Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710.der Bau-Kunst. setzt und oben mit einem Besetz-Ziegel zu gedeckthatte. Da es nun ohngefehr auf die Wurtzel einer Pflantze/ welche Acanthus oder Welscher Beeren- Klee genennet wird/ kommen war/ drungen des Früh- lings die Blätter unter dem Körblein hervor und bekleideten es. Und als die zarten Stengel den Zie- gel erreicheten/ krümmeten sie sich in einen Wierbel. Nach dieser Figur hat Callimachus sein Capitäl eingerichtet. Nachdem Vitruvius seine Bücher von der Bau-Kunst schon geschrieben/ hat man aus der Dorischen/ Jonischen und Corinthischen Ordnung die fünfte zusammen gesetzel/ welche daher die Com- posita, ingleichen von ihren Erfindern den Römern die Römische genennet wird. Die 3. Anmerckung. 137. Die Tuscanische und Dorische Ordnungen las- Die 4. Anmerckung. 138. Unerachtet aber alle Bau-Meister in der Archi. X 2
der Bau-Kunſt. ſetzt und oben mit einem Beſetz-Ziegel zu gedeckthatte. Da es nun ohngefehr auf die Wurtzel einer Pflantze/ welche Acanthus oder Welſcher Beeren- Klee genennet wird/ kommen war/ drungen des Fruͤh- lings die Blaͤtter unter dem Koͤrblein hervor und bekleideten es. Und als die zarten Stengel den Zie- gel erreicheten/ kruͤmmeten ſie ſich in einen Wierbel. Nach dieſer Figur hat Callimachus ſein Capitaͤl eingerichtet. Nachdem Vitruvius ſeine Buͤcher von der Bau-Kunſt ſchon geſchrieben/ hat man aus der Doriſchen/ Joniſchen und Corinthiſchen Ordnung die fuͤnfte zuſammen geſetzel/ welche daher die Com- poſita, ingleichen von ihren Erfindern den Roͤmern die Roͤmiſche genennet wird. Die 3. Anmerckung. 137. Die Tuſcaniſche und Doriſche Ordnungen laſ- Die 4. Anmerckung. 138. Unerachtet aber alle Bau-Meiſter in der Archi. X 2
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0455" n="323"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Bau-Kunſt.</hi></fw><lb/> ſetzt und oben mit einem Beſetz-Ziegel zu gedeckt<lb/> hatte. Da es nun ohngefehr auf die Wurtzel einer<lb/> Pflantze/ welche <hi rendition="#aq">Acanthus</hi> oder Welſcher Beeren-<lb/> Klee genennet wird/ kommen war/ drungen des Fruͤh-<lb/> lings die Blaͤtter unter dem Koͤrblein hervor und<lb/> bekleideten es. Und als die zarten Stengel den Zie-<lb/> gel erreicheten/ kruͤmmeten ſie ſich in einen Wierbel.<lb/> Nach dieſer Figur hat <hi rendition="#aq">Callimachus</hi> ſein Capitaͤl<lb/> eingerichtet. Nachdem <hi rendition="#aq">Vitruvius</hi> ſeine Buͤcher von<lb/> der Bau-Kunſt ſchon geſchrieben/ hat man aus der<lb/> Doriſchen/ Joniſchen und Corinthiſchen Ordnung<lb/> die fuͤnfte zuſammen geſetzel/ welche daher die <hi rendition="#aq">Com-<lb/> poſita,</hi> ingleichen von ihren Erfindern den Roͤmern<lb/> die Roͤmiſche genennet wird.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Die 3. Anmerckung.</hi> </head><lb/> <p>137. Die Tuſcaniſche und Doriſche Ordnungen laſ-<lb/> ſen ſich von den uͤbriegen leicht unterſcheiden/ weil ih-<lb/> re Capitaͤle gantz ſchlecht/ ohne Schnoͤrckel und<lb/> ohne Blaͤtter ſind: durch die Triglyphen aber an<lb/> dem Frieß/ welche die Koͤpfe der ſenckrecht abgeſaͤge-<lb/> ten Balcken vorſtellen (§. 