Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schornsteine: Die Vorgelege.
ist, welche im untersten Stockwerke (Fig. 89) unmittelbar auf dem
Vorgelege v anfängt (siehe auch das System in Fig. 86). Sollte
aber ein solches Vorgelege in einem Hause von nur zwei Stockwerken
ausgeführt werden, so würde die Anlage in der Weise modificirt,
daß die mit g h in Fig. 88 und i k in Fig. 89 bezeichneten Mauern
in dem ersten und zweiten Stockwerk wegbleiben. Die Nische b c e d
kann man auch ausmauern; F ist ebenfalls eine große Nische, in
welcher auch der Stubenofen stehen könnte.

Die Heizung der Stubenöfen innerhalb der Stuben hat den Vor-
gelegen gegenüber den überwiegenden Vortheil der Lufterneuerung
(der natürlichen Ventilation). Aus diesem Grunde, und auch weil
die Vorgelege viel Platz beanspruchen, heizt man jetzt die Oefen direkt
vom Zimmer aus und sind dann nur

b) die Schornsteine

zur Abführung des Rauches nothwendig.

Hierbei unterscheidet man

erstens: weite Schornsteine und
zweitens: enge Schornsteine.

Die weiten Schornsteine werden vom Schornsteinfeger gereinigt,
indem er in sie hinein klettert, d. h. sie "befährt"; daher heißen diese
Rauchfänge auch "schliefbare" oder "befahrbare" Schornsteine.

Die engen Rauchschlotte dagegen werden von oben mit zwei,
sich überkreuzenden, an einer 3 Kilo schweren Kugel befestigten, Besen,
die an einer Leine hängen, gefegt und heißen daher auch "Lein-
schornsteine"
oder, da sie zuerst in Rußland zur Ausführung ge-
langten, "russische Röhren".

a) Die weiten Schornsteine waren bis vor 50 Jahren aus-
schließlich im Gebrauche und werden neuerdings nur in ländlichen
Gebäuden bei "offenen Herden", sowie für große Küchen- und Wasch-
kesselfeuerungen angewendet. Damit die Schornsteinfeger in den
Rauchfang klettern können, muß derselbe, je nachdem er von er-
wachsenen oder jungen Rauchfangkehrern befahren werden soll, ganz
bestimmte Maße erhalten, welche gesetzlich vorgeschrieben sind.

In Preußen galt bisher beim alten Ziegelformat von 10" rhl.
Länge als Regel, daß die schliefbaren Schornsteine 18" rhld. im
Quadrat oder 18/16" rhld. im Rechteck messen mußten; in Oester-
reich
ist in allen Kronländern eine lichte Weite von 18/18" wiener
vorgeschrieben.

6*

Die Schornſteine: Die Vorgelege.
iſt, welche im unterſten Stockwerke (Fig. 89) unmittelbar auf dem
Vorgelege v anfängt (ſiehe auch das Syſtem in Fig. 86). Sollte
aber ein ſolches Vorgelege in einem Hauſe von nur zwei Stockwerken
ausgeführt werden, ſo würde die Anlage in der Weiſe modificirt,
daß die mit g h in Fig. 88 und i k in Fig. 89 bezeichneten Mauern
in dem erſten und zweiten Stockwerk wegbleiben. Die Niſche b c e d
kann man auch ausmauern; F iſt ebenfalls eine große Niſche, in
welcher auch der Stubenofen ſtehen könnte.

Die Heizung der Stubenöfen innerhalb der Stuben hat den Vor-
gelegen gegenüber den überwiegenden Vortheil der Lufterneuerung
(der natürlichen Ventilation). Aus dieſem Grunde, und auch weil
die Vorgelege viel Platz beanſpruchen, heizt man jetzt die Oefen direkt
vom Zimmer aus und ſind dann nur

b) die Schornſteine

zur Abführung des Rauches nothwendig.

Hierbei unterſcheidet man

erſtens: weite Schornſteine und
zweitens: enge Schornſteine.

Die weiten Schornſteine werden vom Schornſteinfeger gereinigt,
indem er in ſie hinein klettert, d. h. ſie „befährt“; daher heißen dieſe
Rauchfänge auch „ſchliefbare“ oder „befahrbare“ Schornſteine.

Die engen Rauchſchlotte dagegen werden von oben mit zwei,
ſich überkreuzenden, an einer 3 Kilo ſchweren Kugel befeſtigten, Beſen,
die an einer Leine hängen, gefegt und heißen daher auch „Lein-
ſchornſteine“
oder, da ſie zuerſt in Rußland zur Ausführung ge-
langten, „ruſſiſche Röhren“.

