Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]

21 Wenn die Unterthanen schlafen, müssen die Regenten wachen. - Simplic., I, 191.

22 Wenn die Unterthanen verderben, kann der Herr nichts von ihnen erben. - Pistor., IX, 99; Simrock, 10763.

23 Wenn die Vnderthanen gehorsamb sein, hatt die Obrigkeit gut zu regieren. - Lehmann, 249, 12.

24 Wenn die Vnterthanen bellen, soll die Obrigkeit die Ohren spitzen; es ist nicht vergebens. - Lehmann, 578, 128; Eiselein, 613; Simrock, 1076; Braun, I, 4697; Pfälzer Zeitung, 1869, Nr. 196.

Die Unterthanen haben kein Recht zu bellen, sondern die Pflicht, zufrieden zu sein.

25 Wenn die Vnterthanen reich seind, können die Herren nicht verarmen. - Lehmann, 843, 22.

26 Wenn die Vnterthanen schwürig vnd schwulstig werden, muss die Obrigkeit jhnen das schädlich Geblüt im Geltsack purgirn. - Lehmann, 732, 65.

"Das kräftigt das Hirn vnd Verstandt."

27 Wer seine vnterthanen zur Armuth treibt, der hawet jhme selbsten händt vnnd füss ab. - Lehmann, 844, 27.


Unterthanenverstand.

* Er hat (es ist) nur beschränkten(r) Unterthanenverstand.

Diese sprichwörtliche Redensart, welche meist nur ironisch gegenüber einer ihre Regierungseinsicht überschätzenden Amtsweisheit zur Anwendung kommt, verdankt ihren Ursprung einem Schreiben des preussischen Ministers von Rochow an Jakob van Riesen in Elbing, der in einem Briefe an denselben seine und seiner Mitbürger Theilnahme für die sieben, wegen ihrer Verfassungstreue entlassenen göttinger Professoren ausgesprochen hatte. (Vgl. Polit. Todtenschau, Kiel 1859, S. 60.) Es ist jedoch zu bemerken, dass das Wort in der Form, wie es jetzt sprichwörtlich besteht, von dem genannten Minister nicht ausgesprochen, sondern erst vom Volke in diese Form gebracht worden ist. Die Sache verhält sich so: Als im Jahre 1837 der König von Hannover die Verfassung aufhob, erhielten die sieben Professoren aus ganz Deutschland Zustimmungserklärungen. Da einer derselben, Prof. Albrecht, gebürtig aus Elbing war, so ward eine solche Adresse auch von Einwohnern Elbings an ihren Landsmann, den Prof. Albrecht, gerichtet, die von Prince Smith verfasst war. Jakob van Riesen sandte dem Minister von Rochow eine Abschrift davon und erhielt eine Antwort, deren Original sich in der elbinger Stadtbibliothek befindet und die bei Büchmann (8. Aufl., 271 fg.) vollständig abgedruckt ist. In derselben heisst es: "Es ziemt dem Unterthanen, seinem König und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten; aber es ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhaupts an den Massstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Uebermuthe ein öffentliches Urtheil über die Rechtmässigkeit derselben anzumassen." Aus diesem letztern Satze hat der Volkswitz, der die Kürze liebt, die sprichwörtliche Redensart gebildet.


Unterthänig.

Niemand ist willig vnterthänig. - Lehmann, II, 433, 60.


Unterthür.

Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück.

Die Thür bestand bei unsern Altvordern, wie es die im Namen vorherrschenden Pluralformen erweisen (gothisch daaurons, mittelhochdeutsch turi, lateinisch fores), aus einer Zerlegung des Brotes in zwei wagerechte Hälften, aus einer Ober- und einer Unterthür, sodass man die obere Hälfte ladenartig nach innen zurückschlagen und auf die geschlossene Unterthür als auf eine Fensterbrüstung sich hinauslehnen konnte. Auch die Unterthür bestand aus einem ähnlichen sich nach innen öffnenden Flügel, welcher, offenstehend als Einschlupf, für Geflügel und kleine Kinder diente. Daher die Phrase der Demüthigung: Er muss nur unten durch, oder der noch in Hessen und der Wetterau durch die Rechtssetzung erzeugte Aberglaube: Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück. (Vgl. Wolf's Beiträge, 1, 217; Rochholz, Altdeutsches Bürgerleben, S. 139.)


Unterwegs.

