Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Oberst (Adj.).

1 Am obersten wird die Hullefrau verbrannt. (Henneberg.)

Unter dem "obersten" ist der Dreikönigstag gemeint, eine Benennung die auch in Süddeutschland gehört wird. Am Dreikönigstage wird nun in Eisfeld alljährlich Frau Holle verbrannt. Alt und Jung zieht nach beendigtem Nachmittagsgottesdienst mit Musik auf den Markt. Man singt ein geistliches Lied und ruft dann einander zu: "Frau Holle wird verbrannt." Zar Erklärung dieses Volkbrauchs erzählt man, dass die Aebtissin eines ehemaligen dort befindlichen Klosters, weil sie mit dem Teufel Buhlschaft getrieben habe, verbrannt worden sei. Es scheint dies aber nur eine ungeschickte, kirchliche Uebertünchung eines altheidnischen Gebrauchs, zumal niemand von einem jemals in Eisfeld bestandenen Kloster etwas weiss. (Vgl. A. Witzschel, Zur Kunde altheidnischer Gebräuche in Gutzkow's Unterhaltungen am häusl. Herd, II, 88.)

2 Die Obersten ordnen die Niedersten. - Graf, 32, 48.

In der mittelalterlichen Ständegliederung standen die Landesherren, die Fürsten, der höhere Adel an der Spitze der Heeresabtheilungen, sie riefen zu den Waffen und führten die geordneten Mannschaften dem Kaiser zu.

Mhd.: Die obersten ordent die nidersten. (Gaupp, 49, 5.)


Oberstübchen.

*1 Bei dem ist's im Oberstübchen nicht richtig. - Klix, 55.

*2 Er hat eins (etwas) im Oberstübchen.

Ist betrunken.

Poln.: Opil sie jak szok; utonal w brzuchu. (Masson, 377.)

*3 Er hat im Oberstübchen (zu stark) eingeheizt. - Frischbier, 544; Frischbier2, 2818; Hennig, 268.

Ist irre oder betrunken; hat viel geistige Getränke genossen. (S. Ansehen 29, Boden 38, Haarbeutel, Hieb 16, Laden [Verb.] 10, Lampe 33, Mass 94, Molum und Schuss.)

Frz.: C'est un chevalier de la coupe. - Il a les dents melees. - Il a mis pinte sur chopine. - Il a siffle la linotte. - Il a un cheveu sur la levre. - Il aime un peu trop a lever le coude. - Il boit comme un sonneur. - Il boit comme un templier. - Il boit comme une eponge. - Il boit en tire larigot. - Il en a dans l'armet. - Il est chaud de vin. - Il est complet; ivre mort. - Il est dans la gloire de Bachus, dans les vignes. - Il est en pointe de vin, un peu gris. - Il est entre deux vins. - Il est entre le blanc et le clairet. - Il est ivre qu'il ne saurait souffler les bougies, desserrer les dents. - Il est pris de vin. - Il fait des esses. - Il fait honneur a la bouteille. - Il n'a pas la pepie. - Ivre comme une soupe. - Plein jusqu'au goulet. - Soaul comme une grive. (Masson, 376 u. 377.)

*4 Er hat sein Oberstübchen vermiethet. (Ostpreuss.) - Frischbier, 542; Frischbier2, 2819.

*5 Es fehlt ihm im Oberstübchen.

*6 Es rappelt bei ihm im Oberstübchen.

Frz.: C'est un homme en castele. (Kritzinger, 298a.)

Seine Sinne sind nicht in Ordnung.


Oberstübel.

*1 Bei dem ist's im Oberstüble nicht sauber. (Ulm.)

*2 Es ist im Oberstübel bei ihm nicht richtig. - Frischbier, 543; Frischbier2, 2820; Hennig, 268; für Franken: Frommann, VI, 325, 373.

Er ist nicht bei gesundem Verstande. In Ulm: Es ist bei em im Oberstüble net sauber. - Er spinnt im Oberstüble.

Holl.: Hij heeft de bovenkamers aan Jan Glas verhuurd. (Harrebomee, I, 345b.)

Lat.: Caput, cui helleboro opus. - Non tibi sanum est, adolescens, sinciput, ut intelligo. (Plautus.) (Philippi, I, 73; II, 46.)


Oberwasser.

* Er (sie) hat Oberwasser. (Rottenburg.)


Object.

Je mehr Object, je mehr et treckt. (Alt-Pillau.)

Je mehr das Gericht findet, je mehr zieht es, nimmt es.


Oblate.

Oblaten machen nicht satt.

"Salböl macht keinen menschlichen Kopf guillotinenfest; von Oblaten wird man nicht satt." (H. Heine, Reisebilder.)


Obmann.

