Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch]
*254 Seiner Mutter Hühner fliegen nicht so hoch (weit). So hoch, so weit denkt er nicht. Holl.: Zijn moeders hoenderen vliegen zoo ver niet. (Harrebomee, II, 92b.) *255 Sie ist ihrer Mutter Tochter. Engl.: She hath a mark after her mother. (Bohn II, 170.) *256 Sie sind nicht von Einer Mutter. Böhm.: Nezrodila nas jedna matka. (Celakovsky, 201.) *257 So machte es meine selige Mutter, wenn sie schlafen ging. Zu jemand, der beim Lichtputzen auslöscht. Mutterarm. Modderarm häld warm. (Trier.) - Laven, 187, 78. Böhm.: Na slunci teplo, a pri matce synu blaze. (Celakovsky, 400.) Mutterbruder. * Jemand einen Mutterbruder nennen. (Estn.) Ihn mit einem schändlichen, aus dem Russischen entlehnten Schimpfwort belegen. Mutterbrust. Was man an der Mutterbrust eingesogen, verliert sich nicht. Die Türken sagen: Das Naturell, das man mit der Milch eingesogen, geht nur mit dem Leben fort. Um eine bleibende Neigung zu bezeichnen, sagt man in Holland: Das hat er aus seiner Mutter Brust eingesogen. Das ist ihm mit dem Kindesbreilöffel eingegeben. (Reinsberg VI, 32.) Mutterchen. 1 Jetwede Möerken hiät iär Glöweken. (Iserlohn.) - Firmenich, III, 186, 38. 2 Mall Mortje, mall Kindje. - Bueren, 847; Hauskalender, II. 3 Wer ein Mütterchen freit, segnet sich für Zeit und Ewigkeit. - Deutsche Romanzeitung, III, 758. *4 Mutterke, hest e flassenet Hemd an. - Frischbier2, 2690. *5 Mutterke, öss jen grot Jung nich ons Vaderke? - Frischbier2, 2691. Soll die Gedanken des nach der Mutter rufenden Kindes ablenken. Mutterfässchen. * Etwas aus dem Mutterfässchen zum besten geben. Lat.: Thasium infundis. (Philippi, II, 218.) Mutterfässlein. * Es geht aus dem Mutterfässle. (Meiningen.) Bier, aus dem besten. Mutterfluch. 1 Mutterfluch gehet nicht von Hertzen. - Petri, II, 102. 2 Mutterflüche kleben nicht und Vaterzorn schwöret nicht. - Simrock, 7231; Körte, 4378; Braun, I, 2846; Reinsberg I, 188. *3 Es ist ein Mutterfluch. Holl.: Het is een moeders vloek. (Harrebomee, II, 91a.) Muttergans. Wer die Muttergans verkauft, verkauft das Glück. (Wend. Lausitz.) Muttergebet. Muttergebet baut das Haus und holt aus dem Meeresgrunde heraus. Muttergottes. 1 De Modergott's drögt Soterdags ör Holl (Haube). (Deutz.) Jeden Sonnabend scheint, wenn auch nur auf Augenblicke, die Sonne. *2 De Modergott's schöddelt ör Färenbett. (Deutz.) Wenn es schneit. Muttergottesbildchen. Et es kei Muttergottesbildchen esu scheif, et nig1 sich ald2 ens3 e Möhnge4 dervör. (Köln.) - Weyden, IV, 15. 1) Verneigt. 2) Mittelhochdeutsch alde = schon. 3) Einmal. 4) Eigentlich Muhme, alte Jungfer, auch wol die weibliche Form für Mönch. Muttergroschen. * Er hat noch Muttergroschen. Ist im Besitz von Geldmitteln, die er von Aeltern und Angehörigen erhalten hat. Namentlich von Soldaten und Handwerkern, in Bezug auf das Geld, das sie vom Hause mitgenommen oder nachgesandt erhalten haben. Mutterhand. 1 Ist die Mutterhand auch arm, so deckt sie doch warm. Holl.: Al is een moederhand ook arm, zij deckt toch warm. (Harrebomee, II, 90b.) 2 Mutterhand schlägt keine Beulen. Böhm.: Matciny ruce i kdyz biji, mekky. (Celakovsky, 400.) Lett.: Mahtes rohkas allasch mihkstakas. (Celakovsky, 400.) Lit.: Motinos rankos szwelnos. (Celakovsky, 400.) 