1 Was man unterwegs bekommen kann, soll man nicht mit sich führen.

Wird häufig angewandt, wenn eine Frau ihren Mann auf einer Reise begleiten will.

2 Wer underwegs öss, mot fort, segt jener, als er vom Kirchthurm fiel. - Frischbier2, 3879.

[Spaltenumbruch] 3 Wer unterwegs ist, muss fort. - Simrock, 10765; Masson, 10.

*4 Etwas unterwegs lassen. - Braun, I, 4939.


Unterwind.

* Er hät der Underwind dur's Hoor g'jagt. - Sutermeister, 77.

Aufgeregt, zornig.


Unterwinden.

Wer sich vil vnderwindt, der muss vil thun. - Franck, II, 185a; Gruter, I, 83; Egenolff, 266b; Petri, II, 764.

Lat.: Festinans nimium vir non ascendat asellum. (Sutor, 411.)


Unterwinnen.

Wenig vnterwinnen macht langen frid. - Henisch, 1241, 25; Petri, II, 128.


Unterzeichnen.

* Er unterzeichnet auf dem Sattelknopf.


Unthat.

1 In vnthaten muss man den willen straffen, nicht das missrathen. - Lehmann, 898, 38.

2 Unthaten gehören nicht zum Adel. - Graf, 342, 365.

Schon die ältesten Rechtsbücher kennen ausser den Strafen an Leib und Leben Strafen an der Ehre oder am Landrecht, und dieselben kommen bald selbständig, bald als Nebenfolge einer erlittenen andern entehrenden Strafe vor; selbständig auch insofern als jede die Mannesehre kränkende That von selbst die persönliche Ehre des Thäters mindert, sodass er ohne richterliches Urtheil die bisher in der Oeffentlichkeit genossene Achtung einbüsst, weil schlechte Thaten entadeln, nicht zum Adel gehören. Auf Rügen: Undath missedeln vndt gehoren nicht thom Adell. (Normann, 102, 89.)

3 Zu doppelter Unthat gehört nicht einfache Busse und Wette. - Graf, 320, 229.

Busse bezeichnet hier das Geld, welches an die Stelle der Blutrache trat und welches gegeben oder genommen ward, um sich das Recht oder den Frieden wieder zu kaufen. (Vgl. Graf, 324.) Die Busse richtet sich nun nach der Schwere des begangenen Unrechts. Wie oft jemand andere beschädigt, so oft muss er Busse an den Beschädigten gewähren und Strafgebühren an den Richter zahlen. In Hamburg: Ener dubbelden vndaet horet nicht ene entfoldige bote unde wette. (Lappenberg, 204, 1.)


Unthätchen.

* Da is kaan Unthätche dran. - Tendlau, 55.

Kein Makel, nichts Untüchtiges, Krankhaftes, Schadhaftes.


Untiefe.

Untiefen sind so schlimm wie Klippen.

Die Russen: Man muss nicht blos die Klippen vermeiden, sondern auch die Untiefen. (Altmann V, 83.)


Untreu.

1 Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, sagt Schwindel et Companei.

2 Wer untreu seinem Herrn, dem zahlt man mit falscher Münze gern.

Karl IV. liess in der That einmal drei Spione mit falschem Gelde ablohnen.

3 Wer untrew ist, hawet sich endlich selber in die Backen. - Oec. rur., I, 8.

4 Wer vntrew ist, dem glaubet vnd vertrauet niemand. - Henisch, 1638; Petri, II, 755; Agricola I, 300; Schottel, 1134a; Lehmann, II, 852, 356.

5 Wer vntrew ist vnd glauben bricht, dem soll niemand glauben halten nicht. - Lehmann, 323, 41.


Untreue (die).

1 Der vntrew ist haussen so vill, das ich mich binnen halten will. - Weinsberg, 95.

Neben dem Spruche ist eine Schnecke gezeichnet.

2 Fraw Vntrew ist Künigin zu Hofe. - Agricola II, 68; Sailer, 99; Simrock, 10774.

Vgl. Johann von Morszheim, Spiegel des Regiments in der Fürstenhof, da Fraw Untrewe gewaltig ist, erste Ausgabe 1515.

