Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Staussen.

* Er stausst sich, wü der Fiedel hängt.

In Podolien von Beschränkten, die das allereinfachste erst nach grosser Anstrengung inne werden. Sich staussen = jüdisch-deutsch für merken, gewahr werden.


Stavoren.

* Stavoren in Stavoren suchen.

Die Redensart findet ihre Erklärung in folgender Sage. Zur Zeit als das Glück dieser Stadt, der ehemaligen Hauptstadt von Vriesland, die zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig und gab dem Kapitän den Auftrag, die besten Waaren von dort zurückzubringen. Er nahm Weizen ein, und glaubte so, den ihm gewordenen Auftrag am treulichsten erfüllt zu haben. Als aber bei seiner Rückkehr die Frau hörte, was er geladen habe, gerieth sie in grossen Zorn und fragte ihn, auf welcher Seite der Weizen ins Schiff gebracht worden sei. Als er antwortete: am Backbord, befahl sie, er möge ihn nur am Steuerbord wieder ausladen und ins Meer werfen. Aber kaum war es geschehen, so entstand eine so gewaltige Sandbank, dass der Hafen geschlossen wurde, die Schiffahrt aufhörte und man bald Stavoren in Stavoren suchen musste. Von der frühern Glanzzeit der Stadt erhielt sich nur die Erinnerung im Munde des Volks; aber noch Jahrhunderte hindurch wuchsen auf der Sandbank alle Sommer Aehren von schönem Aussehen, aber ohne Körner. An die durch Glück üppig gewordenen Bewohner der erwähnten Stadt erinnert auch die Redensart: Die verwöhnten Kinder von Stavoren. (Reinsberg VI, 48.)


Steam.

*1 Giw em Steim (oder: Ik waer di Steim geben). (Ostseeküste.)

Mache ihm Beine! Ich will dich in Trab setzen. Von Dampfmaschinen entlehnt. Infolge des Verkehrs mit England sind in den deutschen Küstenstädten viele englische Wörter in die deutsche Volkssprache übergegangen.

*2 He giwt Steim.

Er zieht ab, macht sich aus dem Staube.


Stechen.

1 Den einen sticht man mit einer Nadel, den andern mit der Heugabel.

Holl.: De eene kan men prikken met eene speld, en de ander met eene hooivork. (Harrebomee, II, 287a.)

2 Den sticht keiner als ein Hummeler1. (Nürtingen.)

1) Hummel, Bombos. Wortspiel mit dem doppelsinnigen Worte "stechen".

3 Es sticht beizeiten, was ein Dorn werden will. - Winckler, XIV, 87.

4 Gestochen ist gestochen, sagte die Nadel zum Degen.

Die Russen: Wenn die Nadel den Dolch sieht, sagt sie mein Bruder. (Altmann V, 110.)

5 Gestochen ist nicht gehauen. - Sailer, 68; Simrock, 9892a.

6 Was stechen will, spitzt sich beizeiten.

Engl.: It early pricks, that will be a thorn.

It.: La spina che vien, pungendo viene.

7 Was sticht, dem muss man aus dem Wege gehen.

Böhm.: Bode-li, jdi y cesty. (Celakovsky, 249.)

Wend.: Bodu-li, da dzi z puca. (Celakovsky, 249.)

8 Wer gestochen wird, schreit.

9 Wer heimlich sticht, der verwund sich selbst. - Petri, II, 718.

10 Wer stechen will, der gürte bass sein Ross. - Liedersaal.

11 Wer sticht ohne Schuld von hinten sehr, und lacht von vorne noch viel mehr, gibt freundlich Wort, Geberd und Schein, der muss ein loser Schelme sein. - Gerlach, 219.

*12 Du stichst darneben. - Schottel, 1120b.

*13 Eine stechen.

In Berlin für: eine Ohrfeige geben.

*14 Er lässt sich nicht zweimal stechen.

" ... Denn su woas wull ich ihm verprecha, ich loss mich ne garn zwemol stecha." (Bertermann, Gedichte in schles. Mundart, Hirschberg 1861, S. 265.)

*15 Er sticht wie ein Daus. (Meiningen.)

*16 Er sticht wie eine todte Wespe.

Ist auch nach seinem Tode noch gefährlich.

*17 Er sticht wie eine Wespe, nur dass ers nicht mit dem Allerwerthesten thut. (Köthen.)

Scherzhaft beim Kartenspiel.

*18 Er sticht wie 'ne Wesp' und flieht. - Körte, 6798a.

