Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] *3 Da ging der Seiger recht. *4 De Seger öss e Leidbedreger. - Frischbier2, 3463. Der Seiger, die falsch gehende Wanduhr, ist ein Leutebetrüger. *5 Er hat den Seiger schlagen hören. In Schlesien: A hot heiren a Seger schlan. (Gomolcke, 82.) Er merkt es, hat Kunde davon bekommen. *6 Nu do giht der Sejer rajcht. (Böhmisch-Friedland.) Da geht die Uhr richtig. In dem Sinne wie: Da weht der Wind von der rechten Seite. *7 Wenn der Seiger schlägt. Seigersteller. Wenn der Seigersteller nicht gut ist vnd die Fürsten Holzknechte sind vnd lassen sich einen kühnen Schreiber regieren; so gehets nicht gut im Regiment. - Petri, II, 633. Seil (s. Seelken). 1 An einem schwachen (morschen) Seile muss man gelinde (nicht zu stark) ziehen. - Simrock, 9467; Körte, 5524. "Mit eim seil das böss ist vnd schwach, soll man ziehen allgemach." Bei Tunnicius (737): Mit kranken seilen sal men lyslik trecken. (Funibus utendam parce qui robore cassi.) Dän.: Man kan ei drage haard med brudet reb. (Bohn I, 387.) Holl.: Aan een krank zeel zal men zachkens trekken. (Bohn I, 296.) - Mit enen cranken repe sal men liselic trecken. (Tunn., 18, 10.) Lat.: Paulatim trahere non forti consule reste. (Loci comm., 120; Sutor, 115; Fallersleben, 514.) 2 Das elfte Seil ist das zehnte Gebot. - Graf, 123, 331. In Bezug auf die Verabreichung des Zehnten galt als Regel, dass derselbe gegeben ward, wo die Frucht sich befand; der zehentberechtigte Herr musste zu den zehentpflichtigen Bauern gehen und sich selbst den Zehent holen. "Kein Mann ist pflichtig", sagt der Sachsenspiegel (I, 54, 2), "seinen Zins ausserhalb seines Hauses zu geben." Wo aber dessenungeachtet die Bauern den Zehnten dem Herrn zu Haus und Hof brachten, trat für diese Mühewaltung ein Abzug ein, was durch das obige Sprichwort ausgedrückt wird. 3 Das sail damit man Fraw Warheit aus dem Brunnen zeucht, ist schon lange zerbrochen. - Gruter, III, 14; Lehmann, II, 76, 31; Sailer, 202. 4 Das Seil bricht nicht immer, wo es am dünnsten ist. 5 Das Seil, damit man einen fangt, das muss gedrehet sein. - Lehmann, 91, 25; Eiselein, 566; Simrock, 9468. 6 Das Seil ist noch im Brunnen. Die Gelegenheit ist noch vorhanden, es ist noch nichts versäumt oder versehen. Frz.: La corde est encore au puits. (Kritzinger, 173b.) 7 Der zeucht an einem langen Seil, der auf eins andern Tod wartet. - Chaos, 683; Winckler, VI, 13. 8 Der zieht an einem langen Seil, der wartet auf ein Erbetheil. Holl.: Hij trekt wel aan een zeer lang touw, die wacht, dat iemand sterven zou. (Harrebomee, II, 342a.) 9 Dürre Seile binden nicht. Holl.: Drooge knoopen binden niet wel. (Harrebomee, I, 421a.) 10 Ein dreifach Seil zerreisst nicht leicht. Frz.: Corde triplee est de duree. Lat.: Funiculus triplex difficile rompitur. (Bovill, II, 131.) 11 Einer wirft den andern über das Seil und führt ihn hinter den Ofen. Nach Eiselein (499) kommt diese Redensart bei Geiler vor und ist ohne Zweifel in dem Sinne zu verstehen: Einer wirft dem andern das Seil (s. d. 25) über. 12 Man muss das Seil vor sich drehen und hinter sich gehen wie ein Seiler. 13 Seil aus Sand, wie hält das Band? - Körte, 5523; Simrock, 9466. 14 Vom Seil das härteste End' wird dem Armen zugewendt. Bei Tunnicius (288): Dat hardeste van dem repe doet men dem armen. (Durior ipsa datur misero pars restis egenti.) Holl.: Die weeste hevet dat quaetste van den repe. (Fallersleben, 198.) Lat.: Dispariter funem dives inopsque trahunt. (Reineke, 2, 1034.) - Inops peiorem restis tenet undique partem. [Spaltenumbruch] 15 Wenn man ein seil zu hart anzeucht, dasselb zerreisst gar gern vnd leicht. - Zinkgref, IV, 347; Chaos, 573. Frz.: Par trop tendre la corde on la rompt. (Kritzinger, 674a.) 16 Wider ein gespanntes Seil ist bös ziehen. Dän.: Det er ilde nod ramme reeb at drage, thi da drager den sterkere den svagere i vandet. (Prov. dan., 118.) 