3 Mit vntrew vnd mit falscher list die Welt auffs höhest kommen ist. - Henisch, 994, 5.

4 Seit vntrew ward geborn, hat der Glaub das veldt verlorn. - Waldis, I, 94, 49; Petri, II, 518; Henisch, 1637, 32.

5 Untreu bringt Reu. - Petri, II, 564; Wendvnmut, VII, 151.

[Spaltenumbruch]

21 Wenn die Unterthanen schlafen, müssen die Regenten wachen.Simplic., I, 191.

22 Wenn die Unterthanen verderben, kann der Herr nichts von ihnen erben.Pistor., IX, 99; Simrock, 10763.

23 Wenn die Vnderthanen gehorsamb sein, hatt die Obrigkeit gut zu regieren.Lehmann, 249, 12.

24 Wenn die Vnterthanen bellen, soll die Obrigkeit die Ohren spitzen; es ist nicht vergebens.Lehmann, 578, 128; Eiselein, 613; Simrock, 1076; Braun, I, 4697; Pfälzer Zeitung, 1869, Nr. 196.

Die Unterthanen haben kein Recht zu bellen, sondern die Pflicht, zufrieden zu sein.

25 Wenn die Vnterthanen reich seind, können die Herren nicht verarmen.Lehmann, 843, 22.

26 Wenn die Vnterthanen schwürig vnd schwulstig werden, muss die Obrigkeit jhnen das schädlich Geblüt im Geltsack purgirn.Lehmann, 732, 65.

„Das kräftigt das Hirn vnd Verstandt.“

27 Wer seine vnterthanen zur Armuth treibt, der hawet jhme selbsten händt vnnd füss ab.Lehmann, 844, 27.


Unterthanenverstand.

* Er hat (es ist) nur beschränkten(r) Unterthanenverstand.

Diese sprichwörtliche Redensart, welche meist nur ironisch gegenüber einer ihre Regierungseinsicht überschätzenden Amtsweisheit zur Anwendung kommt, verdankt ihren Ursprung einem Schreiben des preussischen Ministers von Rochow an Jakob van Riesen in Elbing, der in einem Briefe an denselben seine und seiner Mitbürger Theilnahme für die sieben, wegen ihrer Verfassungstreue entlassenen göttinger Professoren ausgesprochen hatte. (Vgl. Polit. Todtenschau, Kiel 1859, S. 60.) Es ist jedoch zu bemerken, dass das Wort in der Form, wie es jetzt sprichwörtlich besteht, von dem genannten Minister nicht ausgesprochen, sondern erst vom Volke in diese Form gebracht worden ist. Die Sache verhält sich so: Als im Jahre 1837 der König von Hannover die Verfassung aufhob, erhielten die sieben Professoren aus ganz Deutschland Zustimmungserklärungen. Da einer derselben, Prof. Albrecht, gebürtig aus Elbing war, so ward eine solche Adresse auch von Einwohnern Elbings an ihren Landsmann, den Prof. Albrecht, gerichtet, die von Prince Smith verfasst war. Jakob van Riesen sandte dem Minister von Rochow eine Abschrift davon und erhielt eine Antwort, deren Original sich in der elbinger Stadtbibliothek befindet und die bei Büchmann (8. Aufl., 271 fg.) vollständig abgedruckt ist. In derselben heisst es: „Es ziemt dem Unterthanen, seinem König und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten; aber es ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhaupts an den Massstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Uebermuthe ein öffentliches Urtheil über die Rechtmässigkeit derselben anzumassen.“ Aus diesem letztern Satze hat der Volkswitz, der die Kürze liebt, die sprichwörtliche Redensart gebildet.


Unterthänig.

Niemand ist willig vnterthänig.Lehmann, II, 433, 60.


Unterthür.

Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück.

Die Thür bestand bei unsern Altvordern, wie es die im Namen vorherrschenden Pluralformen erweisen (gothisch daûrôns, mittelhochdeutsch turi, lateinisch fores), aus einer Zerlegung des Brotes in zwei wagerechte Hälften, aus einer Ober- und einer Unterthür, sodass man die obere Hälfte ladenartig nach innen zurückschlagen und auf die geschlossene Unterthür als auf eine Fensterbrüstung sich hinauslehnen konnte. Auch die Unterthür bestand aus einem ähnlichen sich nach innen öffnenden Flügel, welcher, offenstehend als Einschlupf, für Geflügel und kleine Kinder diente. Daher die Phrase der Demüthigung: Er muss nur unten durch, oder der noch in Hessen und der Wetterau durch die Rechtssetzung erzeugte Aberglaube: Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück. (Vgl. Wolf's Beiträge, 1, 217; Rochholz, Altdeutsches Bürgerleben, S. 139.)


Unterwegs.

