Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.[Spaltenumbruch] *169 Dar kon sprachen wie ej Prukrater. - Larisch, 17. Der kann sprechen wie ein Procurator. *170 Niemand zu nah gesprochen. - Hermes, III, 401. D. h.: ich will mit meiner Rede niemand verletzt haben. *171 Sprechen, wie ein Jud' vom Schinken. - Buch der Welt, 1850, 331a. *172 Sprich nicht über alles, denn die Erde hat Ohren. - Neue Illustrirte Zeitung, V, 25. Spreizen. *9 Er spreizt sich, wie der Frosch im Garnsack. Sprichwort. 16 Das Sprichwort wird alt, doch wer sich drin spiegelt, verjüngt die Gestalt. It.: Il proverbio s' invecchia, e chi vuol far bene vi si specchia. (Giani, 1426.) 17 Ein Sprichwort ist kein Trugwort. It.: Proverbio non falla. - I proverbi son provati. (Giani, 1423-24.) 18 Sprichwörter lehret die Erfahrung. - S. Franck, Die guldin Arch, 1539, Bl. CXCVII. Springen. 53 Die nicht springen, können dingen. Dies Sprichwort verdankt seinen Ursprung der Springprocession zu Echternach (Luxemburg), die dort alljährlich nach Pfingsten stattfindet und zu der viel Volks zusammenströmt, um die Andachtssprünge zu sehen oder mitzumachen. Diese Springprocession wird von Geistlichen mit fliegenden Fahnen, Heiligenbildern, mit Kreuzstäben u. s. w. geführt; man springt nach dem Takte der Musik je drei Schritt voran und zwei zurück. Die Geistlichkeit springt nicht mit, sondern ermuntert nur dazu. Nach dem Volksglauben soll die Theilnahme an dieser Wallfahrt Befreiung von Fallsucht und andern epileptischen Zufällen sein. Auch soll sie gegen Viehseuchen und andere Uebel schützen. Man braucht dabei aber nicht selber mitzuspringen, sondern kann andere um Geld für sich springen lassen, was im obigen Sprichwort ausgedrückt ist. *54 Er springt auf, als wenn ihn eine Tarantel gestochen hätte. *55 He springt as en kopplosen Hahn. - Wochenblatt f. Schlesw.-Holst., 17. Geberdet sich ganz unsinnig. *56 Springen, dass man die Schuh verliert. - Frommel II, 90. Sehr schnell. Spritze. *9 Die Spritze bauen, wenn das Haus brennt. "Wir glauben, es sei jetzt Zeit, damit ernstlich vorzugehen, wenn wir nicht erst die Spritze bauen wollen, wenn das Haus brennt." (Richter-Hagen, Sitzung des Reichstags vom 7. März 1877.) Spritzen. 3 Spritz nit zu viel, du Schuft; Bier will ich, doch nit Luft. - Frieske, 6. Erinnerung an einen Bierzapfer. Spritzgebackenes. * Spritzgebachenes über de Bese g'spritzt. Scherzhafte Antwort in Ulm auf die Frage, was es Mittag zu essen gebe. Spruch. 7 Ein Spruch aus Volkes Mund thut uns oft grosse Weisheit kund. It.: Spesso un detto popolar e un avviso salutar. (Giani, 473.) 8 Fäll' den Spruch stets so in der Parteien Kriege, dass satt werde der Wolf und unversehrt bleibe die Ziege. - Wenzig, 84. Sprudelkopf. Sprudelköpfe - gute Köpfe. Jäh und bald oben hinaus, aber bald wieder gut. Sprung. 58 Besser ein Sprung über den Zaun, als ehrlicher Leute Fürbitte. (Rheinpfalz.) Spulen. Wenn man spult, kann man nicht spinnen. (Rheinpfalz.) Spüren. *2 I spür's in olle Knopflöcher. Sputen. *7 Er sputet sich wie der Krebs. - Schuller, 411. Staar (Vogel). 7 Mager bleibt der Staar, fliegt er mit der Schar. It.: Gli storni, son magri perche vanno a stormi. (Giani, 1593.) [Spaltenumbruch] Staat (Putz). 