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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 57 Wer nicht wagen kann, derselb' nie gewann.

58 Wer nicht wagt, der nicht nagt. - Gaal, 1654; Simrock, 11105.

59 Wer nicht wagt, der nicht winnt, wer nicht hurt, kriegt kein Kind. (Westf.)

60 Wer nicht wagt, der nicht winnt; wer nicht sucht, der nichts find't. - Schmitz, I, 185, 40.

61 Wer nicht wagt, gewinnt nicht. - Eiselein, 625; Ramann, II, Pred., III, 3; Mayer, I, 188; Simrock, 11103a; für Waldeck: Curtze, 343, 362.

Bei Tunnicius (131): De nicht en waget, de en wint ok nicht. (Lucra quid exoptat sumptum fecisse recusans?)

Böhm.: Bez odvahy neni oblahy. - Kdo chce vyhrati housera, musi vaziti kacera. (Celakovsky, 117.)

Engl.: All venture, all lose. (Masson, 365.) - Nothing venture, nothing have. (Gaal, 1654; Kritzinger, 326b.)

Frz.: Qui ne risque rien n'a rien. - Qui ne s'aventure n'a ni cheval ni mule. - Qui s'arrete aux vallees ne sera jamais aux montagnes. (Masson, 365.)

It.: Chi non risica, non rosica. - Chi non s'arrischia, non acquista. - Chi non s'avventura, non ha ventura. (Gaal, 654; Masson, 365.) - Per mancanza d'ardire, non si sa pervenire.

Krain.: Kdor ne vaga, je brez blaga. (Celakovsky, 117.)

Kroat.: Koj nevaga, je prez blaga. (Celakovsky, 117.)

Lat.: Nausi lucratur ansus cui non famulatur. (Reuterdahl, 577.)

Poln.: Kto chce wygrac gasiora, trzeba wazyc kaczora. (Celakovsky, 117.) - Kto niewazy, niesiedzie wysoko. (Masson, 365.)

Schwed.: Den intet wagar, han intet winner. (Wensell, 15.) - Den nagot wagar, han nagot winner. - Den nagot wil waga, han far nagot äga. (Törning, 42; Grubb, 99.) - Hwa ey waghar han ey vindher. (Reuterdahl, 577.) - Ingen winner utan äga. (Grubb, 156 u. 387.)

62 Wer nicht wagt, kann nicht gewinnen, sagte Jörg, und spielte um einen Tand.

Holl.: Die winnen wil, moet wagen, zei Koen, en hij vocht met Saartje om een' zoen. (Harrebomee, II, 235a.)

63 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau. - Simrock, 11106.

Die alte wehlauer Brücke, die im Jahre 1807 von den Russen abgebrannt wurde, war 420 kleine Schritte lang, wovon die Landesherrschaft 350 Schritte nebst der darüber vorhandenen Zugbrücke, und 70 Schritte oder 140 Fuss die Stadt unterhielt. Sie war sehr schmal, mit Knüppelholz Belag, und hatte nur nach der Stadtseite zu auf etwa 100 Fuss Länge ein Seitengeländer. Die Ueberschreitung dieser Brücke war daher, besonders bei den Frühjahrsüberschwemmungen des Pregels, über dessen unter Wasser gesetzte Wiesen sie führte, namentlich in den Tagen des grossen wehlauer Sommermarkts, sehr gefährlich. Die ängstlichen Reisenden oder Marktbesucher liessen darum ihr Fuhrwerk jenseits der Brücke stehen oder hielten daselbst im Vorwerk Wettlau, wo sich deshalb auch ein Marktplatz gebildet hatte, ihren Markt ab, ohne die Stadt zu besuchen. Die Dreistern sagten aber: Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau und wagten den Uebergang, der manchem schlecht bekommen sein soll. (Neues Preuss. Provinzialbl., I, 399; Frischbier2, 3955.) Es ist kaum nöthig zu bemerken, dass die jetzige wehlauer Brücke diesen gefährlichen Charakter nicht besitzt.