1 Was man unterwegs bekommen kann, soll man nicht mit sich führen.

Wird häufig angewandt, wenn eine Frau ihren Mann auf einer Reise begleiten will.

2 Wer underwegs öss, mot fôrt, segt jener, als er vom Kirchthurm fiel.Frischbier2, 3879.

[Spaltenumbruch] 3 Wer unterwegs ist, muss fort.Simrock, 10765; Masson, 10.

*4 Etwas unterwegs lassen.Braun, I, 4939.


Unterwind.

* Er hät der Underwind dur's Hoor g'jagt.Sutermeister, 77.

Aufgeregt, zornig.


Unterwinden.

Wer sich vil vnderwindt, der muss vil thun.Franck, II, 185a; Gruter, I, 83; Egenolff, 266b; Petri, II, 764.

Lat.: Festinans nimium vir non ascendat asellum. (Sutor, 411.)


Unterwinnen.

Wenig vnterwinnen macht langen frid.Henisch, 1241, 25; Petri, II, 128.


Unterzeichnen.

* Er unterzeichnet auf dem Sattelknopf.


Unthat.

1 In vnthaten muss man den willen straffen, nicht das missrathen.Lehmann, 898, 38.

2 Unthaten gehören nicht zum Adel.Graf, 342, 365.

Schon die ältesten Rechtsbücher kennen ausser den Strafen an Leib und Leben Strafen an der Ehre oder am Landrecht, und dieselben kommen bald selbständig, bald als Nebenfolge einer erlittenen andern entehrenden Strafe vor; selbständig auch insofern als jede die Mannesehre kränkende That von selbst die persönliche Ehre des Thäters mindert, sodass er ohne richterliches Urtheil die bisher in der Oeffentlichkeit genossene Achtung einbüsst, weil schlechte Thaten entadeln, nicht zum Adel gehören. Auf Rügen: Undath missedeln vndt gehoren nicht thom Adell. (Normann, 102, 89.)

3 Zu doppelter Unthat gehört nicht einfache Busse und Wette.Graf, 320, 229.

Busse bezeichnet hier das Geld, welches an die Stelle der Blutrache trat und welches gegeben oder genommen ward, um sich das Recht oder den Frieden wieder zu kaufen. (Vgl. Graf, 324.) Die Busse richtet sich nun nach der Schwere des begangenen Unrechts. Wie oft jemand andere beschädigt, so oft muss er Busse an den Beschädigten gewähren und Strafgebühren an den Richter zahlen. In Hamburg: Ener dubbelden vndaet horet nicht ene entfoldige bote unde wette. (Lappenberg, 204, 1.)


Unthätchen.

* Da is kaan Unthätche dran.Tendlau, 55.

Kein Makel, nichts Untüchtiges, Krankhaftes, Schadhaftes.


Untiefe.

Untiefen sind so schlimm wie Klippen.

Die Russen: Man muss nicht blos die Klippen vermeiden, sondern auch die Untiefen. (Altmann V, 83.)


Untreu.

1 Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, sagt Schwindel et Companei.

2 Wer untreu seinem Herrn, dem zahlt man mit falscher Münze gern.

Karl IV. liess in der That einmal drei Spione mit falschem Gelde ablohnen.

3 Wer untrew ist, hawet sich endlich selber in die Backen.Oec. rur., I, 8.

4 Wer vntrew ist, dem glaubet vnd vertrauet niemand.Henisch, 1638; Petri, II, 755; Agricola I, 300; Schottel, 1134a; Lehmann, II, 852, 356.

5 Wer vntrew ist vnd glauben bricht, dem soll niemand glauben halten nicht.Lehmann, 323, 41.


Untreue (die).

1 Der vntrew ist haussen so vill, das ich mich binnen halten will.Weinsberg, 95.

Neben dem Spruche ist eine Schnecke gezeichnet.

2 Fraw Vntrew ist Künigin zu Hofe.Agricola II, 68; Sailer, 99; Simrock, 10774.

Vgl. Johann von Morszheim, Spiegel des Regiments in der Fürstenhof, da Fraw Untrewe gewaltig ist, erste Ausgabe 1515.

