Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein so uhraltes Herkommen aufzuheben, war
gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben also nun-
mehro was wir wünschen, wir haben nemlich
den dritten Theil unserer Feldmarcken erobert.
Der Leser erlaube mir diesen Ausdruck, denn
es ist einerlei, ob wir einen Theil unserer Län-
dereien ungenutzt lassen, oder ob er in den
Händen des Feindes ist. Jn beiden Fällen
haben wir keine Einkünfte davon. Unser neues
Land, unsere eroberte Braache, wollen wir also
nunmehro zu einen neuen Fond unserer Einnah-
me machen. Wie dieses anzufangen sei, wird
sich am besten durch ein Exempel erläutern lassen.

§. 31.

Gesetzt, ich hätte drei Hufen Ackerland, wel-
che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und
die Vermessung der Feldmarcken nunmehro auf
einen Platz zusammengebracht und eingehägt
wären, so würde ich solche folgendergestalt be-
wirthschaften. Da ich es nach der alten Ein-
richtung schon gewohnt bin, nur von zwo Hufen
jährlich Getreide zu erndten, weil die dritte
allemahl braache gelegen, und mir ausser der
wenigen Erbssaat nichts eingebracht hat, so
würde ich alles daran wagen, diese dritte Hufe
so bald als möglich mit Futterkräutern zu be-
stellen. Jn einem Jahre dieses zu bewerkstel-
ligen, würde mir vielleicht unmöglich fallen,
ich müste mir also schon zwey Jahre Zeit dazu

nehmen,

Ein ſo uhraltes Herkommen aufzuheben, war
gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben alſo nun-
mehro was wir wuͤnſchen, wir haben nemlich
den dritten Theil unſerer Feldmarcken erobert.
Der Leſer erlaube mir dieſen Ausdruck, denn
es iſt einerlei, ob wir einen Theil unſerer Laͤn-
dereien ungenutzt laſſen, oder ob er in den
Haͤnden des Feindes iſt. Jn beiden Faͤllen
haben wir keine Einkuͤnfte davon. Unſer neues
Land, unſere eroberte Braache, wollen wir alſo
nunmehro zu einen neuen Fond unſerer Einnah-
me machen. Wie dieſes anzufangen ſei, wird
ſich am beſten durch ein Exempel erlaͤutern laſſen.

§. 31.

Geſetzt, ich haͤtte drei Hufen Ackerland, wel-
che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und
die Vermeſſung der Feldmarcken nunmehro auf
einen Platz zuſammengebracht und eingehaͤgt
waͤren, ſo wuͤrde ich ſolche folgendergeſtalt be-
wirthſchaften. Da ich es nach der alten Ein-
richtung ſchon gewohnt bin, nur von zwo Hufen
jaͤhrlich Getreide zu erndten, weil die dritte
allemahl braache gelegen, und mir auſſer der
wenigen Erbsſaat nichts eingebracht hat, ſo
wuͤrde ich alles daran wagen, dieſe dritte Hufe
ſo bald als moͤglich mit Futterkraͤutern zu be-
ſtellen. Jn einem Jahre dieſes zu bewerkſtel-
ligen, wuͤrde mir vielleicht unmoͤglich fallen,
ich muͤſte mir alſo ſchon zwey Jahre Zeit dazu

