Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] ihnen; man bringt sie unter das "alte Eisen" (s. d. 81), das nur wenig Werth hat. In der französischen Schweiz heissen sie zwar glimpflich "alte Tanten", aber in Frankreich selbst sind alte Mädchen alte Lumpen (vielle fille, vieille guenille). In Tirol heisst man eine alte Jungfer ein "altes Scheit". Die Schwaben stecken sie ins heidelberger Fass, in Böhmen liegen sie im Essig, in Baiern müssen sie Geibitzen (Kibitze) hüten, in Breslau den Elisabeththurm waschen. Die Wallonen stecken sie in die Kleiderkammer der heiligen Anna (esse mettowe es l' garderobe sainte Anne); in der Lombardei müssen sie zu Hause bleiben und "flicken" oder "die Riegel bewachen" (resta a casa a giosta i cadenoss); in England: Affen zur Hölle führen; in Frankreich: Die heilige Katharina frisiren (rester pour coiffer Sainte-Catherine, to be left to braid Saint Catherine's tresses). In Schottland haben sie die wenig erfreuliche Aussicht, wie Jenkin's Henne zu sterben (pine away like Jenkin's hen); während sie im wallonischen Belgien in einen Stock aus canadischem Pappelholz verwandelt werden (tourner a bordon d'Canada). (Vgl. Illustrirte Zeitung, Nr. 1322, S. 299.) Mutschirung. Mutschirung bricht keine gesammte Hand. - Eisenhart, 695; Estor, II, 252; III, 1143; Eiselein, 480; Hillebrand, 83, 110a; Pistor., VI, 3; Simrock, 7217; Graf, 580, 74. Unter der "gesammten Hand" ist die Belohnung zu verstehen, nach welcher mehrere zugleich Anrecht auf etwas erhalten. Theilen sie später untereinander und stirbt einer der Belehnten ohne Erben, so fällt sein Antheil an den Lehnsherrn zurück. Theilen sie sich indess blos in die Verwaltung des Lehns, was Mutschirung heisst, so findet dieser Rückfall nicht statt, und dies ist der Sinn des gegenwärtigen Sprichworts. Mutte. 1 Grossi Mutti1, grossi Stücki Brod. (Solothurn.) - Schild, 102, 31. 1) Scholle. Ein feldwirthschaftliches Sprichwort, das nur auf das Welschkorn (s. Korn 69), nicht auf den Roggen anwendbar ist, weil jenes auf festen, scholligen und rissigen Boden gesäet wird, während der Roggen lockeres Erdreich verlangt, das nachher gewalzt werden muss. 2 Wat de Mutte1 flaümet2 head, dat söllt de Fearken nit siupen. (Westf.) 1) Sau, Mutterschwein. 2) Getrübt, von flaum = trübe. 3 Wat de Mutte fläumet het, dat möt de Kodden drinken. (Sauerland.) *4 Min Mutte kann de Drank up. - Bueren, 887. *5 Tummel die Mutte. - Dähnert, 317a. Ausruf beim (Würfel-)Spiel. Mütten. Hamborger Mütten, dre för'n Dütten; lünborger Maler, dre för'n Daler. - Jahrbuch für Schlesw.-Holstein und Lauenburg, V, 364. Mutter. 1 A Mütter müss huben a breit Vartüch (Schürze), die Chesrojnes1 vün die Kinder züzüdecken. - Blass, 12. 1) Plural von Chassuren = Fehler. 2 Ach, Mutter, i cha nit spinne, der Finger thut mehr weh; der Gyger spannt d' Saite, tanze chönt i eh. - Schweiz, I, 144, 68. 3 Alle sind Einer Mutter Kinder, aber nicht alle Eines Verstandes. (Lit.) 4 An oandere Muater hoat ah a liebs Kind. (Steiermark.) 