Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite
CAP. XVIII.

FLorindo hätte sich so kurtz nicht abweisen
lassen: Allein der Wirth kam und wolte
seinen Gästen Gesellschafft leisten. Da legte
sich Gelan. mit ihm ins Fenster und schwatzte
bald dieß/ bald jenes mit ihm. Endlich giengen
zween Männer vorbey. Einer hatte ein grau
Röckgen an/ und wäre leicht vor einem Bau-
er mit hingelauffen/ wenn er nicht ein Hälsgen
umbgehabt. Der andre hatte eine Kappe
an/ der zehende hätte geschworen/ es wäre ein
Sammeter Peltz gewesen/ und nun hätte sie
der Schneider wenden müssen: Darüber hieng
ein beschäbter Mantel mit einem geblüme-
ten Sammet-Kragen/ den vielleicht der alte
Cantzler Beier bey Ubergebung der Aug-
spurgischen Confession mochte zum ersten-
mahl umbgehabt haben. Gelanor wolte
wissen/ was dieses vor ein par nobile fratrum
wäre. Darauff sagte der Wirth/ es wären
zwey Brüder/ die zwar gute Mittel gehabt/
ietzt aber in euserster Armuth lebten. Der
graurock habe das seinige alles auf Processe
spendiret: denn da habe er keine Schuld ge-
standen/ biß er judicialiter darzu condem-
nirt
worden. Und da habe er dem Gegen-
theil die Unkosten erstatten/ auch offt wegen

ver-
CAP. XVIII.

FLorindo haͤtte ſich ſo kurtz nicht abweiſen
laſſen: Allein der Wirth kam und wolte
ſeinen Gaͤſten Geſellſchafft leiſten. Da legte
ſich Gelan. mit ihm ins Fenſter und ſchwatzte
bald dieß/ bald jenes mit ihm. Endlich giengen
zween Maͤnner vorbey. Einer hatte ein grau
Roͤckgen an/ und waͤre leicht vor einem Bau-
er mit hingelauffen/ wenn er nicht ein Haͤlſgen
umbgehabt. Der andre hatte eine Kappe
an/ der zehende haͤtte geſchworen/ es waͤre ein
Sammeter Peltz geweſen/ und nun haͤtte ſie
der Schneider wendẽ muͤſſen: Daruͤbeꝛ hieng
ein beſchaͤbter Mantel mit einem gebluͤme-
ten Sammet-Kragen/ den vielleicht der alte
Cantzler Beier bey Ubergebung der Aug-
ſpurgiſchen Confeſſion mochte zum erſten-
mahl umbgehabt haben. Gelanor wolte
wiſſen/ was dieſes vor ein par nobile fratrum
waͤre. Darauff ſagte der Wirth/ es waͤren
zwey Bruͤder/ die zwar gute Mittel gehabt/
ietzt aber in euſerſter Armuth lebten. Der
graurock habe das ſeinige alles auf Proceſſe
ſpendiret: denn da habe er keine Schuld ge-
ſtanden/ biß er judicialiter darzu condem-
nirt
worden. Und da habe er dem Gegen-
theil die Unkoſten erſtatten/ auch offt wegen

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0171" n="165"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAP</hi>. XVIII.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">F</hi>Lorindo</hi> ha&#x0364;tte &#x017F;ich &#x017F;o kurtz nicht abwei&#x017F;en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en: Allein der Wirth kam und wolte<lb/>
&#x017F;einen Ga&#x0364;&#x017F;ten Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft lei&#x017F;ten. Da legte<lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#aq">Gelan.</hi> mit ihm ins Fen&#x017F;ter und &#x017F;chwatzte<lb/>
bald dieß/ bald jenes mit ihm. Endlich giengen<lb/>
zween Ma&#x0364;nner vorbey. Einer hatte ein grau<lb/>
Ro&#x0364;ckgen an/ und wa&#x0364;re leicht vor einem Bau-<lb/>
er mit hingelauffen/ wenn er nicht ein Ha&#x0364;l&#x017F;gen<lb/>
umbgehabt. Der andre hatte eine Kappe<lb/>
an/ der zehende ha&#x0364;tte ge&#x017F;chworen/ es wa&#x0364;re ein<lb/>
Sammeter Peltz gewe&#x017F;en/ und nun ha&#x0364;tte &#x017F;ie<lb/>
der Schneider wende&#x0303; mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: Daru&#x0364;be&#xA75B; hieng<lb/>
ein be&#x017F;cha&#x0364;bter Mantel mit einem geblu&#x0364;me-<lb/>
ten Sammet-Kragen/ den vielleicht der alte<lb/>
Cantzler Beier bey Ubergebung der Aug-<lb/>
&#x017F;purgi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Confe&#x017F;&#x017F;ion</hi> mochte zum er&#x017F;ten-<lb/>
mahl umbgehabt haben. <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> wolte<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en/ was die&#x017F;es vor ein <hi rendition="#aq">par nobile fratrum</hi><lb/>
wa&#x0364;re. Darauff &#x017F;agte der Wirth/ es wa&#x0364;ren<lb/>
zwey Bru&#x0364;der/ die zwar gute Mittel gehabt/<lb/>
ietzt aber in eu&#x017F;er&#x017F;ter Armuth lebten. Der<lb/>
graurock habe das &#x017F;einige alles auf <hi rendition="#aq">Proce&#x017F;&#x017F;e</hi><lb/>
&#x017F;pendiret: denn da habe er keine Schuld ge-<lb/>
&#x017F;tanden/ biß er <hi rendition="#aq">judicialiter</hi> darzu <hi rendition="#aq">condem-<lb/>
nirt</hi> worden. Und da habe er dem Gegen-<lb/>
theil die Unko&#x017F;ten er&#x017F;tatten/ auch offt wegen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0171] CAP. XVIII. FLorindo haͤtte ſich ſo kurtz nicht abweiſen laſſen: Allein der Wirth kam und wolte ſeinen Gaͤſten Geſellſchafft leiſten. Da legte ſich Gelan. mit ihm ins Fenſter und ſchwatzte bald dieß/ bald jenes mit ihm. Endlich giengen zween Maͤnner vorbey. Einer hatte ein grau Roͤckgen an/ und waͤre leicht vor einem Bau- er mit hingelauffen/ wenn er nicht ein Haͤlſgen umbgehabt. Der andre hatte eine Kappe an/ der zehende haͤtte geſchworen/ es waͤre ein Sammeter Peltz geweſen/ und nun haͤtte ſie der Schneider wendẽ muͤſſen: Daruͤbeꝛ hieng ein beſchaͤbter Mantel mit einem gebluͤme- ten Sammet-Kragen/ den vielleicht der alte Cantzler Beier bey Ubergebung der Aug- ſpurgiſchen Confeſſion mochte zum erſten- mahl umbgehabt haben. Gelanor wolte wiſſen/ was dieſes vor ein par nobile fratrum waͤre. Darauff ſagte der Wirth/ es waͤren zwey Bruͤder/ die zwar gute Mittel gehabt/ ietzt aber in euſerſter Armuth lebten. Der graurock habe das ſeinige alles auf Proceſſe ſpendiret: denn da habe er keine Schuld ge- ſtanden/ biß er judicialiter darzu condem- nirt worden. Und da habe er dem Gegen- theil die Unkoſten erſtatten/ auch offt wegen ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/171
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/171>, abgerufen am 21.12.2024.