Pindaros selbst sagt, dass er für den Alkmeoniden Megakles dichtet. die scholien haben den vatersnamen nicht mitgeteilt und dadurch ver- schuldet, dass Boeckh, von dem die folgenden abhängen, einen sinn- reichen ausweg versuchen konnte, um die übrigen zeugnisse alle ver- werten zu können. jetzt steht durch Aristoteles 22 und das ostrakon CIA IV p. 192 fest, dass Megakles Ippokratous Alopekethen im früh- jahr 486 durch den ostrakismos ausgewiesen ist. nimmt man dazu nur die bekannten stellen Herodot VI 125--131, Lysias 14, 39, Ps. Ando- kides 4, 34, so erhält man mit sicherheit das stemma Megakles der mörder Kylons -- Alkmeon und Agariste -- Kleisthenes und Hippo- krates, ersterer kinderlos, letzterer vater von Megakles aus Alopeke und Agariste der frau des Perikles -- Megakles wieder vater eines Megakles, schreibers der schatzmeister Athenas 428/7 und der Deinomache, die vor 452 den Eupatriden Kleinias aus Skambonidai geheiratet hat, dem sie Alkibiades und Kleinias gebar. allerdings hätte man diese ordnung wol fordern sollen, da sie allein Perikles und Alkibiades so nahe mit einander verbindet, wie sie gestanden haben müssen, damit die vormund- schaft möglich war. das richtige hat Kirchhoff zu dem ostrakon gesagt, aber verschwiegen, dass ein eben so unzweideutiges zeugnis nunmehr für einfache schwindelei erklärt werden muss: Isokrates 16, 27 nennt den gesetzgeber Kleisthenes ausdrücklich unter den vorfahren des Alkibiades. eben darum hatte Boeckh neben Megakles Ippokratous, den schwieger- vater des Perikles, einen Megakles Kleisthenous als vater der Deino- mache gestellt. Megakles der sohn des Hippokrates hat sich erst nach seiner heimkehr 480 verheiratet: das zeigt das alter seiner kinder. sein vater war tot, als der sohn als haupt der familie landes verwiesen ward, natürlich auch als er einen wagen rennen liess. auf seinen tod hat
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6. DAS SIEBENTE PYTHISCHE GEDICHT DES PINDAROS.
Pindaros selbst sagt, daſs er für den Alkmeoniden Megakles dichtet. die scholien haben den vatersnamen nicht mitgeteilt und dadurch ver- schuldet, daſs Boeckh, von dem die folgenden abhängen, einen sinn- reichen ausweg versuchen konnte, um die übrigen zeugnisse alle ver- werten zu können. jetzt steht durch Aristoteles 22 und das ostrakon CIA IV p. 192 fest, daſs Μεγακλῆς Ἱπποκϱάτους Ἀλωπεκῆϑεν im früh- jahr 486 durch den ostrakismos ausgewiesen ist. nimmt man dazu nur die bekannten stellen Herodot VI 125—131, Lysias 14, 39, Ps. Ando- kides 4, 34, so erhält man mit sicherheit das stemma Megakles der mörder Kylons — Alkmeon und Agariste — Kleisthenes und Hippo- krates, ersterer kinderlos, letzterer vater von Megakles aus Alopeke und Agariste der frau des Perikles — Megakles wieder vater eines Megakles, schreibers der schatzmeister Athenas 428/7 und der Deinomache, die vor 452 den Eupatriden Kleinias aus Skambonidai geheiratet hat, dem sie Alkibiades und Kleinias gebar. allerdings hätte man diese ordnung wol fordern sollen, da sie allein Perikles und Alkibiades so nahe mit einander verbindet, wie sie gestanden haben müssen, damit die vormund- schaft möglich war. das richtige hat Kirchhoff zu dem ostrakon gesagt, aber verschwiegen, daſs ein eben so unzweideutiges zeugnis nunmehr für einfache schwindelei erklärt werden muſs: Isokrates 16, 27 nennt den gesetzgeber Kleisthenes ausdrücklich unter den vorfahren des Alkibiades. eben darum hatte Boeckh neben Μεγακλῆς Ἱπποκϱάτους, den schwieger- vater des Perikles, einen Μεγακλῆς Κλεισϑένους als vater der Deino- mache gestellt. Megakles der sohn des Hippokrates hat sich erst nach seiner heimkehr 480 verheiratet: das zeigt das alter seiner kinder. sein vater war tot, als der sohn als haupt der familie landes verwiesen ward, natürlich auch als er einen wagen rennen lieſs. auf seinen tod hat
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DAS SIEBENTE PYTHISCHE GEDICHT DES PINDAROS.
Pindaros selbst sagt, daſs er für den Alkmeoniden Megakles dichtet.
die scholien haben den vatersnamen nicht mitgeteilt und dadurch ver-
schuldet, daſs Boeckh, von dem die folgenden abhängen, einen sinn-
reichen ausweg versuchen konnte, um die übrigen zeugnisse alle ver-
werten zu können. jetzt steht durch Aristoteles 22 und das ostrakon
CIA IV p. 192 fest, daſs Μεγακλῆς Ἱπποκϱάτους Ἀλωπεκῆϑεν im früh-
jahr 486 durch den ostrakismos ausgewiesen ist. nimmt man dazu nur
die bekannten stellen Herodot VI 125—131, Lysias 14, 39, Ps. Ando-
kides 4, 34, so erhält man mit sicherheit das stemma Megakles der
mörder Kylons — Alkmeon und Agariste — Kleisthenes und Hippo-
krates, ersterer kinderlos, letzterer vater von Megakles aus Alopeke und
Agariste der frau des Perikles — Megakles wieder vater eines Megakles,
schreibers der schatzmeister Athenas 428/7 und der Deinomache, die vor
452 den Eupatriden Kleinias aus Skambonidai geheiratet hat, dem sie
Alkibiades und Kleinias gebar. allerdings hätte man diese ordnung
wol fordern sollen, da sie allein Perikles und Alkibiades so nahe mit
einander verbindet, wie sie gestanden haben müssen, damit die vormund-
schaft möglich war. das richtige hat Kirchhoff zu dem ostrakon gesagt,
aber verschwiegen, daſs ein eben so unzweideutiges zeugnis nunmehr
für einfache schwindelei erklärt werden muſs: Isokrates 16, 27 nennt
den gesetzgeber Kleisthenes ausdrücklich unter den vorfahren des Alkibiades.
eben darum hatte Boeckh neben Μεγακλῆς Ἱπποκϱάτους, den schwieger-
vater des Perikles, einen Μεγακλῆς Κλεισϑένους als vater der Deino-
mache gestellt. Megakles der sohn des Hippokrates hat sich erst nach
seiner heimkehr 480 verheiratet: das zeigt das alter seiner kinder. sein
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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. [323]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/333>, abgerufen am 21.11.2024.
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