Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] kommt und klopft nur auf die Hosen, so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen." (Vgl. Oeser, 577.) Aehnliche Spitznamen sind: die päpstlichen "Schlüsselsoldaten" und die französische "Löffelgarde".


Reissen.

1 Es reisst am ersten, wo's dünn ist.

2 Es reisset oft in Augenblicken, was man im Jahre nicht kann flicken.

3 So reissen sich die Lappen um die Kappen.

*4 Er hat's Reissen wie die Sau unterm Lähthor1.

1) Lahnthor in Marburg. Ironisch von einem, der gern gesehen wird.

*5 He ritt (reisst) sick as'n dod Bigge (Ferkel) in de Sack. - Bueren, 618; Frommann, VI, 281, 658.

*6 Ich will mich eynmal darauss reissen. - Tappius, 129b; Sailer, 118.

*7 Lat't reiten, seggt Ocke. - Kern, 159.

Lass es gewähren.

*8 Man reisst sich vmb jhn wie vmb die marterwochen. - Franck, I, 117b; Sailer, 306; Körte, 4135a; Braun, I, 2575.

Spott auf den Uebelgelittenen.

*9 Neisd ze reissen, neisd ze beissen. (Trier.) - Laven, 188, 83.

Von grosser Armuth und Noth.

*10 Reissen vnd kratzen, schinden vnd schaben. - Aventin, CCLXXXVIb.


Reissteufel.

* Es ist ein Reissteuffel.

"Hier wird der Pabst mir einreden durch seine Schreimäuler und Reissteuffel." (Luther's Werke, VII, 283.)


Reit (s. Riet).

1 De in 't Reit sitt, het god Peipen sneiden. (Ostfries.) - Bueren, 143; Frommann, IV, 141, 303; Eichwald, 1507; Hauskalender, I.

*2 He sitt in 't Reit to Pipen schneiden. - Hauskalender, IV.


Reiten.

1 Beim Reiten macht man den Mund zu und den Ars auf, in der Gesellschaft ist's umgekehrt. (Schles.)

Beim Einüben der Rekruten der Cavalerie, auch von Reitlehrern angewandt. Zur richtigen Haltung der Schenkel ist das eine und zur Vermeidung eines einfältigen Aussehens das andere erforderlich.

2 Besser demütig geritten als stoltz zu fuss gangen. - Gruter, III, 9.

In Aegypten, wo Personen von hohem Range eine ungewöhnliche Furcht oder Abneigung vorm Gehen besitzen und sich, wenn sie die Kinderjahre hinter sich haben, selten ausser dem Hause zu Fuss sehen lassen, sagt man, dieser Abneigung sprichwörtlich Ausdruck gebend: "Auf einem Rosskäfer reiten ist immer besser als auf einem Teppich (selber) gehen." Sie entschuldigen sich gewöhnlich mit der Unreinlichkeit der Strassen, die aber wahrscheinlich erst eine Folge ihrer Abneigung gegen das Gehen ist. Die Ursache dieser Abneigung ist in der für Fussgänger unbequemen Tracht, noch mehr aber in dem Hange zur Unthätigkeit und Gemächlichkeit zu suchen. Die Vornehmen bedienen sich der Pferde, am liebsten aber der Esel, da man sich bequem auf sie setzen und durch die niedern Eingänge der Häuser reiten kann. Man findet daher an allen Strassenecken gesattelte Esel, welche für einen geringen Preis zu miethen sind. (Burckhardt, 308.)

3 Besser reiten als geritten werden.

4 Besser übel g'ritte als gut g'laufe. (Luzern.)

5 Besser zu zwei reiten als allein laufen (zu Fuss gehen). (Stuttgart.)

6 Das Reiten, Fechten und die Laut, das Spielen, Saufen und die Braut verderben manche gute Haut. - Gerlach, 216.

7 Der reitet sanfft, den Gottes gnade trägt. - Henisch, 1692, 65.

8 Der reitet wohl, der mit seinesgleichen reitet. - Henisch, 1645, 54; Petri, II, 105; Gryphius, 106.

9 Es ist besser, liederlich geritten als hoffärtig gefahren. - Simrock, 8416.

10 Es muss mancher reiten, der nicht gesattelt hat.

Port.: Ainda nao sellamos, ja cavalgamos. (Bohn I, 264.)

11 Es reitet mancher auf einem Gaul, der zuvor zu Fuss ging.

12 Et is better demoidig geridden osse hauchmoidig gegangen. (Waldeck.) - Curtze, 338, 303.

[Spaltenumbruch] 13 Hineingeritten oder hineingefahren, ist gleich. - Klix, 74.