64 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Zanow. (S. Nachkommen 10.) - Schmidt, Jubelschrift, 38.

65 Wer nichts wagt, hat nichts zu hoffen.

Frz.: Qui ne hasarde, ne gagne rien. - Qui ne se risque, ne sera riche.

66 Wer nichts will wagen, hat nichts zu nagen.

In der Gegend von Roverode (Welschtirol): Chi no risega, no rosega. (Hörmann, 28.)

67 Wer wagt, der gewinnt. - Eiselein, 625; Frischbier2, 3957.

Bei Tunnicius (1038): De wat waget, de wint wat. (Audaces fortune juvat, Deus atque secundat.)

Lat.: Quod petis, id tenta, nam litus carpere remis tutius est multo, quam velum tendere in altum. (Chaos, 804.) - Ter tentare licet, si non aperitur, abitur. (Chaos, 804.)

68 Wer zu viel wagt, kommt nach Tapiau. - Frischbier2, 3965.

Nämlich in die dortige im Jahre 1794 entstandene Straf- und Besserungsanstalt.

69 Wer zu viel wagt, verliert Alles.

It.: Fallisce chi giuoca un buondato.

70 Wer zu viel wagt, Wagen und Ross erwagt. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 424.

Lat.: Qui nimis est audax, saepe infeliciter audet. (Gaal, 1653.)

71 Wer's nicht will wagen, bekommt (gewinnt) weder Pferd noch Wagen. - Körte, 6388; Simrock, 11106; Braun, I, 4865.

[Spaltenumbruch] Böhm.: Kdo si srdce neda, vysoko nevyseda. (Celakovsky, 117.)

Engl.: A hook is well lost to get a salmon.

Frz.: Qui ne se met a l'aventure, ne trouve cheval ni monture.

Poln.: Kto niewazy niesiedzie wysoko. (Celakovsky, 117.)

72 Wers wagt, dem ist sorgen der erst gewin. - Henisch, 931, 5; Petri, II, 769.

73 Wers wagt vnd dapffer hinein setzt, wird offt mit grossem gwün ergetzt.

Lat.: Qui plus exponit, plus lucri saepe reponit. (Loci comm., 108.)

*74 De het dat ok waget.

"Sagt man von einem, der eben gestorben ist." (Dähnert, 535b.)

*75 Es muss einmal gewagt sein.

*76 Es wagen und die Sache Gott befehlen.

*77 Er wagt's, als wenn die Köpfe auf den Bäumen wüchsen.

Lat.: Si non morderis, cane quid latrante vereris. (Sutor, 47.)

*78 Er wagt's, als wenn er das Leben gestohlen hätte. - Sutor, 47.

Lat.: Commovere sacra. - Movebo talum a Sacra linea. (Philippi, I, 87 u. 258.)

*79 He wagt hum d'ran as de Bröksneider de Felnk. - Kern, 27.

Ein Felnk hatte das Unglück vom Wagen zu stürzen, wobei er sich unerheblich am Bauche verletzte; und da er auf der Reise war, musste er bei einem Bauer des Dorfes Herberge nehmen. An dem Orte befand sich nur ein Quacksalber, der blos Salben und an chirurgischen Instrumenten nichts als ein Taschenmesser führte. Der Felnk liess ihn rufen, worauf derselbe dem Kranken erklärte, er müsse sich operiren lassen oder sterben. Der Felnk entschloss sich für den ersten Fall. Als am nächsten Tage der Heilkünstler erschien, nahm ihn der Bauer beiseite und fragte heimlich: "Köen Jü de Mann helpen? Ick wull denn doch en nich gern en Dode in Haus hebben." Der Operateur erwiderte: "Ick wag hum d'ran, 't is ja man 'n Felnk." Glücklicherweise war nichts zu operiren; und ein leichter Schnitt, der weder schadete noch nützte, heilte bald wieder zu. Das Sprichwort aber blieb für ähnliche Fälle. (Ostfries, Jahrbuch, I, 49.) - Jener Feling hat sich wahrscheinlich nur eingebildet, einen Bruch zu haben, und sich darauf von dem Bruchschneider operiren lassen. Ueber Feling (s. Lust 65.)