* Er will der Obmann in der Karte sein. - Nass. Schulbl., XIV, 5.


Obrigkeit.

1 Böse Obrigkeit ist eine Dornenhecke um einen Grenat.

2 Böse Obrigkeit soll man zu Tod beten. - Pistor., 922.

Diese Methode scheint nur, wie die Geschichte zeigt, sehr spät oder gar nicht zum Ziel zu führen; man hat sich daher wol zur Abwechselung schneller wirkender Mittel bedient, um ihrer los zu werden.

[Spaltenumbruch] 3 De Obrigket drepp (trifft) selten den Rechten. (Rendsburg.)

4 De Obrigket muss en'm so tief eis Maul sahn as'm andern, sagte der Bettelvogt, und schlug beiden (Bettlern) die Zähne aus.

5 Der Obrigkeiten Cammer ist wie ein Leib dess Wassersichtigen, wenn der zunimmt, so nemmen die glieder ab. - Lehmann, 673, 175.

6 Der Obrigkeiten Officirer sind offt nur motten, die der Fürsten vnnd Herrn Gefell heimlich fressen. - Lehmann, 573, 32.

7 Die Obrigkeit beisst in die Füsse. (Lit.)

8 Die Obrigkeit hat das Heissen und Verbieten, die Unterthanen haben das Thun und Lassen. - Pistor., VIII, 36.

9 Die Obrigkeit ist ein lebendiges Gesetz. - Graf, 486, 15.

10 Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin. - Graf, 515, 200.

Die Finnen sagen: Die Obrigkeit ist der Unterthanen Spiegel. (Bertram, 52.)

11 Die Obrigkeit muss einem so tief ins Maul sehen wie dem andern.

Sie muss beide Theile hören, Gerechtigkeit üben ihre höchste Aufgabe.

12 Die Obrigkeit muss sich mit jhren Dienern behelffen wie S. Franziskus mit seinen Brüdern. - Petri, II, 150.

13 Die Obrigkeit muss strafen wie der Vater das Kind.

Dän.: Övrighed straffer, som en fader barnet paa den sted, som det gjör mindst skade. (Prov. dan., 449.)

14 Die Obrigkeit soll Adleraugen und Hühnerflügel haben.

Um die Bösen scharf zu überwachen und die Guten zu beschützen. Die Chinesen geben der schlafenden Obrigkeit ein Leichengesicht: Magistrat qui siege visage de cadavre. (Cibot, 158.)

Dän.: Övrighed skal have ei örne-vinger, til at flyve efter rov; men höne-vinger til at bedaekke kyllingerne. (Prov. dan., 449.)

15 Die Obrigkeit soll drey Aemter und drey Namen führen; sie soll helfen, nähren, wehren, und soll heissen: Heiland, Vater, Retter. - Zinkgref, I, 209; Sailer, 337.

16 Die Obrigkeit soll hören und nicht hören.

Dän.: Övrighed skal höre og ikke höre. (Prov. dan., 449.)

17 Die Obrigkeit soll nicht nur für sich beten lassen, sie soll selber beten.

D. h. sie soll das für die Unterthanen thun, was diese erbeten.

Dän.: Övrigheden bör saa vel at bede for undersaaterne, som disse for övrigheden. (Prov. dan., 449.)

18 Die Obrigkeit und die Unruh in der Uhr dürfen nie schlafen.

Dän.: Övrighed har altid at tage vare, er som uroe i soger vaerket. (Prov. dan., 449.)

19 Eine gute Obrigkeit ist eine Uhr, die zeigt und nicht schlägt. - Parömiakon, 1522.

20 Eine Obrigkeit, gebratene Aepfel und den Schnupfen findet man überall. - L. Börne, Gesammelte Schriften (Hamburg 1840), VIII, 95.

21 Eine Obrigkeit soll allenthalben blumen suchen, damit sie den Krantz jhrer statt zieren. - Lehmann, 670, 140.

22 Eine Obrigkeit soll haben drei Stück: Weisheit, Grossmuth und Glück. - Zinkgref, I, 200.

23 Eine Obrigkeit soll jedem erlauben, so viel Gutes zu thun als er kann, aber nichts Böses.

Dän.: Övrighed tvinger, ingen til at gjöre godt, men forhindrer at gjöre ondt. (Prov. dan., 449.)

24 Gottlose Oberkeit, der Vnderthanen Bossheit vnd der Weiber Hoffart vrsacht jammer aller art. - Theatrum Diabolorum, 389a.

25 Man muss Obrigkeiten nit geben was Gottes ist, sondern Gott mehr gehorchen als Menschen. - Lehmann, 578, 129.

26 Newe Oberkeit, newe Gsetz. - Theatrum Diabolorum, 328b.

[Spaltenumbruch]
Oberst (Adj.).