14 Jeder ritt sin Steckenperd. (Rendsburg.)

Engl.: Every one has his hobbyhorse. (Masson, 321.)

Frz.: Chacun a son califourchon, son grand cheval de bataille. - Chacun a son dada. (Masson, 321.)

15 Lang vnd müd reiten, als man spricht, einen gekrümmten Fuss wol richt. - Sutor, 407.

Lat.: Quando fatigatur, equitis pes rectificatur. (Fallersleben, 451; Loci comm., 104.)

16 Langes Reiten richtet den krummen Fuss. - Petri, II, 431; Simrock, 8417; Körte, 5058.

17 Man kann nicht miteinander reiten und reden. - Simrock, 8415.

18 Mi mues reit'a und reda z'säma chönna. (Bern.) - Zyro, 10.

19 Reite nicht auf anderer Leute Pferden.

Altfries.: Rid ek üp üdderlids hingster. (Hansen, 12.)

20 Reiten macht krumme Beine.

Holl.: Langhe riden richt den crommen voet. (Tunn., 17, 7.)

21 Reiten und Singen ist zweierlei. - Sutor, 218.

Ernst- und scherzhafte Dinge müssen nicht miteinander vermengt werden.

Lat.: Alia res sceptrum, alia plectrum. - Equitandi peritus ne cantet. (Binder I, 416; II, 958; Erasm., 821; Philippi, I, 134; Seybold, 17 u. 147.)

22 Reiten vnd lauffen gehet nicht gleich zu. - Henisch, 1436, 32.

Beide strengen an, eins mehr als das andere. Die Franzosen sagen: C'est grand peine d'aller a cheval et la mort d'aller a pied. (Leroux, II, 193.)

23 Reiten vnd Rauben (s. d. 7) ist keine Schande, es thuns die besten (Edelsten, Tapfersten) im Lande. - Petri, III, 10; Körte, 5056; Graf, 98; Venedey, 165; Simrock, 8412.

Aus einem Liede der alten Raubritter in ein Sprichwort übergegangen. Die Bauern antworteten auf diesen Spruch: "Kein Sünd' ist's, sie hängen, rädern, köpfen, niederstechen, wir behielten sonst nichts zu beissen und zu brechen." (Vgl. Westfäl. Charaktere über das ehem. Leben des höhern und niedern Adels, von L. Schücking im Illustr. Familienbuch, Bd. 7, Hft. 2, S. 50.)

24 Riden un Rowen dat wir kein Schand, dat ded dei Adel in ganzen Land.

25 Ungewohnt Reiten macht wunden Ars. - Simrock, 8413; Körte, 5057.

Holl.: Onghewoon riden maket den eers seer. (Tunn., 21, 3.)

Lat.: Laeditur in clune vir raro solens equitare. (Fallersleben, 565.)

26 Viel Reiten macht gerade Beine.

Bei Tunnicius (688): Vele ryden maket rechte beine. (Crebro facit diuturna pedes equitatio rectos.)

27 War ni zu räiten versteiht, wäit sicherer zu Fusse geiht. (Kreis Militsch in Schlesien.)

28 Wär vele ritt, (dei) mot vele beslaen (laten). - Schambach, II, 519.

Wer ein gross Haus macht, hat viel Unkosten zu bestreiten.

29 Warde reit, der reit; warde leit, dar leit. - Gomolcke, 1064; Petri, II, 748; Körte, 6776.

Geehrt wird jener, mit Füssen getreten dieser.

30 Wei junk riet, mott alt gohn. (Waldeck.) - Curtze, 339, 315.

Wenn jemand grossartig anfängt und es nicht ausführen kann.

31 Wei vöer fiftig (funfzig) Joahren ritt, mut noa fiftig goaen. (Marsberg.) - Firmenich, I, 320, 10; für Meurs: Firmenich, I, 401, 78; für Waldeck: Curtze, 339, 316.

32 Wenn einer nit wohl reiten kann, so muss der Gaul die Schuld dran han. - Hausblätter (Stuttgart 1867), Hft. 9; Petri, II, 651.

33 Wer das Reiten gewohnt ist, dem wird dann das Gehen sauer (schwer). - Altmann VI, 451.

34 Wer dess reitens vngewöhnt ist, der verwundet den Hindern. - Petri, II, 694.

Holl.: Ongewoonte in't rijden brengt smartende billen. (Harrebomee, II, 234a.)

35 Wer hinter einem andern reitet, kann nicht absteigen (halten, satteln), wann er will.

Span.: Quien tras otro cabalga, no ensilla cuando quiere. (Bohn I, 253.)

[Spaltenumbruch] kommt und klopft nur auf die Hosen, so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen.“ (Vgl. Oeser, 577.) Aehnliche Spitznamen sind: die päpstlichen „Schlüsselsoldaten“ und die französische „Löffelgarde“.