5 Auff der Mutter Schoss werden die Kinder gross. - Lehmann, 168, 8; Eiselein, 481; Sailer, 268. Physisch und geistig. Iselin hat dies gefühlt, wenn er sagt: Unter zehn grossen Männern verdanken neun ihren Müttern diese Grösse. Schwed.: Modrens skiöt är barneens trefnad. (Grubb, 529.) 6 Barmhertzige Mütter ziehen Lausige (oder grindige) Töchter. - Lehmann, 790, 5; Simrock, 7227; Körte, 4373; Körte2, 5429; Sailer, 263; Braun, I, 2839; Reinsberg I, 108. Dän.: En blöd moder föder op en skurevet dotter (og milde faedre ryggeslöse sönner). (Prov. dan., 67 u. 418.) Frz.: De mere piteuse fille teigneuse. (Bohn I, 38; Leroux, I, 152; Kritzinger, 452b.) - Enfant par trop caresse - mal appris et mal regle. (Masson, 249.) - Mere trop piteuse fait sa famille teigneuse. (Leroux, I, 180.) - Pere doux et piteux fait son enfant malheureux. Holl.: Eene barmhartige moeder maakt eene schurftige dochter. (Bohn I, 313.) It.: La madre pietosa fa la figliuola tignosa. (Bohn I, 106.) [Spaltenumbruch] Lat.: Blanda patrum reprobos facit indulgentia natos. - Peccata mollis nutrit indulgentia. Schwed.: Blödig tuchtan gör tredska barn. - En blödig moor föder up en skorfwot dotter. (Grubb, 52 u. 190.) 7 Beter en krupern Moder as en flegenden Vader. (Holst.) - Schütze, II, 357; Petri, II, 258; Körte, 4375a. Eine "krupern Moder" ist eine gute sparsame, überall auf Ordnung sehende Hausfrau, ein "flegender Vater" ein solcher, der bald da, bald dort herumschwärmt. Hochdeutsch bei Henisch (322, 56): Es ist besser eine kriechende Mutter, denn ein reitender Vatter. 8 Beter en reiken Vader verleren as en krupern Modder. - Körte, 4375b. 9 Das ist eine böse Mutter, die das Kind mit dem Bad wegschüttet. - Petri, II, 65; Henisch, 169, 45. 10 De de Moder to Frünne het, geit mit de Dochter fleiten. (Ostfries.) - Bueren, 235; Frommann, IV, 142, 341; Eichwald, 1319; Hauskalender, II. 11 De en hält 't mit de Mutter un de anner mit de Dochter. (Mecklenburg.) - Günther, III. Holl.: De een heeft zin in de moeder en de ander in de dochter, en zoo geraaken zij beide aan den man. (Harrebomee, II, 90b.) 12 Deine Mutter verrathen ist deine eigene Schande. - Petri, II, 72. 13 Dem einen gefällt die Mutter, dem andern die Tochter. Manchem gefallen sie nacheinander beide wie dem Philosophen Schelling, der erst die Tochter Böhmer's liebte und nach deren Tode deren Mutter heirathete. 14 Der Mutter Fluch geht nicht aus dem Herzen. - Henisch, 1160, 17. 15 Der Mutter Herz ist immer bei den Kindern. Schwed.: Moors hiertet är altijd ömt. (Grubb, 528.) 16 Der Mutter Liebe ist stärker als der Kinder Grind und Unflat. 17 Der Mutter Missethat schadet nicht dem unschuldigen Kinde (s. d. 120). - Graf, 300, 128. Mhd.: Der muter missedat schat nicht dem unschuldigen kinte. (Daniels, 409, 51.) 18 Der Mutter Ruthe ist besser als der Stiefmutter Rosinen. Die Finnen: Der Mutter Ruthe ist besser als der Fremden Weissbrot. (Bertram, 63.) 