17 Der Staat muess ebbes leide. (Würtemberg.) Sinn: Eitelkeit, Putzsucht muss Zwang leiden. *18 Er braucht's nicht zum Staate, er hat's zum lieben Brot nöthig. (Köthen.) Staat (Gebiet). 19 Freier Staat, freie Zunge. Lat.: In libera civitate oportet etiam linguas esse liberas. (Philippi, I, 199.) Staatsgesetz. Staatsgesetze sind Gottesgesetze. - Löwenheim, 109. Stab. 27 Stab aus, Stab aus! Stecht dem Winter die Augen aus. Als Vorfeier zu dem am Ostertage gefeierten Feste der Frühlingsgöttin Ostara, wo der Kampf zwischen Sommer und Winter stattfand, sang die Jugend diesen Spruch während desselben. (Karlsbader Wochenblatt, 1880, Nr. 13.) *28 Aus dem krummen Stabe gehen. - Frischbier, 4223. Aus dem Schulzenamte gehen. Lit.: Isz kriwaules eiti. *29 In den krummen Stab gehen. - Frischbier, 4223. In Litauen: Kriwaule eiti. Die Kriwule ist der krumme Stab, der im Schulzenamte steht, und den der Schulze im Dorfe umhersendet, wenn eine Gemeindeversammlung stattfinden soll. Auch diese selbst heisst Kriwule, gewöhnlicher jedoch, wie auch der Stab, Krawul. Die Kriwules werden aus recht krummen Baumwurzeln geschnitten. Stachelschwein. 3 Unter Stachelschweinen ist Würde ein überflüssig Ding. - Scheffel, Ekkehard, II, 51. Stadt. 96 Es ist als lägen alle grossen Städte in tiefen Gründen. Weil der Unrath von allen Seiten dorthin fliesst und sich dort ablagert. 97 In einer Stadt, die neu gegründet, wer nichts hineinbringt, nichts dort findet. It.: Citta nuova, chi non vi porta non vi trova. (Giani, 362.) 98 Liegt die Stadt vor dir, brauchst du keinen Führer zu ihr. - Schuller, 50. Städtchen. 2 Jedes Städtchen hat sein Blättchen. - Leipziger Volkszeitung, 1878, Nr. 91. Stadtklatsch. 2 Von solchem Stadtklatsch wird doch nur die Hälfte geglaubt, sagte ein Mädchen tröstend zu ihrer Freundin, als diese ihr klagte, das Gerücht sage, sie habe Zwillinge bekommen. Stadtleute. 2 Wie si dä Stadtleut' anschmiere lasse! Dös kloi Dingle koscht dreihundert Gulde, sagte des Schulzen Frau; unsern Schullehrer sei Uehrle ischt dreimal so gross und hot wäger nur siebe Gulde koscht. Stadtpfau. * Ein geputzter Stadtpfau. Staffel. *3 Sich ein staffl ins ewig leben bauen. - Ayrer, IV, 2825, 11. Stagyritisch. * Stagyritischer Tiefsinn. Der Stagirite ist Aristoteles, nach seiner Vaterstadt Stagira (Stagyra) benannt. - Ueber Redensarten dieser Gattung, wie sie bei den Römern und Griechen in Umlauf waren, vgl. Gelächter 3. Stahl. 16 Wenn Stahl und Kiesel zusammenkommen, gibt's Funken. Stahlpillen. Kaufen Sie Stahlpillen, sagte der Doctor, als ihm einer klagte, er sei blutarm. Es kommt hier auf die richtige Betonung an; wer blutarm ist, braucht noch nicht blutarm zu sein. Staketenflicker. * Er ist ein Staketenflicker. D. h. einer, der keine ordentliche Arbeit macht. Stall. 43 Findst du im Stalle ein mageres Rind, im Hofe ein faules Gsind, im Hause ein verzogenes [Spaltenumbruch] *169 Dar kon sprachen wie ej Prukrater. – Larisch, 17. Der kann sprechen wie ein Procurator. *170 Niemand zu nah gesprochen. – Hermes, III, 401. 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*169 Dar kon sprachen wie ej Prukrater. – Larisch, 17.