3 Mit vntrew vnd mit falscher list die Welt auffs höhest kommen ist.Henisch, 994, 5.

4 Seit vntrew ward geborn, hat der Glaub das veldt verlorn.Waldis, I, 94, 49; Petri, II, 518; Henisch, 1637, 32.

5 Untreu bringt Reu.Petri, II, 564; Wendvnmut, VII, 151.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <pb facs="#f0748" n="[742]"/>
          <cb n="1483"/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Wenn die Unterthanen schlafen, müssen die Regenten wachen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simplic., I, 191.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Wenn die Unterthanen verderben, kann der Herr nichts von ihnen erben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Pistor., IX, 99; Simrock, 10763.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Wenn die Vnderthanen gehorsamb sein, hatt die Obrigkeit gut zu regieren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 249, 12.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">24 Wenn die Vnterthanen bellen, soll die Obrigkeit die Ohren spitzen; es ist nicht vergebens.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 578, 128; Eiselein, 613; Simrock, 1076; Braun, I, 4697; Pfälzer Zeitung, 1869, Nr. 196.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Unterthanen haben kein Recht zu bellen, sondern die Pflicht, zufrieden zu sein.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Wenn die Vnterthanen reich seind, können die Herren nicht verarmen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 843, 22.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Wenn die Vnterthanen schwürig vnd schwulstig werden, muss die Obrigkeit jhnen das schädlich Geblüt im Geltsack purgirn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 732, 65.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Das kräftigt das Hirn vnd Verstandt.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">27 Wer seine vnterthanen zur Armuth treibt, der hawet jhme selbsten händt vnnd füss ab.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 844, 27.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterthanenverstand.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Er hat (es ist) nur beschränkten(r) Unterthanenverstand.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Diese sprichwörtliche Redensart, welche meist nur ironisch gegenüber einer ihre Regierungseinsicht überschätzenden Amtsweisheit zur Anwendung kommt, verdankt ihren Ursprung einem Schreiben des preussischen Ministers von Rochow an Jakob van Riesen in Elbing, der in einem Briefe an denselben seine und seiner Mitbürger Theilnahme für die sieben, wegen ihrer Verfassungstreue entlassenen göttinger Professoren ausgesprochen hatte. (Vgl. <hi rendition="#i">Polit. Todtenschau, Kiel 1859, S. 60.</hi>) Es ist jedoch zu bemerken, dass das Wort in der Form, wie es jetzt sprichwörtlich besteht, von dem genannten Minister nicht ausgesprochen, sondern erst vom Volke in diese Form gebracht worden ist. Die Sache verhält sich so: Als im Jahre 1837 der König von Hannover die Verfassung aufhob, erhielten die sieben Professoren aus ganz Deutschland Zustimmungserklärungen. Da einer derselben, Prof. Albrecht, gebürtig aus Elbing war, so ward eine solche Adresse auch von Einwohnern Elbings an ihren Landsmann, den Prof. Albrecht, gerichtet, die von Prince Smith verfasst war. Jakob van Riesen sandte dem Minister von Rochow eine Abschrift davon und erhielt eine Antwort, deren Original sich in der elbinger Stadtbibliothek befindet und die bei <hi rendition="#i">Büchmann</hi> (8. Aufl., 271 fg.) vollständig abgedruckt ist. In derselben heisst es: &#x201E;Es ziemt dem Unterthanen, seinem König und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten; aber es ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhaupts an den Massstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Uebermuthe ein öffentliches Urtheil über die Rechtmässigkeit derselben anzumassen.&#x201C; Aus diesem letztern Satze hat der Volkswitz, der die Kürze liebt, die sprichwörtliche Redensart gebildet.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterthänig.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Niemand ist willig vnterthänig.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 433, 60.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterthür.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Thür bestand bei unsern Altvordern, wie es die im Namen vorherrschenden Pluralformen erweisen (gothisch daûrôns, mittelhochdeutsch turi, lateinisch fores), aus einer Zerlegung des Brotes in zwei wagerechte Hälften, aus einer Ober- und einer Unterthür, sodass man die obere Hälfte ladenartig nach innen zurückschlagen und auf die geschlossene Unterthür als auf eine Fensterbrüstung sich hinauslehnen konnte. Auch die Unterthür bestand aus einem ähnlichen sich nach innen öffnenden Flügel, welcher, offenstehend als Einschlupf, für Geflügel und kleine Kinder diente. Daher die Phrase der Demüthigung: Er muss nur unten durch, oder der noch in Hessen und der Wetterau durch die Rechtssetzung erzeugte Aberglaube: Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück. (Vgl. <hi rendition="#i">Wolf's Beiträge, 1, 217; Rochholz, Altdeutsches Bürgerleben, S. 139.