Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] *73 Er hat Stroh in den Schuhen. - Vilmar, Proben eines hess. Wb., S. 92. Eine Redensart, um zu sagen, dass es einer hinter den Ohren habe, das seine verborgene Schalksnatur sich da und dort bei guter Gelegenheit zeige; dann auch geradezu für Muthwillige und Spötter. Die Redensart ist alt und kommt schon bei Franck vor. *74 Er isch mit Strau usg'füllt. (Solothurn.) - Schild, 78, 239. Sehr dumm. *75 Er ist aufs Stroh gekommen. *76 Er ist nid mit Stran ausg'füllt cho. - Sutermeister, 80. Er ist nicht dumm, er hat's hinter den Ohren. Von solchen Leuten in entsprechender Weise anzuwenden, finden sich a. a. O. noch folgende Redensarten: Er hät's am Schnüerli. Er hät den Sack am Bängel. Er is nid ins Mehl g'chiet. Er ist nid vo Dummbach. Er lod's Gras nid unger de Fingere wachse. Er luegt em i d' Chraft (fasst ihn ins Auge). 'S ist kei Uthöthli an em. *77 Er liegt auf Stroh. Von einem Armen, der gestorben ist. Holl.: Hij ligt op stroo. (Harrebomee, II, 316a.) *78 Er wird sich nicht mit Stroh binden lassen, so lange er noch einen Strick (Tau) finden kann. Er wird sich nicht zwingen lassen, so lange es noch Vertheidigungsmittel gibt. Holl.: Ik wil mij aan geen stroo laten binden, zo lang er nog touw te bekommen is. (Harrebomee, II, 316a.) *79 Er würde mir nicht so viel Stroh geben zu einem Sterbelager. Holl.: Hij zoude mij geen stroo geven, om op te sterven. (Harrebomee, II, 316a.) *80 Es ist, als wenn man bei Stroh bäckt. *81 Es ist theuer Stroh. *82 Es wird schon Stroh gestreut. Der Kranke ist dem Tode nahe. Daher, weil bei Schwerkranken, um ihnen das Wagengerassel zu mildern, Stroh auf den benachbarten Strassentheil gestreut wird. In der Bohemia (1872, Nr. 120), da, wo von der Erzherzogin Sophie, der Mutter des Kaisers Franz Joseph, die Rede ist, heisst es: "Kopfschüttelnd meinen da die Leute aus dem Volke: O wann schon a mol a Stroh g'schtreut wird ..." "Die üble Meinung vom Strohstreuen ist den Leuten nicht aus dem Kopfe zu bringen." *83 Hä hiät noch nicks utem Stroh. (Iserlohn.) - Woeste, 89, 169. *84 Hei wat, Stroh un Watter satt, sü de Baur do sprok he Latin. - Kern, 287. Ein sogenannter lateinischer Bauer spricht in Kürze, indem er dem Stallknecht Vorschriften für die Viehfütterung gibt. *85 In allem Stroh wühlen. - Schlechta, 63. *86 Leeres (ledig) Stroh dreschen. (S. Aal 20, Eule 77, Krebs 39 und Schnee 76.) - Lehmann, 776, 1; Schottel, 1112a; Eiselein, 582; Masson, 328; Körte, 5772; Braun, I, 433; Lohrengel, II, 377; Fischer, Psalter, 599, 1. "Das leere stroh im tenne dreschen." (Waldis, II, 88, 36.) "Mein licht ist schier erloschen vnd waisz nit, woa ich gea, lärs stroh hab ich getroschen, das tut meinem hertzen wea." (Hätzlerin, I, 43.) "Leer strow tröschen." (Alsatia, 1862-67, 424.) Frz.: Battre et applanir l'aire. (Leroux, I, 37.) - Battre l'eau. (Starschedel, 38.) Lat.: Actam rem agere. (Plautus.) (Binder II, 45.) - Actum agere. (Terenz.) (Binder I, 11; II, 45; Philippi, I, 6; Seybold, 5.) - Ferrum natare doces. - Lapidi