19 Der Mutter schenk ich, der Tochter denk' ich. - Körte, 4377; Masson, 330; Braun, I, 2841. Wer die Tochter will, der muss es mit der Mutter halten. 20 Der Mutter Treu ist alle Tage neu. - Pistor., VIII, 51. 21 Der Mutter wegen küsst man das Kind. Engl.: Many kiss the child for the nurse's sake. Lat.: Oscula nutrici pueri dant ejus amici. 22 Die eigene Mutter - Mütterchen, die Stiefmutter (s. d.) Verderbensmutter. (Estn.) 23 Die gute Mutter fragt nicht: Willst du? sagte die Mutter, und gab der Tochter eine Ohrfeige. 24 Die gute Mutter sagt nicht: Willst du? sondern: Hier hast du! Böhm.: Smelcova mati nejdrive zaplace. (Celakovsky, 119.) Engl.: The good mother said not, will you, but gives. (Bohn II, 14.) Frz.: La bonne mere ne dit pas: veux-tu? (Leroux, II, 243.) Holl.: Eene goede moeder zegt niet: mijn kind, wilt gy? (Harrebomee, II, 91a.) Ill.: Junacka mati parva zaplace. (Celakovsky, 119.) It.: La buona madre non dice: "Volete?" (Cahier, 2873; Gaal, 483.) Lat.: Unde habeas, curet nemo, sed oportet habere. (Eiselein, 221.) 25 Die Mutter bäckt nicht alle Tage Kuchen. Weil nicht alle Tage Kirmes ist. Die Perser sagen: Es ist nicht alle Tage Fest, dass man Confect essen kann. (Reinsberg III, 7.) 26 Die Mutter behelt das Kind, und das Bad mit dem Dreck schüttet sie weg. - Petri, II, 139. 27 Die Mutter bekommt Dreck zum Lohn, wenn sie dem Kind alles Gute gethon. - Petri, II, 139. 28 Die Mutter bewahrt das Kind. - Graf, 164, 133. Aus Wiarda, 87, 2. 29 Die Mutter denkt weit; aber die Kinder denken noch weiter.
[Spaltenumbruch] ihnen; man bringt sie unter das „alte Eisen“ (s. d. 81), das nur wenig Werth hat. In der französischen Schweiz heissen sie zwar glimpflich „alte Tanten“, aber in Frankreich selbst sind alte Mädchen alte Lumpen (vielle fille, vieille guenille). In Tirol heisst man eine alte Jungfer ein „altes Scheit“. Die Schwaben stecken sie ins heidelberger Fass, in Böhmen liegen sie im Essig, in Baiern müssen sie Geibitzen (Kibitze) hüten, in Breslau den Elisabeththurm waschen. Die Wallonen stecken sie in die Kleiderkammer der heiligen Anna (esse mettowe es l' gârdérôbe sainte Anne); in der Lombardei müssen sie zu Hause bleiben und „flicken“ oder „die Riegel bewachen“ (resta a casa a giosta i cadenoss); in England: Affen zur Hölle führen; in Frankreich: Die heilige Katharina frisiren (rester pour coiffer Sainte-Catherine, to be left to braid Saint Catherine's tresses). In Schottland haben sie die wenig erfreuliche Aussicht, wie Jenkin's Henne zu sterben (pine away like Jenkin's hen); während sie im wallonischen Belgien in einen Stock aus canadischem Pappelholz verwandelt werden (tourner à bordon d'Canada). (Vgl. Illustrirte Zeitung, Nr. 1322, S. 299.) Mutschirung. Mutschirung bricht keine gesammte Hand. – Eisenhart, 695; Estor, II, 252; III, 1143; Eiselein, 480; Hillebrand, 83, 110a; Pistor., VI, 3; Simrock, 7217; Graf, 580, 74. Unter der „gesammten Hand“ ist die Belohnung zu verstehen, nach welcher mehrere zugleich Anrecht auf etwas erhalten. Theilen sie später untereinander und stirbt einer der Belehnten ohne Erben, so fällt sein Antheil an den Lehnsherrn zurück. Theilen sie sich indess blos in die Verwaltung des Lehns, was Mutschirung heisst, so findet dieser Rückfall nicht statt, und dies ist der Sinn des gegenwärtigen Sprichworts. Mutte. 