nehmen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0072" n="54"/>
Ein &#x017F;o uhraltes Herkommen aufzuheben, war<lb/>
gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben al&#x017F;o nun-<lb/>
mehro was wir wu&#x0364;n&#x017F;chen, wir haben nemlich<lb/>
den dritten Theil un&#x017F;erer Feldmarcken erobert.<lb/>
Der Le&#x017F;er erlaube mir die&#x017F;en Ausdruck, denn<lb/>
es i&#x017F;t einerlei, ob wir einen Theil un&#x017F;erer La&#x0364;n-<lb/>
dereien ungenutzt la&#x017F;&#x017F;en, oder ob er in den<lb/>
Ha&#x0364;nden des Feindes i&#x017F;t. Jn beiden Fa&#x0364;llen<lb/>
haben wir keine Einku&#x0364;nfte davon. Un&#x017F;er neues<lb/>
Land, un&#x017F;ere eroberte Braache, wollen wir al&#x017F;o<lb/>
nunmehro zu einen neuen Fond un&#x017F;erer Einnah-<lb/>
me machen. Wie die&#x017F;es anzufangen &#x017F;ei, wird<lb/>
&#x017F;ich am be&#x017F;ten durch ein Exempel erla&#x0364;utern la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 31.</head><lb/>
            <p>Ge&#x017F;etzt, ich ha&#x0364;tte drei Hufen Ackerland, wel-<lb/>
che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und<lb/>
die Verme&#x017F;&#x017F;ung der Feldmarcken nunmehro auf<lb/>
einen Platz zu&#x017F;ammengebracht und eingeha&#x0364;gt<lb/>
wa&#x0364;ren, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich &#x017F;olche folgenderge&#x017F;talt be-<lb/>
wirth&#x017F;chaften. Da ich es nach der alten Ein-<lb/>
richtung &#x017F;chon gewohnt bin, nur von zwo Hufen<lb/>
ja&#x0364;hrlich Getreide zu erndten, weil die dritte<lb/>
allemahl braache gelegen, und mir au&#x017F;&#x017F;er der<lb/>
wenigen Erbs&#x017F;aat nichts eingebracht hat, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde ich alles daran wagen, die&#x017F;e dritte Hufe<lb/>
&#x017F;o bald als mo&#x0364;glich mit Futterkra&#x0364;utern zu be-<lb/>
&#x017F;tellen. Jn einem Jahre die&#x017F;es zu bewerk&#x017F;tel-<lb/>
ligen, wu&#x0364;rde mir vielleicht unmo&#x0364;glich fallen,<lb/>
ich mu&#x0364;&#x017F;te mir al&#x017F;o &#x017F;chon zwey Jahre Zeit dazu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nehmen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0072] Ein ſo uhraltes Herkommen aufzuheben, war gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben alſo nun- mehro was wir wuͤnſchen, wir haben nemlich den dritten Theil unſerer Feldmarcken erobert. Der Leſer erlaube mir dieſen Ausdruck, denn es iſt einerlei, ob wir einen Theil unſerer Laͤn- dereien ungenutzt laſſen, oder ob er in den Haͤnden des Feindes iſt. Jn beiden Faͤllen haben wir keine Einkuͤnfte davon. Unſer neues Land, unſere eroberte Braache, wollen wir alſo nunmehro zu einen neuen Fond unſerer Einnah- me machen. Wie dieſes anzufangen ſei, wird ſich am beſten durch ein Exempel erlaͤutern laſſen. §. 31. Geſetzt, ich haͤtte drei Hufen Ackerland, wel- che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und die Vermeſſung der Feldmarcken nunmehro auf einen Platz zuſammengebracht und eingehaͤgt waͤren, ſo wuͤrde ich ſolche folgendergeſtalt be- wirthſchaften. Da ich es nach der alten Ein- richtung ſchon gewohnt bin, nur von zwo Hufen jaͤhrlich Getreide zu erndten, weil die dritte allemahl braache gelegen, und mir auſſer der wenigen Erbsſaat nichts eingebracht hat, ſo wuͤrde ich alles daran wagen, dieſe dritte Hufe ſo bald als moͤglich mit Futterkraͤutern zu be- ſtellen. Jn einem Jahre dieſes zu bewerkſtel- ligen, wuͤrde mir vielleicht unmoͤglich fallen, ich muͤſte mir alſo ſchon zwey Jahre Zeit dazu nehmen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/72
Zitationshilfe: Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/72>, abgerufen am 21.12.2024.