*80 He wogt alles, wie en Fleg op ene Pott. (Aachen.)

*81 Ich wag's, wie der Bauer mit der Ente.

Der sie ins Wasser liess auf die Gefahr hin, sie könne ertrinken. (S. 29.)

*82 Ich will's wagen, wie Helmholz mit der Gans; ersäuft sie, so ersäuft sie.


Wägen.

1 Er ist gewogen und zu leicht befunden. - Dan. 5, 27.

Holl.: Hij is gewogen, maar te ligt bevonden. (Harrebomee, II, 29.)

2 Erst wäg's, dann sag's. - Sailer, 129; Gaal, 1655; Simrock, 11108.

3 Erst wäg's, dann wag's. - Pistor., III, 92; Eiselein, 642; Günther, 13; Venedey, 53; Nopitsch, 79; Dove, 855 u. 1024; Schweiz, I, 192, 112; für Waldeck: Curtze, 331, 204; Marahrens, 97.

Nur wäg's nicht zu lange, denn ehe die Beschränktheit mit sich selbst einig wird, hat sie gewöhnlich der Verstand schon überrennt. Bei H. von Schweinichen (I, 147) findet sich das Wort: "Bewiegs, ehe du wägst." "Ehe die Sach gewaget, soll sie vorher gewogen werden." (Willius, 172.) Der Spruch ist alt; er gehört zu den Denksprüchen der sieben Weisen Griechenlands und wird dem Periander zugeschrieben: Meditatio totum est. Chilo hatte den Spruch: Nosce te ipsum (erkenne dich selbst). Pittakus: Tempus noris (beobachte die gelegene Zeit). Kleobus: Sit modus in rebus (Mittelstrass', das goldene Mass). Thales: Sponde sed praesto est laesia (kein Bürge sei geborgen). Bias: Plures sunt mali (die Bösen sind die Mehrzahl). Solon: Respice finem vitae etiam longae (am Ende erst erkennt man das Ganze). (Kornmann, VIII, 208.)

It.: Chi non pesa, non ben porta. (Gaal, 68.)

Lat.: Deliberandum est diu, quod statuendum est semel. Qui prudenter agit, factum deliberat ante consilium, factis rebus, inane datur. (Gaal, 1655; Binder II, 2159; Seybold, 547.)

Schwed.: Wäg, för än du wager. (Grubb, 870.)

4 Man wäge dich über sich oder unter sich, so wiegst du einen Schalk.

5 Nicht wiegs, wags. - Petri, II, 499.

6 Nit wäg's, wag's, so lag's. (Schweiz.) - Körte, 6394; Körte2, 8031.

[Spaltenumbruch] 57 Wer nicht wagen kann, derselb' nie gewann.

58 Wer nicht wagt, der nicht nagt.Gaal, 1654; Simrock, 11105.

59 Wer nicht wagt, der nicht winnt, wer nicht hurt, kriegt kein Kind. (Westf.)

60 Wer nicht wagt, der nicht winnt; wer nicht sucht, der nichts find't.Schmitz, I, 185, 40.

61 Wer nicht wagt, gewinnt nicht.Eiselein, 625; Ramann, II, Pred., III, 3; Mayer, I, 188; Simrock, 11103a; für Waldeck: Curtze, 343, 362.

Bei Tunnicius (131): De nicht en waget, de en wint ôk nicht. (Lucra quid exoptat sumptum fecisse recusans?)