1 Grossi Mutti1, grossi Stücki Brod. (Solothurn.) – Schild, 102, 31. 1) Scholle. Ein feldwirthschaftliches Sprichwort, das nur auf das Welschkorn (s. Korn 69), nicht auf den Roggen anwendbar ist, weil jenes auf festen, scholligen und rissigen Boden gesäet wird, während der Roggen lockeres Erdreich verlangt, das nachher gewalzt werden muss. 2 Wat de Mutte1 flaümet2 head, dat söllt de Fearken nit siupen. (Westf.) 1) Sau, Mutterschwein. 2) Getrübt, von flaum = trübe. 3 Wat de Mutte fläumet het, dat möt de Kodden drinken. (Sauerland.) *4 Min Mutte kann de Drank up. – Bueren, 887. *5 Tummel die Mutte. – Dähnert, 317a. Ausruf beim (Würfel-)Spiel. Mütten. Hamborger Mütten, dre för'n Dütten; lünborger Maler, dre för'n Daler. – Jahrbuch für Schlesw.-Holstein und Lauenburg, V, 364. Mutter. 1 A Mütter müss huben a breit Vartüch (Schürze), die Chesrojnes1 vün die Kinder züzüdecken. – Blass, 12. 1) Plural von Chassuren = Fehler. 2 Ach, Mutter, i cha nit spinne, der Finger thut mehr weh; der Gyger spannt d' Saite, tanze chönt i eh. – Schweiz, I, 144, 68. 3 Alle sind Einer Mutter Kinder, aber nicht alle Eines Verstandes. (Lit.) 4 An oandere Muater hoat ah a liebs Kind. (Steiermark.) 5 Auff der Mutter Schoss werden die Kinder gross. – Lehmann, 168, 8; Eiselein, 481; Sailer, 268. Physisch und geistig. Iselin hat dies gefühlt, wenn er sagt: Unter zehn grossen Männern verdanken neun ihren Müttern diese Grösse. Schwed.: Modrens skiöt är barneens trefnad. (Grubb, 529.) 6 Barmhertzige Mütter ziehen Lausige (oder grindige) Töchter. – Lehmann, 790, 5; Simrock, 7227; Körte, 4373; Körte2, 5429; Sailer, 263; Braun, I, 2839; Reinsberg I, 108. Dän.: En blød moder føder op en skurevet dotter (og milde fædre ryggesløse sønner). (Prov. dan., 67 u. 418.) Frz.: De mère piteuse fille teigneuse. (Bohn I, 38; Leroux, I, 152; Kritzinger, 452b.) – Enfant par trop caressé – mal appris et mal réglé. (Masson, 249.) – Mère trop piteuse fait sa famille teigneuse. (Leroux, I, 180.) – Père doux et piteux fait son enfant malheureux. Holl.: Eene barmhartige moeder maakt eene schurftige dochter. (Bohn I, 313.) It.: La madre pietosa fa la figliuola tignosa. (Bohn I, 106.) [Spaltenumbruch] Lat.: Blanda patrum reprobos facit indulgentia natos. – Peccata mollis nutrit indulgentia. Schwed.: Blödig tuchtan gör tredska barn. – En blödig moor föder up en skorfwot dotter. (Grubb, 52 u. 190.) 7 Beter en krupern Moder as en flegenden Vader. (Holst.) – Schütze, II, 357; Petri, II, 258; Körte, 4375a. Eine „krupern Moder“ ist eine gute sparsame, überall auf Ordnung sehende Hausfrau, ein „flegender Vater“ ein solcher, der bald da, bald dort herumschwärmt. Hochdeutsch bei Henisch (322, 56): Es ist besser eine kriechende Mutter, denn ein reitender Vatter. 