[Spaltenumbruch] *19 Es sticht ihm in die Nase.

Reizt seine Lüsternheit.

*20 He steckt as 'n Adder. - Bueren, 628; Frommann, VI, 281, 660; Kern, 566; Hauskalender, III.

Holl.: Hij steekt als een wesp. (Harrebomee, II, 455b.)

*21 He stickt as en Imm'. - Diermissen, 182.

*22 Stechen wie ein Skorpion.

Mhd.: Si tuont also der scorpio: dor lecket vor und ist ouch vro, so er sich balde richet und mit den sweife stichet. (Bonert.) - Der tarunt smaicht mit den augen ser, vnd mit dem swanez so hekt er. (Vintler.) (Zingerle, 138.)

*23 Wenn me 'na g'stoche hätt', a hätt' koin Tropf' Bluet cha. (Ulm.)


Stecher.

* Er hat einen Stecher. - Gotthelf, Leiden, I, 25.

D. h. einen Rausch.


Stechmücke.

Wer wird eine Stechmücke zum Scherz umbringen!

Zu seinem Vergnügen thut man wol niemand Schaden; es muss wol seine Ursache haben, wenn man gegen jemand eingenommen ist.


Steck.

* He hett en Stek up. - Eichwald, 1835.


Steckbohrer.

*1 Ei, ei, sagte der Steckbohrer.

*2 Jez cha me nid lang Stäcklibäre und Fäderläsis mache. (Zürich.) - Sutermeister, 79.


Stecken (Verb.).

1 Man kann nicht drin stecken.

In Würzburg: M'r stäckt nit drinn. (Sartorius, 183.) D. i. man kann nicht immer die innere Beschaffenheit eines Dinges mit Bestimmtheit wissen.

2 Man muss keinen stecken und keinen erwecken.

*3 Da steckt er, wie die Maus im Pech. - Herberger, Hertzpostille, I, 751.

*4 Da steckt was dahinter. - Hügel, 156a; Eiselein, 578.

*5 Da steckt's. - Luthers Ms., S. 1.

Lat.: Sagitta perfecta iacta. (Luther's Ms., S. 1.)

*6 Er had mi' steck'n lassen. - Hügel, 156a.

D. h. mich nicht unterstützt als ich in Bedrängniss war.

*7 Er steckt bis über die Ohren in Schulden. - Eiselein, 578.

*8 Er steckt drin bis an den Hals. - Frischbier2, 3590.

*9 Er steckt drin bis an den Quärder. - Frischbier2, 3590.

*10 Er steckt drin bis über die Ohren. - Frischbier2, 3590.

*11 Er steckt in der Armuth bis über die Ohren.

*12 Er steckt in der Brühe (Patsche, Tinte).

Engl.: To hold a wolf by the ears.

Frz.: Il est a l'aise comme le diable dans un benitier. - Il est comme le poisson hors de l'eau. - Il est comme un aru qui a une tete de chardon dans le derriere, qui l'on a attache une fusee aux fesses. - Il est comme un broche dans le tiroir d'une commode. - Il est comme un pou entre deux ongles. - Il est comme une carpet sur un grenier. - Il se trouve entre deux feux. - Il se trouve entre le morteau et l'enclume. - Il tient le loup par les oreilles. - Le voila dans de beaux draps dans le petrin. (Masson, 842.)

It.: Star fra l' in cudine e il martello.

Lat.: Hac urget lupus hac canis. - Inter Orci cancros ad haerere. - Intra sacrum et saxum stare. (Masson, 342.)

Poln.: Kreci sie jak mucha w grochu.

*13 Er steckt in der Klemme, wie ein Hühnchen im Werch.

*14 Er steckt in keiner guten Haut.

*15 Er steckt zwischen Baum und Borke.

*16 Er steckt zwischen Hammer und Ambos.

*17 Er steckt zwischen Thür und Angel.

*18 Er steckts niemand vnter die Banck. - Herberger, Hertzpostille, Ib, 31.

*19 Es steckt ihm in der Haut; wär' es in Kleidern, so möchte man's herabwaschen.

*20 Es steckt ihm in der Nase.

*21 Es steckt im Fleisch und nicht im Haar, man schert es sonst ab.

*22 Es steckt nicht im Spiegel, was man darin sieht.

*23 I hab' ihm a paar g'steckt. - Hügel, 153a.

D. h. ein paar Ohrfeigen gegeben.

[Spaltenumbruch]
Staussen.