Böhm.: Bez odvahy není oblahy. – Kdo chce vyhrati housera, musí vážiti kačera. (Čelakovsky, 117.)

Engl.: All venture, all lose. (Masson, 365.) – Nothing venture, nothing have. (Gaal, 1654; Kritzinger, 326b.)

Frz.: Qui ne risque rien n'a rien. – Qui ne s'aventure n'a ni cheval ni mule. – Qui s'arrête aux vallées ne sera jamais aux montagnes. (Masson, 365.)

It.: Chi non risica, non rosica. – Chi non s'arrischia, non acquista. – Chi non s'avventura, non ha ventura. (Gaal, 654; Masson, 365.) – Per mancanza d'ardire, non si sa pervenire.

Krain.: Kdor ne vaga, je brez blaga. (Čelakovsky, 117.)

Kroat.: Koj nevaga, je prez blaga. (Čelakovsky, 117.)

Lat.: Nausi lucratur ansus cui non famulatur. (Reuterdahl, 577.)

Poln.: Kto chce wygrać gąsiora, trzeba ważyć kaczora. (Čelakovsky, 117.) – Kto nieważy, niesiędzie wysoko. (Masson, 365.)

Schwed.: Den intet wågar, han intet winner. (Wensell, 15.) – Den något wågar, han något winner. – Den något wil wåga, han får något äga. (Törning, 42; Grubb, 99.) – Hwa ey waghar han ey vindher. (Reuterdahl, 577.) – Ingen winner utan äga. (Grubb, 156 u. 387.)

62 Wer nicht wagt, kann nicht gewinnen, sagte Jörg, und spielte um einen Tand.

Holl.: Die winnen wil, moet wagen, zei Koen, en hij vocht met Saartje om een' zoen. (Harrebomée, II, 235a.)

63 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau.Simrock, 11106.

Die alte wehlauer Brücke, die im Jahre 1807 von den Russen abgebrannt wurde, war 420 kleine Schritte lang, wovon die Landesherrschaft 350 Schritte nebst der darüber vorhandenen Zugbrücke, und 70 Schritte oder 140 Fuss die Stadt unterhielt. Sie war sehr schmal, mit Knüppelholz Belag, und hatte nur nach der Stadtseite zu auf etwa 100 Fuss Länge ein Seitengeländer. Die Ueberschreitung dieser Brücke war daher, besonders bei den Frühjahrsüberschwemmungen des Pregels, über dessen unter Wasser gesetzte Wiesen sie führte, namentlich in den Tagen des grossen wehlauer Sommermarkts, sehr gefährlich. Die ängstlichen Reisenden oder Marktbesucher liessen darum ihr Fuhrwerk jenseits der Brücke stehen oder hielten daselbst im Vorwerk Wettlau, wo sich deshalb auch ein Marktplatz gebildet hatte, ihren Markt ab, ohne die Stadt zu besuchen. Die Dreistern sagten aber: Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau und wagten den Uebergang, der manchem schlecht bekommen sein soll. (Neues Preuss. Provinzialbl., I, 399; Frischbier2, 3955.) Es ist kaum nöthig zu bemerken, dass die jetzige wehlauer Brücke diesen gefährlichen Charakter nicht besitzt.

64 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Zanow. (S. Nachkommen 10.) – Schmidt, Jubelschrift, 38.

65 Wer nichts wagt, hat nichts zu hoffen.

Frz.: Qui ne hasarde, ne gagne rien. – Qui ne se risque, ne sera riche.

66 Wer nichts will wagen, hat nichts zu nagen.

In der Gegend von Roverode (Welschtirol): Chi no risega, no rosega. (Hörmann, 28.)

67 Wer wagt, der gewinnt.Eiselein, 625; Frischbier2, 3957.

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68 Wer zu viel wagt, kommt nach Tapiau.Frischbier2, 3965.

Nämlich in die dortige im Jahre 1794 entstandene Straf- und Besserungsanstalt.