loqueris. (Sutor, 410.) - Operam ludere. (Plautus.) (Binder II, 2424.) *87 Mit Stroh Feuer löschen. *88 Mit Stroh gehen sie schwanger und Stoppeln gebären sie. Die Aberwitzigen. *89 Strauh noch Kornwesta tragen. - Michel, 278; Nefflen, 466. Stroh nach Kaltenwesten führen. In dem Sinne: Eulen nach Athen tragen. Kaltenwesten ist ein Dorf im Neckarkreise, dem eigentlichen Strohgau angehörend. Freigebig gegen Leute sein, die im Ueberfluss leben, etwas dahin geben, wo dasselbe schon im Ueberfluss vorhanden ist. - Binder (III, 3605) nennt einen Marktflecken Kornwestheim in demselben Kreise, der aber im Huhn'schen Lexikon, das sonst alle einzelnen Gehöfte nennt, nicht erwähnt ist. *90 Stroh im Kopfe haben. - Eiselein, 582. *91 Stroh in den Bansen (die Scheune) tragen. Dahin, wo es aufbewahrt zu werden und woher man es in der Regel zu holen pflegt. In dem Sinne, wie: Eulen nach Athen tragen, sagt ein talmudisches Sprichwort: Stroh nach Apharwaim bringen. Zur Bezeichnung [Spaltenumbruch] eines verkehrten Menschen haben die Juden die Redensart: "Bär Quetsch", der, um ein trockenes Brötchen zu holen, aus der Stadt nach einem stundenweit entfernten Dorfe ging, weil er glaubte, es dort sicherer zu finden. (Tendlau, 1016.) *92 Stroh vom Feuer. - Körte, 5771. *93 Stroh zum Feuer legen. - Körte, 5770; Braun, I, 4333. Ein Uebel schlimmer oder aus einem kleinern ein grösseres machen. Für die verschiedenen Schattirungen und Anwendungszwecke dieses Gedankens hat man eine Menge sprichwörtlicher Redensarten, als: Oel ins Feuer schütten. Das Geile laufend machen. Das Feuer mit Oel löschen. Bös mit Bösem arzeneien. Pestilenz mit Franzosen heilen. Ein Unglück aufs andere häufen. Koth mit Koth waschen. Den Rauch fliehen und in die Flammen fallen. Den Reif fliehen und in den Schnee fallen. Einem Bächlein fliehen und in den Rhein fallen. (Franck, I, 31a.) Mhd.: Vlicht die vrowen bei der zeit, wan ungewaerer staete let stro bei dem viure, da wazzer waere tiure. (Zingerle, 143.) Lat.: Titio ad ignem. (Erasm., 771; Tappius, 174b.) Schwed.: Bära ond malt till gillet. (Grubb, 62.) *94 Vergönne mir von deinem Stroh. So lautete die oberdeutsche Vertragsformel. (Rochholz, Altd. Bürgerleben, S. 99.) *95 Vom Stroh aufs Bett (die Federn) kommen. "Manch armer gsell solt werden fro, wenn er auffs bett kem von dem stro." (Waldis, IV, 15, 44.) *96 Vom Stroh zum Haber lauffen. - Schottel, 1116a. *97 Wat aut dem Stroh hebben. (Holst.) - Schütze, IV, 213. Im Wohlstande sein, vom Landmann entlehnt, der gut gedroschen hat. Strohbart. * Einem einen Strohbart flechten. - Eiselein, 587. Strohbüschel. * Da steht ein Strohbüschel (auch: Strohwisch). Warnungszeichen, einen verbotenen Weg zu betreten. Strohdach. 1 Besser eigenes Strohdach als kein Gemach (oder: als weder Dach noch Fach). Dän.: Bedre er Bonde af Lang-halm end ingen. Frz.: Un lien de roseau mieux que manquer de lien. 2 Unter einem schlechten Strohdach leidet das ganze Gebäude. - Parömiakon, 1502. Von Beamten, denen es an der erforderlichen Tüchtigkeit gebricht. 