Reissen.

1 Es reisst am ersten, wo's dünn ist.

2 Es reisset oft in Augenblicken, was man im Jahre nicht kann flicken.

3 So reissen sich die Lappen um die Kappen.

*4 Er hat's Reissen wie die Sau unterm Lähthor1.

1) Lahnthor in Marburg. Ironisch von einem, der gern gesehen wird.

*5 He ritt (reisst) sick as'n dôd Bigge (Ferkel) in de Sack.Bueren, 618; Frommann, VI, 281, 658.

*6 Ich will mich eynmal darauss reissen.Tappius, 129b; Sailer, 118.

*7 Lât't rîten, seggt Ocke.Kern, 159.

Lass es gewähren.

*8 Man reisst sich vmb jhn wie vmb die marterwochen.Franck, I, 117b; Sailer, 306; Körte, 4135a; Braun, I, 2575.

Spott auf den Uebelgelittenen.

*9 Neisd ze reissen, neisd ze beissen. (Trier.) – Laven, 188, 83.

Von grosser Armuth und Noth.

*10 Reissen vnd kratzen, schinden vnd schaben.Aventin, CCLXXXVIb.


Reissteufel.

* Es ist ein Reissteuffel.

„Hier wird der Pabst mir einreden durch seine Schreimäuler und Reissteuffel.“ (Luther's Werke, VII, 283.)


Reit (s. Riet).

1 De in 't Reit sitt, het gôd Pîpen snîden. (Ostfries.) – Bueren, 143; Frommann, IV, 141, 303; Eichwald, 1507; Hauskalender, I.

*2 He sitt in 't Reit to Pipen schnîden.Hauskalender, IV.


Reiten.

1 Beim Reiten macht man den Mund zu und den Ars auf, in der Gesellschaft ist's umgekehrt. (Schles.)

Beim Einüben der Rekruten der Cavalerie, auch von Reitlehrern angewandt. Zur richtigen Haltung der Schenkel ist das eine und zur Vermeidung eines einfältigen Aussehens das andere erforderlich.

2 Besser demütig geritten als stoltz zu fuss gangen.Gruter, III, 9.

In Aegypten, wo Personen von hohem Range eine ungewöhnliche Furcht oder Abneigung vorm Gehen besitzen und sich, wenn sie die Kinderjahre hinter sich haben, selten ausser dem Hause zu Fuss sehen lassen, sagt man, dieser Abneigung sprichwörtlich Ausdruck gebend: „Auf einem Rosskäfer reiten ist immer besser als auf einem Teppich (selber) gehen.“ Sie entschuldigen sich gewöhnlich mit der Unreinlichkeit der Strassen, die aber wahrscheinlich erst eine Folge ihrer Abneigung gegen das Gehen ist. Die Ursache dieser Abneigung ist in der für Fussgänger unbequemen Tracht, noch mehr aber in dem Hange zur Unthätigkeit und Gemächlichkeit zu suchen. Die Vornehmen bedienen sich der Pferde, am liebsten aber der Esel, da man sich bequem auf sie setzen und durch die niedern Eingänge der Häuser reiten kann. Man findet daher an allen Strassenecken gesattelte Esel, welche für einen geringen Preis zu miethen sind. (Burckhardt, 308.)

3 Besser reiten als geritten werden.

4 Besser übel g'ritte als gut g'laufe. (Luzern.)

5 Besser zu zwei reiten als allein laufen (zu Fuss gehen). (Stuttgart.)

6 Das Reiten, Fechten und die Laut, das Spielen, Saufen und die Braut verderben manche gute Haut.Gerlach, 216.

7 Der reitet sanfft, den Gottes gnade trägt.Henisch, 1692, 65.

8 Der reitet wohl, der mit seinesgleichen reitet.Henisch, 1645, 54; Petri, II, 105; Gryphius, 106.

9 Es ist besser, liederlich geritten als hoffärtig gefahren.Simrock, 8416.

10 Es muss mancher reiten, der nicht gesattelt hat.

Port.: Ainda não sellamos, ja cavalgamos. (Bohn I, 264.)

11 Es reitet mancher auf einem Gaul, der zuvor zu Fuss ging.

12 Et is better demoidig geridden osse hauchmoidig gegangen. (Waldeck.) – Curtze, 338, 303.

[Spaltenumbruch] 13 Hineingeritten oder hineingefahren, ist gleich.Klix, 74.

14 Jeder ritt sin Steckenperd. (Rendsburg.)

Engl.: Every one has his hobbyhorse. (Masson, 321.)