3 Mutterhände sind weich, auch wenn sie schlagen. In Litauen: Des Vaters und der Mutter Hände sind weich. Die Walachen: Wo die Mutter hinschlägt, da wächst das Fleisch. (Reinsberg I, 188; VII, 83.) Böhm.: Matciny ruce, i kdyz biji, mekky. (Celakovsky, 400.) Mutterhundseelenallein. * Sie war mutterhundseelenallein. - Klix, 40. Der Ausdruck gehört zu den Volkssuperlativen. Die im Hennebergischen vorkommenden hat Prof. Brückner in Meiningen gesammelt und wohlgeordnet in Frommann's Deutschen Mundarten (II, 229 fg.) mitgetheilt. Da finden wir die Bezeichnungen: stichkrachsauer, zuckerhonigsüss, gallweidenbitter, feuerklitscheroth, glotzquittegal, schneeblütenriselhagelweiss, sternglockenhell, pechkohlrabenschwarz, stockrabenfinster, klipperklapperdürr, schnappprasselhart, siedhöllenheiss, zitterglimmerkalt, pfatschsüdenass, splitterfaselnackt, kreuzsternseelenallein, hirnochsendumm, kreuzlendenlahm. Man staunt über den Reichthum, den die Volkssprache auch in dieser Richtung besitzt. Ich habe hier nur einige aus den mehr als vierhundert Ausdrücken dieser Art des hennebergischen Sprachgebietes hervorgehoben. Holl.: Hij is moederziel alleen. (Harrebomee, II, 91b.) Mutterkind. Man findet manchs seltzsams mutterkind auff erden. - Agricola I, 632; Lehmann, II, 401, 9; Petri, II, 445. Holl.: Men vindt menig zeldzaam moeders kind op aarde. (Harrebomee, II, 92a.) Mutterleib. 1 Schon im Mutterleibe sind die Esel grau. *2 A hot sich aus Mutterleibe herausgelogen. - Gomolcke, 83. *3 Er ist, wie er aus Mutterleibe gekommen ist. - Eiselein, 481. Arm, nackt, bloss, besitzt nichts oder hat alles verloren. *4 He heft söck ut Muttaliew geloge. - Frischbier2, 2482. Mütterlein. Wenn die Mütterlin die Junckerlin verzerteln, das verderbt viel Schülerlin. - Petri, II, 645. Mütterliches. * Sie hat nichts als ihr Mütterliches. Holl.: Al wat zij heeft, is een water- en een windmolen met een bosch voor hare poort. (Harrebomee, II, 94a.) Mutterliebe. 1 Mutterlieb ist viel stercker, denn der Kinder Dreck vnd Grind. - Petri, II, 102; Luther's Tischreden, 155a; Zinkgref, I, 211. 2 Mutterliebe altert nicht. Aber der Kinder Liebe sehr bald. Böhm.: Materske srdce v ditkaah, a detske v horach. - Matka za dcerou place, a dcerka po prknu skace. (Celakovsky, 400.) Frz.: Tendresse maternelle toujours se renouvelle. (Bohn I, 58.) 3 Mutterliebe die beste Liebe, Gottesliebe die höchste Liebe. Auch in Hindostan heisst es: Einer Mutter Liebe ist die beste von allen. (Reinsberg I.) 4 Mutterliebe ist stärker als der Grind am Kinde. In Mailand heisst es: Der täuscht dich, welcher sagt, dass er dich mehr liebt als deine Mutter. - Niemand liebt wie eine Mutter. 5 Ueber Mutterliebe keine Liebe. Die Spanier stellen die Liebe des Vaters höher. Dän.: Faae som fader, og ingen som moder: moderens hierte er altid ömt. (Prov. dan., 150.) Frz.: Qui miex aime de mere c'est fainte norrice. (Leroux, II, 302.) Lat.: Non dic care pater quia non parcit neque mater. (Fallersleben, 301.) Span.: Amor de padre, que lo demas es ayre. (Cahier, 3200.) 6 Zu viel Mutterliebe schadet den Kindern. - Lohrengel, I, 921. Engl.: A child may have too much of his mother's blessing. (Bohn II, 117.) It.: Amor tenero dalla madre, amor forte del padre. (Cahier, 2801.) [Spaltenumbruch]
*254 Seiner Mutter Hühner fliegen nicht so hoch (weit). So hoch, so weit denkt er nicht. Holl.: Zijn moeders hoenderen vliegen zoo ver niet. (Harrebomée, II, 92b.) *255 Sie ist ihrer Mutter Tochter. Engl.: She hath a mark after her mother. (Bohn II, 170.) *256 Sie sind nicht von Einer Mutter. Böhm.: Nezrodila nás jedna matka. (Čelakovský, 201.) *257 So machte es meine selige Mutter, wenn sie schlafen ging. Zu jemand, der beim Lichtputzen auslöscht. Mutterarm. Modderarm häld warm. (Trier.) – Laven, 187, 78. Böhm.: Na slunci teplo, a při matce synu blaze. (Čelakovský, 400.) Mutterbruder. * Jemand einen Mutterbruder nennen. (Estn.) Ihn mit einem schändlichen, aus dem Russischen entlehnten Schimpfwort belegen. Mutterbrust. Was man an der Mutterbrust eingesogen, verliert sich nicht. Die Türken sagen: Das Naturell, das man mit der Milch eingesogen, geht nur mit dem Leben fort. Um eine bleibende Neigung zu bezeichnen, sagt man in Holland: Das hat er aus seiner Mutter Brust eingesogen. 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*254 Seiner Mutter Hühner fliegen nicht so hoch (weit).
