wenn alſo ein anderer der natuͤrlichen Verbindlichkeit kein Genuͤgen leiſtet, ſo iſt es uns des- wegen nicht erlaubt ihr auch kein Ge- nuͤgen zu leiſten; folglich iſt es nicht er- laubt, die Uebertretung des Rechts der Natur durch das Exempel ande- rer zu beſcheinigen; und es hoͤrt des- wegen die Verbindlichkeit, gegen je- mand anders eine Pflicht auszuuͤben, nicht auf, wenn er ſeine Pflicht gegen uns nicht erfuͤllet. Weil dieſes auch von denjenigen Pflichten zu verſtehen iſt, welche durch das Geſetze verbothen ſind; ſo ſind wir auch Liebesdienſte denen zu er- weiſen ſchuldig, die uns beleidigen (§. 88.). §. 136. Die Pflichten des Menſchen gegen andere ſind mit den Pflichten gegen ſich ſelbſt einer- ley (§. 133.). Derowegen muß ein jeder einen beſtaͤndigen und dauernden Wil- len haben, die Vollkommenheit und Gluͤckſeeligkeit eines jeden andern Men- ſchen, er ſey wer er wolle, zu befoͤrdern (§. 43. 118.); folgends, da in dieſem Willen die Beweiſung der Liebe gegen andere (dile-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/124>, abgerufen am 21.11.2024.