Frz.: Chacun a son califourchon, son grand cheval de bataille. – Chacun a son dada. (Masson, 321.)

15 Lang vnd müd reiten, als man spricht, einen gekrümmten Fuss wol richt.Sutor, 407.

Lat.: Quando fatigatur, equitis pes rectificatur. (Fallersleben, 451; Loci comm., 104.)

16 Langes Reiten richtet den krummen Fuss.Petri, II, 431; Simrock, 8417; Körte, 5058.

17 Man kann nicht miteinander reiten und reden.Simrock, 8415.

18 Mi mues rît'a und reda z'säma chönna. (Bern.) – Zyro, 10.

19 Reite nicht auf anderer Leute Pferden.

Altfries.: Rid ek üp üdderlids hingster. (Hansen, 12.)

20 Reiten macht krumme Beine.

Holl.: Langhe riden richt den crommen voet. (Tunn., 17, 7.)

21 Reiten und Singen ist zweierlei.Sutor, 218.

Ernst- und scherzhafte Dinge müssen nicht miteinander vermengt werden.

Lat.: Alia res sceptrum, alia plectrum. – Equitandi peritus ne cantet. (Binder I, 416; II, 958; Erasm., 821; Philippi, I, 134; Seybold, 17 u. 147.)

22 Reiten vnd lauffen gehet nicht gleich zu.Henisch, 1436, 32.

Beide strengen an, eins mehr als das andere. Die Franzosen sagen: C'est grand peine d'aller à cheval et la mort d'aller à pied. (Leroux, II, 193.)

23 Reiten vnd Rauben (s. d. 7) ist keine Schande, es thuns die besten (Edelsten, Tapfersten) im Lande.Petri, III, 10; Körte, 5056; Graf, 98; Venedey, 165; Simrock, 8412.

Aus einem Liede der alten Raubritter in ein Sprichwort übergegangen. Die Bauern antworteten auf diesen Spruch: „Kein Sünd' ist's, sie hängen, rädern, köpfen, niederstechen, wir behielten sonst nichts zu beissen und zu brechen.“ (Vgl. Westfäl. Charaktere über das ehem. Leben des höhern und niedern Adels, von L. Schücking im Illustr. Familienbuch, Bd. 7, Hft. 2, S. 50.)

24 Riden un Rowen dat wir kein Schand, dat ded dei Adel in ganzen Land.

25 Ungewohnt Reiten macht wunden Ars.Simrock, 8413; Körte, 5057.

Holl.: Onghewoon riden maket den eers seer. (Tunn., 21, 3.)

Lat.: Laeditur in clune vir raro solens equitare. (Fallersleben, 565.)

26 Viel Reiten macht gerade Beine.

Bei Tunnicius (688): Vele ryden maket rechte beine. (Crebro facit diuturna pedes equitatio rectos.)

27 War ni zu räiten versteiht, wäit sicherer zu Fusse geiht. (Kreis Militsch in Schlesien.)

28 Wär vêle ritt, (dei) mot vêle beslâen (laten).Schambach, II, 519.

Wer ein gross Haus macht, hat viel Unkosten zu bestreiten.

29 Warde reit, der reit; warde leit, dar leit.Gomolcke, 1064; Petri, II, 748; Körte, 6776.

Geehrt wird jener, mit Füssen getreten dieser.

30 Wei junk riet, mott alt gohn. (Waldeck.) – Curtze, 339, 315.

Wenn jemand grossartig anfängt und es nicht ausführen kann.

31 Wei vöer fiftig (funfzig) Joahren ritt, mut noa fiftig goaen. (Marsberg.) – Firmenich, I, 320, 10; für Meurs: Firmenich, I, 401, 78; für Waldeck: Curtze, 339, 316.

32 Wenn einer nit wohl reiten kann, so muss der Gaul die Schuld dran han.Hausblätter (Stuttgart 1867), Hft. 9; Petri, II, 651.

33 Wer das Reiten gewohnt ist, dem wird dann das Gehen sauer (schwer).Altmann VI, 451.

34 Wer dess reitens vngewöhnt ist, der verwundet den Hindern.Petri, II, 694.

Holl.: Ongewoonte in't rijden brengt smartende billen. (Harrebomée, II, 234a.)