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterwegs.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Was man unterwegs bekommen kann, soll man nicht mit sich führen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wird häufig angewandt, wenn eine Frau ihren Mann auf einer Reise begleiten will.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Wer underwegs öss, mot fôrt, segt jener, als er vom Kirchthurm fiel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3879.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1484"/>
3 Wer unterwegs ist, muss fort.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10765; Masson, 10.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*4 Etwas unterwegs lassen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Braun, I, 4939.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterwind.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er hät der Underwind dur's Hoor g'jagt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 77.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Aufgeregt, zornig.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterwinden.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wer sich vil vnderwindt, der muss vil thun.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 185<hi rendition="#sup">a;</hi> Gruter, I, 83; Egenolff, 266<hi rendition="#sup">b;</hi> Petri, II, 764.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Festinans nimium vir non ascendat asellum. (<hi rendition="#i">Sutor, 411.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterwinnen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wenig vnterwinnen macht langen frid.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1241, 25; Petri, II, 128.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unterzeichnen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Er unterzeichnet auf dem Sattelknopf.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unthat.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 In vnthaten muss man den willen straffen, nicht das missrathen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 898, 38.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Unthaten gehören nicht zum Adel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 342, 365.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Schon die ältesten Rechtsbücher kennen ausser den Strafen an Leib und Leben Strafen an der Ehre oder am Landrecht, und dieselben kommen bald selbständig, bald als Nebenfolge einer erlittenen andern entehrenden Strafe vor; selbständig auch insofern als jede die Mannesehre kränkende That von selbst die persönliche Ehre des Thäters mindert, sodass er ohne richterliches Urtheil die bisher in der Oeffentlichkeit genossene Achtung einbüsst, weil schlechte Thaten entadeln, nicht zum Adel gehören. Auf Rügen: Undath missedeln vndt gehoren nicht thom Adell. (<hi rendition="#i">Normann, 102, 89.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Zu doppelter Unthat gehört nicht einfache Busse und Wette.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 320, 229.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Busse bezeichnet hier das Geld, welches an die Stelle der Blutrache trat und welches gegeben oder genommen ward, um sich das Recht oder den Frieden wieder zu kaufen. (Vgl. <hi rendition="#i">Graf, 324.</hi>) Die Busse richtet sich nun nach der Schwere des begangenen Unrechts. Wie oft jemand andere beschädigt, so oft muss er Busse an den Beschädigten gewähren und Strafgebühren an den Richter zahlen. In Hamburg: Ener dubbelden vndaet horet nicht ene entfoldige bote unde wette. (<hi rendition="#i">Lappenberg, 204, 1.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unthätchen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Da is kaan Unthätche dran.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 55.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Kein Makel, nichts Untüchtiges, Krankhaftes, Schadhaftes.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Untiefe.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Untiefen sind so schlimm wie Klippen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Man muss nicht blos die Klippen vermeiden, sondern auch die Untiefen. (<hi rendition="#i">Altmann V, 83.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Untreu.