Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Anfangs-Gründe
dert werde/ werdet ihr aus dem folgennden schliessen
können. Und hieraus erkennet ihr/ was diejenigen für
Gedancken haben/ welche nicht allein das grosse Welt-
Gebäude/ sondern auch auf unserer Erd-Kugel alle
Pflantzen/ Thiere/ ja den Menschlichen Cörper selbst
Machinen nennen. Sie geben nemlich durch diese
Benennung zu versiehen/ daß die Bewegungen in dem
grossen Weltgebäude nicht weniger als alle Verände-
rungen und Würckungen/ die wir bey den Pflantzen/
Thieren/ ja in dem Menschlichen Cörper selbst wahr-
nehmen/ nach den ewigen Bewegungs-Gesetzen der
Natur aus ihrer Structur nothwendig erfolgen/
und allso ihre Möglichkeit allein durch Erwegung
dieser beyden Sachen von dem Menschlichen Verstan-
de begrieffen werden kan.

Die 2. Anmerckung.

10. Wenn ihr dieses bedencket/ so werdet ihr bald
sehen/ daß die wenigsten Mechanisch philosophiren/
welche das Wort Mechanice stets im Munde haben.
Jhr werdet auch ohne vieles Kopfbrechen begreiffen/
daß die Mechanische Philosophie nicht so ungereimt
ist/ wie sie von Unverständigen ausgeschriehen wird.
Ja wenn ihr im Fortgange mercken werdet/ daß weder
die Bewegungs-Gesetze der Natur/ noch das Vermö-
gen der Kräffte ohne die Geometrie und Rechen-Kunst
erkand werden können: so werdet ihr mir ohne weiteres
Bedencken zu geben/ es könne ohne die Mathematick
[i]emand so wenig tüchtig philosophiren/ als einer der
keine Füsse hat oder wenigstens lahm ist/ hurtig ren-
nen und laufen.

Die 5. Erklährung.

11. Der Hebel ist eine gerade Linie
AB/ so in einem Puncte C auflieget/ an
deren einem Punct
A die Kraft/ an ei-

nen

Anfangs-Gruͤnde
dert werde/ werdet ihr aus dem folgeñden ſchlieſſen
koͤnnen. Und hieraus erkennet ihr/ was diejenigen fuͤr
Gedancken haben/ welche nicht allein das groſſe Welt-
Gebaͤude/ ſondern auch auf unſerer Erd-Kugel alle
Pflantzen/ Thiere/ ja den Menſchlichen Coͤrper ſelbſt
Machinen nennen. Sie geben nemlich durch dieſe
Benennung zu verſiehen/ daß die Bewegungen in dem
groſſen Weltgebaͤude nicht weniger als alle Veraͤnde-
rungen und Wuͤrckungen/ die wir bey den Pflantzen/
Thieren/ ja in dem Menſchlichen Coͤrper ſelbſt wahr-
nehmen/ nach den ewigen Bewegungs-Geſetzen der
Natur aus ihrer Structur nothwendig erfolgen/
und allſo ihre Moͤglichkeit allein durch Erwegung
dieſer beyden Sachen von dem Menſchlichen Verſtan-
de begrieffen werden kan.

Die 2. Anmerckung.

10. Wenn ihr dieſes bedencket/ ſo werdet ihr bald
ſehen/ daß die wenigſten Mechaniſch philoſophiren/
welche das Wort Mechanice ſtets im Munde haben.
Jhr werdet auch ohne vieles Kopfbrechen begreiffen/
daß die Mechaniſche Philoſophie nicht ſo ungereimt
iſt/ wie ſie von Unverſtaͤndigen ausgeſchriehen wird.
Ja wenn ihr im Fortgange mercken werdet/ daß weder
die Bewegungs-Geſetze der Natur/ noch das Vermoͤ-
gen der Kraͤffte ohne die Geometrie und Rechen-Kunſt
erkand werden koͤñen: ſo werdet ihr mir ohne weiteres
Bedencken zu geben/ es koͤnne ohne die Mathematick
[i]emand ſo wenig tuͤchtig philoſophiren/ als einer der
keine Fuͤſſe hat oder wenigſtens lahm iſt/ hurtig ren-
nen und laufen.

Die 5. Erklaͤhrung.