35 Wer hinter einem andern reitet, kann nicht absteigen (halten, satteln), wann er will.

Span.: Quien tras otro cabalga, no ensilla cuando quiere. (Bohn I, 253.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><pb facs="#f0839" n="[825]"/><cb n="1649"/>
kommt und klopft nur auf die Hosen, so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen.&#x201C; (Vgl. <hi rendition="#i">Oeser, 577.</hi>) Aehnliche Spitznamen sind: die päpstlichen &#x201E;Schlüsselsoldaten&#x201C; und die französische &#x201E;Löffelgarde&#x201C;.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Reissen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Es reisst am ersten, wo's dünn ist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Es reisset oft in Augenblicken, was man im Jahre nicht kann flicken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 So reissen sich die Lappen um die Kappen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*4 Er hat's Reissen wie die Sau unterm Lähthor<hi rendition="#sup">1</hi>.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Lahnthor in Marburg. Ironisch von einem, der gern gesehen wird.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*5 He ritt (reisst) sick as'n dôd Bigge (Ferkel) in de Sack.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Bueren, 618; Frommann, VI, 281, 658.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*6 Ich will mich eynmal darauss reissen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tappius, 129<hi rendition="#sup">b</hi>; Sailer, 118.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Lât't rîten, seggt Ocke.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kern, 159.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Lass es gewähren.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*8 Man reisst sich vmb jhn wie vmb die marterwochen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, I, 117<hi rendition="#sup">b</hi>; Sailer, 306; Körte, 4135<hi rendition="#sup">a</hi>; Braun, I, 2575.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Spott auf den Uebelgelittenen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*9 Neisd ze reissen, neisd ze beissen.</hi> (<hi rendition="#i">Trier.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Laven, 188, 83.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von grosser Armuth und Noth.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*10 Reissen vnd kratzen, schinden vnd schaben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Aventin, CCLXXXVI<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Reissteufel.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Es ist ein Reissteuffel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Hier wird der Pabst mir einreden durch seine Schreimäuler und Reissteuffel.&#x201C; (<hi rendition="#i">Luther's Werke, VII, 283.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Reit</hi> (s.  Riet).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 De in 't Reit sitt, het gôd Pîpen snîden.</hi> (<hi rendition="#i">Ostfries.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Bueren, 143; Frommann, IV, 141, 303; Eichwald, 1507; Hauskalender, I.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 He sitt in 't Reit to Pipen schnîden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hauskalender, IV.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Reiten.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Beim Reiten macht man den Mund zu und den Ars auf, in der Gesellschaft ist's umgekehrt.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Beim Einüben der Rekruten der Cavalerie, auch von Reitlehrern angewandt. Zur richtigen Haltung der Schenkel ist das eine und zur Vermeidung eines einfältigen Aussehens das andere erforderlich.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Besser demütig geritten als stoltz zu fuss gangen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 9.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In Aegypten, wo Personen von hohem Range eine ungewöhnliche Furcht oder Abneigung vorm Gehen besitzen und sich, wenn sie die Kinderjahre hinter sich haben, selten ausser dem Hause zu Fuss sehen lassen, sagt man, dieser Abneigung sprichwörtlich Ausdruck gebend: &#x201E;Auf einem Rosskäfer reiten ist immer besser als auf einem Teppich (selber) gehen.&#x201C; Sie entschuldigen sich gewöhnlich mit der Unreinlichkeit der Strassen, die aber wahrscheinlich erst eine Folge ihrer Abneigung gegen das Gehen ist. Die Ursache dieser Abneigung ist in der für Fussgänger unbequemen Tracht, noch mehr aber in dem Hange zur Unthätigkeit und Gemächlichkeit zu suchen. Die Vornehmen bedienen sich der Pferde, am liebsten aber der Esel, da man sich bequem auf sie setzen und durch die niedern Eingänge der Häuser reiten kann. Man findet daher an allen Strassenecken gesattelte Esel, welche für einen geringen Preis zu miethen sind. (<hi rendition="#i">Burckhardt, 308.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Besser reiten als geritten werden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Besser übel g'ritte als gut g'laufe.