* Er stausst sich, wü der Fiedel hängt.

In Podolien von Beschränkten, die das allereinfachste erst nach grosser Anstrengung inne werden. Sich staussen = jüdisch-deutsch für merken, gewahr werden.


Stavoren.

* Stavoren in Stavoren suchen.

Die Redensart findet ihre Erklärung in folgender Sage. Zur Zeit als das Glück dieser Stadt, der ehemaligen Hauptstadt von Vriesland, die zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig und gab dem Kapitän den Auftrag, die besten Waaren von dort zurückzubringen. Er nahm Weizen ein, und glaubte so, den ihm gewordenen Auftrag am treulichsten erfüllt zu haben. Als aber bei seiner Rückkehr die Frau hörte, was er geladen habe, gerieth sie in grossen Zorn und fragte ihn, auf welcher Seite der Weizen ins Schiff gebracht worden sei. Als er antwortete: am Backbord, befahl sie, er möge ihn nur am Steuerbord wieder ausladen und ins Meer werfen. Aber kaum war es geschehen, so entstand eine so gewaltige Sandbank, dass der Hafen geschlossen wurde, die Schiffahrt aufhörte und man bald Stavoren in Stavoren suchen musste. Von der frühern Glanzzeit der Stadt erhielt sich nur die Erinnerung im Munde des Volks; aber noch Jahrhunderte hindurch wuchsen auf der Sandbank alle Sommer Aehren von schönem Aussehen, aber ohne Körner. An die durch Glück üppig gewordenen Bewohner der erwähnten Stadt erinnert auch die Redensart: Die verwöhnten Kinder von Stavoren. (Reinsberg VI, 48.)


Steam.

*1 Giw em Stîm (oder: Ik waer di Stîm geben). (Ostseeküste.)

Mache ihm Beine! Ich will dich in Trab setzen. Von Dampfmaschinen entlehnt. Infolge des Verkehrs mit England sind in den deutschen Küstenstädten viele englische Wörter in die deutsche Volkssprache übergegangen.

*2 He giwt Stîm.

Er zieht ab, macht sich aus dem Staube.


Stechen.

1 Den einen sticht man mit einer Nadel, den andern mit der Heugabel.

Holl.: De eene kan men prikken met eene speld, en de ander met eene hooivork. (Harrebomée, II, 287a.)

2 Den sticht keiner als ein Hummeler1. (Nürtingen.)

1) Hummel, Bombos. Wortspiel mit dem doppelsinnigen Worte „stechen“.

3 Es sticht beizeiten, was ein Dorn werden will.Winckler, XIV, 87.

4 Gestochen ist gestochen, sagte die Nadel zum Degen.

Die Russen: Wenn die Nadel den Dolch sieht, sagt sie mein Bruder. (Altmann V, 110.)

5 Gestochen ist nicht gehauen.Sailer, 68; Simrock, 9892a.

6 Was stechen will, spitzt sich beizeiten.

Engl.: It early pricks, that will be a thorn.

It.: La spina che vien, pungendo viene.

7 Was sticht, dem muss man aus dem Wege gehen.

Böhm.: Bode-li, jdi y cesty. (Čelakovsky, 249.)

Wend.: Bodu-li, da dźi z puća. (Čelakovsky, 249.)

8 Wer gestochen wird, schreit.

9 Wer heimlich sticht, der verwund sich selbst.Petri, II, 718.

10 Wer stechen will, der gürte bass sein Ross.Liedersaal.

11 Wer sticht ohne Schuld von hinten sehr, und lacht von vorne noch viel mehr, gibt freundlich Wort, Geberd und Schein, der muss ein loser Schelme sein.Gerlach, 219.

*12 Du stichst darneben.Schottel, 1120b.

*13 Eine stechen.

In Berlin für: eine Ohrfeige geben.

*14 Er lässt sich nicht zweimal stechen.

„ ... Denn su woas wull ich ihm verprecha, ich lôss mich ne garn zwemôl stecha.“ (Bertermann, Gedichte in schles. Mundart, Hirschberg 1861, S. 265.)

*15 Er sticht wie ein Daus. (Meiningen.)

*16 Er sticht wie eine todte Wespe.

Ist auch nach seinem Tode noch gefährlich.

*17 Er sticht wie eine Wespe, nur dass ers nicht mit dem Allerwerthesten thut. (Köthen.)

Scherzhaft beim Kartenspiel.

*18 Er sticht wie 'ne Wesp' und flieht.Körte, 6798a.

