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Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 4. Halle (Saale), 1710.

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Anfangs-Gründe
derjenigen Grösse/ mit welcher sie nicht ver-
glichen werden kan/ für nichts zu halten.

Der 2. Zusatz.

385. Folgends wenn eine unendlich kleine
Grösse zu einer andern addiret/ oder von ihr
subtrahiret wird/ so ist in dem ersten Falle die
Summe/ in dem andern die Differentz der
gegebenen gleich zu achten/ das ist/ eine un-
endlich kleine Grösse kan eine endliche weder
vermehren noch vermindern.

Die 1. Anmerckung..

386. Mercket aber wohl/ daß eine unendlich klei-
ne Grösse nur in Ansehung einer andern für nichts zu
achten; in sich aber nicht nichts ist. Denn bildet euch ein/
ihr wollet die Höhe eines Berges messen und indem
ihr über der Arbeit begriffen wäret/ jagte der Wind
ein Körnlein Sand von der Spitze weg. So wäre
der Berg umb den Diameter eines Sand-Körnleins
niedriger worden. Allein weil weil die Methode/
wodurch die Grösse eines Berges gemessen wird/ so
beschaffen ist/ daß die Höhe einerley gefunden wird/
ob das Sandkörnlein liegen bleibet/ oder von dem
Winde weggejaget wird; kan man das Sand-Körn-
lein in Ansehung eines grossen Berges für nichts und
also seine Grösse in Ansehung der Grösse des Berges
für unendlich kleine halten. Dieses hat man schon
längst überall in acht genommen/ wo man die Geo-
metrie auf cörperliche Dinge in der Natur applici-
ret. Also setzen wir in der Astronomie/ der Diame-
ter der Erde sey in Ansehung der Weite von der Son-
ne und noch mehr der Fixsterne für einen Punct oder
unendlich kleine zu halten/ weil die erste Bewegung
der Sterne sich eben so verhalten würde/ wenn die Er-
de würcklich ein untheilbahrer Punct wäre. So

hal-

Anfangs-Gruͤnde
derjenigen Groͤſſe/ mit welcher ſie nicht ver-
glichen werden kan/ fuͤr nichts zu halten.

Der 2. Zuſatz.

385. Folgends wenn eine unendlich kleine
Groͤſſe zu einer andern addiret/ oder von ihr
ſubtrahiret wird/ ſo iſt in dem erſten Falle die
Summe/ in dem andern die Differentz der
gegebenen gleich zu achten/ das iſt/ eine un-
endlich kleine Groͤſſe kan eine endliche weder
vermehren noch vermindern.

Die 1. Anmerckung..

386. Mercket aber wohl/ daß eine unendlich klei-
ne Groͤſſe nur in Anſehung einer andern fuͤr nichts zu
achtẽ; in ſich aber nicht nichts iſt. Denn bildet euch ein/
ihr wollet die Hoͤhe eines Berges meſſen und indem
ihr uͤber der Arbeit begriffen waͤret/ jagte der Wind
ein Koͤrnlein Sand von der Spitze weg. So waͤre
der Berg umb den Diameter eines Sand-Koͤrnleins
niedriger worden. Allein weil weil die Methode/
wodurch die Groͤſſe eines Berges gemeſſen wird/ ſo
beſchaffen iſt/ daß die Hoͤhe einerley gefunden wird/
ob das Sandkoͤrnlein liegen bleibet/ oder von dem
Winde weggejaget wird; kan man das Sand-Koͤrn-
lein in Anſehung eines groſſen Berges fuͤr nichts und
alſo ſeine Groͤſſe in Anſehung der Groͤſſe des Berges
fuͤr unendlich kleine halten. Dieſes hat man ſchon
laͤngſt uͤberall in acht genommen/ wo man die Geo-
metrie auf coͤrperliche Dinge in der Natur applici-
ret. Alſo ſetzen wir in der Aſtronomie/ der Diame-
ter der Erde ſey in Anſehung der Weite von der Son-
ne und noch mehr der Fixſterne fuͤr einen Punct oder
unendlich kleine zu halten/ weil die erſte Bewegung
der Sterne ſich eben ſo verhalten wuͤrde/ wenn die Er-
de wuͤrcklich ein untheilbahrer Punct waͤre. So

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[242/0244] Anfangs-Gruͤnde derjenigen Groͤſſe/ mit welcher ſie nicht ver- glichen werden kan/ fuͤr nichts zu halten. Der 2. Zuſatz. 385. Folgends wenn eine unendlich kleine Groͤſſe zu einer andern addiret/ oder von ihr ſubtrahiret wird/ ſo iſt in dem erſten Falle die Summe/ in dem andern die Differentz der gegebenen gleich zu achten/ das iſt/ eine un- endlich kleine Groͤſſe kan eine endliche weder vermehren noch vermindern. Die 1. Anmerckung.. 386. Mercket aber wohl/ daß eine unendlich klei- ne Groͤſſe nur in Anſehung einer andern fuͤr nichts zu achtẽ; in ſich aber nicht nichts iſt. Denn bildet euch ein/ ihr wollet die Hoͤhe eines Berges meſſen und indem ihr uͤber der Arbeit begriffen waͤret/ jagte der Wind ein Koͤrnlein Sand von der Spitze weg. So waͤre der Berg umb den Diameter eines Sand-Koͤrnleins niedriger worden. Allein weil weil die Methode/ wodurch die Groͤſſe eines Berges gemeſſen wird/ ſo beſchaffen iſt/ daß die Hoͤhe einerley gefunden wird/ ob das Sandkoͤrnlein liegen bleibet/ oder von dem Winde weggejaget wird; kan man das Sand-Koͤrn- lein in Anſehung eines groſſen Berges fuͤr nichts und alſo ſeine Groͤſſe in Anſehung der Groͤſſe des Berges fuͤr unendlich kleine halten. Dieſes hat man ſchon laͤngſt uͤberall in acht genommen/ wo man die Geo- metrie auf coͤrperliche Dinge in der Natur applici- ret. Alſo ſetzen wir in der Aſtronomie/ der Diame- ter der Erde ſey in Anſehung der Weite von der Son- ne und noch mehr der Fixſterne fuͤr einen Punct oder unendlich kleine zu halten/ weil die erſte Bewegung der Sterne ſich eben ſo verhalten wuͤrde/ wenn die Er- de wuͤrcklich ein untheilbahrer Punct waͤre. So hal-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 4. Halle (Saale), 1710. , S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende04_1710/244>, abgerufen am 21.11.2024.