1 Am obersten wird die Hullefrau verbrannt. (Henneberg.)

Unter dem „obersten“ ist der Dreikönigstag gemeint, eine Benennung die auch in Süddeutschland gehört wird. Am Dreikönigstage wird nun in Eisfeld alljährlich Frau Holle verbrannt. Alt und Jung zieht nach beendigtem Nachmittagsgottesdienst mit Musik auf den Markt. Man singt ein geistliches Lied und ruft dann einander zu: „Frau Holle wird verbrannt.“ Zar Erklärung dieses Volkbrauchs erzählt man, dass die Aebtissin eines ehemaligen dort befindlichen Klosters, weil sie mit dem Teufel Buhlschaft getrieben habe, verbrannt worden sei. Es scheint dies aber nur eine ungeschickte, kirchliche Uebertünchung eines altheidnischen Gebrauchs, zumal niemand von einem jemals in Eisfeld bestandenen Kloster etwas weiss. (Vgl. A. Witzschel, Zur Kunde altheidnischer Gebräuche in Gutzkow's Unterhaltungen am häusl. Herd, II, 88.)

2 Die Obersten ordnen die Niedersten.Graf, 32, 48.

In der mittelalterlichen Ständegliederung standen die Landesherren, die Fürsten, der höhere Adel an der Spitze der Heeresabtheilungen, sie riefen zu den Waffen und führten die geordneten Mannschaften dem Kaiser zu.

Mhd.: Die obersten ordent die nidersten. (Gaupp, 49, 5.)


Oberstübchen.

*1 Bei dem ist's im Oberstübchen nicht richtig.Klix, 55.

*2 Er hat eins (etwas) im Oberstübchen.

Ist betrunken.

Poln.: Opił się jak szok; utonął w brzuchu. (Masson, 377.)

*3 Er hat im Oberstübchen (zu stark) eingeheizt.Frischbier, 544; Frischbier2, 2818; Hennig, 268.

Ist irre oder betrunken; hat viel geistige Getränke genossen. (S. Ansehen 29, Boden 38, Haarbeutel, Hieb 16, Laden [Verb.] 10, Lampe 33, Mass 94, Molum und Schuss.)

Frz.: C'est un chevalier de la coupe. – Il a les dents mêlées. – Il a mis pinte sur chopine. – Il a sifflé la linotte. – Il a un cheveu sur la lèvre. – Il aime un peu trop à lever le coude. – Il boit comme un sonneur. – Il boit comme un templier. – Il boit comme une éponge. – Il boit en tire larigot. – Il en a dans l'armet. – Il est chaud de vin. – Il est complet; ivre mort. – Il est dans la gloire de Bachus, dans les vignes. – Il est en pointe de vin, un peu gris. – Il est entre deux vins. – Il est entre le blanc et le clairet. – Il est ivre qu'il ne saurait souffler les bougies, desserrer les dents. – Il est pris de vin. – Il fait des esses. – Il fait honneur à la bouteille. – Il n'a pas la pépie. – Ivre comme une soupe. – Plein jusqu'au goulet. – Soûl comme une grive. (Masson, 376 u. 377.)

*4 Er hat sein Oberstübchen vermiethet. (Ostpreuss.) – Frischbier, 542; Frischbier2, 2819.

*5 Es fehlt ihm im Oberstübchen.

*6 Es rappelt bei ihm im Oberstübchen.

Frz.: C'est un homme en castelé. (Kritzinger, 298a.)

Seine Sinne sind nicht in Ordnung.


Oberstübel.

*1 Bei dem ist's im Oberstüble nicht sauber. (Ulm.)

*2 Es ist im Oberstübel bei ihm nicht richtig.Frischbier, 543; Frischbier2, 2820; Hennig, 268; für Franken: Frommann, VI, 325, 373.

Er ist nicht bei gesundem Verstande. In Ulm: Es ist bei em im Oberstüble net sauber. – Er spinnt im Oberstüble.

Holl.: Hij heeft de bovenkamers aan Jan Glas verhuurd. (Harrebomée, I, 345b.)

Lat.: Caput, cui helleboro opus. – Non tibi sanum est, adolescens, sinciput, ut intelligo. (Plautus.) (Philippi, I, 73; II, 46.)


Oberwasser.

* Er (sie) hat Oberwasser. (Rottenburg.)


Object.

Je mehr Object, je mehr et treckt. (Alt-Pillau.)

Je mehr das Gericht findet, je mehr zieht es, nimmt es.


Oblate.

Oblaten machen nicht satt.

„Salböl macht keinen menschlichen Kopf guillotinenfest; von Oblaten wird man nicht satt.“ (H. Heine, Reisebilder.)


Obmann.