17 Wir ziehen all an Ein seyl. - Tappius, 135a; Sailer, 119; Simrock, 1971. *18 Am rechten Seil ziehen. - Pestalozzi, XII, 127. *19 An diesem Seil muss man nicht ziehen. Muss sich an der Sache nicht betheiligen, nicht daran mit arbeiten. *20 An Einem Seil miteinander ziehen. - Eiselein, 566. Entweder sein Mitschuldiger oder mit ihm eines Sinnes sein, ein gemeinschaftliches Geschäft mit ihm besorgen, ein Schicksal mit ihm tragen. *21 Auf dem Seil gehen (tanzen). "Sollet euch hüten für Häusern, wo die Fraw der ehren nicht fromb ist, hilft mit Helen und Platzhalten, auff dem Seil gehen, den Beeren führen, kuppelt, tregt nur Mundmähre vnd böse Botschafft." (Mathesy, 147a.) Lat.: Ire per extentum funem. ( Horaz.) (Philippi, I, 212.) *22 De träcken e Sel. (Bedburg.) Verfolgen gleichen Zweck, in dem Sinne: De leggen onger ener Deck, de tuten en im Hoer. *23 Ein Seil aus Sand flechten. Als z. B. die Welt von angeborenen, angeerbten und durch Gewohnheit eingeimpften Vorurtheilen zurückbringen wollen. *24 Einem das Seil über den Kopf (die Hörner) werfen. (S. Seilchen.) *25 Einem das Seil überwerfen. So muss die Redensart nach unserer jetzigen Construction ihrem Sinne zufolge wol heissen. Bei Franck (I, 104a) und Körte (5524a): Vber das Seil werffen. Bei Murner (Nb., 69)) Vber einen das seil werffen. Es heisst dort: "Ich würd der narren auch bedörffen, die vber das seil einander werffen." (Kloster, IV, 811.) Dem Sinne nach werfen sie einander aber nicht über das Seil, sie werfen einander vielmehr das Seil über, sie berücken, betrügen, übervortheilen einander. Murner sagt a. a. O.: "Wer yetz den andern bescheissen kann u. s. w., den schreibe ich für ein meister an. Ker ich nit an mein ernst und fleiss, das ich ein andern selbs bescheiss, so muss ich von jn beschissen sein." Bei Waldis (IV, 94, 6) findet sich die Redensart in derselben Form und Bedeutung. Es heisst dort: "Vnd wie der fuchs den wolff gefatzt mit schmeichelworten offt berückt vnd vielmal vbers seil gerückt." Der Fuchs hat, wie Sandvoss (49) ausführt, den Wolf oft berückt und ihn - denn das ist zu ergänzen - oft das Seil (nämlich über den Kopf, die Ohren) übergerückt. Die Redensart, einem das Seil über den Kopf werfen, lebt noch frisch im Volksmunde. Bei Fritz Reuter heisst es: "Dass man noch immer damit umgeht, dir das Seil über die Hörner zu werfen." (S. Seilchen.) Es heisst dann weiter: "Gedacht, jm solchs einst heim zu treiben, wo er jm nicht ein auch verkleiben, vnd zoch seine beste Kunst herfür, dass er jn einst verlieff die Thür." In diesem Sinne der Uebervortheilung ist die Redensart auch wol in folgender Stelle der Bairischen Chronik zu verstehen: "Hertzog Ludwig von Ingelstatt vermeint ... Keyser Carl hett seinem Vettern Hertzog Otten in solchem Kauff mercklich vber das seil geworffen, hett jm nicht die strick an den Glocken bezalt." (Aventin, CCCCCXIIIIb.) *26 Einen auff dem Seil gehen lassen. "Mancher (um zu borgen) leuffet einem zu Hauss vnd Hofe ..., schreibet grosse Briefe, bringt Vorschriften aus, lest den Kirchendiener auff dem Seyl gehen, ob er kündte die frist erstrecken." (Mathesy, 190b.) *27 Einen mit seinem eigenen Seile erdrosseln. Ihn durch seine eigenen Worte widerlegen, ihn in seiner eigenen List fangen. *28 Er geht im Seil. Hat die Leine um den Leib geschlungen, um ein Zugschiff fortzubringen. Um zu sagen: er verdient sich sein Brot sauer. *29 Er hat das Seil an Hörnern. (S. Garn 44 und Narrenkappe.) - Lehmann, 935, 13. *30 Er hat mehr als ein Seil zu seiner Kunst. Mehr als ein Mittel in Bereitschaft. *31 Er hat sich das Seil lassen über die Hörner werfen. - Körte, 5523b; Braun, I, 4071. *32 Er läuft ins Seil. Muss mit ziehen, statt mit zu fahren, von Gecken, oder als Spott für Getäuschte. *33 Er will ein Seil durch ein Nadelöhr ziehen. Engl.: He puts a rope to the eye of a needle. (Bohn I, 65.)