</hi> (<hi rendition="#i">Luzern.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Besser zu zwei reiten als allein laufen (zu Fuss gehen).</hi> (<hi rendition="#i">Stuttgart.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Das Reiten, Fechten und die Laut, das Spielen, Saufen und die Braut verderben manche gute Haut.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gerlach, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Der reitet sanfft, den Gottes gnade trägt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1692, 65.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Der reitet wohl, der mit seinesgleichen reitet.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1645, 54; Petri, II, 105; Gryphius, 106.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Es ist besser, liederlich geritten als hoffärtig gefahren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 8416.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Es muss mancher reiten, der nicht gesattelt hat.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Port.</hi>: Ainda não sellamos, ja cavalgamos. (<hi rendition="#i">Bohn I, 264.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Es reitet mancher auf einem Gaul, der zuvor zu Fuss ging.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Et is better demoidig geridden osse hauchmoidig gegangen.</hi> (<hi rendition="#i">Waldeck.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Curtze, 338, 303.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1650"/>
13 Hineingeritten oder hineingefahren, ist gleich.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klix, 74.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Jeder ritt sin Steckenperd.</hi> (<hi rendition="#i">Rendsburg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Every one has his hobbyhorse. (<hi rendition="#i">Masson, 321.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Chacun a son califourchon, son grand cheval de bataille. &#x2013; Chacun a son dada. (<hi rendition="#i">Masson, 321.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Lang vnd müd reiten, als man spricht, einen gekrümmten Fuss wol richt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutor, 407.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quando fatigatur, equitis pes rectificatur. (<hi rendition="#i">Fallersleben, 451; Loci comm., 104.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Langes Reiten richtet den krummen Fuss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 431; Simrock, 8417; Körte, 5058.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Man kann nicht miteinander reiten und reden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 8415.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Mi mues rît'a und reda z'säma chönna.</hi> (<hi rendition="#i">Bern.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Zyro, 10.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">19 Reite nicht auf anderer Leute Pferden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Altfries.</hi>: Rid ek üp üdderlids hingster. (<hi rendition="#i">Hansen, 12.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">20 Reiten macht krumme Beine.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Langhe riden richt den crommen voet. (<hi rendition="#i">Tunn., 17, 7.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Reiten und Singen ist zweierlei.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutor, 218.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Ernst- und scherzhafte Dinge müssen nicht miteinander vermengt werden.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Alia res sceptrum, alia plectrum. &#x2013; Equitandi peritus ne cantet. (<hi rendition="#i">Binder I, 416; II, 958; Erasm., 821; Philippi, I, 134; Seybold, 17 u. 147.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Reiten vnd lauffen gehet nicht gleich zu.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1436, 32.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Beide strengen an, eins mehr als das andere. Die Franzosen sagen: C'est grand peine d'aller à cheval et la mort d'aller à pied. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 193.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Reiten vnd  Rauben (s. d. 7) ist keine Schande, es thuns die besten (Edelsten, Tapfersten) im Lande.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, III, 10; Körte, 5056; Graf, 98; Venedey, 165; Simrock, 8412.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Aus einem Liede der alten Raubritter in ein Sprichwort übergegangen. Die Bauern antworteten auf diesen Spruch: &#x201E;Kein Sünd' ist's, sie hängen, rädern, köpfen, niederstechen, wir behielten sonst nichts zu beissen und zu brechen.&#x201C; (Vgl. <hi rendition="#i">Westfäl. Charaktere über das ehem. Leben des höhern und niedern Adels, von L. Schücking im Illustr. Familienbuch, Bd. 7, Hft. 2, S. 50.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">24 Riden un Rowen dat wir kein Schand, dat ded dei Adel in ganzen Land.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Ungewohnt Reiten macht wunden Ars.