Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903].Erster Aufzug. Prachtvoller Saal in deutscher Renaissance mit schwerem Plafond Vor dem Fußpfeiler des freien Treppengeländers steht eine leere Der Saal ist durch eine auf dem Mitteltisch stehende, tiefverschleierte Rodrigo. Er läßt auf sich warten wie ein Konzert- meister! Die Geschwitz. Ich beschwöre Sie, sprechen Sie nicht! Rodrigo. Es soll Einer die Klappe halten, wenn er den Kopf so voll Gedanken hat wie ich! -- Es will mir ganz und gar nicht einleuchten, daß sie sich dabei sogar noch zu ihrem Vorteil verändert haben soll! Die Geschwitz. Sie ist herrlicher anzuschauen als ich sie je gekannt habe! Erſter Aufzug. Prachtvoller Saal in deutſcher Renaiſſance mit ſchwerem Plafond Vor dem Fußpfeiler des freien Treppengeländers ſteht eine leere Der Saal iſt durch eine auf dem Mitteltiſch ſtehende, tiefverſchleierte Rodrigo. Er läßt auf ſich warten wie ein Konzert- meiſter! Die Geſchwitz. Ich beſchwöre Sie, ſprechen Sie nicht! Rodrigo. Es ſoll Einer die Klappe halten, wenn er den Kopf ſo voll Gedanken hat wie ich! — Es will mir ganz und gar nicht einleuchten, daß ſie ſich dabei ſogar noch zu ihrem Vorteil verändert haben ſoll! Die Geſchwitz. Sie iſt herrlicher anzuſchauen als ich ſie je gekannt habe! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0013" n="[5]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Erſter Aufzug.</hi> </head><lb/> <stage> <p>Prachtvoller Saal in deutſcher Renaiſſance mit ſchwerem Plafond<lb/> aus geſchnitztem Eichenholz. Die Wände ſind bis zur halben Höhe mit<lb/> dunklen Holzſkulpturen bekleidet; darüber an beiden Seiten verblaßte<lb/> Gobelins. Nach hinten oben iſt der Saal durch eine verhängte Galerie<lb/> abgeſchloſſen, von der rechts eine monumentale Treppe bis zur halben<lb/> Tiefe der Bühne herabführt. In der Mitte unter der Galerie befindet<lb/> ſich die Eingangsthür mit gewundenen Säulen und Fronteſpic<supplied>e</supplied>. An<lb/> der linken Seitenwand ein geräumiger hoher Kamin, weiter vorne ein<lb/> Balkonfenſter mit geſchloſſenen ſchweren Gardinen; an der rechten<lb/> Seitenwand vor dem Treppenfuß eine geſchloſſene Porti<hi rendition="#aq">è</hi>re.</p><lb/> <p>Vor dem Fußpfeiler des freien Treppengeländers ſteht eine leere<lb/> dekorative Staffelei; rechts vorn befindet ſich eine breite Ottomane,<lb/> in der Mitte des Saales ein vierkantiger Tiſch, um den drei hochlehnige<lb/> Poſterſeſſel ſtehen. Links vorn ein kleiner Serviertiſch, daneben ein<lb/> Lehnſeſſel.</p><lb/> <p>Der Saal iſt durch eine auf dem Mitteltiſch ſtehende, tiefverſchleierte<lb/> Petroleumlampe matt erhellt. <hi rendition="#g">Alwa Schön</hi> geht vor der Eingangs-<lb/> thür auf und nieder. Auf der Ottomane ſitzt <hi rendition="#g">Rodrigo</hi>, als Bedienter<lb/> gekleidet. Links in dem Lehnſeſſel, in ſchwarzem enganliegenden Kleid,<lb/> tief in Kiſſen gebettet, einen Plaid über den Knien, ſitzt die <hi rendition="#g">Gräfin<lb/> Geſchwitz</hi>. Neben ihr auf dem Tiſch ſteht eine Kaffeemaſchine und<lb/> eine Taſſe mit ſchwarzem Kaffee.</p> </stage><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Er läßt auf ſich warten wie ein Konzert-<lb/> meiſter!</p> </sp><lb/> <sp who="#GES"> <speaker><hi rendition="#g">Die Geſchwitz</hi>.</speaker> <p>Ich beſchwöre Sie, ſprechen Sie<lb/> nicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Es ſoll Einer die Klappe halten, wenn<lb/> er den Kopf ſo voll Gedanken hat wie ich! — Es will<lb/> mir ganz und gar nicht einleuchten, daß ſie ſich dabei<lb/> ſogar noch zu ihrem Vorteil verändert haben ſoll!</p> </sp><lb/> <sp who="#GES"> <speaker><hi rendition="#g">Die Geſchwitz</hi>.</speaker> <p>Sie iſt herrlicher anzuſchauen<lb/> als ich ſie je gekannt habe!</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [[5]/0013]
Erſter Aufzug.
Prachtvoller Saal in deutſcher Renaiſſance mit ſchwerem Plafond
aus geſchnitztem Eichenholz. Die Wände ſind bis zur halben Höhe mit
dunklen Holzſkulpturen bekleidet; darüber an beiden Seiten verblaßte
Gobelins. Nach hinten oben iſt der Saal durch eine verhängte Galerie
abgeſchloſſen, von der rechts eine monumentale Treppe bis zur halben
Tiefe der Bühne herabführt. In der Mitte unter der Galerie befindet
ſich die Eingangsthür mit gewundenen Säulen und Fronteſpice. An
der linken Seitenwand ein geräumiger hoher Kamin, weiter vorne ein
Balkonfenſter mit geſchloſſenen ſchweren Gardinen; an der rechten
Seitenwand vor dem Treppenfuß eine geſchloſſene Portière.
Vor dem Fußpfeiler des freien Treppengeländers ſteht eine leere
dekorative Staffelei; rechts vorn befindet ſich eine breite Ottomane,
in der Mitte des Saales ein vierkantiger Tiſch, um den drei hochlehnige
Poſterſeſſel ſtehen. Links vorn ein kleiner Serviertiſch, daneben ein
Lehnſeſſel.
Der Saal iſt durch eine auf dem Mitteltiſch ſtehende, tiefverſchleierte
Petroleumlampe matt erhellt. Alwa Schön geht vor der Eingangs-
thür auf und nieder. Auf der Ottomane ſitzt Rodrigo, als Bedienter
gekleidet. Links in dem Lehnſeſſel, in ſchwarzem enganliegenden Kleid,
tief in Kiſſen gebettet, einen Plaid über den Knien, ſitzt die Gräfin
Geſchwitz. Neben ihr auf dem Tiſch ſteht eine Kaffeemaſchine und
eine Taſſe mit ſchwarzem Kaffee.
Rodrigo. Er läßt auf ſich warten wie ein Konzert-
meiſter!
Die Geſchwitz. Ich beſchwöre Sie, ſprechen Sie
nicht!
Rodrigo. Es ſoll Einer die Klappe halten, wenn
er den Kopf ſo voll Gedanken hat wie ich! — Es will
mir ganz und gar nicht einleuchten, daß ſie ſich dabei
ſogar noch zu ihrem Vorteil verändert haben ſoll!
Die Geſchwitz. Sie iſt herrlicher anzuſchauen
als ich ſie je gekannt habe!
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