[Spaltenumbruch] *3 Da ging der Seiger recht. *4 De Seger öss e Lîdbedreger. – Frischbier2, 3463. Der Seiger, die falsch gehende Wanduhr, ist ein Leutebetrüger. *5 Er hat den Seiger schlagen hören. In Schlesien: A hot hîren a Seger schlan. (Gomolcke, 82.) Er merkt es, hat Kunde davon bekommen. *6 Nu dô giht der Sêjer râjcht. (Böhmisch-Friedland.) Da geht die Uhr richtig. In dem Sinne wie: Da weht der Wind von der rechten Seite. *7 Wenn der Seiger schlägt. Seigersteller. Wenn der Seigersteller nicht gut ist vnd die Fürsten Holzknechte sind vnd lassen sich einen kühnen Schreiber regieren; so gehets nicht gut im Regiment. – Petri, II, 633. Seil (s. Seelken). 1 An einem schwachen (morschen) Seile muss man gelinde (nicht zu stark) ziehen. – Simrock, 9467; Körte, 5524. „Mit eim seil das böss ist vnd schwach, soll man ziehen allgemach.“ Bei Tunnicius (737): Mit kranken seilen sal men lyslik trecken. (Funibus utendam parce qui robore cassi.) Dän.: Man kan ei drage haard med brudet reb. 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Ihn durch seine eigenen Worte widerlegen, ihn in seiner eigenen List fangen. *28 Er geht im Seil. Hat die Leine um den Leib geschlungen, um ein Zugschiff fortzubringen. Um zu sagen: er verdient sich sein Brot sauer. *29 Er hat das Seil an Hörnern. (S. Garn 44 und Narrenkappe.) – Lehmann, 935, 13. *30 Er hat mehr als ein Seil zu seiner Kunst. Mehr als ein Mittel in Bereitschaft. *31 Er hat sich das Seil lassen über die Hörner werfen. – Körte, 5523b; Braun, I, 4071. *32 Er läuft ins Seil. Muss mit ziehen, statt mit zu fahren, von Gecken, oder als Spott für Getäuschte. *33 Er will ein Seil durch ein Nadelöhr ziehen. Engl.: He puts a rope to the eye of a needle. (Bohn I, 65.)
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*3 Da ging der Seiger recht.
*4 De Seger öss e Lîdbedreger. – Frischbier2, 3463.
Der Seiger, die falsch gehende Wanduhr, ist ein Leutebetrüger.
*5 Er hat den Seiger schlagen hören.
In Schlesien: A hot hîren a Seger schlan. (Gomolcke, 82.) Er merkt es, hat Kunde davon bekommen.
*6 Nu dô giht der Sêjer râjcht. (Böhmisch-Friedland.)
Da geht die Uhr richtig. In dem Sinne wie: Da weht der Wind von der rechten Seite.
*7 Wenn der Seiger schlägt.
Seigersteller.
Wenn der Seigersteller nicht gut ist vnd die Fürsten Holzknechte sind vnd lassen sich einen kühnen Schreiber regieren; so gehets nicht gut im Regiment. – Petri, II, 633.
Seil (s. Seelken).
1 An einem schwachen (morschen) Seile muss man gelinde (nicht zu stark) ziehen. – Simrock, 9467; Körte, 5524.
„Mit eim seil das böss ist vnd schwach, soll man ziehen allgemach.“ Bei Tunnicius (737): Mit kranken seilen sal men lyslik trecken. (Funibus utendam parce qui robore cassi.)