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 8413; Körte, 5057.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Onghewoon riden maket den eers seer. (<hi rendition="#i">Tunn., 21, 3.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Laeditur in clune vir raro solens equitare. (<hi rendition="#i">Fallersleben, 565.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">26 Viel Reiten macht gerade Beine.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Bei <hi rendition="#i">Tunnicius (688)</hi>: Vele ryden maket rechte beine. (Crebro facit diuturna pedes equitatio rectos.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">27 War ni zu räiten versteiht, wäit sicherer zu Fusse geiht.</hi> (<hi rendition="#i">Kreis Militsch in Schlesien.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">28 Wär vêle ritt, (dei) mot vêle beslâen (laten).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schambach, II, 519.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wer ein gross Haus macht, hat viel Unkosten zu bestreiten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">29 Warde reit, der reit; warde leit, dar leit.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 1064; Petri, II, 748; Körte, 6776.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Geehrt wird jener, mit Füssen getreten dieser.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">30 Wei junk riet, mott alt gohn.</hi> (<hi rendition="#i">Waldeck.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Curtze, 339, 315.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn jemand grossartig anfängt und es nicht ausführen kann.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">31 Wei vöer fiftig (funfzig) Joahren ritt, mut noa fiftig goaen.</hi> (<hi rendition="#i">Marsberg.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 320, 10;</hi> für Meurs: <hi rendition="#i">Firmenich, I, 401, 78;</hi> für Waldeck: <hi rendition="#i">Curtze, 339, 316.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">32 Wenn einer nit wohl reiten kann, so muss der Gaul die Schuld dran han.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hausblätter (Stuttgart 1867), Hft. 9; Petri, II, 651.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">33 Wer das Reiten gewohnt ist, dem wird dann das Gehen sauer (schwer).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Altmann VI, 451.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">34 Wer dess reitens vngewöhnt ist, der verwundet den Hindern.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 694.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Ongewoonte in't rijden brengt smartende billen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 234<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">35 Wer hinter einem andern reitet, kann nicht absteigen (halten, satteln), wann er will.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Span.</hi>: Quien tras otro cabalga, no ensilla cuando quiere. (<hi rendition="#i">Bohn I, 253.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[825]/0839] kommt und klopft nur auf die Hosen, so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen.“ (Vgl. Oeser, 577.) Aehnliche Spitznamen sind: die päpstlichen „Schlüsselsoldaten“ und die französische „Löffelgarde“. Reissen. 1 Es reisst am ersten, wo's dünn ist. 2 Es reisset oft in Augenblicken, was man im Jahre nicht kann flicken. 3 So reissen sich die Lappen um die Kappen. *4 Er hat's Reissen wie die Sau unterm Lähthor1. 1) Lahnthor in Marburg. Ironisch von einem, der gern gesehen wird. *5 He ritt (reisst) sick as'n dôd Bigge (Ferkel) in de Sack. – Bueren, 618; Frommann, VI, 281, 658. *6 Ich will mich eynmal darauss reissen. – Tappius, 129b; Sailer, 118. *7 Lât't rîten, seggt Ocke. – Kern, 159. Lass es gewähren. *8 Man reisst sich vmb jhn wie vmb die marterwochen. – Franck, I, 117b; Sailer, 306; Körte, 4135a; Braun, I, 2575. Spott auf den Uebelgelittenen. *9 Neisd ze reissen, neisd ze beissen. (Trier.) – Laven, 188, 83. Von grosser Armuth und Noth. *10 Reissen vnd kratzen, schinden vnd schaben. – Aventin, CCLXXXVIb. Reissteufel. * Es ist ein Reissteuffel. „Hier wird der Pabst mir einreden durch seine Schreimäuler und Reissteuffel.“ (Luther's Werke, VII, 283.) Reit (s. Riet). 1 De in 't Reit sitt, het gôd Pîpen snîden. (Ostfries.) – Bueren, 143; Frommann, IV, 141, 303; Eichwald, 1507; Hauskalender, I. *2 He sitt in 't Reit to Pipen schnîden. – Hauskalender, IV. Reiten. 1 Beim Reiten macht man den Mund zu und den Ars auf, in der Gesellschaft ist's umgekehrt. (Schles.) Beim Einüben der Rekruten der Cavalerie, auch von Reitlehrern angewandt. Zur richtigen Haltung der Schenkel ist das eine und zur Vermeidung eines einfältigen Aussehens das andere erforderlich. 2 Besser demütig geritten als stoltz zu fuss gangen. – Gruter, III, 9. In Aegypten, wo Personen von hohem Range eine ungewöhnliche Furcht oder Abneigung vorm Gehen besitzen und sich, wenn sie die Kinderjahre hinter sich haben, selten ausser dem Hause zu Fuss sehen lassen, sagt man, dieser Abneigung sprichwörtlich Ausdruck gebend: „Auf einem Rosskäfer reiten ist immer besser als auf einem Teppich (selber) gehen.