So hoch, so weit denkt er nicht.
Holl.: Zijn moeders hoenderen vliegen zoo ver niet. (Harrebomée, II, 92b.)
*255 Sie ist ihrer Mutter Tochter.
Engl.: She hath a mark after her mother. (Bohn II, 170.)
*256 Sie sind nicht von Einer Mutter.
Böhm.: Nezrodila nás jedna matka. (Čelakovský, 201.)
*257 So machte es meine selige Mutter, wenn sie schlafen ging.
Zu jemand, der beim Lichtputzen auslöscht.
Mutterarm.
Modderarm häld warm. (Trier.) – Laven, 187, 78.
Böhm.: Na slunci teplo, a při matce synu blaze. (Čelakovský, 400.)
Mutterbruder.
* Jemand einen Mutterbruder nennen. (Estn.)
Ihn mit einem schändlichen, aus dem Russischen entlehnten Schimpfwort belegen.
Mutterbrust.
Was man an der Mutterbrust eingesogen, verliert sich nicht.
Die Türken sagen: Das Naturell, das man mit der Milch eingesogen, geht nur mit dem Leben fort. Um eine bleibende Neigung zu bezeichnen, sagt man in Holland: Das hat er aus seiner Mutter Brust eingesogen. Das ist ihm mit dem Kindesbreilöffel eingegeben. (Reinsberg VI, 32.)
Mutterchen.
1 Jetwede Möerken hiät iär Glöweken. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 38.
2 Mall Môrtje, mall Kindje. – Bueren, 847; Hauskalender, II.
3 Wer ein Mütterchen freit, segnet sich für Zeit und Ewigkeit. – Deutsche Romanzeitung, III, 758.
*4 Mutterke, hest e flassenet Hemd an. – Frischbier2, 2690.
*5 Mutterke, öss jen grôt Jung nich ons Vaderke? – Frischbier2, 2691.
Soll die Gedanken des nach der Mutter rufenden Kindes ablenken.
Mutterfässchen.
* Etwas aus dem Mutterfässchen zum besten geben.
Lat.: Thasium infundis. (Philippi, II, 218.)
Mutterfässlein.
* Es geht aus dem Mutterfässle. (Meiningen.)
Bier, aus dem besten.
Mutterfluch.
1 Mutterfluch gehet nicht von Hertzen. – Petri, II, 102.
2 Mutterflüche kleben nicht und Vaterzorn schwöret nicht. – Simrock, 7231; Körte, 4378; Braun, I, 2846; Reinsberg I, 188.
*3 Es ist ein Mutterfluch.
Holl.: Het is een moeders vloek. (Harrebomée, II, 91a.)
Muttergans.
Wer die Muttergans verkauft, verkauft das Glück. (Wend. Lausitz.)
Muttergebet.
Muttergebet baut das Haus und holt aus dem Meeresgrunde heraus.
Muttergottes.
1 De Modergott's drögt Soterdags ör Holl (Haube). (Deutz.)
Jeden Sonnabend scheint, wenn auch nur auf Augenblicke, die Sonne.
*2 De Modergott's schöddelt ör Färenbett. (Deutz.)
Wenn es schneit.
Muttergottesbildchen.
Et es kei Muttergottesbildchen esu scheif, et nig1 sich ald2 ens3 e Möhnge4 dervör. (Köln.) – Weyden, IV, 15.
1) Verneigt.
2) Mittelhochdeutsch alde = schon.
3) Einmal.
4) Eigentlich Muhme, alte Jungfer, auch wol die weibliche Form für Mönch.
Muttergroschen.
* Er hat noch Muttergroschen.
Ist im Besitz von Geldmitteln, die er von Aeltern und Angehörigen erhalten hat. Namentlich von Soldaten und Handwerkern, in Bezug auf das Geld, das sie vom Hause mitgenommen oder nachgesandt erhalten haben.
Mutterhand.
1 Ist die Mutterhand auch arm, so deckt sie doch warm.
Holl.: Al is een moederhand ook arm, zij deckt toch warm. (Harrebomée, II, 90b.)