83)/ unterſcheider ſich die<lb/> Doriſche ſehr deutlich von der Tuſcaniſchen. Das<lb/> Joniſche Capitaͤl giebt ſich durch die 8 Schnoͤrckel;<lb/> das Roͤmiſche durch 8 Schnoͤrckel und zwey Reihen<lb/> Blaͤtter; das Corinthiſche durch 16 Schnoͤrckel und<lb/> drey Reihen Blaͤtter gar deutlich zu erkennen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Die 4. Anmerckung.</hi> </head><lb/> <p>138. Unerachtet aber alle Bau-Meiſter in der<lb/> Zahl der Ordnungen/ ihren Nahmen und Capitaͤ-<lb/> len mit einander uͤbereinkommen; ſo iſt doch in den<lb/> uͤbriegen Theilen derſelben keine voͤllige Uberein-<lb/> ſtimmung. Daher es auch unmoͤglich faͤllet allgemei-<lb/> ne Kennzeichen anzugeben. Denn die Goldmann<lb/> (<hi rendition="#aq">lib. a. c. 2. f.</hi> 80. 81) angewieſen/ laſſen ſich nur/ wie<lb/> er ſelbſt geſtehet/ auf ſeine <hi rendition="#aq">applicir</hi>en. An ſtat des<lb/> Beweiſes darf man nur des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rol. Freard de Chambray</hi></hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">X 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi>rchi.</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [323/0455]
der Bau-Kunſt.
ſetzt und oben mit einem Beſetz-Ziegel zu gedeckt
hatte. Da es nun ohngefehr auf die Wurtzel einer
Pflantze/ welche Acanthus oder Welſcher Beeren-
Klee genennet wird/ kommen war/ drungen des Fruͤh-
lings die Blaͤtter unter dem Koͤrblein hervor und
bekleideten es. Und als die zarten Stengel den Zie-
gel erreicheten/ kruͤmmeten ſie ſich in einen Wierbel.
Nach dieſer Figur hat Callimachus ſein Capitaͤl
eingerichtet. Nachdem Vitruvius ſeine Buͤcher von
der Bau-Kunſt ſchon geſchrieben/ hat man aus der
Doriſchen/ Joniſchen und Corinthiſchen Ordnung
die fuͤnfte zuſammen geſetzel/ welche daher die Com-
poſita, ingleichen von ihren Erfindern den Roͤmern
die Roͤmiſche genennet wird.
Die 3. Anmerckung.
137. Die Tuſcaniſche und Doriſche Ordnungen laſ-
ſen ſich von den uͤbriegen leicht unterſcheiden/ weil ih-
re Capitaͤle gantz ſchlecht/ ohne Schnoͤrckel und
ohne Blaͤtter ſind: durch die Triglyphen aber an
dem Frieß/ welche die Koͤpfe der ſenckrecht abgeſaͤge-
ten Balcken vorſtellen (§. 83)/ unterſcheider ſich die
Doriſche ſehr deutlich von der Tuſcaniſchen. Das
Joniſche Capitaͤl giebt ſich durch die 8 Schnoͤrckel;
das Roͤmiſche durch 8 Schnoͤrckel und zwey Reihen
Blaͤtter; das Corinthiſche durch 16 Schnoͤrckel und
drey Reihen Blaͤtter gar deutlich zu erkennen.
Die 4. Anmerckung.
138. Unerachtet aber alle Bau-Meiſter in der
Zahl der Ordnungen/ ihren Nahmen und Capitaͤ-
len mit einander uͤbereinkommen; ſo iſt doch in den
uͤbriegen Theilen derſelben keine voͤllige Uberein-
ſtimmung. Daher es auch unmoͤglich faͤllet allgemei-
ne Kennzeichen anzugeben. Denn die Goldmann
(lib. a. c. 2. f. 80. 81) angewieſen/ laſſen ſich nur/ wie
er ſelbſt geſtehet/ auf ſeine appliciren. An ſtat des
Beweiſes darf man nur des Rol. Freard de Chambray
Archi.
X 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |