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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Trittyen bei der flotte.

Ganz anders steht das alles bei der flotte. in ihr waren die leuteTrittyen bei
der flotte.

ohne steuercapital grundbesitz und militärische vorbildung dienst-
pflichtig; eine stammrolle gab es nicht, man fand die leute vielmehr
durch subtraction der hopliten von der bürgerliste; also konnte die aus-
hebung der leute füglich nur in den gemeinden stattfinden und ist dem-
gemäss aufgabe der demarchen. ein anderes aber war die einstellung
der leute, die man möglichst früh unter militärisches commando bringen
musste, schon damit man ihrer habhaft würde, und ihre zuweisung an
die schiffe und trierarchen, die erst im hafen erfolgen konnte. 50) mit
dem beginn des eigentlichen dienstes hörte die bedeutung des kreises
notwendigerweise auf, aber so lange war in der tat die trittys ganz be-
sonders geeignet die dienstpflichtigen zusammen zu bringen und zu
halten, und hier mögen die trittyarchen Platons auch eingegriffen haben.
da hören wir nun, wie Demosthenes in seiner Symmorienrede (22) vor-
schlägt, der platz hinter den schiffshäusern sollte von den strategen in
zehntel geteilt und unter die phylen verlost, die anteile der phylen von
den taxiarchen den einzelnen trittyen zugewiesen und an diese wieder
die schiffe und symmorien zugeteilt werden. die funde von grenzsteinen
der trittyen am hafen 51) haben den beweis geliefert, dass Demosthenes
in wahrheit auf die ordnung zurückgreifen wollte, die Themistokles wirk-
lich eingeführt hatte, was ihm, obwol er sein vorbild verschweigt, zur
ehre gerechnet werden soll. um 493 oder 483 war die trittys noch
ein lebendiges glied des volkskörpers, und Themistokles bediente sich
ihrer, als er die flotte gründete und die alten naukrarien abschaffte,
die eben auch, wie der name sagt und die geschichte bestätigt, für den
flottenbau zunächst geschaffen und von Kleisthenes, trotzdem er sie sonst
durch die gemeinden ersetzte, für diesen zweck belassen waren. 52) da

50) Die verwahrlosten zustände, die sich in den demosthenischen und apollo-
dorischen reden zeigen, zumal in denen über den trierarchischen kranz und wider Po-
lykles, haben für das fünfte jahrhundert natürlich keine geltung. um 360 gab es
in wahrheit so wenig für die flotte wie für das landheer eine effective dienstpflicht.
der trierarch mochte sehen, wo er seine leute anftrieb.
51) CIA I 517. 518 mit den nachträgen in IV. C. Schaefer Mitt. Ath. IV 85,
Köhler VII 108.
52) Dass die naukrarie ein schiff stellte, bezeugt die chronik bei Pollux 8, 108
(oben anm. 48); auf diese darstellung der kleisthenischen oder vorkleisthenischen
zeit gehen auch die anderen grammatikerglossen über trittus und trittuarkhoi
zurück, Phot. Et. M. Bekk. An. 300, schol. Aisch. 3, 30 u. a., alle wertlos. zu den
48 schiffen der naukrarien treten die zwei, welche der gauverband der Paralia
(Mitt. Ath. VII taf. XIV vgl. XIII 321) und die kleruchen von Salamis zu stellen
Trittyen bei der flotte.

Ganz anders steht das alles bei der flotte. in ihr waren die leuteTrittyen bei
der flotte.

ohne steuercapital grundbesitz und militärische vorbildung dienst-
pflichtig; eine stammrolle gab es nicht, man fand die leute vielmehr
durch subtraction der hopliten von der bürgerliste; also konnte die aus-
hebung der leute füglich nur in den gemeinden stattfinden und ist dem-
gemäſs aufgabe der demarchen. ein anderes aber war die einstellung
der leute, die man möglichst früh unter militärisches commando bringen
muſste, schon damit man ihrer habhaft würde, und ihre zuweisung an
die schiffe und trierarchen, die erst im hafen erfolgen konnte. 50) mit
dem beginn des eigentlichen dienstes hörte die bedeutung des kreises
notwendigerweise auf, aber so lange war in der tat die trittys ganz be-
sonders geeignet die dienstpflichtigen zusammen zu bringen und zu
halten, und hier mögen die trittyarchen Platons auch eingegriffen haben.
da hören wir nun, wie Demosthenes in seiner Symmorienrede (22) vor-
schlägt, der platz hinter den schiffshäusern sollte von den strategen in
zehntel geteilt und unter die phylen verlost, die anteile der phylen von
den taxiarchen den einzelnen trittyen zugewiesen und an diese wieder
die schiffe und symmorien zugeteilt werden. die funde von grenzsteinen
der trittyen am hafen 51) haben den beweis geliefert, daſs Demosthenes
in wahrheit auf die ordnung zurückgreifen wollte, die Themistokles wirk-
lich eingeführt hatte, was ihm, obwol er sein vorbild verschweigt, zur
ehre gerechnet werden soll. um 493 oder 483 war die trittys noch
ein lebendiges glied des volkskörpers, und Themistokles bediente sich
ihrer, als er die flotte gründete und die alten naukrarien abschaffte,
die eben auch, wie der name sagt und die geschichte bestätigt, für den
flottenbau zunächst geschaffen und von Kleisthenes, trotzdem er sie sonst
durch die gemeinden ersetzte, für diesen zweck belassen waren. 52) da

50) Die verwahrlosten zustände, die sich in den demosthenischen und apollo-
dorischen reden zeigen, zumal in denen über den trierarchischen kranz und wider Po-
lykles, haben für das fünfte jahrhundert natürlich keine geltung. um 360 gab es
in wahrheit so wenig für die flotte wie für das landheer eine effective dienstpflicht.
der trierarch mochte sehen, wo er seine leute anftrieb.
51) CIA I 517. 518 mit den nachträgen in IV. C. Schaefer Mitt. Ath. IV 85,
Köhler VII 108.
52) Daſs die naukrarie ein schiff stellte, bezeugt die chronik bei Pollux 8, 108
(oben anm. 48); auf diese darstellung der kleisthenischen oder vorkleisthenischen
zeit gehen auch die anderen grammatikerglossen über τϱιττύς und τϱιττύαϱχοι
zurück, Phot. Et. M. Bekk. An. 300, schol. Aisch. 3, 30 u. a., alle wertlos. zu den
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[165/0175] Trittyen bei der flotte. Ganz anders steht das alles bei der flotte. in ihr waren die leute ohne steuercapital grundbesitz und militärische vorbildung dienst- pflichtig; eine stammrolle gab es nicht, man fand die leute vielmehr durch subtraction der hopliten von der bürgerliste; also konnte die aus- hebung der leute füglich nur in den gemeinden stattfinden und ist dem- gemäſs aufgabe der demarchen. ein anderes aber war die einstellung der leute, die man möglichst früh unter militärisches commando bringen muſste, schon damit man ihrer habhaft würde, und ihre zuweisung an die schiffe und trierarchen, die erst im hafen erfolgen konnte. 50) mit dem beginn des eigentlichen dienstes hörte die bedeutung des kreises notwendigerweise auf, aber so lange war in der tat die trittys ganz be- sonders geeignet die dienstpflichtigen zusammen zu bringen und zu halten, und hier mögen die trittyarchen Platons auch eingegriffen haben. da hören wir nun, wie Demosthenes in seiner Symmorienrede (22) vor- schlägt, der platz hinter den schiffshäusern sollte von den strategen in zehntel geteilt und unter die phylen verlost, die anteile der phylen von den taxiarchen den einzelnen trittyen zugewiesen und an diese wieder die schiffe und symmorien zugeteilt werden. die funde von grenzsteinen der trittyen am hafen 51) haben den beweis geliefert, daſs Demosthenes in wahrheit auf die ordnung zurückgreifen wollte, die Themistokles wirk- lich eingeführt hatte, was ihm, obwol er sein vorbild verschweigt, zur ehre gerechnet werden soll. um 493 oder 483 war die trittys noch ein lebendiges glied des volkskörpers, und Themistokles bediente sich ihrer, als er die flotte gründete und die alten naukrarien abschaffte, die eben auch, wie der name sagt und die geschichte bestätigt, für den flottenbau zunächst geschaffen und von Kleisthenes, trotzdem er sie sonst durch die gemeinden ersetzte, für diesen zweck belassen waren. 52) da Trittyen bei der flotte. 50) Die verwahrlosten zustände, die sich in den demosthenischen und apollo- dorischen reden zeigen, zumal in denen über den trierarchischen kranz und wider Po- lykles, haben für das fünfte jahrhundert natürlich keine geltung. um 360 gab es in wahrheit so wenig für die flotte wie für das landheer eine effective dienstpflicht. der trierarch mochte sehen, wo er seine leute anftrieb. 51) CIA I 517. 518 mit den nachträgen in IV. C. Schaefer Mitt. Ath. IV 85, Köhler VII 108. 52) Daſs die naukrarie ein schiff stellte, bezeugt die chronik bei Pollux 8, 108 (oben anm. 48); auf diese darstellung der kleisthenischen oder vorkleisthenischen zeit gehen auch die anderen grammatikerglossen über τϱιττύς und τϱιττύαϱχοι zurück, Phot. Et. M. Bekk. An. 300, schol. Aisch. 3, 30 u. a., alle wertlos. zu den 48 schiffen der naukrarien treten die zwei, welche der gauverband der Παϱαλία (Mitt. Ath. VII taf. XIV vgl. XIII 321) und die kleruchen von Salamis zu stellen

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/175>, abgerufen am 26.04.2024.