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*170 Niemand zu nah gesprochen. – Hermes, III, 401.
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*171 Sprechen, wie ein Jud' vom Schinken. – Buch der Welt, 1850, 331a.
*172 Sprich nicht über alles, denn die Erde hat Ohren. – Neue Illustrirte Zeitung, V, 25.
Spreizen.
*9 Er spreizt sich, wie der Frosch im Garnsack.
Sprichwort.
16 Das Sprichwort wird alt, doch wer sich drin spiegelt, verjüngt die Gestalt.
It.: Il proverbio s' invecchia, e chi vuol far bene vi si specchia. (Giani, 1426.)
17 Ein Sprichwort ist kein Trugwort.
It.: Proverbio non falla. – I proverbi son provati. (Giani, 1423-24.)
18 Sprichwörter lehret die Erfahrung. – S. Franck, Die guldin Arch, 1539, Bl. CXCVII.
Springen.
53 Die nicht springen, können dingen.
Dies Sprichwort verdankt seinen Ursprung der Springprocession zu Echternach (Luxemburg), die dort alljährlich nach Pfingsten stattfindet und zu der viel Volks zusammenströmt, um die Andachtssprünge zu sehen oder mitzumachen. Diese Springprocession wird von Geistlichen mit fliegenden Fahnen, Heiligenbildern, mit Kreuzstäben u. s. w. geführt; man springt nach dem Takte der Musik je drei Schritt voran und zwei zurück. Die Geistlichkeit springt nicht mit, sondern ermuntert nur dazu. Nach dem Volksglauben soll die Theilnahme an dieser Wallfahrt Befreiung von Fallsucht und andern epileptischen Zufällen sein. Auch soll sie gegen Viehseuchen und andere Uebel schützen. Man braucht dabei aber nicht selber mitzuspringen, sondern kann andere um Geld für sich springen lassen, was im obigen Sprichwort ausgedrückt ist.
*54 Er springt auf, als wenn ihn eine Tarantel gestochen hätte.
*55 He springt as en kopplosen Hahn. – Wochenblatt f. Schlesw.-Holst., 17.
Geberdet sich ganz unsinnig.
*56 Springen, dass man die Schuh verliert. – Frommel II, 90.
Sehr schnell.
Spritze.
*9 Die Spritze bauen, wenn das Haus brennt.
„Wir glauben, es sei jetzt Zeit, damit ernstlich vorzugehen, wenn wir nicht erst die Spritze bauen wollen, wenn das Haus brennt.“ (Richter-Hagen, Sitzung des Reichstags vom 7. März 1877.)
Spritzen.
3 Spritz nit zu viel, du Schuft; Bier will ich, doch nit Luft. – Frieske, 6.
Erinnerung an einen Bierzapfer.
Spritzgebackenes.
* Spritzgebachenes über de Bese g'spritzt.
Scherzhafte Antwort in Ulm auf die Frage, was es Mittag zu essen gebe.
Spruch.
7 Ein Spruch aus Volkes Mund thut uns oft grosse Weisheit kund.
It.: Spesso un detto popolar è un avviso salutar. (Giani, 473.)
8 Fäll' den Spruch stets so in der Parteien Kriege, dass satt werde der Wolf und unversehrt bleibe die Ziege. – Wenzig, 84.
Sprudelkopf.
Sprudelköpfe – gute Köpfe.
Jäh und bald oben hinaus, aber bald wieder gut.
Sprung.
58 Besser ein Sprung über den Zaun, als ehrlicher Leute Fürbitte. (Rheinpfalz.)
Spulen.
Wenn man spult, kann man nicht spinnen. (Rheinpfalz.)
Spüren.
*2 I spür's in olle Knopflöcher.
Sputen.
*7 Er sputet sich wie der Krebs. – Schuller, 411.
Staar (Vogel).