* Er will der Obmann in der Karte sein.Nass. Schulbl., XIV, 5.


Obrigkeit.

1 Böse Obrigkeit ist eine Dornenhecke um einen Grenat.

2 Böse Obrigkeit soll man zu Tod beten.Pistor., 922.

Diese Methode scheint nur, wie die Geschichte zeigt, sehr spät oder gar nicht zum Ziel zu führen; man hat sich daher wol zur Abwechselung schneller wirkender Mittel bedient, um ihrer los zu werden.

[Spaltenumbruch] 3 De Obrigkêt drepp (trifft) selten den Rechten. (Rendsburg.)

4 De Obrigkêt muss en'm so tief eis Maul sahn as'm andern, sagte der Bettelvogt, und schlug beiden (Bettlern) die Zähne aus.

5 Der Obrigkeiten Cammer ist wie ein Leib dess Wassersichtigen, wenn der zunimmt, so nemmen die glieder ab.Lehmann, 673, 175.

6 Der Obrigkeiten Officirer sind offt nur motten, die der Fürsten vnnd Herrn Gefell heimlich fressen.Lehmann, 573, 32.

7 Die Obrigkeit beisst in die Füsse. (Lit.)

8 Die Obrigkeit hat das Heissen und Verbieten, die Unterthanen haben das Thun und Lassen.Pistor., VIII, 36.

9 Die Obrigkeit ist ein lebendiges Gesetz.Graf, 486, 15.

10 Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin.Graf, 515, 200.

Die Finnen sagen: Die Obrigkeit ist der Unterthanen Spiegel. (Bertram, 52.)

11 Die Obrigkeit muss einem so tief ins Maul sehen wie dem andern.

Sie muss beide Theile hören, Gerechtigkeit üben ihre höchste Aufgabe.

12 Die Obrigkeit muss sich mit jhren Dienern behelffen wie S. Franziskus mit seinen Brüdern.Petri, II, 150.

13 Die Obrigkeit muss strafen wie der Vater das Kind.

Dän.: Øvrighed straffer, som en fader barnet paa den sted, som det gjør mindst skade. (Prov. dan., 449.)

14 Die Obrigkeit soll Adleraugen und Hühnerflügel haben.

Um die Bösen scharf zu überwachen und die Guten zu beschützen. Die Chinesen geben der schlafenden Obrigkeit ein Leichengesicht: Magistrat qui siége visage de cadavre. (Cibot, 158.)

Dän.: Øvrighed skal have ei ørne-vinger, til at flyve efter rov; men høne-vinger til at bedække kyllingerne. (Prov. dan., 449.)

15 Die Obrigkeit soll drey Aemter und drey Namen führen; sie soll helfen, nähren, wehren, und soll heissen: Heiland, Vater, Retter.Zinkgref, I, 209; Sailer, 337.

16 Die Obrigkeit soll hören und nicht hören.

Dän.: Øvrighed skal høre og ikke høre. (Prov. dan., 449.)

17 Die Obrigkeit soll nicht nur für sich beten lassen, sie soll selber beten.

D. h. sie soll das für die Unterthanen thun, was diese erbeten.

Dän.: Øvrigheden bør saa vel at bede for undersaaterne, som disse for øvrigheden. (Prov. dan., 449.)

18 Die Obrigkeit und die Unruh in der Uhr dürfen nie schlafen.

Dän.: Øvrighed har altid at tage vare, er som uroe i soger værket. (Prov. dan., 449.)

19 Eine gute Obrigkeit ist eine Uhr, die zeigt und nicht schlägt.Parömiakon, 1522.

20 Eine Obrigkeit, gebratene Aepfel und den Schnupfen findet man überall.L. Börne, Gesammelte Schriften (Hamburg 1840), VIII, 95.

21 Eine Obrigkeit soll allenthalben blumen suchen, damit sie den Krantz jhrer statt zieren.Lehmann, 670, 140.

22 Eine Obrigkeit soll haben drei Stück: Weisheit, Grossmuth und Glück.Zinkgref, I, 200.

23 Eine Obrigkeit soll jedem erlauben, so viel Gutes zu thun als er kann, aber nichts Böses.

Dän.: Øvrighed tvinger, ingen til at gjøre godt, men forhindrer at gjøre ondt. (Prov. dan., 449.)

24 Gottlose Oberkeit, der Vnderthanen Bossheit vnd der Weiber Hoffart vrsacht jammer aller art.Theatrum Diabolorum, 389a.