11. Der Hebel iſt eine gerade Linie
AB/ ſo in einem Puncte C auflieget/ an
deren einem Punct
A die Kraft/ an ei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0272" n="250"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anfangs-Gru&#x0364;nde</hi></fw><lb/>
dert werde/ werdet ihr aus dem folgen&#x0303;den &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nnen. Und hieraus erkennet ihr/ was diejenigen fu&#x0364;r<lb/>
Gedancken haben/ welche nicht allein das gro&#x017F;&#x017F;e Welt-<lb/>
Geba&#x0364;ude/ &#x017F;ondern auch auf un&#x017F;erer Erd-Kugel alle<lb/>
Pflantzen/ Thiere/ ja den Men&#x017F;chlichen Co&#x0364;rper &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Machinen nennen. Sie geben nemlich durch die&#x017F;e<lb/>
Benennung zu ver&#x017F;iehen/ daß die Bewegungen in dem<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Weltgeba&#x0364;ude nicht weniger als alle Vera&#x0364;nde-<lb/>
rungen und Wu&#x0364;rckungen/ die wir bey den Pflantzen/<lb/>
Thieren/ ja in dem Men&#x017F;chlichen Co&#x0364;rper &#x017F;elb&#x017F;t wahr-<lb/>
nehmen/ nach den ewigen Bewegungs-Ge&#x017F;etzen der<lb/>
Natur aus ihrer Structur nothwendig erfolgen/<lb/>
und all&#x017F;o ihre Mo&#x0364;glichkeit allein durch Erwegung<lb/>
die&#x017F;er beyden Sachen von dem Men&#x017F;chlichen Ver&#x017F;tan-<lb/>
de begrieffen werden kan.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die 2. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
            <p>10. Wenn ihr die&#x017F;es bedencket/ &#x017F;o werdet ihr bald<lb/>
&#x017F;ehen/ daß die wenig&#x017F;ten Mechani&#x017F;ch philo&#x017F;ophiren/<lb/>
welche das Wort <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mechanice</hi></hi> &#x017F;tets im Munde haben.<lb/>
Jhr werdet auch ohne vieles Kopfbrechen begreiffen/<lb/>
daß die Mechani&#x017F;che Philo&#x017F;ophie nicht &#x017F;o ungereimt<lb/>
i&#x017F;t/ wie &#x017F;ie von Unver&#x017F;ta&#x0364;ndigen ausge&#x017F;chriehen wird.<lb/>
Ja wenn ihr im Fortgange mercken werdet/ daß weder<lb/>
die Bewegungs-Ge&#x017F;etze der Natur/ noch das Vermo&#x0364;-<lb/>
gen der Kra&#x0364;ffte ohne die Geometrie und Rechen-Kun&#x017F;t<lb/>
erkand werden ko&#x0364;n&#x0303;en: &#x017F;o werdet ihr mir ohne weiteres<lb/>
Bedencken zu geben/ es ko&#x0364;nne ohne die Mathematick<lb/><supplied>i</supplied>emand &#x017F;o wenig tu&#x0364;chtig philo&#x017F;ophiren/ als einer der<lb/>
keine Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hat oder wenig&#x017F;tens lahm i&#x017F;t/ hurtig ren-<lb/>
nen und laufen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die 5. Erkla&#x0364;hrung.</hi> </head><lb/>
          <p>11. <hi rendition="#fr">Der Hebel i&#x017F;t eine gerade Linie</hi><lb/><hi rendition="#aq">AB/</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;o in einem Puncte</hi> <hi rendition="#aq">C</hi> <hi rendition="#fr">auflieget/ an<lb/>
deren einem Punct</hi> <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">die Kraft/ an ei-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">nen</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0272] Anfangs-Gruͤnde dert werde/ werdet ihr aus dem folgeñden ſchlieſſen koͤnnen. Und hieraus erkennet ihr/ was diejenigen fuͤr Gedancken haben/ welche nicht allein das groſſe Welt- Gebaͤude/ ſondern auch auf unſerer Erd-Kugel alle Pflantzen/ Thiere/ ja den Menſchlichen Coͤrper ſelbſt Machinen nennen. Sie geben nemlich durch dieſe Benennung zu verſiehen/ daß die Bewegungen in dem groſſen Weltgebaͤude nicht weniger als alle Veraͤnde- rungen und Wuͤrckungen/ die wir bey den Pflantzen/ Thieren/ ja in dem Menſchlichen Coͤrper ſelbſt wahr- nehmen/ nach den ewigen Bewegungs-Geſetzen der Natur aus ihrer Structur nothwendig erfolgen/ und allſo ihre Moͤglichkeit allein durch Erwegung dieſer beyden Sachen von dem Menſchlichen Verſtan- de begrieffen werden kan. Die 2. Anmerckung. 10. Wenn ihr dieſes bedencket/ ſo werdet ihr bald ſehen/ daß die wenigſten Mechaniſch philoſophiren/ welche das Wort Mechanice ſtets im Munde haben. Jhr werdet auch ohne vieles Kopfbrechen begreiffen/ daß die Mechaniſche Philoſophie nicht ſo ungereimt iſt/ wie ſie von Unverſtaͤndigen ausgeſchriehen wird. Ja wenn ihr im Fortgange mercken werdet/ daß weder die Bewegungs-Geſetze der Natur/ noch das Vermoͤ- gen der Kraͤffte ohne die Geometrie und Rechen-Kunſt erkand werden koͤñen: ſo werdet ihr mir ohne weiteres Bedencken zu geben/ es koͤnne ohne die Mathematick iemand ſo wenig tuͤchtig philoſophiren/ als einer der keine Fuͤſſe hat oder wenigſtens lahm iſt/ hurtig ren- nen und laufen. Die 5. Erklaͤhrung. 11. Der Hebel iſt eine gerade Linie AB/ ſo in einem Puncte C auflieget/ an deren einem Punct A die Kraft/ an ei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/272
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710. , S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/272>, abgerufen am 21.11.2024.