8 Beter en rîken Vader verlêren as en krupern Modder. – Körte, 4375b. 9 Das ist eine böse Mutter, die das Kind mit dem Bad wegschüttet. – Petri, II, 65; Henisch, 169, 45. 10 De de Moder to Frünne het, geit mit de Dochter fleiten. (Ostfries.) – Bueren, 235; Frommann, IV, 142, 341; Eichwald, 1319; Hauskalender, II. 11 De en hält 't mit de Mutter un de anner mit de Dochter. (Mecklenburg.) – Günther, III. Holl.: De een heeft zin in de moeder en de ander in de dochter, en zoo geraaken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 90b.) 12 Deine Mutter verrathen ist deine eigene Schande. – Petri, II, 72. 13 Dem einen gefällt die Mutter, dem andern die Tochter. Manchem gefallen sie nacheinander beide wie dem Philosophen Schelling, der erst die Tochter Böhmer's liebte und nach deren Tode deren Mutter heirathete. 14 Der Mutter Fluch geht nicht aus dem Herzen. – Henisch, 1160, 17. 15 Der Mutter Herz ist immer bei den Kindern. Schwed.: Moors hiertet är altijd ömt. (Grubb, 528.) 16 Der Mutter Liebe ist stärker als der Kinder Grind und Unflat. 17 Der Mutter Missethat schadet nicht dem unschuldigen Kinde (s. d. 120). – Graf, 300, 128. Mhd.: Der muter missedat schat nicht dem unschuldigen kinte. (Daniels, 409, 51.) 18 Der Mutter Ruthe ist besser als der Stiefmutter Rosinen. Die Finnen: Der Mutter Ruthe ist besser als der Fremden Weissbrot. (Bertram, 63.) 19 Der Mutter schenk ich, der Tochter denk' ich. – Körte, 4377; Masson, 330; Braun, I, 2841. Wer die Tochter will, der muss es mit der Mutter halten. 20 Der Mutter Treu ist alle Tage neu. – Pistor., VIII, 51. 21 Der Mutter wegen küsst man das Kind. Engl.: Many kiss the child for the nurse's sake. Lat.: Oscula nutrici pueri dant ejus amici. 22 Die eigene Mutter – Mütterchen, die Stiefmutter (s. d.) Verderbensmutter. (Estn.) 23 Die gute Mutter fragt nicht: Willst du? sagte die Mutter, und gab der Tochter eine Ohrfeige. 24 Die gute Mutter sagt nicht: Willst du? sondern: Hier hast du! Böhm.: Smĕlcova máti nejdříve zapláče. (Čelakovsky, 119.) Engl.: The good mother said not, will you, but gives. (Bohn II, 14.) Frz.: La bonne mère ne dit pas: veux-tu? (Leroux, II, 243.) Holl.: Eene goede moeder zegt niet: mijn kind, wilt gy? (Harrebomée, II, 91a.) Ill.: Junačka mati pàrva zaplače. (Čelakovsky, 119.) It.: La buona madre non dice: „Volete?“ (Cahier, 2873; Gaal, 483.) Lat.: Unde habeas, curet nemo, sed oportet habere. (Eiselein, 221.) 25 Die Mutter bäckt nicht alle Tage Kuchen. Weil nicht alle Tage Kirmes ist. Die Perser sagen: Es ist nicht alle Tage Fest, dass man Confect essen kann. (Reinsberg III, 7.) 26 Die Mutter behelt das Kind, und das Bad mit dem Dreck schüttet sie weg. – Petri, II, 139. 27 Die Mutter bekommt Dreck zum Lohn, wenn sie dem Kind alles Gute gethon. – Petri, II, 139. 28 Die Mutter bewahrt das Kind. – Graf, 164, 133. Aus Wiarda, 87, 2. 29 Die Mutter denkt weit; aber die Kinder denken noch weiter.