25 Man muss Obrigkeiten nit geben was Gottes ist, sondern Gott mehr gehorchen als Menschen.Lehmann, 578, 129.

26 Newe Oberkeit, newe Gsetz.Theatrum Diabolorum, 328b.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0559" n="[545]"/>
        <cb n="1089"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Oberst</hi> (Adj.).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Am obersten wird die Hullefrau verbrannt.</hi> (<hi rendition="#i">Henneberg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter dem &#x201E;obersten&#x201C; ist der Dreikönigstag gemeint, eine Benennung die auch in Süddeutschland gehört wird. Am Dreikönigstage wird nun in Eisfeld alljährlich Frau Holle verbrannt. Alt und Jung zieht nach beendigtem Nachmittagsgottesdienst mit Musik auf den Markt. Man singt ein geistliches Lied und ruft dann einander zu: &#x201E;Frau Holle wird verbrannt.&#x201C; Zar Erklärung dieses Volkbrauchs erzählt man, dass die Aebtissin eines ehemaligen dort befindlichen Klosters, weil sie mit dem Teufel Buhlschaft getrieben habe, verbrannt worden sei. Es scheint dies aber nur eine ungeschickte, kirchliche Uebertünchung eines altheidnischen Gebrauchs, zumal niemand von einem jemals in Eisfeld bestandenen Kloster etwas weiss. (Vgl. <hi rendition="#i">A. Witzschel, Zur Kunde altheidnischer Gebräuche in Gutzkow's Unterhaltungen am häusl. Herd, II, 88.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Die Obersten ordnen die Niedersten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 32, 48.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In der mittelalterlichen Ständegliederung standen die Landesherren, die Fürsten, der höhere Adel an der Spitze der Heeresabtheilungen, sie riefen zu den Waffen und führten die geordneten Mannschaften dem Kaiser zu.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Die obersten ordent die nidersten. (<hi rendition="#i">Gaupp, 49, 5.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Oberstübchen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Bei dem ist's im Oberstübchen nicht richtig.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klix, 55.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Er hat eins (etwas) im Oberstübchen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ist betrunken.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Opi&#x0142; si&#x0119; jak szok; uton&#x0105;&#x0142; w brzuchu. (<hi rendition="#i">Masson, 377.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Er hat im Oberstübchen (zu stark) eingeheizt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier, 544; Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2818; Hennig, 268.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Ist irre oder betrunken; hat viel geistige Getränke genossen. (S.  Ansehen 29,  Boden 38,  Haarbeutel,  Hieb 16,  Laden [Verb.] 10,  Lampe 33,  Mass 94,  Molum und  Schuss.)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: C'est un chevalier de la coupe. &#x2013; Il a les dents mêlées. &#x2013; Il a mis pinte sur chopine. &#x2013; Il a sifflé la linotte. &#x2013; Il a un cheveu sur la lèvre. &#x2013; Il aime un peu trop à lever le coude. &#x2013; Il boit comme un sonneur. &#x2013; Il boit comme un templier. &#x2013; Il boit comme une éponge. &#x2013; Il boit en tire larigot. &#x2013; Il en a dans l'armet. &#x2013; Il est chaud de vin. &#x2013; Il est complet; ivre mort. &#x2013; Il est dans la gloire de Bachus, dans les vignes. &#x2013; Il est en pointe de vin, un peu gris. &#x2013; Il est entre deux vins. &#x2013; Il est entre le blanc et le clairet. &#x2013; Il est ivre qu'il ne saurait souffler les bougies, desserrer les dents. &#x2013; Il est pris de vin. &#x2013; Il fait des esses. &#x2013; Il fait honneur à la bouteille. &#x2013; Il n'a pas la pépie. &#x2013; Ivre comme une soupe. &#x2013; Plein jusqu'au goulet. &#x2013; Soûl comme une grive. (<hi rendition="#i">Masson, 376 u. 377.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*4 Er hat sein Oberstübchen vermiethet.</hi> (<hi rendition="#i">Ostpreuss.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier, 542; Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2819.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*5 Es fehlt ihm im Oberstübchen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*6 Es rappelt bei ihm im Oberstübchen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: C'est un homme en castelé. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 298<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Seine Sinne sind nicht in Ordnung.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Oberstübel.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Bei dem ist's im Oberstüble nicht sauber.</hi> (<hi rendition="#i">Ulm.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Es ist im Oberstübel bei ihm nicht richtig.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier, 543; Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2820; Hennig, 268;</hi> für Franken: <hi rendition="#i">Frommann, VI, 325, 373.