3 Wenn die Strohdächer nach einem Gewitter dampfen, so gibt es noch mehr Regen. (Luzern.) 4 Wer ein Strohdach hat, muss das Feuer fürchten. Engl.: Who hath skirts of skirts straw, needs fear the fire. (Bohn II, 20.) Strohfeuer. 1 Strohfeuer erlischt bald. Frz.: Cela se passe comme un feu de paille. (Leroux, I, 45.) It.: Fuoco di paglia ha poca vaglia. 2 Strohfeuer hört man weit knistern. *3 Es ist nur Strohfeuer. - Braun, I, 4334. Ein Eifer, der nicht von Dauer ist, sondern bald nachlässt. Holl.: Het is een vuurtje van stroo. (Harrebomee, II, 315b.) Strohhalm. 1 Auch ein Strohhalm kann drücken, wenn man ihn weit tragen muss. Frz.: En longue voye paille poise. Lat.: Longa in via pondus habet palea. (Bovill, III, 107.) 2 Beater en Strauhalm vör sik böeren (haben), as en Balken vör en annern. (Westf.) 3 Der kann über einen Strohhalm fallen, der schlecht geht. 4 Der Strohhalm bekräftigt. - Graf, 243, 117. Zu den Bekräftigungsgeräthen eines abgeschlossenen Vertrags gehörte ausser dem Handschlag (s. Gottespfennig, Kauf 40 und Mund 184) der Strohhalm (stipa). Daher mit Halm und Mund und der Ausdruck Stupfen oder Tupfen, mit dem Rest in der Redensart: Topp, schlag' ein. Holl.: He stroohalm bekrachtigd. (Mieris, I, 3.) 5 Einen Strohhalm aufheben ist leichter als einen Ast abbrechen. Dän.: Lettere er at bukke sig efter et straae, end at reyse at bryde en gren. (Prov. dan., 95.) 6 Es fliegt kein Strohhalm in die Höh', wird er nicht geblasen.
[Spaltenumbruch] *73 Er hat Stroh in den Schuhen. – Vilmar, Proben eines hess. Wb., S. 92. Eine Redensart, um zu sagen, dass es einer hinter den Ohren habe, das seine verborgene Schalksnatur sich da und dort bei guter Gelegenheit zeige; dann auch geradezu für Muthwillige und Spötter. Die Redensart ist alt und kommt schon bei Franck vor. *74 Er isch mit Strau usg'füllt. (Solothurn.) – Schild, 78, 239. Sehr dumm. *75 Er ist aufs Stroh gekommen. *76 Er ist nid mit Stran ûsg'füllt cho. – Sutermeister, 80. Er ist nicht dumm, er hat's hinter den Ohren. Von solchen Leuten in entsprechender Weise anzuwenden, finden sich a. a. O. noch folgende Redensarten: Er hät's am Schnüerli. Er hät den Sack am Bängel. Er is nid ins Mehl g'chiet. Er ist nid vo Dummbach. Er lod's Gras nid unger de Fingere wachse. Er luegt em i d' Chraft (fasst ihn ins Auge). 'S ist kei Uthöthli an em. *77 Er liegt auf Stroh. Von einem Armen, der gestorben ist. Holl.: Hij ligt op stroo. (Harrebomée, II, 316a.) *78 Er wird sich nicht mit Stroh binden lassen, so lange er noch einen Strick (Tau) finden kann. Er wird sich nicht zwingen lassen, so lange es noch Vertheidigungsmittel gibt. Holl.: Ik wil mij aan geen stroo laten binden, zo lang er nog touw te bekommen is. (Harrebomée, II, 316a.) *79 Er würde mir nicht so viel Stroh geben zu einem Sterbelager. Holl.: Hij zoude mij geen stroo geven, om op te sterven. (Harrebomée, II, 316a.) *80 Es ist, als wenn man bei Stroh bäckt. *81 Es ist theuer Stroh. *82 Es wird schon Stroh gestreut. Der Kranke ist dem Tode nahe. Daher, weil bei Schwerkranken, um ihnen das Wagengerassel zu mildern, Stroh auf den benachbarten Strassentheil gestreut wird. In der Bohemia (1872, Nr. 120), da, wo von der Erzherzogin Sophie, der Mutter des Kaisers Franz Joseph, die Rede ist, heisst es: „Kopfschüttelnd meinen da die Leute aus dem Volke: O wann schon a mol a Stroh g'schtreut wird ...