“ Sie entschuldigen sich gewöhnlich mit der Unreinlichkeit der Strassen, die aber wahrscheinlich erst eine Folge ihrer Abneigung gegen das Gehen ist. Die Ursache dieser Abneigung ist in der für Fussgänger unbequemen Tracht, noch mehr aber in dem Hange zur Unthätigkeit und Gemächlichkeit zu suchen. Die Vornehmen bedienen sich der Pferde, am liebsten aber der Esel, da man sich bequem auf sie setzen und durch die niedern Eingänge der Häuser reiten kann. Man findet daher an allen Strassenecken gesattelte Esel, welche für einen geringen Preis zu miethen sind. (Burckhardt, 308.) 3 Besser reiten als geritten werden. 4 Besser übel g'ritte als gut g'laufe. (Luzern.) 5 Besser zu zwei reiten als allein laufen (zu Fuss gehen). (Stuttgart.) 6 Das Reiten, Fechten und die Laut, das Spielen, Saufen und die Braut verderben manche gute Haut. – Gerlach, 216. 7 Der reitet sanfft, den Gottes gnade trägt. – Henisch, 1692, 65. 8 Der reitet wohl, der mit seinesgleichen reitet. – Henisch, 1645, 54; Petri, II, 105; Gryphius, 106. 9 Es ist besser, liederlich geritten als hoffärtig gefahren. – Simrock, 8416. 10 Es muss mancher reiten, der nicht gesattelt hat. Port.: Ainda não sellamos, ja cavalgamos. (Bohn I, 264.) 11 Es reitet mancher auf einem Gaul, der zuvor zu Fuss ging. 12 Et is better demoidig geridden osse hauchmoidig gegangen. (Waldeck.) – Curtze, 338, 303. 13 Hineingeritten oder hineingefahren, ist gleich. – Klix, 74. 14 Jeder ritt sin Steckenperd. (Rendsburg.) Engl.: Every one has his hobbyhorse. (Masson, 321.) Frz.: Chacun a son califourchon, son grand cheval de bataille. – Chacun a son dada. (Masson, 321.) 15 Lang vnd müd reiten, als man spricht, einen gekrümmten Fuss wol richt. – Sutor, 407. Lat.: Quando fatigatur, equitis pes rectificatur. (Fallersleben, 451; Loci comm., 104.) 16 Langes Reiten richtet den krummen Fuss. – Petri, II, 431; Simrock, 8417; Körte, 5058. 17 Man kann nicht miteinander reiten und reden. – Simrock, 8415. 18 Mi mues rît'a und reda z'säma chönna. (Bern.) – Zyro, 10. 19 Reite nicht auf anderer Leute Pferden. Altfries.: Rid ek üp üdderlids hingster. (Hansen, 12.) 20 Reiten macht krumme Beine. Holl.: Langhe riden richt den crommen voet. (Tunn., 17, 7.) 21 Reiten und Singen ist zweierlei. – Sutor, 218. Ernst- und scherzhafte Dinge müssen nicht miteinander vermengt werden. Lat.: Alia res sceptrum, alia plectrum. – Equitandi peritus ne cantet. (Binder I, 416; II, 958; Erasm., 821; Philippi, I, 134; Seybold, 17 u. 147.) 22 Reiten vnd lauffen gehet nicht gleich zu. – Henisch, 1436, 32. Beide strengen an, eins mehr als das andere. Die Franzosen sagen: C'est grand peine d'aller à cheval et la mort d'aller à pied. (Leroux, II, 193.) 23 Reiten vnd Rauben (s. d. 7) ist keine Schande, es thuns die besten (Edelsten, Tapfersten) im Lande. – Petri, III, 10; Körte, 5056; Graf, 98; Venedey, 165; Simrock, 8412. Aus einem Liede der alten Raubritter in ein Sprichwort übergegangen. Die Bauern antworteten auf diesen Spruch: „Kein Sünd' ist's, sie hängen, rädern, köpfen, niederstechen, wir behielten sonst nichts zu beissen und zu brechen.“ (Vgl. Westfäl. Charaktere über das ehem. Leben des höhern und niedern Adels, von L. Schücking im Illustr. Familienbuch, Bd. 7, Hft. 2, S. 50.) 24 Riden un Rowen dat wir kein Schand, dat ded dei Adel in ganzen Land. 25 Ungewohnt Reiten macht wunden Ars. – Simrock, 8413; Körte, 5057. Holl.: Onghewoon riden maket den eers seer. (Tunn., 21, 3.) Lat.: Laeditur in clune vir raro solens equitare. (Fallersleben, 565.) 26 Viel Reiten macht gerade Beine. Bei Tunnicius (688): Vele ryden maket rechte beine. (Crebro facit diuturna pedes equitatio rectos.) 27 War ni zu räiten versteiht, wäit sicherer zu Fusse geiht. (Kreis Militsch in Schlesien.) 28 Wär vêle ritt, (dei) mot vêle beslâen (laten). – Schambach, II, 519. Wer ein gross Haus macht, hat viel Unkosten zu bestreiten. 29 Warde reit, der reit; warde leit, dar leit. – Gomolcke, 1064; Petri, II, 748; Körte, 6776. Geehrt wird jener, mit Füssen getreten dieser. 30 Wei junk riet, mott alt gohn. (Waldeck.) – Curtze, 339, 315. Wenn jemand grossartig anfängt und es nicht ausführen kann. 31 Wei vöer fiftig (funfzig) Joahren ritt, mut noa fiftig goaen. (Marsberg.) – Firmenich, I, 320, 10; für Meurs: Firmenich, I, 401, 78; für Waldeck: Curtze, 339, 316. 32 Wenn einer nit wohl reiten kann, so muss der Gaul die Schuld dran han. – Hausblätter (Stuttgart 1867), Hft. 9; Petri, II, 651. 33 Wer das Reiten gewohnt ist, dem wird dann das Gehen sauer (schwer). – Altmann VI, 451. 34 Wer dess reitens vngewöhnt ist, der verwundet den Hindern. – Petri, II, 694. Holl.: Ongewoonte in't rijden brengt smartende billen. (Harrebomée, II, 234a.) 35 Wer hinter einem andern reitet, kann nicht absteigen (halten, satteln), wann er will. Span.: Quien tras otro cabalga, no ensilla cuando quiere. (Bohn I, 253.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/839
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [825]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/839>, abgerufen am 22.12.2024.