Im Indischen, wie wir gesehen, verwirrt sich der von der That und der Welt der Sinne sich lossagende Gedanke einerseits in das Gebiet der abstrusesten Phantasiebilder, andererseits in einen bodenlosen Abgrund der Mystik, wo er überhaupt aufhört Gedanke zu sein und als ein Nichts über dem Nichts in schauerlicher Oede hinbrütet. Die ästhetische Weltanschauung der Indier machte nur die Augen auf, um sie wieder zu schließen, sie ward sich der Sinne nur bewußt, als zu vernich¬ tender Widerspiele des Geistes, des Geistes nur als einer zu tödtenden Mannigfaltigkeit von Ge¬ danken, Gefühlen und Bestrebungen, der ganzen Welt nur, als einer kriminalistischen Mummerei wechselnder Gestalten, welche aus Blumen und
Siebente Vorleſung.
Im Indiſchen, wie wir geſehen, verwirrt ſich der von der That und der Welt der Sinne ſich losſagende Gedanke einerſeits in das Gebiet der abſtruſeſten Phantaſiebilder, andererſeits in einen bodenloſen Abgrund der Myſtik, wo er uͤberhaupt aufhoͤrt Gedanke zu ſein und als ein Nichts uͤber dem Nichts in ſchauerlicher Oede hinbruͤtet. Die aͤſthetiſche Weltanſchauung der Indier machte nur die Augen auf, um ſie wieder zu ſchließen, ſie ward ſich der Sinne nur bewußt, als zu vernich¬ tender Widerſpiele des Geiſtes, des Geiſtes nur als einer zu toͤdtenden Mannigfaltigkeit von Ge¬ danken, Gefuͤhlen und Beſtrebungen, der ganzen Welt nur, als einer kriminaliſtiſchen Mummerei wechſelnder Geſtalten, welche aus Blumen und
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0114"n="100"/></div><divn="1"><head><hirendition="#g">Siebente Vorleſung</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>m Indiſchen, wie wir geſehen, verwirrt ſich<lb/>
der von der That und der Welt der Sinne ſich<lb/>
losſagende <hirendition="#g">Gedanke</hi> einerſeits in das Gebiet der<lb/>
abſtruſeſten Phantaſiebilder, andererſeits in einen<lb/>
bodenloſen Abgrund der Myſtik, wo er uͤberhaupt<lb/>
aufhoͤrt Gedanke zu ſein und als ein Nichts uͤber<lb/>
dem Nichts in ſchauerlicher Oede hinbruͤtet. Die<lb/>
aͤſthetiſche Weltanſchauung der Indier machte nur<lb/>
die Augen auf, um ſie wieder zu ſchließen, ſie<lb/>
ward ſich der Sinne nur bewußt, als zu vernich¬<lb/>
tender Widerſpiele des Geiſtes, des Geiſtes nur<lb/>
als einer zu toͤdtenden Mannigfaltigkeit von Ge¬<lb/>
danken, Gefuͤhlen und Beſtrebungen, der ganzen<lb/>
Welt nur, als einer kriminaliſtiſchen Mummerei<lb/>
wechſelnder Geſtalten, welche aus Blumen und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[100/0114]
Siebente Vorleſung.
Im Indiſchen, wie wir geſehen, verwirrt ſich
der von der That und der Welt der Sinne ſich
losſagende Gedanke einerſeits in das Gebiet der
abſtruſeſten Phantaſiebilder, andererſeits in einen
bodenloſen Abgrund der Myſtik, wo er uͤberhaupt
aufhoͤrt Gedanke zu ſein und als ein Nichts uͤber
dem Nichts in ſchauerlicher Oede hinbruͤtet. Die
aͤſthetiſche Weltanſchauung der Indier machte nur
die Augen auf, um ſie wieder zu ſchließen, ſie
ward ſich der Sinne nur bewußt, als zu vernich¬
tender Widerſpiele des Geiſtes, des Geiſtes nur
als einer zu toͤdtenden Mannigfaltigkeit von Ge¬
danken, Gefuͤhlen und Beſtrebungen, der ganzen
Welt nur, als einer kriminaliſtiſchen Mummerei
wechſelnder Geſtalten, welche aus Blumen und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/114>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.