Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Kap. Von der Conception.
geht. Dieses nun dauert eine gewisse Zeit, die
bey verschiedenen Thieren verschieden ist, alsdann
hört auch selbst diese organisirende Nutrition auf,
und der Körper wächst nicht mehr.

§. 96.
Die daher
entstehende
überflüßige
Nahrungs-
säfte reitzen
zum Bey-
schlaf,

und hierdurch
wird die Vege-
tation im Ey
von neuen
wiederum ver-
anlasset.

Man pflegt dieses Aufhören des
des Wachsens dem nunmehro erfol-
genden Widerstande der festen Theile
zuzuschreiben. Es liegt uns nichts
hieran; wir können die Ursache ent-
behren. Genug jene Nutrition und
das davon abhengende Wachsthum
des Thieres hört um eine gewisse Zeit
auf. Jndessen aber fährt die Mi-
schung des Blutes und der Nahrungs-
säfte, so gut wie zuvor, da aus die-
sen neue Theile formirt wurden, fort.
Hieraus entsteht eine Empfindung, die dem Thie-
re bishero unbekannt war, eine Art von Beängst-
lichkeit, die aber angenehm ist, und davon sich
dennoch das unruhige Thier, ob es gleich nicht
weis wie, loszumachen bemühet. Jene Empfin-
dung vermehrt sich bey dem Anblicke eines Thie-
res von derselben Art und von verschiedenem Ge-
schlechte. Kurz alles dieses läuft am Ende auf
nichts anders hinaus, als auf die Vereinigung bey-
der Geschlechte; hierdurch wird dem Thier alle
Unruhe, alle Beängstlichkeit, auf einmahl be-
nommen. Die Vegetation fängt nemlich an
demjenigen Orte, wo sie vor Zeiten stehn geblie-

ben

6. Kap. Von der Conception.
geht. Dieſes nun dauert eine gewiſſe Zeit, die
bey verſchiedenen Thieren verſchieden iſt, alsdann
hoͤrt auch ſelbſt dieſe organiſirende Nutrition auf,
und der Koͤrper waͤchſt nicht mehr.

§. 96.
Die daher
entſtehende
überflüßige
Nahrungs-
ſäfte reitzen
zum Bey-
ſchlaf,

und hierdurch
wird die Vege-
tation im Ey
von neuen
wiederum ver-
anlaſſet.

Man pflegt dieſes Aufhoͤren des
des Wachſens dem nunmehro erfol-
genden Widerſtande der feſten Theile
zuzuſchreiben. Es liegt uns nichts
hieran; wir koͤnnen die Urſache ent-
behren. Genug jene Nutrition und
das davon abhengende Wachsthum
des Thieres hoͤrt um eine gewiſſe Zeit
auf. Jndeſſen aber faͤhrt die Mi-
ſchung des Blutes und der Nahrungs-
ſaͤfte, ſo gut wie zuvor, da aus die-
ſen neue Theile formirt wurden, fort.
Hieraus entſteht eine Empfindung, die dem Thie-
re bishero unbekannt war, eine Art von Beaͤngſt-
lichkeit, die aber angenehm iſt, und davon ſich
dennoch das unruhige Thier, ob es gleich nicht
weis wie, loszumachen bemuͤhet. Jene Empfin-
dung vermehrt ſich bey dem Anblicke eines Thie-
res von derſelben Art und von verſchiedenem Ge-
ſchlechte. Kurz alles dieſes laͤuft am Ende auf
nichts anders hinaus, als auf die Vereinigung bey-
der Geſchlechte; hierdurch wird dem Thier alle
Unruhe, alle Beaͤngſtlichkeit, auf einmahl be-
nommen. Die Vegetation faͤngt nemlich an
demjenigen Orte, wo ſie vor Zeiten ſtehn geblie-