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Er ist nicht bei gesundem Verstande. In Ulm: Es ist bei em im Oberstüble net sauber. &#x2013; Er spinnt im Oberstüble.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij heeft de bovenkamers aan Jan Glas verhuurd. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 345<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Caput, cui helleboro opus. &#x2013; Non tibi sanum est, adolescens, sinciput, ut intelligo. (<hi rendition="#i">Plautus.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, I, 73; II, 46.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Oberwasser.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er (sie) hat Oberwasser.</hi> (<hi rendition="#i">Rottenburg.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Object.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Je mehr Object, je mehr et treckt.</hi> (<hi rendition="#i">Alt-Pillau.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Je mehr das Gericht findet, je mehr zieht es, nimmt es.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Oblate.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Oblaten machen nicht satt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Salböl macht keinen menschlichen Kopf guillotinenfest; von Oblaten wird man nicht satt.&#x201C; (<hi rendition="#i">H. Heine, Reisebilder.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Obmann.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er will der Obmann in der Karte sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Nass. Schulbl., XIV, 5.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Obrigkeit.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Böse Obrigkeit ist eine Dornenhecke um einen Grenat.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Böse Obrigkeit soll man zu Tod beten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Pistor., 922.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Diese Methode scheint nur, wie die Geschichte zeigt, sehr spät oder gar nicht zum Ziel zu führen; man hat sich daher wol zur Abwechselung schneller wirkender Mittel bedient, um ihrer los zu werden.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1090"/>
3 De Obrigkêt drepp (trifft) selten den Rechten.</hi> (<hi rendition="#i">Rendsburg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 De Obrigkêt muss en'm so tief eis Maul sahn as'm andern, sagte der Bettelvogt, und schlug beiden (Bettlern) die Zähne aus.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Der Obrigkeiten Cammer ist wie ein Leib dess Wassersichtigen, wenn der zunimmt, so nemmen die glieder ab.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 673, 175.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Der Obrigkeiten Officirer sind offt nur motten, die der Fürsten vnnd Herrn Gefell heimlich fressen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 573, 32.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Die Obrigkeit beisst in die Füsse.</hi> (<hi rendition="#i">Lit.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Die Obrigkeit hat das Heissen und Verbieten, die Unterthanen haben das Thun und Lassen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Pistor., VIII, 36.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Die Obrigkeit ist ein lebendiges Gesetz.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 486, 15.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 515, 200.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Finnen sagen: Die Obrigkeit ist der Unterthanen Spiegel. (<hi rendition="#i">Bertram, 52.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Die Obrigkeit muss einem so tief ins Maul sehen wie dem andern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sie muss beide Theile hören, Gerechtigkeit üben ihre höchste Aufgabe.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Die Obrigkeit muss sich mit jhren Dienern behelffen wie S. Franziskus mit seinen Brüdern.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 150.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Die Obrigkeit muss strafen wie der Vater das Kind.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrighed straffer, som en fader barnet paa den sted, som det gjør mindst skade. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">14 Die Obrigkeit soll Adleraugen und Hühnerflügel haben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Um die Bösen scharf zu überwachen und die Guten zu beschützen. Die Chinesen geben der schlafenden Obrigkeit ein Leichengesicht: Magistrat qui siége visage de cadavre. (<hi rendition="#i">Cibot, 158.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrighed skal have ei ørne-vinger, til at flyve efter rov; men høne-vinger til at bedække kyllingerne. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Die Obrigkeit soll drey Aemter und drey Namen führen; sie soll helfen, nähren, wehren, und soll heissen: Heiland, Vater, Retter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zinkgref, I, 209; Sailer, 337.