69 Wer zu viel wagt, verliert Alles.

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70 Wer zu viel wagt, Wagen und Ross erwagt.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 424.

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[Spaltenumbruch] Böhm.: Kdo si srdce nedá, vysoko nevysedá. (Čelakovsky, 117.)

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Frz.: Qui ne se met à l'aventure, ne trouve cheval ni monture.

Poln.: Kto niewažy niesiędzie wysoko. (Čelakovsky, 117.)

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Lat.: Qui plus exponit, plus lucri saepe reponit. (Loci comm., 108.)

*74 De het dat ôk waget.

„Sagt man von einem, der eben gestorben ist.“ (Dähnert, 535b.)

*75 Es muss einmal gewagt sein.

*76 Es wagen und die Sache Gott befehlen.

*77 Er wagt's, als wenn die Köpfe auf den Bäumen wüchsen.

Lat.: Si non morderis, cane quid latrante vereris. (Sutor, 47.)

*78 Er wagt's, als wenn er das Leben gestohlen hätte.Sutor, 47.

Lat.: Commovere sacra. – Movebo talum a Sacra linea. (Philippi, I, 87 u. 258.)

*79 He wagt hum d'ran as de Bröksnîder de Felnk.Kern, 27.

Ein Felnk hatte das Unglück vom Wagen zu stürzen, wobei er sich unerheblich am Bauche verletzte; und da er auf der Reise war, musste er bei einem Bauer des Dorfes Herberge nehmen. An dem Orte befand sich nur ein Quacksalber, der blos Salben und an chirurgischen Instrumenten nichts als ein Taschenmesser führte. Der Felnk liess ihn rufen, worauf derselbe dem Kranken erklärte, er müsse sich operiren lassen oder sterben. Der Felnk entschloss sich für den ersten Fall. Als am nächsten Tage der Heilkünstler erschien, nahm ihn der Bauer beiseite und fragte heimlich: „Köen Jü de Mann helpen? Ick wull denn doch en nich gêrn ên Dode in Hûs hebben.“ Der Operateur erwiderte: „Ick wag hum d'ran, 't is ja man 'n Felnk.“ Glücklicherweise war nichts zu operiren; und ein leichter Schnitt, der weder schadete noch nützte, heilte bald wieder zu. Das Sprichwort aber blieb für ähnliche Fälle. (Ostfries, Jahrbuch, I, 49.) – Jener Feling hat sich wahrscheinlich nur eingebildet, einen Bruch zu haben, und sich darauf von dem Bruchschneider operiren lassen. Ueber Feling (s. Lust 65.)

*80 Hê wogt alles, wie en Fleg op êne Pott. (Aachen.)

*81 Ich wag's, wie der Bauer mit der Ente.

Der sie ins Wasser liess auf die Gefahr hin, sie könne ertrinken. (S. 29.)

*82 Ich will's wagen, wie Helmholz mit der Gans; ersäuft sie, so ersäuft sie.


Wägen.

1 Er ist gewogen und zu leicht befunden.Dan. 5, 27.

Holl.: Hij is gewogen, maar te ligt bevonden. (Harrebomée, II, 29.)

2 Erst wäg's, dann sag's.Sailer, 129; Gaal, 1655; Simrock, 11108.

3 Erst wäg's, dann wag's.Pistor., III, 92; Eiselein, 642; Günther, 13; Venedey, 53; Nopitsch, 79; Dove, 855 u. 1024; Schweiz, I, 192, 112; für Waldeck: Curtze, 331, 204; Marahrens, 97.