α) Die weiten Schornſteine waren bis vor 50 Jahren aus-
ſchließlich im Gebrauche und werden neuerdings nur in ländlichen
Gebäuden bei „offenen Herden“, ſowie für große Küchen- und Waſch-
keſſelfeuerungen angewendet. Damit die Schornſteinfeger in den
Rauchfang klettern können, muß derſelbe, je nachdem er von er-
wachſenen oder jungen Rauchfangkehrern befahren werden ſoll, ganz
beſtimmte Maße erhalten, welche geſetzlich vorgeſchrieben ſind.

In Preußen galt bisher beim alten Ziegelformat von 10″ rhl.
Länge als Regel, daß die ſchliefbaren Schornſteine 18″ rhld. im
Quadrat oder 18/16″ rhld. im Rechteck meſſen mußten; in Oeſter-
reich
iſt in allen Kronländern eine lichte Weite von 18/18″ wiener
vorgeſchrieben.

6*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0099" n="83"/><fw place="top" type="header">Die Schorn&#x017F;teine: Die Vorgelege.</fw><lb/>
i&#x017F;t, welche im unter&#x017F;ten Stockwerke (Fig. 89) unmittelbar auf dem<lb/>
Vorgelege <hi rendition="#aq">v</hi> anfängt (&#x017F;iehe auch das Sy&#x017F;tem in Fig. 86). Sollte<lb/>
aber ein &#x017F;olches Vorgelege in einem Hau&#x017F;e von nur zwei Stockwerken<lb/>
ausgeführt werden, &#x017F;o würde die Anlage in der Wei&#x017F;e modificirt,<lb/>
daß die mit <hi rendition="#aq">g h</hi> in Fig. 88 und <hi rendition="#aq">i k</hi> in Fig. 89 bezeichneten Mauern<lb/>
in dem er&#x017F;ten und zweiten Stockwerk wegbleiben. Die Ni&#x017F;che <hi rendition="#aq">b c e d</hi><lb/>
kann man auch ausmauern; <hi rendition="#aq">F</hi> i&#x017F;t ebenfalls eine große Ni&#x017F;che, in<lb/>
welcher auch der Stubenofen &#x017F;tehen könnte.</p><lb/>
                  <p>Die Heizung der Stubenöfen innerhalb der Stuben hat den Vor-<lb/>
gelegen gegenüber den überwiegenden Vortheil der Lufterneuerung<lb/>
(der natürlichen Ventilation). Aus die&#x017F;em Grunde, und auch weil<lb/>
die Vorgelege viel Platz bean&#x017F;pruchen, heizt man jetzt die Oefen direkt<lb/>
vom Zimmer aus und &#x017F;ind dann nur</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#aq">b</hi>) <hi rendition="#g">die Schorn&#x017F;teine</hi></head><lb/>
                  <p>zur Abführung des Rauches nothwendig.</p><lb/>
                  <p>Hierbei unter&#x017F;cheidet man</p><lb/>
                  <list>
                    <item>er&#x017F;tens: <hi rendition="#g">weite</hi> Schorn&#x017F;teine und</item><lb/>
                    <item>zweitens: <hi rendition="#g">enge</hi> Schorn&#x017F;teine.</item>
                  </list><lb/>
                  <p>Die <hi rendition="#g">weiten Schorn&#x017F;teine</hi> werden vom Schorn&#x017F;teinfeger gereinigt,<lb/>
indem er in &#x017F;ie hinein klettert, d. h. &#x017F;ie &#x201E;befährt&#x201C;; daher heißen die&#x017F;e<lb/>
Rauchfänge auch <hi rendition="#g">&#x201E;&#x017F;chliefbare&#x201C;</hi> oder <hi rendition="#g">&#x201E;befahrbare&#x201C;</hi> Schorn&#x017F;teine.</p><lb/>
                  <p>Die <hi rendition="#g">engen Rauch&#x017F;chlotte</hi> dagegen werden von oben mit zwei,<lb/>
&#x017F;ich überkreuzenden, an einer 3 Kilo &#x017F;chweren Kugel befe&#x017F;tigten, Be&#x017F;en,<lb/>
die an einer Leine hängen, gefegt und heißen daher auch <hi rendition="#g">&#x201E;Lein-<lb/>
&#x017F;chorn&#x017F;teine&#x201C;</hi> oder, da &#x017F;ie zuer&#x017F;t in Rußland zur Ausführung ge-<lb/>
langten, <hi rendition="#g">&#x201E;ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Röhren&#x201C;</hi>.</p><lb/>