Dän.: Man kan ei drage haard med brudet reb. (Bohn I, 387.)
Holl.: Aan een krank zeel zal men zachkens trekken. (Bohn I, 296.) – Mit enen cranken repe sal men liselic trecken. (Tunn., 18, 10.)
Lat.: Paulatim trahere non forti consule reste. (Loci comm., 120; Sutor, 115; Fallersleben, 514.)
2 Das elfte Seil ist das zehnte Gebot. – Graf, 123, 331.
In Bezug auf die Verabreichung des Zehnten galt als Regel, dass derselbe gegeben ward, wo die Frucht sich befand; der zehentberechtigte Herr musste zu den zehentpflichtigen Bauern gehen und sich selbst den Zehent holen. „Kein Mann ist pflichtig“, sagt der Sachsenspiegel (I, 54, 2), „seinen Zins ausserhalb seines Hauses zu geben.“ Wo aber dessenungeachtet die Bauern den Zehnten dem Herrn zu Haus und Hof brachten, trat für diese Mühewaltung ein Abzug ein, was durch das obige Sprichwort ausgedrückt wird.
3 Das sail damit man Fraw Warheit aus dem Brunnen zeucht, ist schon lange zerbrochen. – Gruter, III, 14; Lehmann, II, 76, 31; Sailer, 202.
4 Das Seil bricht nicht immer, wo es am dünnsten ist.
5 Das Seil, damit man einen fangt, das muss gedrehet sein. – Lehmann, 91, 25; Eiselein, 566; Simrock, 9468.
6 Das Seil ist noch im Brunnen.
Die Gelegenheit ist noch vorhanden, es ist noch nichts versäumt oder versehen.
Frz.: La corde est encore au puits. (Kritzinger, 173b.)
7 Der zeucht an einem langen Seil, der auf eins andern Tod wartet. – Chaos, 683; Winckler, VI, 13.
8 Der zieht an einem langen Seil, der wartet auf ein Erbetheil.
Holl.: Hij trekt wel aan een zeer lang touw, die wacht, dat iemand sterven zou. (Harrebomée, II, 342a.)
9 Dürre Seile binden nicht.
Holl.: Drooge knoopen binden niet wel. (Harrebomée, I, 421a.)
10 Ein dreifach Seil zerreisst nicht leicht.
Frz.: Corde triplée est de durée.
Lat.: Funiculus triplex difficile rompitur. (Bovill, II, 131.)
11 Einer wirft den andern über das Seil und führt ihn hinter den Ofen.
Nach Eiselein (499) kommt diese Redensart bei Geiler vor und ist ohne Zweifel in dem Sinne zu verstehen: Einer wirft dem andern das Seil (s. d. 25) über.
12 Man muss das Seil vor sich drehen und hinter sich gehen wie ein Seiler.
13 Seil aus Sand, wie hält das Band? – Körte, 5523; Simrock, 9466.
14 Vom Seil das härteste End' wird dem Armen zugewendt.
Bei Tunnicius (288): Dat hardeste van dem repe doet men dem armen. (Durior ipsa datur misero pars restis egenti.)
Holl.: Die weeste hevet dat quaetste van den repe. (Fallersleben, 198.)
Lat.: Dispariter funem dives inopsque trahunt. (Reineke, 2, 1034.) – Inops peiorem restis tenet undique partem.
15 Wenn man ein seil zu hart anzeucht, dasselb zerreisst gar gern vnd leicht. – Zinkgref, IV, 347; Chaos, 573.
Frz.: Par trop tendre la corde on la rompt. (Kritzinger, 674a.)
16 Wider ein gespanntes Seil ist bös ziehen.
Dän.: Det er ilde nod ramme reeb at drage, thi da drager den sterkere den svagere i vandet. (Prov. dan., 118.)
17 Wir ziehen all an Ein seyl. – Tappius, 135a; Sailer, 119; Simrock, 1971.
*18 Am rechten Seil ziehen. – Pestalozzi, XII, 127.
*19 An diesem Seil muss man nicht ziehen.
Muss sich an der Sache nicht betheiligen, nicht daran mit arbeiten.
*20 An Einem Seil miteinander ziehen. – Eiselein, 566.
Entweder sein Mitschuldiger oder mit ihm eines Sinnes sein, ein gemeinschaftliches Geschäft mit ihm besorgen, ein Schicksal mit ihm tragen.