2 Mutterhand schlägt keine Beulen.
Böhm.: Matčiny ruce i když bijí, mĕkky. (Čelakovský, 400.)
Lett.: Mahtes rohkas allasch mihkstakas. (Čelakovský, 400.)
Lit.: Motinôs rankos szwelnos. (Čelakovský, 400.)
3 Mutterhände sind weich, auch wenn sie schlagen.
In Litauen: Des Vaters und der Mutter Hände sind weich. Die Walachen: Wo die Mutter hinschlägt, da wächst das Fleisch. (Reinsberg I, 188; VII, 83.)
Böhm.: Matčiny ruce, i kdyz bijí, mekky. (Čelakovský, 400.)
Mutterhundseelenallein.
* Sie war mutterhundseelenallein. – Klix, 40.
Der Ausdruck gehört zu den Volkssuperlativen. Die im Hennebergischen vorkommenden hat Prof. Brückner in Meiningen gesammelt und wohlgeordnet in Frommann's Deutschen Mundarten (II, 229 fg.) mitgetheilt. Da finden wir die Bezeichnungen: stichkrachsauer, zuckerhonigsüss, gallweidenbitter, feuerklitscheroth, glotzquittegâl, schneeblütenriselhagelweiss, sternglockenhell, pechkohlrabenschwarz, stockrabenfinster, klipperklapperdürr, schnappprasselhart, siedhöllenheiss, zitterglimmerkalt, pfatschsüdenass, splitterfaselnackt, kreuzsternseelenallein, hirnochsendumm, kreuzlendenlahm. Man staunt über den Reichthum, den die Volkssprache auch in dieser Richtung besitzt. Ich habe hier nur einige aus den mehr als vierhundert Ausdrücken dieser Art des hennebergischen Sprachgebietes hervorgehoben.
Holl.: Hij is moederziel alleen. (Harrebomée, II, 91b.)
Mutterkind.
Man findet manchs seltzsams mutterkind auff erden. – Agricola I, 632; Lehmann, II, 401, 9; Petri, II, 445.
Holl.: Men vindt menig zeldzaam moeders kind op aarde. (Harrebomée, II, 92a.)
Mutterleib.
1 Schon im Mutterleibe sind die Esel grau.
*2 A hot sich aus Mutterleibe herausgelogen. – Gomolcke, 83.
*3 Er ist, wie er aus Mutterleibe gekommen ist. – Eiselein, 481.
Arm, nackt, bloss, besitzt nichts oder hat alles verloren.
*4 He heft söck ut Muttaliew geloge. – Frischbier2, 2482.
Mütterlein.
Wenn die Mütterlin die Junckerlin verzerteln, das verderbt viel Schülerlin. – Petri, II, 645.
Mütterliches.
* Sie hat nichts als ihr Mütterliches.
Holl.: Al wat zij heeft, is een water- en een windmolen met een bosch voor hare poort. (Harrebomée, II, 94a.)
Mutterliebe.
1 Mutterlieb ist viel stercker, denn der Kinder Dreck vnd Grind. – Petri, II, 102; Luther's Tischreden, 155a; Zinkgref, I, 211.
2 Mutterliebe altert nicht.
Aber der Kinder Liebe sehr bald.
Böhm.: Mateřské srdce v dítkáah, a dĕtské v horách. – Matka za dcerou pláče, a dcerka po prknu skáče. (Čelakovský, 400.)
Frz.: Tendresse maternelle toujours se renouvelle. (Bohn I, 58.)
3 Mutterliebe die beste Liebe, Gottesliebe die höchste Liebe.
Auch in Hindostan heisst es: Einer Mutter Liebe ist die beste von allen. (Reinsberg I.)
4 Mutterliebe ist stärker als der Grind am Kinde.
In Mailand heisst es: Der täuscht dich, welcher sagt, dass er dich mehr liebt als deine Mutter. – Niemand liebt wie eine Mutter.
5 Ueber Mutterliebe keine Liebe.
Die Spanier stellen die Liebe des Vaters höher.
Dän.: Faae som fader, og ingen som moder: moderens hierte er altid ømt. (Prov. dan., 150.)
Frz.: Qui miex aime de mère c'est fainte norrice. (Leroux, II, 302.)
Lat.: Non dic care pater quia non parcit neque mater. (Fallersleben, 301.)
Span.: Amor de padre, que lo demas es ayre. (Cahier, 3200.)
6 Zu viel Mutterliebe schadet den Kindern. – Lohrengel, I, 921.
Engl.: A child may have too much of his mother's blessing. (Bohn II, 117.)
It.: Amor tenero dalla madre, amor forte del padre. (Cahier, 2801.)
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