                  <p>&#x03B1;) Die <hi rendition="#g">weiten Schorn&#x017F;teine</hi> waren bis vor 50 Jahren aus-<lb/>
&#x017F;chließlich im Gebrauche und werden neuerdings nur in ländlichen<lb/>
Gebäuden bei &#x201E;offenen Herden&#x201C;, &#x017F;owie für große Küchen- und Wa&#x017F;ch-<lb/>
ke&#x017F;&#x017F;elfeuerungen angewendet. Damit die Schorn&#x017F;teinfeger in den<lb/>
Rauchfang klettern können, muß der&#x017F;elbe, je nachdem er von er-<lb/>
wach&#x017F;enen oder jungen Rauchfangkehrern befahren werden &#x017F;oll, ganz<lb/>
be&#x017F;timmte Maße erhalten, welche ge&#x017F;etzlich vorge&#x017F;chrieben &#x017F;ind.</p><lb/>
                  <p>In <hi rendition="#g">Preußen</hi> galt bisher beim alten Ziegelformat von 10&#x2033; rhl.<lb/>
Länge als Regel, daß die &#x017F;chliefbaren Schorn&#x017F;teine 18&#x2033; rhld. im<lb/>
Quadrat oder 18/16&#x2033; rhld. im Rechteck me&#x017F;&#x017F;en mußten; in <hi rendition="#g">Oe&#x017F;ter-<lb/>
reich</hi> i&#x017F;t in allen Kronländern eine lichte Weite von 18/18&#x2033; wiener<lb/>
vorge&#x017F;chrieben.</p><lb/>
                  <fw place="bottom" type="sig">6*</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0099] Die Schornſteine: Die Vorgelege. iſt, welche im unterſten Stockwerke (Fig. 89) unmittelbar auf dem Vorgelege v anfängt (ſiehe auch das Syſtem in Fig. 86). Sollte aber ein ſolches Vorgelege in einem Hauſe von nur zwei Stockwerken ausgeführt werden, ſo würde die Anlage in der Weiſe modificirt, daß die mit g h in Fig. 88 und i k in Fig. 89 bezeichneten Mauern in dem erſten und zweiten Stockwerk wegbleiben. Die Niſche b c e d kann man auch ausmauern; F iſt ebenfalls eine große Niſche, in welcher auch der Stubenofen ſtehen könnte. Die Heizung der Stubenöfen innerhalb der Stuben hat den Vor- gelegen gegenüber den überwiegenden Vortheil der Lufterneuerung (der natürlichen Ventilation). Aus dieſem Grunde, und auch weil die Vorgelege viel Platz beanſpruchen, heizt man jetzt die Oefen direkt vom Zimmer aus und ſind dann nur b) die Schornſteine zur Abführung des Rauches nothwendig. Hierbei unterſcheidet man erſtens: weite Schornſteine und zweitens: enge Schornſteine. Die weiten Schornſteine werden vom Schornſteinfeger gereinigt, indem er in ſie hinein klettert, d. h. ſie „befährt“; daher heißen dieſe Rauchfänge auch „ſchliefbare“ oder „befahrbare“ Schornſteine. Die engen Rauchſchlotte dagegen werden von oben mit zwei, ſich überkreuzenden, an einer 3 Kilo ſchweren Kugel befeſtigten, Beſen, die an einer Leine hängen, gefegt und heißen daher auch „Lein- ſchornſteine“ oder, da ſie zuerſt in Rußland zur Ausführung ge- langten, „ruſſiſche Röhren“. α) Die weiten Schornſteine waren bis vor 50 Jahren aus- ſchließlich im Gebrauche und werden neuerdings nur in ländlichen Gebäuden bei „offenen Herden“, ſowie für große Küchen- und Waſch- keſſelfeuerungen angewendet. Damit die Schornſteinfeger in den Rauchfang klettern können, muß derſelbe, je nachdem er von er- wachſenen oder jungen Rauchfangkehrern befahren werden ſoll, ganz beſtimmte Maße erhalten, welche geſetzlich vorgeſchrieben ſind. In Preußen galt bisher beim alten Ziegelformat von 10″ rhl. Länge als Regel, daß die ſchliefbaren Schornſteine 18″ rhld. im Quadrat oder 18/16″ rhld. im Rechteck meſſen mußten; in Oeſter- reich iſt in allen Kronländern eine lichte Weite von 18/18″ wiener vorgeſchrieben. 6*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/99
Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/99>, abgerufen am 21.11.2024.