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">16 Die Obrigkeit soll hören und nicht hören.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrighed skal høre og ikke høre. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Die Obrigkeit soll nicht nur für sich beten lassen, sie soll selber beten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. sie soll das für die Unterthanen thun, was diese erbeten.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrigheden bør saa vel at bede for undersaaterne, som disse for øvrigheden. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">18 Die Obrigkeit und die Unruh in der Uhr dürfen nie schlafen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrighed har altid at tage vare, er som uroe i soger værket. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Eine gute Obrigkeit ist eine Uhr, die zeigt und nicht schlägt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 1522.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Eine Obrigkeit, gebratene Aepfel und den Schnupfen findet man überall.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">L. Börne, Gesammelte Schriften (Hamburg 1840), VIII, 95.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Eine Obrigkeit soll allenthalben blumen suchen, damit sie den Krantz jhrer statt zieren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 670, 140.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Eine Obrigkeit soll haben drei Stück: Weisheit, Grossmuth und Glück.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zinkgref, I, 200.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">23 Eine Obrigkeit soll jedem erlauben, so viel Gutes zu thun als er kann, aber nichts Böses.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Øvrighed tvinger, ingen til at gjøre godt, men forhindrer at gjøre ondt. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 449.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">24 Gottlose Oberkeit, der Vnderthanen Bossheit vnd der Weiber Hoffart vrsacht jammer aller art.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Theatrum Diabolorum, 389<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Man muss Obrigkeiten nit geben was Gottes ist, sondern Gott mehr gehorchen als Menschen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 578, 129.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Newe Oberkeit, newe Gsetz.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Theatrum Diabolorum, 328<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[545]/0559] Oberst (Adj.). 1 Am obersten wird die Hullefrau verbrannt. (Henneberg.) Unter dem „obersten“ ist der Dreikönigstag gemeint, eine Benennung die auch in Süddeutschland gehört wird. Am Dreikönigstage wird nun in Eisfeld alljährlich Frau Holle verbrannt. Alt und Jung zieht nach beendigtem Nachmittagsgottesdienst mit Musik auf den Markt. Man singt ein geistliches Lied und ruft dann einander zu: „Frau Holle wird verbrannt.“ Zar Erklärung dieses Volkbrauchs erzählt man, dass die Aebtissin eines ehemaligen dort befindlichen Klosters, weil sie mit dem Teufel Buhlschaft getrieben habe, verbrannt worden sei. Es scheint dies aber nur eine ungeschickte, kirchliche Uebertünchung eines altheidnischen Gebrauchs, zumal niemand von einem jemals in Eisfeld bestandenen Kloster etwas weiss. (Vgl. A. Witzschel, Zur Kunde altheidnischer Gebräuche in Gutzkow's Unterhaltungen am häusl. Herd, II, 88.) 2 Die Obersten ordnen die Niedersten. – Graf, 32, 48. In der mittelalterlichen Ständegliederung standen die Landesherren, die Fürsten, der höhere Adel an der Spitze der Heeresabtheilungen, sie riefen zu den Waffen und führten die geordneten Mannschaften dem Kaiser zu. Mhd.: Die obersten ordent die nidersten. (Gaupp, 49, 5.) Oberstübchen. *1 Bei dem ist's im Oberstübchen nicht richtig. – Klix, 55. *2 Er hat eins (etwas) im Oberstübchen. Ist betrunken. Poln.: Opił się jak szok; utonął w brzuchu. (Masson, 377.) *3 Er hat im Oberstübchen (zu stark) eingeheizt. – Frischbier, 544; Frischbier2, 2818; Hennig, 268. Ist irre oder betrunken; hat viel geistige Getränke genossen. (S. Ansehen 29, Boden 38, Haarbeutel, Hieb 16, Laden [Verb.] 10, Lampe 33, Mass 94, Molum und Schuss.) Frz.: C'est un chevalier de la coupe. – Il a les dents mêlées. – Il a mis pinte sur chopine. – Il a sifflé la linotte. – Il a un cheveu sur la lèvre. – Il aime un peu trop à lever le coude. – Il boit comme un sonneur. – Il boit comme un templier. – Il boit comme une éponge. – Il boit en tire larigot. – Il en a dans l'armet. – Il est chaud de vin. – Il est complet; ivre mort. – Il est dans la gloire de Bachus, dans les vignes. – Il est en pointe de vin, un peu gris. – Il est entre deux vins. – Il est entre le blanc et le clairet. – Il est ivre qu'il ne saurait souffler les bougies, desserrer les dents. – Il est pris de vin. – Il fait