ben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0276" n="254"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Kap. Von der Conception.</hi></fw><lb/>
geht. Die&#x017F;es nun dauert eine gewi&#x017F;&#x017F;e Zeit, die<lb/>
bey ver&#x017F;chiedenen Thieren ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, alsdann<lb/>
ho&#x0364;rt auch &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;e organi&#x017F;irende Nutrition auf,<lb/>
und der Ko&#x0364;rper wa&#x0364;ch&#x017F;t nicht mehr.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 96.</head><lb/>
            <note place="left">Die daher<lb/>
ent&#x017F;tehende<lb/>
überflüßige<lb/>
Nahrungs-<lb/>
&#x017F;äfte reitzen<lb/>
zum <hi rendition="#g">Bey-<lb/>
&#x017F;chlaf,</hi><lb/>
und hierdurch<lb/>
wird die Vege-<lb/>
tation im Ey<lb/>
von neuen<lb/>
wiederum ver-<lb/>
anla&#x017F;&#x017F;et.</note>
            <p>Man pflegt die&#x017F;es Aufho&#x0364;ren des<lb/>
des Wach&#x017F;ens dem nunmehro erfol-<lb/>
genden Wider&#x017F;tande der fe&#x017F;ten Theile<lb/>
zuzu&#x017F;chreiben. Es liegt uns nichts<lb/>
hieran; wir ko&#x0364;nnen die Ur&#x017F;ache ent-<lb/>
behren. Genug jene Nutrition und<lb/>
das davon abhengende Wachsthum<lb/>
des Thieres ho&#x0364;rt um eine gewi&#x017F;&#x017F;e Zeit<lb/>
auf. Jnde&#x017F;&#x017F;en aber fa&#x0364;hrt die Mi-<lb/>
&#x017F;chung des Blutes und der Nahrungs-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;fte, &#x017F;o gut wie zuvor, da aus die-<lb/>
&#x017F;en neue Theile formirt wurden, fort.<lb/>
Hieraus ent&#x017F;teht eine Empfindung, die dem Thie-<lb/>
re bishero unbekannt war, eine Art von Bea&#x0364;ng&#x017F;t-<lb/>
lichkeit, die aber angenehm i&#x017F;t, und davon &#x017F;ich<lb/>
dennoch das unruhige Thier, ob es gleich nicht<lb/>
weis wie, loszumachen bemu&#x0364;het. Jene Empfin-<lb/>
dung vermehrt &#x017F;ich bey dem Anblicke eines Thie-<lb/>
res von der&#x017F;elben Art und von ver&#x017F;chiedenem Ge-<lb/>
&#x017F;chlechte. Kurz alles die&#x017F;es la&#x0364;uft am Ende auf<lb/>
nichts anders hinaus, als auf die Vereinigung bey-<lb/>
der Ge&#x017F;chlechte; hierdurch wird dem Thier alle<lb/>
Unruhe, alle Bea&#x0364;ng&#x017F;tlichkeit, auf einmahl be-<lb/>
nommen. Die Vegetation fa&#x0364;ngt nemlich an<lb/>
demjenigen Orte, wo &#x017F;ie vor Zeiten &#x017F;tehn geblie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0276] 6. Kap. Von der Conception. geht. Dieſes nun dauert eine gewiſſe Zeit, die bey verſchiedenen Thieren verſchieden iſt, alsdann hoͤrt auch ſelbſt dieſe organiſirende Nutrition auf, und der Koͤrper waͤchſt nicht mehr. §. 96. Man pflegt dieſes Aufhoͤren des des Wachſens dem nunmehro erfol- genden Widerſtande der feſten Theile zuzuſchreiben. Es liegt uns nichts hieran; wir koͤnnen die Urſache ent- behren. Genug jene Nutrition und das davon abhengende Wachsthum des Thieres hoͤrt um eine gewiſſe Zeit auf. Jndeſſen aber faͤhrt die Mi- ſchung des Blutes und der Nahrungs- ſaͤfte, ſo gut wie zuvor, da aus die- ſen neue Theile formirt wurden, fort. Hieraus entſteht eine Empfindung, die dem Thie- re bishero unbekannt war, eine Art von Beaͤngſt- lichkeit, die aber angenehm iſt, und davon ſich dennoch das unruhige Thier, ob es gleich nicht weis wie, loszumachen bemuͤhet. Jene Empfin- dung vermehrt ſich bey dem Anblicke eines Thie- res von derſelben Art und von verſchiedenem Ge- ſchlechte. Kurz alles dieſes laͤuft am Ende auf nichts anders hinaus, als auf die Vereinigung bey- der Geſchlechte; hierdurch wird dem Thier alle Unruhe, alle Beaͤngſtlichkeit, auf einmahl be- nommen. Die Vegetation faͤngt nemlich an demjenigen Orte, wo ſie vor Zeiten ſtehn geblie- ben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/276
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/276>, abgerufen am 21.11.2024.