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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Vonden Moral. Geschickl. zur Veränder. Das XXI.
Person erhaben wird/ ein gantz ander Moralisches Wesen bekompt/ deme an-
dere jura, gleichsam andere proprietäten anhangen: aber die Veränderung ei-
nes Reihen-Standes bleibet nur eine blosse äusserliche Veränderung/ als wenn
einer in einerley Haupt-Stand von einem Ampt zum andern/ von einer Verrich-
tung zur andern versetzet wird. Dahero/ wer aus einem privat Stand in ei-
nen publiq-Stand gesetzet wird/ der ist ein gantz anderer Mann worden: und
wer aus einem Publiq Stand in einen höheren steiget/ der ändert neben seiner
Stellen auch sein Moralisches Wesen/ bekompt auch mehrentheils einen andern
natürlichen Ort zum mercklichen Unterschied. Wenn aber in gleichen oder doch
nicht übereinander geordneten Stellen einer sich verrücket/ als wer aus einem
Tertio ein Conrector wird/ der scheinet habe sein altes Wesen behalten/ und
habe nur die blosse Reihen-Stelle verändert: wird er aber ein Inspector oder
Scholarch so scheinets ein wesentlicher Moral-Unterschied zu seyn.

Aber allhier überschreitet abermal die Moralische Welt das Vermögen
der Natur/ und zwar (1.) zulässig/ in dem ausser obbesagten innerlichen und äus-
serlichen auch noch andere 4. hauptsächliche Veränderungs Geschickligkeiten
sich allhier finden/ dergleichen bey der blossen Natur sich nicht ereignen/ als

1. die Creabilität von Menschen.
2. die Annihilabilität. Denn ob wohl in natürlichen Dingen kein Mensch/
ja keine Creatur etwas aus nichts machen/ oder etwas in nichts verwan-
deln mag; so kan doch in Moralischen oder bürgerlichen Sachen auch wol
ein einzeler Mensch/ und ein privat Person etwas (nehmlich auch etwas
privats) wie man sagt von freyen Stücken/ nur durch das Macht-Wort
fiat, aus nichts machen/ als einen Erben setzen; oder etwas in nichts ver-
wandeln/ zum Exempel das Testament mit sampt den Erben/ als einen
Erben/ annihiliren und vor nichtig sprechen.

Zugeschweigen/ was das publicum hierinnen vermag/ als welches (nach
dem Exempel Gottes bey der Schöpffung der Natur) ebener massen zu Bestel-
lung der Moralischen Welt immerfort constituirtrt/ creirt/ machet und schaffet
dasjenige/ was vorhin gantz nichts Moralisches gewesen/ daß es etwas sey.

3. die Repraesentabilität/ da einer das jenige/ was er doch nicht ist/ gleich gültig
vorstellen/ und zum Exempel ein Legat seinen Printzen/ ein Vicarius seinen
Principal/ ein Sohn seinen Vater/ die Erbschafft selbst die Person des Ver-
storbenen darstellen kan. Dahin auch die Anticipation, die Posticipation, die
Ratihabition und dergleichen tausenderley Juris sictiones und quasi Din-
ge/ die da etwas zulässiges/ zulässig versetzen/ zu ziehen sind Darunter auch
ist die Geschickligkeit/ daß der Will vor die That genommen werden kan/
Jtem signate dictum pro exercite dicto: je vous fais mes compliments:
ich will hiermit in optima forma protestirt haben etc.
4 die Retrohabilität/ sit venia verbis, wenn etwas unzulässiges zulässig
versetzet oder verändert wird/ dadurch dasjenige/ was schon warhafftig
nicht gewesen/ warhafftig gewesen zu seyn kan statuirt, davor gehalten und
erkennet werden Welches denn recht Factum infectum, dz geschehene noch
ungeschehen heisset. Zum Exempel die Remission, die Absolution, die Im-
putation
wie droben erwehnet.

Uber das alles aber/ welches zwar (2.) unzulässig ist/ so trägt sichs bey der Mo-
ralischen Welt (nemlich bey der Affter-Welt) zu/ daß das jenige/ was nicht seyn
kan/ dennoch im Schwang gehe: und das jenige/ was doch seyn muß/ offtmals
nicht zu spüren. Davon im folgenden mit mehrern.

ERDE.