Nur wäg's nicht zu lange, denn ehe die Beschränktheit mit sich selbst einig wird, hat sie gewöhnlich der Verstand schon überrennt. Bei H. von Schweinichen (I, 147) findet sich das Wort: „Bewiegs, ehe du wägst.“ „Ehe die Sach gewaget, soll sie vorher gewogen werden.“ (Willius, 172.) Der Spruch ist alt; er gehört zu den Denksprüchen der sieben Weisen Griechenlands und wird dem Periander zugeschrieben: Meditatio totum est. Chilo hatte den Spruch: Nosce te ipsum (erkenne dich selbst). Pittakus: Tempus noris (beobachte die gelegene Zeit). Kleobus: Sit modus in rebus (Mittelstrass', das goldene Mass). Thales: Sponde sed praesto est laesia (kein Bürge sei geborgen). Bias: Plures sunt mali (die Bösen sind die Mehrzahl). Solon: Respice finem vitae etiam longae (am Ende erst erkennt man das Ganze). (Kornmann, VIII, 208.)

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Schwed.: Wäg, för än du wåger. (Grubb, 870.)

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[[869]/0875] 57 Wer nicht wagen kann, derselb' nie gewann. 58 Wer nicht wagt, der nicht nagt. – Gaal, 1654; Simrock, 11105. 59 Wer nicht wagt, der nicht winnt, wer nicht hurt, kriegt kein Kind. (Westf.) 60 Wer nicht wagt, der nicht winnt; wer nicht sucht, der nichts find't. – Schmitz, I, 185, 40. 61 Wer nicht wagt, gewinnt nicht. – Eiselein, 625; Ramann, II, Pred., III, 3; Mayer, I, 188; Simrock, 11103a; für Waldeck: Curtze, 343, 362. Bei Tunnicius (131): De nicht en waget, de en wint ôk nicht. (Lucra quid exoptat sumptum fecisse recusans?) Böhm.: Bez odvahy není oblahy. – Kdo chce vyhrati housera, musí vážiti kačera. (Čelakovsky, 117.) Engl.: All venture, all lose. (Masson, 365.) – Nothing venture, nothing have. (Gaal, 1654; Kritzinger, 326b.) Frz.: Qui ne risque rien n'a rien. – Qui ne s'aventure n'a ni cheval ni mule. – Qui s'arrête aux vallées ne sera jamais aux montagnes. (Masson, 365.) It.: Chi non risica, non rosica. – Chi non s'arrischia, non acquista. – Chi non s'avventura, non ha ventura. (Gaal, 654; Masson, 365.) – Per mancanza d'ardire, non si sa pervenire. Krain.: Kdor ne vaga, je brez blaga. (Čelakovsky, 117.) Kroat.: Koj nevaga, je prez blaga. (Čelakovsky, 117.) Lat.: Nausi lucratur ansus cui non famulatur. (Reuterdahl, 577.) Poln.: Kto chce wygrać gąsiora, trzeba ważyć kaczora. (Čelakovsky, 117.) – Kto nieważy, niesiędzie wysoko. (Masson, 365.) Schwed.: Den intet wågar, han intet winner. (Wensell, 15.) – Den något wågar, han något winner. – Den något wil wåga, han får något äga. (Törning, 42; Grubb, 99.) – Hwa ey waghar han ey vindher. (Reuterdahl, 577.) – Ingen winner utan äga. (Grubb, 156 u. 387.) 62 Wer nicht wagt, kann nicht gewinnen, sagte Jörg, und spielte um einen Tand. Holl.: Die winnen wil, moet wagen, zei Koen, en hij vocht met Saartje om een' zoen. (Harrebomée, II, 235a.) 63 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau. – Simrock, 11106. Die alte wehlauer Brücke, die im Jahre 1807 von den Russen abgebrannt wurde, war 420 kleine Schritte lang, wovon die Landesherrschaft 350 Schritte nebst der darüber vorhandenen Zugbrücke, und 70 