7 Mager bleibt der Staar, fliegt er mit der Schar.
It.: Gli storni, son magri perchè vanno a stormi. (Giani, 1593.)
Staat (Putz).
17 Der Staat muess ebbes leide. (Würtemberg.)
Sinn: Eitelkeit, Putzsucht muss Zwang leiden.
*18 Er braucht's nicht zum Staate, er hat's zum lieben Brot nöthig. (Köthen.)
Staat (Gebiet).
19 Freier Staat, freie Zunge.
Lat.: In libera civitate oportet etiam linguas esse liberas. (Philippi, I, 199.)
Staatsgesetz.
Staatsgesetze sind Gottesgesetze. – Löwenheim, 109.
Stab.
27 Stab aus, Stab aus! Stecht dem Winter die Augen aus.
Als Vorfeier zu dem am Ostertage gefeierten Feste der Frühlingsgöttin Ostara, wo der Kampf zwischen Sommer und Winter stattfand, sang die Jugend diesen Spruch während desselben. (Karlsbader Wochenblatt, 1880, Nr. 13.)
*28 Aus dem krummen Stabe gehen. – Frischbier, 4223.
Aus dem Schulzenamte gehen.
Lit.: Isz kriwûlês eiti.
*29 In den krummen Stab gehen. – Frischbier, 4223.
In Litauen: Kriwûle eiti. Die Kriwule ist der krumme Stab, der im Schulzenamte steht, und den der Schulze im Dorfe umhersendet, wenn eine Gemeindeversammlung stattfinden soll. Auch diese selbst heisst Kriwule, gewöhnlicher jedoch, wie auch der Stab, Krawul. Die Kriwules werden aus recht krummen Baumwurzeln geschnitten.
Stachelschwein.
3 Unter Stachelschweinen ist Würde ein überflüssig Ding. – Scheffel, Ekkehard, II, 51.
Stadt.
96 Es ist als lägen alle grossen Städte in tiefen Gründen.
Weil der Unrath von allen Seiten dorthin fliesst und sich dort ablagert.
97 In einer Stadt, die neu gegründet, wer nichts hineinbringt, nichts dort findet.
It.: Città nuova, chi non vi porta non vi trova. (Giani, 362.)
98 Liegt die Stadt vor dir, brauchst du keinen Führer zu ihr. – Schuller, 50.
Städtchen.
2 Jedes Städtchen hat sein Blättchen. – Leipziger Volkszeitung, 1878, Nr. 91.
Stadtklatsch.
2 Von solchem Stadtklatsch wird doch nur die Hälfte geglaubt, sagte ein Mädchen tröstend zu ihrer Freundin, als diese ihr klagte, das Gerücht sage, sie habe Zwillinge bekommen.
Stadtleute.
2 Wie si dä Stadtleut' anschmiere lasse! Dös kloi Dingle koscht dreihundert Gulde, sagte des Schulzen Frau; unsern Schullehrer sei Uehrle ischt dreimal so gross und hot wäger nur siebe Gulde koscht.
Stadtpfau.
* Ein geputzter Stadtpfau.
Staffel.
*3 Sich ein staffl ins ewig leben bauen. – Ayrer, IV, 2825, 11.
Stagyritisch.
* Stagyritischer Tiefsinn.
Der Stagirite ist Aristoteles, nach seiner Vaterstadt Stagira (Stagyra) benannt. – Ueber Redensarten dieser Gattung, wie sie bei den Römern und Griechen in Umlauf waren, vgl. Gelächter 3.
Stahl.
16 Wenn Stahl und Kiesel zusammenkommen, gibt's Funken.
Stahlpillen.
Kaufen Sie Stahlpillen, sagte der Doctor, als ihm einer klagte, er sei blutarm.
Es kommt hier auf die richtige Betonung an; wer blutarm ist, braucht noch nicht blutarm zu sein.
Staketenflicker.
* Er ist ein Staketenflicker.
D. h. einer, der keine ordentliche Arbeit macht.
Stall.
43 Findst du im Stalle ein mageres Rind, im Hofe ein faules Gsind, im Hause ein verzogenes
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