[Spaltenumbruch] *19 Es sticht ihm in die Nase.

Reizt seine Lüsternheit.

*20 He steckt as 'n Adder.Bueren, 628; Frommann, VI, 281, 660; Kern, 566; Hauskalender, III.

Holl.: Hij steekt als een wesp. (Harrebomée, II, 455b.)

*21 He stickt as en Imm'.Diermissen, 182.

*22 Stechen wie ein Skorpion.

Mhd.: Si tuont alsô der scorpio: dor lecket vor und ist ouch vrô, so er sich balde richet und mit den sweife stichet. (Bonert.) – Der tarunt smaicht mit den augen sêr, vnd mit dem swanez sô hekt er. (Vintler.) (Zingerle, 138.)

*23 Wenn me 'na g'stoche hätt', a hätt' koin Tropf' Bluet cha. (Ulm.)


Stecher.

* Er hat einen Stecher.Gotthelf, Leiden, I, 25.

D. h. einen Rausch.


Stechmücke.

Wer wird eine Stechmücke zum Scherz umbringen!

Zu seinem Vergnügen thut man wol niemand Schaden; es muss wol seine Ursache haben, wenn man gegen jemand eingenommen ist.


Steck.

* He hett en Stek up.Eichwald, 1835.


Steckbohrer.

*1 Ei, ei, sagte der Steckbohrer.

*2 Jez cha me nid lang Stäcklibäre und Fäderläsis mache. (Zürich.) – Sutermeister, 79.


Stecken (Verb.).

1 Man kann nicht drin stecken.

In Würzburg: M'r stäckt nit drinn. (Sartorius, 183.) D. i. man kann nicht immer die innere Beschaffenheit eines Dinges mit Bestimmtheit wissen.

2 Man muss keinen stecken und keinen erwecken.

*3 Da steckt er, wie die Maus im Pech.Herberger, Hertzpostille, I, 751.

*4 Da steckt was dahinter.Hügel, 156a; Eiselein, 578.

*5 Da steckt's.Luthers Ms., S. 1.

Lat.: Sagitta perfecta iacta. (Luther's Ms., S. 1.)

*6 Er had mi' steck'n lassen.Hügel, 156a.

D. h. mich nicht unterstützt als ich in Bedrängniss war.

*7 Er steckt bis über die Ohren in Schulden.Eiselein, 578.

*8 Er steckt drin bis an den Hals.Frischbier2, 3590.

*9 Er steckt drin bis an den Quärder.Frischbier2, 3590.

*10 Er steckt drin bis über die Ohren.Frischbier2, 3590.

*11 Er steckt in der Armuth bis über die Ohren.

*12 Er steckt in der Brühe (Patsche, Tinte).

Engl.: To hold a wolf by the ears.

Frz.: Il est à l'aise comme le diable dans un bénitier. – Il est comme le poisson hors de l'eau. – Il est comme un âru qui a une tête de chardon dans le derrière, qui l'on a attaché une fusée aux fesses. – Il est comme un broche dans le tiroir d'une commode. – Il est comme un pou entre deux ongles. – Il est comme une carpet sur un grenier. – Il se trouve entre deux feux. – Il se trouve entre le morteau et l'enclume. – Il tient le loup par les oreilles. – Le voilà dans de beaux draps dans le pétrin. (Masson, 842.)

It.: Star fra l' in cudine e il martello.

Lat.: Hac urget lupus hac canis. – Inter Orci cancros ad haerere. – Intra sacrum et saxum stare. (Masson, 342.)

Poln.: Kręci się jak mucha w grochu.

*13 Er steckt in der Klemme, wie ein Hühnchen im Werch.

*14 Er steckt in keiner guten Haut.

*15 Er steckt zwischen Baum und Borke.

*16 Er steckt zwischen Hammer und Ambos.

*17 Er steckt zwischen Thür und Angel.

*18 Er steckts niemand vnter die Banck.Herberger, Hertzpostille, Ib, 31.

*19 Es steckt ihm in der Haut; wär' es in Kleidern, so möchte man's herabwaschen.

*20 Es steckt ihm in der Nase.

*21 Es steckt im Fleisch und nicht im Haar, man schert es sonst ab.

*22 Es steckt nicht im Spiegel, was man darin sieht.

*23 I hab' ihm a paar g'steckt.Hügel, 153a.

