Ein so uhraltes Herkommen aufzuheben, war gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben also nun- mehro was wir wünschen, wir haben nemlich den dritten Theil unserer Feldmarcken erobert. Der Leser erlaube mir diesen Ausdruck, denn es ist einerlei, ob wir einen Theil unserer Län- dereien ungenutzt lassen, oder ob er in den Händen des Feindes ist. Jn beiden Fällen haben wir keine Einkünfte davon. Unser neues Land, unsere eroberte Braache, wollen wir also nunmehro zu einen neuen Fond unserer Einnah- me machen. Wie dieses anzufangen sei, wird sich am besten durch ein Exempel erläutern lassen.
§. 31.
Gesetzt, ich hätte drei Hufen Ackerland, wel- che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und die Vermessung der Feldmarcken nunmehro auf einen Platz zusammengebracht und eingehägt wären, so würde ich solche folgendergestalt be- wirthschaften. Da ich es nach der alten Ein- richtung schon gewohnt bin, nur von zwo Hufen jährlich Getreide zu erndten, weil die dritte allemahl braache gelegen, und mir ausser der wenigen Erbssaat nichts eingebracht hat, so würde ich alles daran wagen, diese dritte Hufe so bald als möglich mit Futterkräutern zu be- stellen. Jn einem Jahre dieses zu bewerkstel- ligen, würde mir vielleicht unmöglich fallen, ich müste mir also schon zwey Jahre Zeit dazu
nehmen,
Ein ſo uhraltes Herkommen aufzuheben, war gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben alſo nun- mehro was wir wuͤnſchen, wir haben nemlich den dritten Theil unſerer Feldmarcken erobert. Der Leſer erlaube mir dieſen Ausdruck, denn es iſt einerlei, ob wir einen Theil unſerer Laͤn- dereien ungenutzt laſſen, oder ob er in den Haͤnden des Feindes iſt. Jn beiden Faͤllen haben wir keine Einkuͤnfte davon. Unſer neues Land, unſere eroberte Braache, wollen wir alſo nunmehro zu einen neuen Fond unſerer Einnah- me machen. Wie dieſes anzufangen ſei, wird ſich am beſten durch ein Exempel erlaͤutern laſſen.
§. 31.
Geſetzt, ich haͤtte drei Hufen Ackerland, wel- che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und die Vermeſſung der Feldmarcken nunmehro auf einen Platz zuſammengebracht und eingehaͤgt waͤren, ſo wuͤrde ich ſolche folgendergeſtalt be- wirthſchaften. Da ich es nach der alten Ein- richtung ſchon gewohnt bin, nur von zwo Hufen jaͤhrlich Getreide zu erndten, weil die dritte allemahl braache gelegen, und mir auſſer der wenigen Erbsſaat nichts eingebracht hat, ſo wuͤrde ich alles daran wagen, dieſe dritte Hufe ſo bald als moͤglich mit Futterkraͤutern zu be- ſtellen. Jn einem Jahre dieſes zu bewerkſtel- ligen, wuͤrde mir vielleicht unmoͤglich fallen, ich muͤſte mir alſo ſchon zwey Jahre Zeit dazu
nehmen,
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Ein ſo uhraltes Herkommen aufzuheben, war
gewiß keine Kleinigkeit. Wir haben alſo nun-
mehro was wir wuͤnſchen, wir haben nemlich
den dritten Theil unſerer Feldmarcken erobert.
Der Leſer erlaube mir dieſen Ausdruck, denn
es iſt einerlei, ob wir einen Theil unſerer Laͤn-
dereien ungenutzt laſſen, oder ob er in den
Haͤnden des Feindes iſt. Jn beiden Faͤllen
haben wir keine Einkuͤnfte davon. Unſer neues
Land, unſere eroberte Braache, wollen wir alſo
nunmehro zu einen neuen Fond unſerer Einnah-
me machen. Wie dieſes anzufangen ſei, wird
ſich am beſten durch ein Exempel erlaͤutern laſſen.
§. 31.
Geſetzt, ich haͤtte drei Hufen Ackerland, wel-
che durch die Aufhebung der Gemeinheiten und
die Vermeſſung der Feldmarcken nunmehro auf
einen Platz zuſammengebracht und eingehaͤgt
waͤren, ſo wuͤrde ich ſolche folgendergeſtalt be-
wirthſchaften. Da ich es nach der alten Ein-
richtung ſchon gewohnt bin, nur von zwo Hufen
jaͤhrlich Getreide zu erndten, weil die dritte
allemahl braache gelegen, und mir auſſer der
wenigen Erbsſaat nichts eingebracht hat, ſo
wuͤrde ich alles daran wagen, dieſe dritte Hufe
ſo bald als moͤglich mit Futterkraͤutern zu be-
ſtellen. Jn einem Jahre dieſes zu bewerkſtel-
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ich muͤſte mir alſo ſchon zwey Jahre Zeit dazu
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/72>, abgerufen am 04.03.2025.
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