Schritte oder 140 Fuss die Stadt unterhielt. Sie war sehr schmal, mit Knüppelholz Belag, und hatte nur nach der Stadtseite zu auf etwa 100 Fuss Länge ein Seitengeländer. Die Ueberschreitung dieser Brücke war daher, besonders bei den Frühjahrsüberschwemmungen des Pregels, über dessen unter Wasser gesetzte Wiesen sie führte, namentlich in den Tagen des grossen wehlauer Sommermarkts, sehr gefährlich. Die ängstlichen Reisenden oder Marktbesucher liessen darum ihr Fuhrwerk jenseits der Brücke stehen oder hielten daselbst im Vorwerk Wettlau, wo sich deshalb auch ein Marktplatz gebildet hatte, ihren Markt ab, ohne die Stadt zu besuchen. Die Dreistern sagten aber: Wer nicht wagt, kommt nicht nach Wehlau und wagten den Uebergang, der manchem schlecht bekommen sein soll. (Neues Preuss. Provinzialbl., I, 399; Frischbier2, 3955.) Es ist kaum nöthig zu bemerken, dass die jetzige wehlauer Brücke diesen gefährlichen Charakter nicht besitzt. 64 Wer nicht wagt, kommt nicht nach Zanow. (S. Nachkommen 10.) – Schmidt, Jubelschrift, 38. 65 Wer nichts wagt, hat nichts zu hoffen. Frz.: Qui ne hasarde, ne gagne rien. – Qui ne se risque, ne sera riche. 66 Wer nichts will wagen, hat nichts zu nagen. In der Gegend von Roverode (Welschtirol): Chi no risega, no rosega. (Hörmann, 28.) 67 Wer wagt, der gewinnt. – Eiselein, 625; Frischbier2, 3957. Bei Tunnicius (1038): De wat waget, de wint wat. (Audaces fortune juvat, Deus atque secundat.) Lat.: Quod petis, id tenta, nam litus carpere remis tutius est multo, quam velum tendere in altum. (Chaos, 804.) – Ter tentare licet, si non aperitur, abitur. (Chaos, 804.) 68 Wer zu viel wagt, kommt nach Tapiau. – Frischbier2, 3965. Nämlich in die dortige im Jahre 1794 entstandene Straf- und Besserungsanstalt. 69 Wer zu viel wagt, verliert Alles. It.: Fallisce chi giuoca un buondato. 70 Wer zu viel wagt, Wagen und Ross erwagt. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 424. Lat.: Qui nimis est audax, saepe infeliciter audet. (Gaal, 1653.) 71 Wer's nicht will wagen, bekommt (gewinnt) weder Pferd noch Wagen. – Körte, 6388; Simrock, 11106; Braun, I, 4865. Böhm.: Kdo si srdce nedá, vysoko nevysedá. (Čelakovsky, 117.) Engl.: A hook is well lost to get a salmon. Frz.: Qui ne se met à l'aventure, ne trouve cheval ni monture. Poln.: Kto niewažy niesiędzie wysoko. (Čelakovsky, 117.) 72 Wers wagt, dem ist sorgen der erst gewin. – Henisch, 931, 5; Petri, II, 769. 73 Wers wagt vnd dapffer hinein setzt, wird offt mit grossem gwün ergetzt. Lat.: Qui plus exponit, plus lucri saepe reponit. (Loci comm., 108.) *74 De het dat ôk waget. „Sagt man von einem, der eben gestorben ist.“ (Dähnert, 535b.) *75 Es muss einmal gewagt sein. *76 Es wagen und die Sache Gott befehlen. *77 Er wagt's, als wenn die Köpfe auf den Bäumen wüchsen. Lat.: Si non morderis, cane quid latrante vereris. (Sutor, 47.) *78 Er wagt's, als wenn er das Leben gestohlen hätte. – Sutor, 47. Lat.: Commovere sacra. – Movebo talum a Sacra linea. (Philippi, I, 87 u. 258.) *79 He wagt hum d'ran as de Bröksnîder de Felnk. – Kern, 27. Ein Felnk hatte das Unglück vom Wagen zu