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ihnen; man bringt sie unter das „alte Eisen“ (s. d. 81), das nur wenig Werth hat. In der französischen Schweiz heissen sie zwar glimpflich „alte Tanten“, aber in Frankreich selbst sind alte Mädchen alte Lumpen (vielle fille, vieille guenille). In Tirol heisst man eine alte Jungfer ein „altes Scheit“. Die Schwaben stecken sie ins heidelberger Fass, in Böhmen liegen sie im Essig, in Baiern müssen sie Geibitzen (Kibitze) hüten, in Breslau den Elisabeththurm waschen. Die Wallonen stecken sie in die Kleiderkammer der heiligen Anna (esse mettowe es l' gârdérôbe sainte Anne); in der Lombardei müssen sie zu Hause bleiben und „flicken“ oder „die Riegel bewachen“ (resta a casa a giosta i cadenoss); in England: Affen zur Hölle führen; in Frankreich: Die heilige Katharina frisiren (rester pour coiffer Sainte-Catherine, to be left to braid Saint Catherine's tresses). In Schottland haben sie die wenig erfreuliche Aussicht, wie Jenkin's Henne zu sterben (pine away like Jenkin's hen); während sie im wallonischen Belgien in einen Stock aus canadischem Pappelholz verwandelt werden (tourner à bordon d'Canada). (Vgl. Illustrirte Zeitung, Nr. 1322, S. 299.)
Mutschirung.
Mutschirung bricht keine gesammte Hand. – Eisenhart, 695; Estor, II, 252; III, 1143; Eiselein, 480; Hillebrand, 83, 110a; Pistor., VI, 3; Simrock, 7217; Graf, 580, 74.
Unter der „gesammten Hand“ ist die Belohnung zu verstehen, nach welcher mehrere zugleich Anrecht auf etwas erhalten. Theilen sie später untereinander und stirbt einer der Belehnten ohne Erben, so fällt sein Antheil an den Lehnsherrn zurück. Theilen sie sich indess blos in die Verwaltung des Lehns, was Mutschirung heisst, so findet dieser Rückfall nicht statt, und dies ist der Sinn des gegenwärtigen Sprichworts.
Mutte.
1 Grossi Mutti1, grossi Stücki Brod. (Solothurn.) – Schild, 102, 31.
1) Scholle. Ein feldwirthschaftliches Sprichwort, das nur auf das Welschkorn (s. Korn 69), nicht auf den Roggen anwendbar ist, weil jenes auf festen, scholligen und rissigen Boden gesäet wird, während der Roggen lockeres Erdreich verlangt, das nachher gewalzt werden muss.
2 Wat de Mutte1 flaümet2 head, dat söllt de Fearken nit siupen. (Westf.)
1) Sau, Mutterschwein.
2) Getrübt, von flaum = trübe.
3 Wat de Mutte fläumet het, dat möt de Kodden drinken. (Sauerland.)
*4 Min Mutte kann de Drank up. – Bueren, 887.
*5 Tummel die Mutte. – Dähnert, 317a.
Ausruf beim (Würfel-)Spiel.
Mütten.
Hamborger Mütten, dre för'n Dütten; lünborger Maler, dre för'n Daler. – Jahrbuch für Schlesw.-Holstein und Lauenburg, V, 364.
Mutter.
1 A Mütter müss huben a breit Vartüch (Schürze), die Chesrojnes1 vün die Kinder züzüdecken. – Blass, 12.
1) Plural von Chassuren = Fehler.
2 Ach, Mutter, i cha nit spinne, der Finger thut mehr weh; der Gyger spannt d' Saite, tanze chönt i eh. – Schweiz, I, 144, 68.
3 Alle sind Einer Mutter Kinder, aber nicht alle Eines Verstandes. (Lit.)
4 An oandere Muater hoat ah a liebs Kind. (Steiermark.)
5 Auff der Mutter Schoss werden die Kinder gross. – Lehmann, 168, 8; Eiselein, 481; Sailer, 268.
Physisch und geistig. Iselin hat dies gefühlt, wenn er sagt: Unter zehn grossen Männern verdanken neun ihren Müttern diese Grösse.
Schwed.: Modrens skiöt är barneens trefnad. (Grubb, 529.)
6 Barmhertzige Mütter ziehen Lausige (oder grindige) Töchter. – Lehmann, 790, 5; Simrock, 7227; Körte, 4373; Körte2, 5429; Sailer, 263; Braun, I, 2839; Reinsberg I, 108.
Dän.: En blød moder føder op en skurevet dotter (og milde fædre ryggesløse sønner). (Prov. dan., 67 u. 418.)
