2. Gesezt aber auch, daß zu solcher Zeit das Wachsthum derselben nicht so stark sein solte, so kann sich der Landwirth wider den Mangel des grünen Futters dadurch in Sicher- heit stellen, wenn er lieber einige Stück Vieh weniger hält, als er den strengsten Ueberschlag nach halten könnte, durch welche Vorsicht er allemahl noch Futter übrig haben wird.
§. 53.
Sechster Einwurf.
Das Ansäen der mancherley Arten Fut- terkräuter erfordert viel Fleiß, Behutsam- keit und nöthige Kentniß, so man bei dem Bauer nicht voraus setzen kann: wer soll ihn unterrichten? woher soll er die Menge des Saamens zuerst nehmen, und wer stehet dafür, daß dergleichen Unternehmen nicht mißlingt, und manchen an den Bettel- stab bringt? Es wird also um dieser Ursa- chen willen die neue Einrichtung schwerlich allgemein können eingeführet werden.
Antwort.
1. Der Bauer hat seinen Verstand wie andere Menschen, und nichts begreift er leich- ter als das, wovon er seinen Vortheil vermer- ket. Das Ansäen der Futterkräuter wird er also weit ehender erlernen, als man glaubt,
so
G 2
2. Geſezt aber auch, daß zu ſolcher Zeit das Wachsthum derſelben nicht ſo ſtark ſein ſolte, ſo kann ſich der Landwirth wider den Mangel des gruͤnen Futters dadurch in Sicher- heit ſtellen, wenn er lieber einige Stuͤck Vieh weniger haͤlt, als er den ſtrengſten Ueberſchlag nach halten koͤnnte, durch welche Vorſicht er allemahl noch Futter uͤbrig haben wird.
§. 53.
Sechster Einwurf.
Das Anſaͤen der mancherley Arten Fut- terkraͤuter erfordert viel Fleiß, Behutſam- keit und noͤthige Kentniß, ſo man bei dem Bauer nicht voraus ſetzen kann: wer ſoll ihn unterrichten? woher ſoll er die Menge des Saamens zuerſt nehmen, und wer ſtehet dafuͤr, daß dergleichen Unternehmen nicht mißlingt, und manchen an den Bettel- ſtab bringt? Es wird alſo um dieſer Urſa- chen willen die neue Einrichtung ſchwerlich allgemein koͤnnen eingefuͤhret werden.
Antwort.
1. Der Bauer hat ſeinen Verſtand wie andere Menſchen, und nichts begreift er leich- ter als das, wovon er ſeinen Vortheil vermer- ket. Das Anſaͤen der Futterkraͤuter wird er alſo weit ehender erlernen, als man glaubt,
ſo
G 2
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2. Geſezt aber auch, daß zu ſolcher Zeit
das Wachsthum derſelben nicht ſo ſtark ſein
ſolte, ſo kann ſich der Landwirth wider den
Mangel des gruͤnen Futters dadurch in Sicher-
heit ſtellen, wenn er lieber einige Stuͤck Vieh
weniger haͤlt, als er den ſtrengſten Ueberſchlag
nach halten koͤnnte, durch welche Vorſicht er
allemahl noch Futter uͤbrig haben wird.
§. 53.
Sechster Einwurf.
Das Anſaͤen der mancherley Arten Fut-
terkraͤuter erfordert viel Fleiß, Behutſam-
keit und noͤthige Kentniß, ſo man bei dem
Bauer nicht voraus ſetzen kann: wer ſoll
ihn unterrichten? woher ſoll er die Menge
des Saamens zuerſt nehmen, und wer
ſtehet dafuͤr, daß dergleichen Unternehmen
nicht mißlingt, und manchen an den Bettel-
ſtab bringt? Es wird alſo um dieſer Urſa-
chen willen die neue Einrichtung ſchwerlich
allgemein koͤnnen eingefuͤhret werden.
Antwort.
1. Der Bauer hat ſeinen Verſtand wie
andere Menſchen, und nichts begreift er leich-
ter als das, wovon er ſeinen Vortheil vermer-
ket. Das Anſaͤen der Futterkraͤuter wird er
alſo weit ehender erlernen, als man glaubt,
ſo
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/117>, abgerufen am 04.03.2025.
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