“ „Die üble Meinung vom Strohstreuen ist den Leuten nicht aus dem Kopfe zu bringen.“ *83 Hä hiät noch nicks utem Stroh. (Iserlohn.) – Woeste, 89, 169. *84 Hei wat, Stroh un Watter satt, sü de Bûr do sprôk he Latin. – Kern, 287. Ein sogenannter lateinischer Bauer spricht in Kürze, indem er dem Stallknecht Vorschriften für die Viehfütterung gibt. *85 In allem Stroh wühlen. – Schlechta, 63. *86 Leeres (ledig) Stroh dreschen. (S. 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Kaltenwesten ist ein Dorf im Neckarkreise, dem eigentlichen Strohgau angehörend. Freigebig gegen Leute sein, die im Ueberfluss leben, etwas dahin geben, wo dasselbe schon im Ueberfluss vorhanden ist. – Binder (III, 3605) nennt einen Marktflecken Kornwestheim in demselben Kreise, der aber im Huhn'schen Lexikon, das sonst alle einzelnen Gehöfte nennt, nicht erwähnt ist. *90 Stroh im Kopfe haben. – Eiselein, 582. *91 Stroh in den Bansen (die Scheune) tragen. Dahin, wo es aufbewahrt zu werden und woher man es in der Regel zu holen pflegt. In dem Sinne, wie: Eulen nach Athen tragen, sagt ein talmudisches Sprichwort: Stroh nach Apharwaim bringen. Zur Bezeichnung [Spaltenumbruch] eines verkehrten Menschen haben die Juden die Redensart: „Bär Quetsch“, der, um ein trockenes Brötchen zu holen, aus der Stadt nach einem stundenweit entfernten Dorfe ging, weil er glaubte, es dort sicherer zu finden. (Tendlau, 1016.) *92 Stroh vom Feuer. – Körte, 5771. *93 Stroh zum Feuer legen. – Körte, 5770; Braun, I, 4333. Ein Uebel schlimmer oder aus einem kleinern ein grösseres machen. Für die verschiedenen Schattirungen und Anwendungszwecke dieses Gedankens hat man eine Menge sprichwörtlicher Redensarten, als: Oel ins Feuer schütten. Das Geile laufend machen. Das Feuer mit Oel löschen. Bös mit Bösem arzeneien. Pestilenz mit Franzosen heilen. Ein Unglück aufs andere häufen. Koth mit Koth waschen. Den Rauch fliehen und in die Flammen fallen. Den Reif fliehen und in den Schnee fallen. Einem Bächlein fliehen und in den Rhein fallen. (Franck, I, 31a.) Mhd.: Vlicht die vrowen bî der zît, wan ungewaerer staete lêt strô bî dem viure, dâ wazzer waere tiure. (Zingerle, 143.) Lat.: Titio ad ignem. (Erasm., 771; Tappius, 174b.) Schwed.: Bära ond malt till gillet. (Grubb, 62.) *94 Vergönne mir von deinem Stroh. So lautete die oberdeutsche Vertragsformel. (Rochholz, Altd. Bürgerleben, S. 99.) *95 Vom Stroh aufs Bett (die Federn) kommen. „Manch armer gsell solt werden fro, wenn er auffs bett kem von dem stro.“ (Waldis, IV, 15, 44.) *96 Vom Stroh zum Haber lauffen. – Schottel, 1116a. *97 Wat ût dem Stroh hebben. (Holst.) – Schütze, IV, 213. Im Wohlstande sein, vom Landmann entlehnt, der gut gedroschen hat. Strohbart. * Einem einen Strohbart flechten. – Eiselein, 587. Strohbüschel. * Da steht ein Strohbüschel (auch: Strohwisch). Warnungszeichen, einen verbotenen Weg zu betreten. Strohdach. 