*21 Auf dem Seil gehen (tanzen).
„Sollet euch hüten für Häusern, wo die Fraw der ehren nicht fromb ist, hilft mit Helen und Platzhalten, auff dem Seil gehen, den Beeren führen, kuppelt, tregt nur Mundmähre vnd böse Botschafft.“ (Mathesy, 147a.)
Lat.: Ire per extentum funem. ( Horaz.) (Philippi, I, 212.)
*22 De träcken ê Sêl. (Bedburg.)
Verfolgen gleichen Zweck, in dem Sinne: De leggen onger ener Deck, de tuten en im Hoer.
*23 Ein Seil aus Sand flechten.
Als z. B. die Welt von angeborenen, angeerbten und durch Gewohnheit eingeimpften Vorurtheilen zurückbringen wollen.
*24 Einem das Seil über den Kopf (die Hörner) werfen. (S. Seilchen.)
*25 Einem das Seil überwerfen.
So muss die Redensart nach unserer jetzigen Construction ihrem Sinne zufolge wol heissen. Bei Franck (I, 104a) und Körte (5524a): Vber das Seil werffen. Bei Murner (Nb., 69)) Vber einen das seil werffen. Es heisst dort: „Ich würd der narren auch bedörffen, die vber das seil einander werffen.“ (Kloster, IV, 811.) Dem Sinne nach werfen sie einander aber nicht über das Seil, sie werfen einander vielmehr das Seil über, sie berücken, betrügen, übervortheilen einander. Murner sagt a. a. O.: „Wer yetz den andern bescheissen kann u. s. w., den schreibe ich für ein meister an. Ker ich nit an mein ernst und fleiss, das ich ein andern selbs bescheiss, so muss ich von jn beschissen sein.“ Bei Waldis (IV, 94, 6) findet sich die Redensart in derselben Form und Bedeutung. Es heisst dort: „Vnd wie der fuchs den wolff gefatzt mit schmeichelworten offt berückt vnd vielmal vbers seil gerückt.“ Der Fuchs hat, wie Sandvoss (49) ausführt, den Wolf oft berückt und ihn – denn das ist zu ergänzen – oft das Seil (nämlich über den Kopf, die Ohren) übergerückt. Die Redensart, einem das Seil über den Kopf werfen, lebt noch frisch im Volksmunde. Bei Fritz Reuter heisst es: „Dass man noch immer damit umgeht, dir das Seil über die Hörner zu werfen.“ (S. Seilchen.) Es heisst dann weiter: „Gedacht, jm solchs einst heim zu treiben, wo er jm nicht ein auch verkleiben, vnd zoch seine beste Kunst herfür, dass er jn einst verlieff die Thür.“ In diesem Sinne der Uebervortheilung ist die Redensart auch wol in folgender Stelle der Bairischen Chronik zu verstehen: „Hertzog Ludwig von Ingelstatt vermeint ... Keyser Carl hett seinem Vettern Hertzog Otten in solchem Kauff mercklich vber das seil geworffen, hett jm nicht die strick an den Glocken bezalt.“ (Aventin, CCCCCXIIIIb.)
*26 Einen auff dem Seil gehen lassen.
„Mancher (um zu borgen) leuffet einem zu Hauss vnd Hofe ..., schreibet grosse Briefe, bringt Vorschriften aus, lest den Kirchendiener auff dem Seyl gehen, ob er kündte die frist erstrecken.“ (Mathesy, 190b.)
*27 Einen mit seinem eigenen Seile erdrosseln.
Ihn durch seine eigenen Worte widerlegen, ihn in seiner eigenen List fangen.
*28 Er geht im Seil.
Hat die Leine um den Leib geschlungen, um ein Zugschiff fortzubringen. Um zu sagen: er verdient sich sein Brot sauer.
*29 Er hat das Seil an Hörnern. (S. Garn 44 und Narrenkappe.) – Lehmann, 935, 13.
*30 Er hat mehr als ein Seil zu seiner Kunst.
Mehr als ein Mittel in Bereitschaft.
*31 Er hat sich das Seil lassen über die Hörner werfen. – Körte, 5523b; Braun, I, 4071.
*32 Er läuft ins Seil.
Muss mit ziehen, statt mit zu fahren, von Gecken, oder als Spott für Getäuschte.
*33 Er will ein Seil durch ein Nadelöhr ziehen.
Engl.: He puts a rope to the eye of a needle. (Bohn I, 65.)
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