des esses. – Il fait honneur à la bouteille. – Il n'a pas la pépie. – Ivre comme une soupe. – Plein jusqu'au goulet. – Soûl comme une grive. (Masson, 376 u. 377.) *4 Er hat sein Oberstübchen vermiethet. (Ostpreuss.) – Frischbier, 542; Frischbier2, 2819. *5 Es fehlt ihm im Oberstübchen. *6 Es rappelt bei ihm im Oberstübchen. Frz.: C'est un homme en castelé. (Kritzinger, 298a.) Seine Sinne sind nicht in Ordnung. Oberstübel. *1 Bei dem ist's im Oberstüble nicht sauber. (Ulm.) *2 Es ist im Oberstübel bei ihm nicht richtig. – Frischbier, 543; Frischbier2, 2820; Hennig, 268; für Franken: Frommann, VI, 325, 373. Er ist nicht bei gesundem Verstande. In Ulm: Es ist bei em im Oberstüble net sauber. – Er spinnt im Oberstüble. Holl.: Hij heeft de bovenkamers aan Jan Glas verhuurd. (Harrebomée, I, 345b.) Lat.: Caput, cui helleboro opus. – Non tibi sanum est, adolescens, sinciput, ut intelligo. (Plautus.) (Philippi, I, 73; II, 46.) Oberwasser. * Er (sie) hat Oberwasser. (Rottenburg.) Object. Je mehr Object, je mehr et treckt. (Alt-Pillau.) Je mehr das Gericht findet, je mehr zieht es, nimmt es. Oblate. Oblaten machen nicht satt. „Salböl macht keinen menschlichen Kopf guillotinenfest; von Oblaten wird man nicht satt.“ (H. Heine, Reisebilder.) Obmann. * Er will der Obmann in der Karte sein. – Nass. Schulbl., XIV, 5. Obrigkeit. 1 Böse Obrigkeit ist eine Dornenhecke um einen Grenat. 2 Böse Obrigkeit soll man zu Tod beten. – Pistor., 922. Diese Methode scheint nur, wie die Geschichte zeigt, sehr spät oder gar nicht zum Ziel zu führen; man hat sich daher wol zur Abwechselung schneller wirkender Mittel bedient, um ihrer los zu werden. 3 De Obrigkêt drepp (trifft) selten den Rechten. (Rendsburg.) 4 De Obrigkêt muss en'm so tief eis Maul sahn as'm andern, sagte der Bettelvogt, und schlug beiden (Bettlern) die Zähne aus. 5 Der Obrigkeiten Cammer ist wie ein Leib dess Wassersichtigen, wenn der zunimmt, so nemmen die glieder ab. – Lehmann, 673, 175. 6 Der Obrigkeiten Officirer sind offt nur motten, die der Fürsten vnnd Herrn Gefell heimlich fressen. – Lehmann, 573, 32. 7 Die Obrigkeit beisst in die Füsse. (Lit.) 8 Die Obrigkeit hat das Heissen und Verbieten, die Unterthanen haben das Thun und Lassen. – Pistor., VIII, 36. 9 Die Obrigkeit ist ein lebendiges Gesetz. – Graf, 486, 15. 10 Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin. – Graf, 515, 200. Die Finnen sagen: Die Obrigkeit ist der Unterthanen Spiegel. (Bertram, 52.) 11 Die Obrigkeit muss einem so tief ins Maul sehen wie dem andern. Sie muss beide Theile hören, Gerechtigkeit üben ihre höchste Aufgabe. 12 Die Obrigkeit muss sich mit jhren Dienern behelffen wie S. Franziskus mit seinen Brüdern. – Petri, II, 150. 13 Die Obrigkeit muss strafen wie der Vater das Kind. Dän.: Øvrighed straffer, som en fader barnet paa den sted, som det gjør mindst skade. (Prov. dan., 449.) 14 Die Obrigkeit soll Adleraugen und Hühnerflügel haben. Um die Bösen scharf zu überwachen und die Guten zu beschützen. Die Chinesen geben der schlafenden Obrigkeit ein Leichengesicht: Magistrat qui siége visage de cadavre. (Cibot, 158.) Dän.: Øvrighed skal have ei ørne-vinger, til at flyve efter rov; men høne-vinger til at bedække kyllingerne. (Prov. dan., 449.) 15 Die Obrigkeit soll drey Aemter und drey Namen führen; sie soll helfen, nähren, wehren, und soll heissen: Heiland, Vater, Retter. – Zinkgref, I, 209; Sailer, 337. 16 Die Obrigkeit soll hören und nicht hören. Dän.: Øvrighed skal høre og ikke høre. (Prov. dan., 449.) 17 Die Obrigkeit soll nicht nur für sich beten lassen, sie soll selber beten. D. h. sie soll das für die Unterthanen thun, was diese erbeten. Dän.: Øvrigheden bør saa vel at bede for undersaaterne, som disse for øvrigheden. (Prov. dan., 449.) 18 Die Obrigkeit und die Unruh in der Uhr dürfen nie schlafen. Dän.: Øvrighed har altid at tage vare, er som uroe i soger værket. (Prov. dan., 449.) 19 Eine gute Obrigkeit ist eine Uhr, die zeigt und nicht schlägt. – Parömiakon, 1522. 20 Eine Obrigkeit, gebratene Aepfel und den Schnupfen findet man überall. – L. Börne, Gesammelte Schriften (Hamburg 1840), VIII, 95. 21 Eine Obrigkeit soll allenthalben blumen suchen, damit sie den Krantz jhrer statt zieren. – Lehmann, 670, 140. 22 Eine Obrigkeit soll haben drei Stück: Weisheit, Grossmuth und Glück. – Zinkgref, I, 200. 23 Eine Obrigkeit soll jedem erlauben, so viel Gutes zu thun als er kann, aber nichts Böses. Dän.: Øvrighed tvinger, ingen til at gjøre godt, men forhindrer at gjøre ondt. (Prov. dan., 449.) 24 Gottlose Oberkeit, der Vnderthanen Bossheit vnd der Weiber Hoffart vrsacht jammer aller art. – Theatrum Diabolorum, 389a. 25 Man muss Obrigkeiten nit geben was Gottes ist, sondern Gott mehr gehorchen als Menschen. – Lehmann, 578, 129. 26 Newe Oberkeit, newe Gsetz. – Theatrum Diabolorum, 328b.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/559
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [545]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/559>, abgerufen am 21.11.2024.