1 Besser eigenes Strohdach als kein Gemach (oder: als weder Dach noch Fach). Dän.: Bedre er Bonde af Lang-halm end ingen. Frz.: Un lien de roseau mieux que manquer de lien. 2 Unter einem schlechten Strohdach leidet das ganze Gebäude. – Parömiakon, 1502. Von Beamten, denen es an der erforderlichen Tüchtigkeit gebricht. 3 Wenn die Strohdächer nach einem Gewitter dampfen, so gibt es noch mehr Regen. (Luzern.) 4 Wer ein Strohdach hat, muss das Feuer fürchten. Engl.: Who hath skirts of skirts straw, needs fear the fire. (Bohn II, 20.) Strohfeuer. 1 Strohfeuer erlischt bald. Frz.: Cela se passe comme un feu de paille. (Leroux, I, 45.) It.: Fuoco di paglia ha poca vaglia. 2 Strohfeuer hört man weit knistern. *3 Es ist nur Strohfeuer. – Braun, I, 4334. Ein Eifer, der nicht von Dauer ist, sondern bald nachlässt. Holl.: Het is een vuurtje van stroo. (Harrebomée, II, 315b.) Strohhalm. 1 Auch ein Strohhalm kann drücken, wenn man ihn weit tragen muss. Frz.: En longue voye paille poise. Lat.: Longa in via pondus habet palea. (Bovill, III, 107.) 2 Beater en Strauhalm vör sik böeren (haben), as en Balken vör en annern. (Westf.) 3 Der kann über einen Strohhalm fallen, der schlecht geht. 4 Der Strohhalm bekräftigt. – Graf, 243, 117. Zu den Bekräftigungsgeräthen eines abgeschlossenen Vertrags gehörte ausser dem Handschlag (s. Gottespfennig, Kauf 40 und Mund 184) der Strohhalm (stipa). 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*73 Er hat Stroh in den Schuhen. – Vilmar, Proben eines hess. Wb., S. 92.
Eine Redensart, um zu sagen, dass es einer hinter den Ohren habe, das seine verborgene Schalksnatur sich da und dort bei guter Gelegenheit zeige; dann auch geradezu für Muthwillige und Spötter. Die Redensart ist alt und kommt schon bei Franck vor.
*74 Er isch mit Strau usg'füllt. (Solothurn.) – Schild, 78, 239.
Sehr dumm.
*75 Er ist aufs Stroh gekommen.
*76 Er ist nid mit Stran ûsg'füllt cho. – Sutermeister, 80.
Er ist nicht dumm, er hat's hinter den Ohren. Von solchen Leuten in entsprechender Weise anzuwenden, finden sich a. a. O. noch folgende Redensarten: Er hät's am Schnüerli. Er hät den Sack am Bängel. Er is nid ins Mehl g'chiet. Er ist nid vo Dummbach. Er lod's Gras nid unger de Fingere wachse. Er luegt em i d' Chraft (fasst ihn ins Auge). 'S ist kei Uthöthli an em.
*77 Er liegt auf Stroh.
Von einem Armen, der gestorben ist.
Holl.: Hij ligt op stroo. (Harrebomée, II, 316a.)
*78 Er wird sich nicht mit Stroh binden lassen, so lange er noch einen Strick (Tau) finden kann.
Er wird sich nicht zwingen lassen, so lange es noch Vertheidigungsmittel gibt.
Holl.: Ik wil mij aan geen stroo laten binden, zo lang er nog touw te bekommen is. (Harrebomée, II, 316a.)
*79 Er würde mir nicht so viel Stroh geben zu einem Sterbelager.
Holl.: Hij zoude mij geen stroo geven, om op te sterven. (Harrebomée, II, 316a.)
*80 Es ist, als wenn man bei Stroh bäckt.
*81 Es ist theuer Stroh.
*82 Es wird schon Stroh gestreut.
