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Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710.

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Anfangs-Gründe
Wenn eine Linie/ spricht er/ in' zwey gleiche Theile"
getheilet werden sol/ geschiehet solches durch ein Zei-"
chen nur mit dem Sinn begriffen. Das ist der Punct."
Dieser weiset nur den Ort/ da die zwey Linien sich"
scheiden/ benimmet aber beyden Linien nichts/ dann"
sie beyde zusammen der ersten Linie gleich verblei-"
ben/ so zu theilen fürgegeben."

Die 2. Anmerckung.

4. Aus dieser Erklährung erhellet/ daß die Geo-
metrae
zulängliche Ursachen gehabt/ warumb sie den
Punct untheilbahr concipiren/ unerachtet die Ein-
bildung so wenig/ als unsere Hand mit ihren Jnstru-
menten einen untheilbahren Punct formiren kan.
Damit er nemlich kein Theil der Linie würde: wel-
ches in der Ausübung der Geometrie mit Sorgfalt
zu vermeiden.

Die 3. Erklährung.

5. Gehet der Punct in seiner Bewe-
gung von einem Orte zu dem andern
dergestalt fort/ daß seine
Direction nie-
Tab. I.
Fig.
1.
mals verändert wird/ so beschreibet er
eine grade Linie: wird aber seine

Direction beständig geändert/ eine krum-
me Linie.

Die 1. Anmerckung.

6. Auf dem Papiere wird eine grade Linie mit
einer Reiß-Feder oder einem subtilen Stiefte nach
dem Lineale gezogen/ welches man auf die zwey ge-
gebenen Puncte anleget; auf dem Holtze oder Stei-
ne durch einen mit Kreide oder Rötel bestrichenen
Faden aufgeschlagen; auf dem Felde mit zwey Stä-
ben abgestecket/ die an ihrem Ende aufgerichtet wer-
den. Es kan aber mit zwey Stäben der dritte in
einer graden Linie gesteckt werden/ wenn das Auge/ so
gegen den einen gerichtet wird/ die andern beyde deckt.

Wor-

Anfangs-Gruͤnde
Wenn eine Linie/ ſpricht er/ in’ zwey gleiche Theile„
getheilet werden ſol/ geſchiehet ſolches durch ein Zei-„
chen nur mit dem Sinn begriffen. Das iſt der Punct.„
Dieſer weiſet nur den Ort/ da die zwey Linien ſich„
ſcheiden/ benimmet aber beyden Linien nichts/ dann„
ſie beyde zuſammen der erſten Linie gleich verblei-„
ben/ ſo zu theilen fuͤrgegeben.„

Die 2. Anmerckung.

4. Aus dieſer Erklaͤhrung erhellet/ daß die Geo-
metræ
zulaͤngliche Urſachen gehabt/ warumb ſie den
Punct untheilbahr concipiren/ unerachtet die Ein-
bildung ſo wenig/ als unſere Hand mit ihren Jnſtru-
menten einen untheilbahren Punct formiren kan.
Damit er nemlich kein Theil der Linie wuͤrde: wel-
ches in der Ausuͤbung der Geometrie mit Sorgfalt
zu vermeiden.

Die 3. Erklaͤhrung.

5. Gehet der Punct in ſeiner Bewe-
gung von einem Orte zu dem andern
dergeſtalt fort/ daß ſeine
Direction nie-
Tab. I.
Fig.
1.
mals veraͤndert wird/ ſo beſchreibet er
eine grade Linie: wird aber ſeine

Direction beſtaͤndig geaͤndert/ eine kꝛum-
me Linie.

Die 1. Anmerckung.

6. Auf dem Papiere wird eine grade Linie mit
einer Reiß-Feder oder einem ſubtilen Stiefte nach
dem Lineale gezogen/ welches man auf die zwey ge-
gebenen Puncte anleget; auf dem Holtze oder Stei-
ne durch einen mit Kreide oder Roͤtel beſtrichenen
Faden aufgeſchlagen; auf dem Felde mit zwey Staͤ-
ben abgeſtecket/ die an ihrem Ende aufgerichtet wer-
den. Es kan aber mit zwey Staͤben der dritte in
einer graden Linie geſteckt werden/ wenn das Auge/ ſo
gegen den einen gerichtet wird/ die andern beyde deckt.

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[104/0124] Anfangs-Gruͤnde Wenn eine Linie/ ſpricht er/ in’ zwey gleiche Theile„ getheilet werden ſol/ geſchiehet ſolches durch ein Zei-„ chen nur mit dem Sinn begriffen. Das iſt der Punct.„ Dieſer weiſet nur den Ort/ da die zwey Linien ſich„ ſcheiden/ benimmet aber beyden Linien nichts/ dann„ ſie beyde zuſammen der erſten Linie gleich verblei-„ ben/ ſo zu theilen fuͤrgegeben.„ Die 2. Anmerckung. 4. Aus dieſer Erklaͤhrung erhellet/ daß die Geo- metræ zulaͤngliche Urſachen gehabt/ warumb ſie den Punct untheilbahr concipiren/ unerachtet die Ein- bildung ſo wenig/ als unſere Hand mit ihren Jnſtru- menten einen untheilbahren Punct formiren kan. Damit er nemlich kein Theil der Linie wuͤrde: wel- ches in der Ausuͤbung der Geometrie mit Sorgfalt zu vermeiden. Die 3. Erklaͤhrung. 5. Gehet der Punct in ſeiner Bewe- gung von einem Orte zu dem andern dergeſtalt fort/ daß ſeine Direction nie- mals veraͤndert wird/ ſo beſchreibet er eine grade Linie: wird aber ſeine Direction beſtaͤndig geaͤndert/ eine kꝛum- me Linie. Tab. I. Fig. 1. Die 1. Anmerckung. 6. Auf dem Papiere wird eine grade Linie mit einer Reiß-Feder oder einem ſubtilen Stiefte nach dem Lineale gezogen/ welches man auf die zwey ge- gebenen Puncte anleget; auf dem Holtze oder Stei- ne durch einen mit Kreide oder Roͤtel beſtrichenen Faden aufgeſchlagen; auf dem Felde mit zwey Staͤ- ben abgeſtecket/ die an ihrem Ende aufgerichtet wer- den. Es kan aber mit zwey Staͤben der dritte in einer graden Linie geſteckt werden/ wenn das Auge/ ſo gegen den einen gerichtet wird/ die andern beyde deckt. Wor-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710. , S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende01_1710/124>, abgerufen am 21.11.2024.