D. h. ein paar Ohrfeigen gegeben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0400" n="[394]"/>
        <cb n="787"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Staussen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Er stausst sich, wü der Fiedel hängt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Podolien von Beschränkten, die das allereinfachste erst nach grosser Anstrengung inne werden. Sich staussen = jüdisch-deutsch für merken, gewahr werden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Stavoren.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Stavoren in Stavoren suchen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Redensart findet ihre Erklärung in folgender Sage. Zur Zeit als das Glück dieser Stadt, der ehemaligen Hauptstadt von Vriesland, die zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig und gab dem Kapitän den Auftrag, die besten Waaren von dort zurückzubringen. Er nahm Weizen ein, und glaubte so, den ihm gewordenen Auftrag am treulichsten erfüllt zu haben. Als aber bei seiner Rückkehr die Frau hörte, was er geladen habe, gerieth sie in grossen Zorn und fragte ihn, auf welcher Seite der Weizen ins Schiff gebracht worden sei. Als er antwortete: am Backbord, befahl sie, er möge ihn nur am Steuerbord wieder ausladen und ins Meer werfen. Aber kaum war es geschehen, so entstand eine so gewaltige Sandbank, dass der Hafen geschlossen wurde, die Schiffahrt aufhörte und man bald Stavoren in Stavoren suchen musste. Von der frühern Glanzzeit der Stadt erhielt sich nur die Erinnerung im Munde des Volks; aber noch Jahrhunderte hindurch wuchsen auf der Sandbank alle Sommer Aehren von schönem Aussehen, aber ohne Körner. An die durch Glück üppig gewordenen Bewohner der erwähnten Stadt erinnert auch die Redensart: Die verwöhnten Kinder von Stavoren. (<hi rendition="#i">Reinsberg VI, 48.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Steam.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Giw em Stîm (oder: Ik waer di Stîm geben).</hi> (<hi rendition="#i">Ostseeküste.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Mache ihm Beine! Ich will dich in Trab setzen. Von Dampfmaschinen entlehnt. Infolge des Verkehrs mit England sind in den deutschen Küstenstädten viele englische Wörter in die deutsche Volkssprache übergegangen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 He giwt Stîm.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Er zieht ab, macht sich aus dem Staube.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Stechen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Den einen sticht man mit einer Nadel, den andern mit der Heugabel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De eene kan men prikken met eene speld, en de ander met eene hooivork. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 287<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Den sticht keiner als ein Hummeler<hi rendition="#sup">1</hi>.</hi> (<hi rendition="#i">Nürtingen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Hummel, Bombos. Wortspiel mit dem doppelsinnigen Worte &#x201E;stechen&#x201C;.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Es sticht beizeiten, was ein Dorn werden will.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XIV, 87.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Gestochen ist gestochen, sagte die Nadel zum Degen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Wenn die Nadel den Dolch sieht, sagt sie mein Bruder. (<hi rendition="#i">Altmann V, 110.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Gestochen ist nicht gehauen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 68; Simrock, 9892<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Was stechen will, spitzt sich beizeiten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: It early pricks, that will be a thorn.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: La spina che vien, pungendo viene.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Was sticht, dem muss man aus dem Wege gehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Bode-li, jdi y cesty. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 249.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Wend.</hi>: Bodu-li, da d&#x017A;i z pu&#x0107;a. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 249.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Wer gestochen wird, schreit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Wer heimlich sticht, der verwund sich selbst.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 718.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Wer stechen will, der gürte bass sein Ross.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Liedersaal.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wer sticht ohne Schuld von hinten sehr, und lacht von vorne noch viel mehr, gibt freundlich Wort, Geberd und Schein, der muss ein loser Schelme sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gerlach, 219.