Der Kranke ist dem Tode nahe. Daher, weil bei Schwerkranken, um ihnen das Wagengerassel zu mildern, Stroh auf den benachbarten Strassentheil gestreut wird. In der Bohemia (1872, Nr. 120), da, wo von der Erzherzogin Sophie, der Mutter des Kaisers Franz Joseph, die Rede ist, heisst es: „Kopfschüttelnd meinen da die Leute aus dem Volke: O wann schon a mol a Stroh g'schtreut wird ...“ „Die üble Meinung vom Strohstreuen ist den Leuten nicht aus dem Kopfe zu bringen.“
*83 Hä hiät noch nicks utem Stroh. (Iserlohn.) – Woeste, 89, 169.
*84 Hei wat, Stroh un Watter satt, sü de Bûr do sprôk he Latin. – Kern, 287.
Ein sogenannter lateinischer Bauer spricht in Kürze, indem er dem Stallknecht Vorschriften für die Viehfütterung gibt.
*85 In allem Stroh wühlen. – Schlechta, 63.
*86 Leeres (ledig) Stroh dreschen. (S. Aal 20, Eule 77, Krebs 39 und Schnee 76.) – Lehmann, 776, 1; Schottel, 1112a; Eiselein, 582; Masson, 328; Körte, 5772; Braun, I, 433; Lohrengel, II, 377; Fischer, Psalter, 599, 1.
„Das leere stroh im tenne dreschen.“ (Waldis, II, 88, 36.) „Mein licht ist schier erloschen vnd waisz nit, woa ich gea, lärs stroh hab ich getroschen, das tut meinem hertzen wea.“ (Hätzlerin, I, 43.) „Leer strow tröschen.“ (Alsatia, 1862-67, 424.)
Frz.: Battre et applanir l'aire. (Leroux, I, 37.) – Battre l'eau. (Starschedel, 38.)
Lat.: Actam rem agere. (Plautus.) (Binder II, 45.) – Actum agere. (Terenz.) (Binder I, 11; II, 45; Philippi, I, 6; Seybold, 5.) – Ferrum natare doces. – Lapidi loqueris. (Sutor, 410.) – Operam ludere. (Plautus.) (Binder II, 2424.)
*87 Mit Stroh Feuer löschen.
*88 Mit Stroh gehen sie schwanger und Stoppeln gebären sie.
Die Aberwitzigen.
*89 Strauh nôch Kornwesta tragen. – Michel, 278; Nefflen, 466.
Stroh nach Kaltenwesten führen. In dem Sinne: Eulen nach Athen tragen. Kaltenwesten ist ein Dorf im Neckarkreise, dem eigentlichen Strohgau angehörend. Freigebig gegen Leute sein, die im Ueberfluss leben, etwas dahin geben, wo dasselbe schon im Ueberfluss vorhanden ist. – Binder (III, 3605) nennt einen Marktflecken Kornwestheim in demselben Kreise, der aber im Huhn'schen Lexikon, das sonst alle einzelnen Gehöfte nennt, nicht erwähnt ist.
*90 Stroh im Kopfe haben. – Eiselein, 582.
*91 Stroh in den Bansen (die Scheune) tragen.
Dahin, wo es aufbewahrt zu werden und woher man es in der Regel zu holen pflegt. In dem Sinne, wie: Eulen nach Athen tragen, sagt ein talmudisches Sprichwort: Stroh nach Apharwaim bringen. Zur Bezeichnung
eines verkehrten Menschen haben die Juden die Redensart: „Bär Quetsch“, der, um ein trockenes Brötchen zu holen, aus der Stadt nach einem stundenweit entfernten Dorfe ging, weil er glaubte, es dort sicherer zu finden. (Tendlau, 1016.)
*92 Stroh vom Feuer. – Körte, 5771.
*93 Stroh zum Feuer legen. – Körte, 5770; Braun, I, 4333.