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, sagt Schwindel et Companei.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Wer untreu seinem Herrn, dem zahlt man mit falscher Münze gern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Karl IV. liess in der That einmal drei Spione mit falschem Gelde ablohnen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Wer untrew ist, hawet sich endlich selber in die Backen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Oec. rur., I, 8.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Wer vntrew ist, dem glaubet vnd vertrauet niemand.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1638; Petri, II, 755; Agricola I, 300; Schottel, 1134<hi rendition="#sup">a;</hi> Lehmann, II, 852, 356.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Wer vntrew ist vnd glauben bricht, dem soll niemand glauben halten nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 323, 41.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Untreue</hi> (die).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der vntrew ist haussen so vill, das ich mich binnen halten will.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Weinsberg, 95.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Neben dem Spruche ist eine Schnecke gezeichnet.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Fraw Vntrew ist Künigin zu Hofe.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Agricola II, 68; Sailer, 99; Simrock, 10774.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Vgl. <hi rendition="#i">Johann von Morszheim, Spiegel des Regiments in der Fürstenhof, da Fraw Untrewe gewaltig ist, erste Ausgabe 1515.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Mit vntrew vnd mit falscher list die Welt auffs höhest kommen ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 994, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Seit vntrew ward geborn, hat der Glaub das veldt verlorn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Waldis, I, 94, 49; Petri, II, 518; Henisch, 1637, 32.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Untreu bringt Reu.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 564; Wendvnmut, VII, 151.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[742]/0748] 21 Wenn die Unterthanen schlafen, müssen die Regenten wachen. – Simplic., I, 191. 22 Wenn die Unterthanen verderben, kann der Herr nichts von ihnen erben. – Pistor., IX, 99; Simrock, 10763. 23 Wenn die Vnderthanen gehorsamb sein, hatt die Obrigkeit gut zu regieren. – Lehmann, 249, 12. 24 Wenn die Vnterthanen bellen, soll die Obrigkeit die Ohren spitzen; es ist nicht vergebens. – Lehmann, 578, 128; Eiselein, 613; Simrock, 1076; Braun, I, 4697; Pfälzer Zeitung, 1869, Nr. 196. Die Unterthanen haben kein Recht zu bellen, sondern die Pflicht, zufrieden zu sein. 25 Wenn die Vnterthanen reich seind, können die Herren nicht verarmen. – Lehmann, 843, 22. 26 Wenn die Vnterthanen schwürig vnd schwulstig werden, muss die Obrigkeit jhnen das schädlich Geblüt im Geltsack purgirn. – Lehmann, 732, 65. „Das kräftigt das Hirn vnd Verstandt.“ 27 Wer seine vnterthanen zur Armuth treibt, der hawet jhme selbsten händt vnnd füss ab. – Lehmann, 844, 27. Unterthanenverstand. * Er hat (es ist) nur beschränkten(r) Unterthanenverstand. Diese sprichwörtliche Redensart, welche meist nur ironisch gegenüber einer ihre Regierungseinsicht überschätzenden Amtsweisheit zur Anwendung kommt, verdankt ihren Ursprung einem Schreiben des preussischen Ministers von Rochow an Jakob van Riesen in Elbing, der in einem Briefe an denselben seine und seiner Mitbürger Theilnahme für die sieben, wegen ihrer Verfassungstreue entlassenen göttinger Professoren ausgesprochen hatte. (Vgl. Polit. Todtenschau, Kiel 1859, S. 60.) Es ist jedoch zu bemerken, dass das Wort in der Form, wie es jetzt sprichwörtlich besteht, von dem genannten Minister nicht ausgesprochen, sondern erst vom Volke in diese Form gebracht worden ist. Die Sache verhält sich so: Als im Jahre 1837 der König von Hannover die Verfassung aufhob, erhielten die sieben Professoren aus ganz Deutschland Zustimmungserklärungen. Da einer derselben, Prof. Albrecht, gebürtig aus Elbing war, so ward eine solche Adresse auch von Einwohnern Elbings an ihren Landsmann, den Prof. Albrecht, gerichtet, die von Prince Smith verfasst war. Jakob van Riesen sandte dem Minister von Rochow eine Abschrift davon und erhielt eine Antwort, deren Original sich in der elbinger Stadtbibliothek befindet und die bei Büchmann (8. Aufl., 271 fg.) vollständig abgedruckt ist. In derselben heisst es: „Es ziemt dem Unterthanen, seinem König und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten; aber es ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhaupts an den Massstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Uebermuthe ein öffentliches Urtheil über die Rechtmässigkeit derselben anzumassen.