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*12 Du stichst darneben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schottel, 1120<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*13 Eine stechen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Berlin für: eine Ohrfeige geben.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*14 Er lässt sich nicht zweimal stechen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E; ... Denn su woas wull ich ihm verprecha, ich lôss mich ne garn zwemôl stecha.&#x201C; (<hi rendition="#i">Bertermann, Gedichte in schles. Mundart, Hirschberg 1861, S. 265.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*15 Er sticht wie ein Daus.</hi> (<hi rendition="#i">Meiningen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Er sticht wie eine todte Wespe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ist auch nach seinem Tode noch gefährlich.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*17 Er sticht wie eine Wespe, nur dass ers nicht mit dem Allerwerthesten thut.</hi> (<hi rendition="#i">Köthen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Scherzhaft beim Kartenspiel.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*18 Er sticht wie 'ne Wesp' und flieht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 6798<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="788"/>
*19 Es sticht ihm in die Nase.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Reizt seine Lüsternheit.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*20 He steckt as 'n Adder.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Bueren, 628; Frommann, VI, 281, 660; Kern, 566; Hauskalender, III.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij steekt als een wesp. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 455<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*21 He stickt as en Imm'.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Diermissen, 182.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*22 Stechen wie ein Skorpion.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Si tuont alsô der scorpio: dor lecket vor und ist ouch vrô, so er sich balde richet und mit den sweife stichet. (<hi rendition="#i">Bonert.</hi>) &#x2013; Der tarunt smaicht mit den augen sêr, vnd mit dem swanez sô hekt er. (<hi rendition="#i">Vintler.</hi>) (<hi rendition="#i">Zingerle, 138.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*23 Wenn me 'na g'stoche hätt', a hätt' koin Tropf' Bluet cha.</hi> (<hi rendition="#i">Ulm.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Stecher.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er hat einen Stecher.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gotthelf, Leiden, I, 25.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. einen Rausch.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Stechmücke.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Wer wird eine Stechmücke zum Scherz umbringen!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Zu seinem Vergnügen thut man wol niemand Schaden; es muss wol seine Ursache haben, wenn man gegen jemand eingenommen ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Steck.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* He hett en Stek up.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 1835.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Steckbohrer.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*1 Ei, ei, sagte der Steckbohrer.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Jez cha me nid lang Stäcklibäre und Fäderläsis mache.</hi> (<hi rendition="#i">Zürich.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 79.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Stecken</hi> (Verb.).</head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Man kann nicht drin stecken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Würzburg: M'r stäckt nit drinn. (<hi rendition="#i">Sartorius, 183.</hi>) D. i. man kann nicht immer die innere Beschaffenheit eines Dinges mit Bestimmtheit wissen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Man muss keinen stecken und keinen erwecken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Da steckt er, wie die Maus im Pech.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Herberger, Hertzpostille, I, 751.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*4 Da steckt was dahinter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hügel, 156<hi rendition="#sup">a</hi>; Eiselein, 578.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*5 Da steckt's.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Luthers Ms., S. 1.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Sagitta perfecta iacta. (<hi rendition="#i">Luther's Ms., S. 1.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*6 Er had mi' steck'n lassen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hügel, 156<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. mich nicht unterstützt als ich in Bedrängniss war.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Er steckt bis über die Ohren in Schulden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 578.