Vonden Moral. Geſchickl. zur Veraͤnder. Das XXI.
Perſon erhaben wird/ ein gantz ander Moraliſches Weſen bekompt/ deme an-
dere jura, gleichſam andere proprietaͤten anhangen: aber die Veraͤnderung ei-
nes Reihen-Standes bleibet nur eine bloſſe aͤuſſerliche Veraͤnderung/ als wenn
einer in einerley Haupt-Stand von einem Ampt zum andern/ von einer Verrich-
tung zur andern verſetzet wird. Dahero/ wer aus einem privat Stand in ei-
nen publiq-Stand geſetzet wird/ der iſt ein gantz anderer Mann worden: und
wer aus einem Publiq Stand in einen hoͤheren ſteiget/ der aͤndert neben ſeiner
Stellen auch ſein Moraliſches Weſen/ bekompt auch mehrentheils einen andern
natuͤrlichen Ort zum mercklichen Unterſchied. Wenn aber in gleichen oder doch
nicht uͤbereinander geordneten Stellen einer ſich verruͤcket/ als wer aus einem
Tertio ein Conrector wird/ der ſcheinet habe ſein altes Weſen behalten/ und
habe nur die bloſſe Reihen-Stelle veraͤndert: wird er aber ein Inſpector oder
Scholarch ſo ſcheinets ein weſentlicher Moral-Unterſchied zu ſeyn.

Aber allhier uͤberſchreitet abermal die Moraliſche Welt das Vermoͤgen
der Natur/ und zwar (1.) zulaͤſſig/ in dem auſſer obbeſagten innerlichen und aͤuſ-
ſerlichen auch noch andere 4. hauptſaͤchliche Veraͤnderungs Geſchickligkeiten
ſich allhier finden/ dergleichen bey der bloſſen Natur ſich nicht ereignen/ als

1. die Creabilitaͤt von Menſchen.
2. die Annihilabilitaͤt. Denn ob wohl in natuͤrlichen Dingen kein Menſch/
ja keine Creatur etwas aus nichts machen/ oder etwas in nichts verwan-
deln mag; ſo kan doch in Moraliſchen oder buͤrgerlichen Sachen auch wol
ein einzeler Menſch/ und ein privat Perſon etwas (nehmlich auch etwas
privats) wie man ſagt von freyen Stuͤcken/ nur durch das Macht-Wort
fiat, aus nichts machen/ als einen Erben ſetzen; oder etwas in nichts ver-
wandeln/ zum Exempel das Teſtament mit ſampt den Erben/ als einen
Erben/ annihiliren und vor nichtig ſprechen.

Zugeſchweigen/ was das publicum hierinnen vermag/ als welches (nach
dem Exempel Gottes bey der Schoͤpffung der Natur) ebener maſſen zu Beſtel-
lung der Moraliſchen Welt immerfort conſtituirtrt/ creirt/ machet und ſchaffet
dasjenige/ was vorhin gantz nichts Moraliſches geweſen/ daß es etwas ſey.

3. die Repræſentabilitaͤt/ da einer das jenige/ was er doch nicht iſt/ gleich guͤltig
vorſtellen/ und zum Exempel ein Legat ſeinen Printzen/ ein Vicarius ſeinen
Principal/ ein Sohn ſeinen Vater/ die Erbſchafft ſelbſt die Perſon des Ver-
ſtorbenen darſtellen kan. Dahin auch die Anticipation, die Poſticipation, die
Ratihabition und dergleichen tauſenderley Juris ſictiones und quaſi Din-
ge/ die da etwas zulaͤſſiges/ zulaͤſſig verſetzen/ zu ziehen ſind Darunter auch
iſt die Geſchickligkeit/ daß der Will vor die That genommen werden kan/
Jtem ſignatè dictum pro exercitè dicto: je vous fais mes compliments:
ich will hiermit in optima forma proteſtirt haben etc.
4 die Retrohabilitaͤt/ ſit venia verbis, wenn etwas unzulaͤſſiges zulaͤſſig
verſetzet oder veraͤndert wird/ dadurch dasjenige/ was ſchon warhafftig
nicht geweſen/ warhafftig geweſen zu ſeyn kan ſtatuirt, davor gehalten und
erkennet werden Welches denn recht Factum infectum, dz geſchehene noch
ungeſchehen heiſſet. Zum Exempel die Remiſſion, die Abſolution, die Im-
putation
wie droben erwehnet.

Uber das alles aber/ welches zwar (2.) unzulaͤſſig iſt/ ſo traͤgt ſichs bey der Mo-
raliſchen Welt (nemlich bey der Affter-Welt) zu/ daß das jenige/ was nicht ſeyn
kan/ dennoch im Schwang gehe: und das jenige/ was doch ſeyn muß/ offtmals
nicht zu ſpuͤren. Davon im folgenden mit mehrern.

ERDE.

