und sind zähe wie Leder. Die Korolle, die Anthe- ren, das Pistill und der Saamen sind noch trockner.
§. 85.
Man muß sich hierbey nur nicht durch die Beschaffenheit der Früchte, die bey einigen Pflanzen überaus saf- tig sind, irre machen lassen. Linnäus würde mir vielleicht hieraus keinen Einwurf machen; Lesern aber, die die Gesetze der Vegetation nicht so gut kennen, muß ich die Sache einigermassen wenigstens erklären. Man muß die Frucht nicht als einen Theil der Pflanze ansehen, der mit in die Reihe der Theile der gewöhnlichen Vegeta- tion gerechnet werden kann, sondern sie ist ein Theil, der aus einem andern, nemlich aus dem Germen durch eine befondere hinzukommende Ur- sache, nachdem die Vegetation schon vollbracht ist, entsteht. Jch habe diese Ursache in der Dis- sertation (§. 134.) erklärt; hier ist es genug, wenn wir wissen, daß die Frucht nicht mit in die Reihe der Theile gerechnet werden muß, die durch diese Vegetation, wovon die Rede ist, allein producirt werden, und daß dieses sich so verhalte, sehen wir daraus, weil zu der Zeit, da die übrige Thei- le der Fruktification producirt werden, der Kelch, die Blume, das Stigma, die Antheren, noch kei- ne Frucht, sondern nur ein Germen an dessen Stelle vorhanden ist. Was hernach dem Ger- men widerfährt, widerfährt den übrigen Theilen nicht; daher muß nothwendig eine besondere Ursa-
che
6. Kap. Von der Conception.
und ſind zaͤhe wie Leder. Die Korolle, die Anthe- ren, das Piſtill und der Saamen ſind noch trockner.
§. 85.
Man muß ſich hierbey nur nicht durch die Beſchaffenheit der Fruͤchte, die bey einigen Pflanzen uͤberaus ſaf- tig ſind, irre machen laſſen. Linnaͤus wuͤrde mir vielleicht hieraus keinen Einwurf machen; Leſern aber, die die Geſetze der Vegetation nicht ſo gut kennen, muß ich die Sache einigermaſſen wenigſtens erklaͤren. Man muß die Frucht nicht als einen Theil der Pflanze anſehen, der mit in die Reihe der Theile der gewoͤhnlichen Vegeta- tion gerechnet werden kann, ſondern ſie iſt ein Theil, der aus einem andern, nemlich aus dem Germen durch eine befondere hinzukommende Ur- ſache, nachdem die Vegetation ſchon vollbracht iſt, entſteht. Jch habe dieſe Urſache in der Diſ- ſertation (§. 134.) erklaͤrt; hier iſt es genug, wenn wir wiſſen, daß die Frucht nicht mit in die Reihe der Theile gerechnet werden muß, die durch dieſe Vegetation, wovon die Rede iſt, allein producirt werden, und daß dieſes ſich ſo verhalte, ſehen wir daraus, weil zu der Zeit, da die uͤbrige Thei- le der Fruktification producirt werden, der Kelch, die Blume, das Stigma, die Antheren, noch kei- ne Frucht, ſondern nur ein Germen an deſſen Stelle vorhanden iſt. Was hernach dem Ger- men widerfaͤhrt, widerfaͤhrt den uͤbrigen Theilen nicht; daher muß nothwendig eine beſondere Urſa-
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6. Kap. Von der Conception.
und ſind zaͤhe wie Leder. Die Korolle, die Anthe-
ren, das Piſtill und der Saamen ſind noch trockner.
§. 85.
Man muß ſich hierbey nur nicht
durch die Beſchaffenheit der Fruͤchte,
die bey einigen Pflanzen uͤberaus ſaf-
tig ſind, irre machen laſſen. Linnaͤus wuͤrde
mir vielleicht hieraus keinen Einwurf machen;
Leſern aber, die die Geſetze der Vegetation nicht
ſo gut kennen, muß ich die Sache einigermaſſen
wenigſtens erklaͤren. Man muß die Frucht nicht
als einen Theil der Pflanze anſehen, der mit in
die Reihe der Theile der gewoͤhnlichen Vegeta-
tion gerechnet werden kann, ſondern ſie iſt ein
Theil, der aus einem andern, nemlich aus dem
Germen durch eine befondere hinzukommende Ur-
ſache, nachdem die Vegetation ſchon vollbracht
iſt, entſteht. Jch habe dieſe Urſache in der Diſ-
ſertation (§. 134.) erklaͤrt; hier iſt es genug, wenn
wir wiſſen, daß die Frucht nicht mit in die Reihe
der Theile gerechnet werden muß, die durch dieſe
Vegetation, wovon die Rede iſt, allein producirt
werden, und daß dieſes ſich ſo verhalte, ſehen
wir daraus, weil zu der Zeit, da die uͤbrige Thei-
le der Fruktification producirt werden, der Kelch,
die Blume, das Stigma, die Antheren, noch kei-
ne Frucht, ſondern nur ein Germen an deſſen
Stelle vorhanden iſt. Was hernach dem Ger-
men widerfaͤhrt, widerfaͤhrt den uͤbrigen Theilen
nicht; daher muß nothwendig eine beſondere Urſa-
che
Ein Zweifel
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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/259>, abgerufen am 17.02.2025.
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