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*8 Er steckt drin bis an den Hals.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3590.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*9 Er steckt drin bis an den Quärder.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3590.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*10 Er steckt drin bis über die Ohren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3590.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*11 Er steckt in der Armuth bis über die Ohren.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*12 Er steckt in der Brühe (Patsche, Tinte).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: To hold a wolf by the ears.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il est à l'aise comme le diable dans un bénitier. &#x2013; Il est comme le poisson hors de l'eau. &#x2013; Il est comme un âru qui a une tête de chardon dans le derrière, qui l'on a attaché une fusée aux fesses. &#x2013; Il est comme un broche dans le tiroir d'une commode. &#x2013; Il est comme un pou entre deux ongles. &#x2013; Il est comme une carpet sur un grenier. &#x2013; Il se trouve entre deux feux. &#x2013; Il se trouve entre le morteau et l'enclume. &#x2013; Il tient le loup par les oreilles. &#x2013; Le voilà dans de beaux draps dans le pétrin. (<hi rendition="#i">Masson, 842.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Star fra l' in cudine e il martello.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Hac urget lupus hac canis. &#x2013; Inter Orci cancros ad haerere. &#x2013; Intra sacrum et saxum stare. (<hi rendition="#i">Masson, 342.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Kr&#x0119;ci si&#x0119; jak mucha w grochu.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*13 Er steckt in der Klemme, wie ein Hühnchen im Werch.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*14 Er steckt in keiner guten Haut.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*15 Er steckt zwischen Baum und Borke.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Er steckt zwischen Hammer und Ambos.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*17 Er steckt zwischen Thür und Angel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*18 Er steckts niemand vnter die Banck.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Herberger, Hertzpostille, I<hi rendition="#sup">b</hi>, 31.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*19 Es steckt ihm in der Haut; wär' es in Kleidern, so möchte man's herabwaschen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*20 Es steckt ihm in der Nase.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*21 Es steckt im Fleisch und nicht im Haar, man schert es sonst ab.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*22 Es steckt nicht im Spiegel, was man darin sieht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*23 I hab' ihm a paar g'steckt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hügel, 153<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. ein paar Ohrfeigen gegeben.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[394]/0400] Staussen. * Er stausst sich, wü der Fiedel hängt. In Podolien von Beschränkten, die das allereinfachste erst nach grosser Anstrengung inne werden. Sich staussen = jüdisch-deutsch für merken, gewahr werden. Stavoren. * Stavoren in Stavoren suchen. Die Redensart findet ihre Erklärung in folgender Sage. Zur Zeit als das Glück dieser Stadt, der ehemaligen Hauptstadt von Vriesland, die zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig und gab dem Kapitän den Auftrag, die besten Waaren von dort zurückzubringen. Er nahm Weizen ein, und glaubte so, den ihm gewordenen Auftrag am treulichsten erfüllt zu haben. Als aber bei seiner Rückkehr die Frau hörte, was er geladen habe, gerieth sie in grossen Zorn und fragte ihn, auf welcher Seite der Weizen ins Schiff gebracht worden sei. Als er antwortete: am Backbord, befahl sie, er möge ihn nur am Steuerbord wieder ausladen und ins Meer werfen. Aber kaum war es geschehen, so entstand eine so gewaltige Sandbank, dass der Hafen geschlossen wurde, die Schiffahrt aufhörte und man bald Stavoren in Stavoren suchen musste. Von der frühern Glanzzeit der Stadt erhielt sich nur die Erinnerung im Munde des Volks; aber noch Jahrhunderte hindurch wuchsen auf der Sandbank alle Sommer Aehren von schönem Aussehen, aber ohne Körner. An die durch Glück üppig gewordenen Bewohner der erwähnten Stadt erinnert auch die Redensart: Die verwöhnten Kinder von Stavoren. (Reinsberg VI, 48.) Steam. *1 Giw em Stîm (oder: Ik waer di Stîm geben). (Ostseeküste.) Mache ihm Beine! Ich will dich in Trab setzen. Von Dampfmaschinen entlehnt. Infolge des Verkehrs mit England sind in den deutschen Küstenstädten viele englische Wörter in die deutsche Volkssprache übergegangen. *2 He giwt Stîm. Er zieht ab, macht sich aus dem Staube. Stechen. 1 Den einen sticht man mit einer Nadel, den andern mit der Heugabel. Holl.: De eene kan men prikken met eene speld, en de ander met eene hooivork. (Harrebomée, II, 287a.) 2 Den sticht keiner als ein Hummeler1. (Nürtingen.) 