Ein Uebel schlimmer oder aus einem kleinern ein grösseres machen. Für die verschiedenen Schattirungen und Anwendungszwecke dieses Gedankens hat man eine Menge sprichwörtlicher Redensarten, als: Oel ins Feuer schütten. Das Geile laufend machen. Das Feuer mit Oel löschen. Bös mit Bösem arzeneien. Pestilenz mit Franzosen heilen. Ein Unglück aufs andere häufen. Koth mit Koth waschen. Den Rauch fliehen und in die Flammen fallen. Den Reif fliehen und in den Schnee fallen. Einem Bächlein fliehen und in den Rhein fallen. (Franck, I, 31a.)
Mhd.: Vlicht die vrowen bî der zît, wan ungewaerer staete lêt strô bî dem viure, dâ wazzer waere tiure. (Zingerle, 143.)
Lat.: Titio ad ignem. (Erasm., 771; Tappius, 174b.)
Schwed.: Bära ond malt till gillet. (Grubb, 62.)
*94 Vergönne mir von deinem Stroh.
So lautete die oberdeutsche Vertragsformel. (Rochholz, Altd. Bürgerleben, S. 99.)
*95 Vom Stroh aufs Bett (die Federn) kommen.
„Manch armer gsell solt werden fro, wenn er auffs bett kem von dem stro.“ (Waldis, IV, 15, 44.)
*96 Vom Stroh zum Haber lauffen. – Schottel, 1116a.
*97 Wat ût dem Stroh hebben. (Holst.) – Schütze, IV, 213.
Im Wohlstande sein, vom Landmann entlehnt, der gut gedroschen hat.
Strohbart.
* Einem einen Strohbart flechten. – Eiselein, 587.
Strohbüschel.
* Da steht ein Strohbüschel (auch: Strohwisch).
Warnungszeichen, einen verbotenen Weg zu betreten.
Strohdach.
1 Besser eigenes Strohdach als kein Gemach (oder: als weder Dach noch Fach).
Dän.: Bedre er Bonde af Lang-halm end ingen.
Frz.: Un lien de roseau mieux que manquer de lien.
2 Unter einem schlechten Strohdach leidet das ganze Gebäude. – Parömiakon, 1502.
Von Beamten, denen es an der erforderlichen Tüchtigkeit gebricht.
3 Wenn die Strohdächer nach einem Gewitter dampfen, so gibt es noch mehr Regen. (Luzern.)
4 Wer ein Strohdach hat, muss das Feuer fürchten.
Engl.: Who hath skirts of skirts straw, needs fear the fire. (Bohn II, 20.)
Strohfeuer.
1 Strohfeuer erlischt bald.
Frz.: Cela se passe comme un feu de paille. (Leroux, I, 45.)
It.: Fuoco di paglia ha poca vaglia.
2 Strohfeuer hört man weit knistern.
*3 Es ist nur Strohfeuer. – Braun, I, 4334.
Ein Eifer, der nicht von Dauer ist, sondern bald nachlässt.
Holl.: Het is een vuurtje van stroo. (Harrebomée, II, 315b.)
Strohhalm.
1 Auch ein Strohhalm kann drücken, wenn man ihn weit tragen muss.
Frz.: En longue voye paille poise.
Lat.: Longa in via pondus habet palea. (Bovill, III, 107.)
2 Beater en Strauhalm vör sik böeren (haben), as en Balken vör en annern. (Westf.)
3 Der kann über einen Strohhalm fallen, der schlecht geht.
4 Der Strohhalm bekräftigt. – Graf, 243, 117.
Zu den Bekräftigungsgeräthen eines abgeschlossenen Vertrags gehörte ausser dem Handschlag (s. Gottespfennig, Kauf 40 und Mund 184) der Strohhalm (stipa). Daher mit Halm und Mund und der Ausdruck Stupfen oder Tupfen, mit dem Rest in der Redensart: Topp, schlag' ein.
Holl.: He stroohalm bekrachtigd. (Mieris, I, 3.)
5 Einen Strohhalm aufheben ist leichter als einen Ast abbrechen.
Dän.: Lettere er at bukke sig efter et straae, end at reyse at bryde en gren. (Prov. dan., 95.)
6 Es fliegt kein Strohhalm in die Höh', wird er nicht geblasen.
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