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[152/0162] Vonden Moral. Geſchickl. zur Veraͤnder. Das XXI. Perſon erhaben wird/ ein gantz ander Moraliſches Weſen bekompt/ deme an- dere jura, gleichſam andere proprietaͤten anhangen: aber die Veraͤnderung ei- nes Reihen-Standes bleibet nur eine bloſſe aͤuſſerliche Veraͤnderung/ als wenn einer in einerley Haupt-Stand von einem Ampt zum andern/ von einer Verrich- tung zur andern verſetzet wird. Dahero/ wer aus einem privat Stand in ei- nen publiq-Stand geſetzet wird/ der iſt ein gantz anderer Mann worden: und wer aus einem Publiq Stand in einen hoͤheren ſteiget/ der aͤndert neben ſeiner Stellen auch ſein Moraliſches Weſen/ bekompt auch mehrentheils einen andern natuͤrlichen Ort zum mercklichen Unterſchied. Wenn aber in gleichen oder doch nicht uͤbereinander geordneten Stellen einer ſich verruͤcket/ als wer aus einem Tertio ein Conrector wird/ der ſcheinet habe ſein altes Weſen behalten/ und habe nur die bloſſe Reihen-Stelle veraͤndert: wird er aber ein Inſpector oder Scholarch ſo ſcheinets ein weſentlicher Moral-Unterſchied zu ſeyn. Aber allhier uͤberſchreitet abermal die Moraliſche Welt das Vermoͤgen der Natur/ und zwar (1.) zulaͤſſig/ in dem auſſer obbeſagten innerlichen und aͤuſ- ſerlichen auch noch andere 4. hauptſaͤchliche Veraͤnderungs Geſchickligkeiten ſich allhier finden/ dergleichen bey der bloſſen Natur ſich nicht ereignen/ als 1. die Creabilitaͤt von Menſchen. 2. die Annihilabilitaͤt. Denn ob wohl in natuͤrlichen Dingen kein Menſch/ ja keine Creatur etwas aus nichts machen/ oder etwas in nichts verwan- deln mag; ſo kan doch in Moraliſchen oder buͤrgerlichen Sachen auch wol ein einzeler Menſch/ und ein privat Perſon etwas (nehmlich auch etwas privats) wie man ſagt von freyen Stuͤcken/ nur durch das Macht-Wort fiat, aus nichts machen/ als einen Erben ſetzen; oder etwas in nichts ver- wandeln/ zum Exempel das Teſtament mit ſampt den Erben/ als einen Erben/ annihiliren und vor nichtig ſprechen. Zugeſchweigen/ was das publicum hierinnen vermag/ als welches (nach dem Exempel Gottes bey der Schoͤpffung der Natur) ebener maſſen zu Beſtel- lung der Moraliſchen Welt immerfort conſtituirtrt/ creirt/ machet und ſchaffet dasjenige/ was vorhin gantz nichts Moraliſches geweſen/ daß es etwas ſey. 3. die Repræſentabilitaͤt/ da einer das jenige/ was er doch nicht iſt/ gleich guͤltig vorſtellen/ und zum Exempel ein Legat ſeinen Printzen/ ein Vicarius ſeinen Principal/ ein Sohn ſeinen Vater/ die Erbſchafft ſelbſt die Perſon des Ver- ſtorbenen darſtellen kan. Dahin auch die Anticipation, die Poſticipation, die Ratihabition und dergleichen tauſenderley Juris ſictiones und quaſi Din- ge/ die da etwas zulaͤſſiges/ zulaͤſſig verſetzen/ zu ziehen ſind Darunter auch iſt die Geſchickligkeit/ daß der Will vor die That genommen werden kan/ Jtem ſignatè dictum pro exercitè dicto: je vous fais mes compliments: ich will hiermit in optima forma proteſtirt haben etc. 4 die Retrohabilitaͤt/ ſit venia verbis, wenn etwas unzulaͤſſiges zulaͤſſig verſetzet oder veraͤndert wird/ dadurch dasjenige/ was ſchon warhafftig nicht geweſen/ warhafftig geweſen zu ſeyn kan ſtatuirt, davor gehalten und erkennet werden Welches denn recht Factum infectum, dz geſchehene noch ungeſchehen heiſſet. Zum Exempel die Remiſſion, die Abſolution, die Im- putation wie droben erwehnet. Uber das alles aber/ welches zwar (2.) unzulaͤſſig iſt/ ſo traͤgt ſichs bey der Mo- raliſchen Welt (nemlich bey der Affter-Welt) zu/ daß das jenige/ was nicht ſeyn kan/ dennoch im Schwang gehe: und das jenige/ was doch ſeyn muß/ offtmals nicht zu ſpuͤren. Davon im folgenden mit mehrern. ERDE.

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/162>, abgerufen am 26.04.2024.