1) Hummel, Bombos. Wortspiel mit dem doppelsinnigen Worte „stechen“. 3 Es sticht beizeiten, was ein Dorn werden will. – Winckler, XIV, 87. 4 Gestochen ist gestochen, sagte die Nadel zum Degen. Die Russen: Wenn die Nadel den Dolch sieht, sagt sie mein Bruder. (Altmann V, 110.) 5 Gestochen ist nicht gehauen. – Sailer, 68; Simrock, 9892a. 6 Was stechen will, spitzt sich beizeiten. Engl.: It early pricks, that will be a thorn. It.: La spina che vien, pungendo viene. 7 Was sticht, dem muss man aus dem Wege gehen. Böhm.: Bode-li, jdi y cesty. (Čelakovsky, 249.) Wend.: Bodu-li, da dźi z puća. (Čelakovsky, 249.) 8 Wer gestochen wird, schreit. 9 Wer heimlich sticht, der verwund sich selbst. – Petri, II, 718. 10 Wer stechen will, der gürte bass sein Ross. – Liedersaal. 11 Wer sticht ohne Schuld von hinten sehr, und lacht von vorne noch viel mehr, gibt freundlich Wort, Geberd und Schein, der muss ein loser Schelme sein. – Gerlach, 219. *12 Du stichst darneben. – Schottel, 1120b. *13 Eine stechen. In Berlin für: eine Ohrfeige geben. *14 Er lässt sich nicht zweimal stechen. „ ... Denn su woas wull ich ihm verprecha, ich lôss mich ne garn zwemôl stecha.“ (Bertermann, Gedichte in schles. Mundart, Hirschberg 1861, S. 265.) *15 Er sticht wie ein Daus. (Meiningen.) *16 Er sticht wie eine todte Wespe. Ist auch nach seinem Tode noch gefährlich. *17 Er sticht wie eine Wespe, nur dass ers nicht mit dem Allerwerthesten thut. (Köthen.) Scherzhaft beim Kartenspiel. *18 Er sticht wie 'ne Wesp' und flieht. – Körte, 6798a. *19 Es sticht ihm in die Nase. Reizt seine Lüsternheit. *20 He steckt as 'n Adder. – Bueren, 628; Frommann, VI, 281, 660; Kern, 566; Hauskalender, III. Holl.: Hij steekt als een wesp. (Harrebomée, II, 455b.) *21 He stickt as en Imm'. – Diermissen, 182. *22 Stechen wie ein Skorpion. Mhd.: Si tuont alsô der scorpio: dor lecket vor und ist ouch vrô, so er sich balde richet und mit den sweife stichet. (Bonert.) – Der tarunt smaicht mit den augen sêr, vnd mit dem swanez sô hekt er. (Vintler.) (Zingerle, 138.) *23 Wenn me 'na g'stoche hätt', a hätt' koin Tropf' Bluet cha. (Ulm.) Stecher. * Er hat einen Stecher. – Gotthelf, Leiden, I, 25. D. h. einen Rausch. Stechmücke. Wer wird eine Stechmücke zum Scherz umbringen! Zu seinem Vergnügen thut man wol niemand Schaden; es muss wol seine Ursache haben, wenn man gegen jemand eingenommen ist. Steck. * He hett en Stek up. – Eichwald, 1835. Steckbohrer. *1 Ei, ei, sagte der Steckbohrer. *2 Jez cha me nid lang Stäcklibäre und Fäderläsis mache. (Zürich.) – Sutermeister, 79. Stecken (Verb.). 1 Man kann nicht drin stecken. In Würzburg: M'r stäckt nit drinn. (Sartorius, 183.) D. i. man kann nicht immer die innere Beschaffenheit eines Dinges mit Bestimmtheit wissen. 2 Man muss keinen stecken und keinen erwecken. *3 Da steckt er, wie die Maus im Pech. – Herberger, Hertzpostille, I, 751. *4 Da steckt was dahinter. – Hügel, 156a; Eiselein, 578. *5 Da steckt's. – Luthers Ms., S. 1. Lat.: Sagitta perfecta iacta. (Luther's Ms., S. 1.) *6 Er had mi' steck'n lassen. – Hügel, 156a. D. h. mich nicht unterstützt als ich in Bedrängniss war. *7 Er steckt bis über die Ohren in Schulden. – Eiselein, 578. *8 Er steckt drin bis an den Hals. – Frischbier2, 3590. *9 Er steckt drin bis an den Quärder. – Frischbier2, 3590. *10 Er steckt drin bis über die Ohren. – Frischbier2, 3590. *11 Er steckt in der Armuth bis über die Ohren. *12 Er steckt in der Brühe (Patsche, Tinte). Engl.: To hold a wolf by the ears. Frz.: Il est à l'aise comme le diable dans un bénitier. – Il est comme le poisson hors de l'eau. – Il est comme un âru qui a une tête de chardon dans le derrière, qui l'on a attaché une fusée aux fesses. – Il est comme un broche dans le tiroir d'une commode. – Il est comme un pou entre deux ongles. – Il est comme une carpet sur un grenier. – Il se trouve entre deux feux. – Il se trouve entre le morteau et l'enclume. – Il tient le loup par les oreilles. – Le voilà dans de beaux draps dans le pétrin. (Masson, 842.) It.: Star fra l' in cudine e il martello. Lat.: Hac urget lupus hac canis. – Inter Orci cancros ad haerere. – Intra sacrum et saxum stare. (Masson, 342.) Poln.: Kręci się jak mucha w grochu. *13 Er steckt in der Klemme, wie ein Hühnchen im Werch. *14 Er steckt in keiner guten Haut. *15 Er steckt zwischen Baum und Borke. *16 Er steckt zwischen Hammer und Ambos. *17 Er steckt zwischen Thür und Angel. *18 Er steckts niemand vnter die Banck. – Herberger, Hertzpostille, Ib, 31. *19 Es steckt ihm in der Haut; wär' es in Kleidern, so möchte man's herabwaschen. *20 Es steckt ihm in der Nase. *21 Es steckt im Fleisch und nicht im Haar, man schert es sonst ab. *22 Es steckt nicht im Spiegel, was man darin sieht. *23 I hab' ihm a paar g'steckt. – Hügel, 153a. D. h. ein paar Ohrfeigen gegeben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/400
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [394]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/400>, abgerufen am 21.11.2024.