“ Aus diesem letztern Satze hat der Volkswitz, der die Kürze liebt, die sprichwörtliche Redensart gebildet. Unterthänig. Niemand ist willig vnterthänig. – Lehmann, II, 433, 60. Unterthür. Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück. Die Thür bestand bei unsern Altvordern, wie es die im Namen vorherrschenden Pluralformen erweisen (gothisch daûrôns, mittelhochdeutsch turi, lateinisch fores), aus einer Zerlegung des Brotes in zwei wagerechte Hälften, aus einer Ober- und einer Unterthür, sodass man die obere Hälfte ladenartig nach innen zurückschlagen und auf die geschlossene Unterthür als auf eine Fensterbrüstung sich hinauslehnen konnte. Auch die Unterthür bestand aus einem ähnlichen sich nach innen öffnenden Flügel, welcher, offenstehend als Einschlupf, für Geflügel und kleine Kinder diente. Daher die Phrase der Demüthigung: Er muss nur unten durch, oder der noch in Hessen und der Wetterau durch die Rechtssetzung erzeugte Aberglaube: Wenn man durch eine Unterthür bricht, hat man Unglück. (Vgl. Wolf's Beiträge, 1, 217; Rochholz, Altdeutsches Bürgerleben, S. 139.) Unterwegs. 1 Was man unterwegs bekommen kann, soll man nicht mit sich führen. Wird häufig angewandt, wenn eine Frau ihren Mann auf einer Reise begleiten will. 2 Wer underwegs öss, mot fôrt, segt jener, als er vom Kirchthurm fiel. – Frischbier2, 3879. 3 Wer unterwegs ist, muss fort. – Simrock, 10765; Masson, 10. *4 Etwas unterwegs lassen. – Braun, I, 4939. Unterwind. * Er hät der Underwind dur's Hoor g'jagt. – Sutermeister, 77. Aufgeregt, zornig. Unterwinden. Wer sich vil vnderwindt, der muss vil thun. – Franck, II, 185a; Gruter, I, 83; Egenolff, 266b; Petri, II, 764. Lat.: Festinans nimium vir non ascendat asellum. (Sutor, 411.) Unterwinnen. Wenig vnterwinnen macht langen frid. – Henisch, 1241, 25; Petri, II, 128. Unterzeichnen. * Er unterzeichnet auf dem Sattelknopf. Unthat. 1 In vnthaten muss man den willen straffen, nicht das missrathen. – Lehmann, 898, 38. 2 Unthaten gehören nicht zum Adel. – Graf, 342, 365. Schon die ältesten Rechtsbücher kennen ausser den Strafen an Leib und Leben Strafen an der Ehre oder am Landrecht, und dieselben kommen bald selbständig, bald als Nebenfolge einer erlittenen andern entehrenden Strafe vor; selbständig auch insofern als jede die Mannesehre kränkende That von selbst die persönliche Ehre des Thäters mindert, sodass er ohne richterliches Urtheil die bisher in der Oeffentlichkeit genossene Achtung einbüsst, weil schlechte Thaten entadeln, nicht zum Adel gehören. Auf Rügen: Undath missedeln vndt gehoren nicht thom Adell. (Normann, 102, 89.) 3 Zu doppelter Unthat gehört nicht einfache Busse und Wette. – Graf, 320, 229. Busse bezeichnet hier das Geld, welches an die Stelle der Blutrache trat und welches gegeben oder genommen ward, um sich das Recht oder den Frieden wieder zu kaufen. (Vgl. Graf, 324.) Die Busse richtet sich nun nach der Schwere des begangenen Unrechts. Wie oft jemand andere beschädigt, so oft muss er Busse an den Beschädigten gewähren und Strafgebühren an den Richter zahlen. In Hamburg: Ener dubbelden vndaet horet nicht ene entfoldige bote unde wette. (Lappenberg, 204, 1.) Unthätchen. * Da is kaan Unthätche dran. – Tendlau, 55. Kein Makel, nichts Untüchtiges, Krankhaftes, Schadhaftes. Untiefe. Untiefen sind so schlimm wie Klippen. Die Russen: Man muss nicht blos die Klippen vermeiden, sondern auch die Untiefen. (Altmann V, 83.) Untreu. 1 Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, sagt Schwindel et Companei. 2 Wer untreu seinem Herrn, dem zahlt man mit falscher Münze gern. Karl IV. liess in der That einmal drei Spione mit falschem Gelde ablohnen. 3 Wer untrew ist, hawet sich endlich selber in die Backen. – Oec. rur., I, 8. 4 Wer vntrew ist, dem glaubet vnd vertrauet niemand. – Henisch, 1638; Petri, II, 755; Agricola I, 300; Schottel, 1134a; Lehmann, II, 852, 356. 5 Wer vntrew ist vnd glauben bricht, dem soll niemand glauben halten nicht. – Lehmann, 323, 41. Untreue (die). 1 Der vntrew ist haussen so vill, das ich mich binnen halten will. – Weinsberg, 95. Neben dem Spruche ist eine Schnecke gezeichnet. 2 Fraw Vntrew ist Künigin zu Hofe. – Agricola II, 68; Sailer, 99; Simrock, 10774. Vgl. Johann von Morszheim, Spiegel des Regiments in der Fürstenhof, da Fraw Untrewe gewaltig ist, erste Ausgabe 1515. 3 Mit vntrew vnd mit falscher list die Welt auffs höhest kommen ist. – Henisch, 994, 5. 4 Seit vntrew ward geborn, hat der Glaub das veldt verlorn. – Waldis, I, 94, 49; Petri, II, 518; Henisch, 1637, 32. 5 Untreu bringt Reu. – Petri, II, 564; Wendvnmut, VII, 151.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/748
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [742]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/748>, abgerufen am 21.11.2024.