stürzen, wobei er sich unerheblich am Bauche verletzte; und da er auf der Reise war, musste er bei einem Bauer des Dorfes Herberge nehmen. An dem Orte befand sich nur ein Quacksalber, der blos Salben und an chirurgischen Instrumenten nichts als ein Taschenmesser führte. Der Felnk liess ihn rufen, worauf derselbe dem Kranken erklärte, er müsse sich operiren lassen oder sterben. Der Felnk entschloss sich für den ersten Fall. Als am nächsten Tage der Heilkünstler erschien, nahm ihn der Bauer beiseite und fragte heimlich: „Köen Jü de Mann helpen? Ick wull denn doch en nich gêrn ên Dode in Hûs hebben.“ Der Operateur erwiderte: „Ick wag hum d'ran, 't is ja man 'n Felnk.“ Glücklicherweise war nichts zu operiren; und ein leichter Schnitt, der weder schadete noch nützte, heilte bald wieder zu. Das Sprichwort aber blieb für ähnliche Fälle. (Ostfries, Jahrbuch, I, 49.) – Jener Feling hat sich wahrscheinlich nur eingebildet, einen Bruch zu haben, und sich darauf von dem Bruchschneider operiren lassen. Ueber Feling (s. Lust 65.) *80 Hê wogt alles, wie en Fleg op êne Pott. (Aachen.) *81 Ich wag's, wie der Bauer mit der Ente. Der sie ins Wasser liess auf die Gefahr hin, sie könne ertrinken. (S. 29.) *82 Ich will's wagen, wie Helmholz mit der Gans; ersäuft sie, so ersäuft sie. Wägen. 1 Er ist gewogen und zu leicht befunden. – Dan. 5, 27. Holl.: Hij is gewogen, maar te ligt bevonden. (Harrebomée, II, 29.) 2 Erst wäg's, dann sag's. – Sailer, 129; Gaal, 1655; Simrock, 11108. 3 Erst wäg's, dann wag's. – Pistor., III, 92; Eiselein, 642; Günther, 13; Venedey, 53; Nopitsch, 79; Dove, 855 u. 1024; Schweiz, I, 192, 112; für Waldeck: Curtze, 331, 204; Marahrens, 97. Nur wäg's nicht zu lange, denn ehe die Beschränktheit mit sich selbst einig wird, hat sie gewöhnlich der Verstand schon überrennt. Bei H. von Schweinichen (I, 147) findet sich das Wort: „Bewiegs, ehe du wägst.“ „Ehe die Sach gewaget, soll sie vorher gewogen werden.“ (Willius, 172.) Der Spruch ist alt; er gehört zu den Denksprüchen der sieben Weisen Griechenlands und wird dem Periander zugeschrieben: Meditatio totum est. Chilo hatte den Spruch: Nosce te ipsum (erkenne dich selbst). Pittakus: Tempus noris (beobachte die gelegene Zeit). Kleobus: Sit modus in rebus (Mittelstrass', das goldene Mass). Thales: Sponde sed praesto est laesia (kein Bürge sei geborgen). Bias: Plures sunt mali (die Bösen sind die Mehrzahl). Solon: Respice finem vitae etiam longae (am Ende erst erkennt man das Ganze). (Kornmann, VIII, 208.) It.: Chi non pésa, non ben porta. (Gaal, 68.) Lat.: Deliberandum est diu, quod statuendum est semel. Qui prudenter agit, factum deliberat ante consilium, factis rebus, inane datur. (Gaal, 1655; Binder II, 2159; Seybold, 547.) Schwed.: Wäg, för än du wåger. (Grubb, 870.) 4 Man wäge dich über sich oder unter sich, so wiegst du einen Schalk. 5 Nicht wiegs, wags. – Petri, II, 499. 6 Nit wäg's, wag's, so lag's. (Schweiz.) – Körte, 6394; Körte2, 8031.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [869]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/875>, abgerufen am 22.12.2024.