Frz.: De mère piteuse fille teigneuse. (Bohn I, 38; Leroux, I, 152; Kritzinger, 452b.) – Enfant par trop caressé – mal appris et mal réglé. (Masson, 249.) – Mère trop piteuse fait sa famille teigneuse. (Leroux, I, 180.) – Père doux et piteux fait son enfant malheureux.
Holl.: Eene barmhartige moeder maakt eene schurftige dochter. (Bohn I, 313.)
It.: La madre pietosa fa la figliuola tignosa. (Bohn I, 106.)
Lat.: Blanda patrum reprobos facit indulgentia natos. – Peccata mollis nutrit indulgentia.
Schwed.: Blödig tuchtan gör tredska barn. – En blödig moor föder up en skorfwot dotter. (Grubb, 52 u. 190.)
7 Beter en krupern Moder as en flegenden Vader. (Holst.) – Schütze, II, 357; Petri, II, 258; Körte, 4375a.
Eine „krupern Moder“ ist eine gute sparsame, überall auf Ordnung sehende Hausfrau, ein „flegender Vater“ ein solcher, der bald da, bald dort herumschwärmt. Hochdeutsch bei Henisch (322, 56): Es ist besser eine kriechende Mutter, denn ein reitender Vatter.
8 Beter en rîken Vader verlêren as en krupern Modder. – Körte, 4375b.
9 Das ist eine böse Mutter, die das Kind mit dem Bad wegschüttet. – Petri, II, 65; Henisch, 169, 45.
10 De de Moder to Frünne het, geit mit de Dochter fleiten. (Ostfries.) – Bueren, 235; Frommann, IV, 142, 341; Eichwald, 1319; Hauskalender, II.
11 De en hält 't mit de Mutter un de anner mit de Dochter. (Mecklenburg.) – Günther, III.
Holl.: De een heeft zin in de moeder en de ander in de dochter, en zoo geraaken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 90b.)
12 Deine Mutter verrathen ist deine eigene Schande. – Petri, II, 72.
13 Dem einen gefällt die Mutter, dem andern die Tochter.
Manchem gefallen sie nacheinander beide wie dem Philosophen Schelling, der erst die Tochter Böhmer's liebte und nach deren Tode deren Mutter heirathete.
14 Der Mutter Fluch geht nicht aus dem Herzen. – Henisch, 1160, 17.
15 Der Mutter Herz ist immer bei den Kindern.
Schwed.: Moors hiertet är altijd ömt. (Grubb, 528.)
16 Der Mutter Liebe ist stärker als der Kinder Grind und Unflat.
17 Der Mutter Missethat schadet nicht dem unschuldigen Kinde (s. d. 120). – Graf, 300, 128.
Mhd.: Der muter missedat schat nicht dem unschuldigen kinte. (Daniels, 409, 51.)
18 Der Mutter Ruthe ist besser als der Stiefmutter Rosinen.
Die Finnen: Der Mutter Ruthe ist besser als der Fremden Weissbrot. (Bertram, 63.)
19 Der Mutter schenk ich, der Tochter denk' ich. – Körte, 4377; Masson, 330; Braun, I, 2841.
Wer die Tochter will, der muss es mit der Mutter halten.
20 Der Mutter Treu ist alle Tage neu. – Pistor., VIII, 51.
21 Der Mutter wegen küsst man das Kind.
Engl.: Many kiss the child for the nurse's sake.
Lat.: Oscula nutrici pueri dant ejus amici.
22 Die eigene Mutter – Mütterchen, die Stiefmutter (s. d.) Verderbensmutter. (Estn.)
23 Die gute Mutter fragt nicht: Willst du? sagte die Mutter, und gab der Tochter eine Ohrfeige.
24 Die gute Mutter sagt nicht: Willst du? sondern: Hier hast du!
Böhm.: Smĕlcova máti nejdříve zapláče. (Čelakovsky, 119.)
Engl.: The good mother said not, will you, but gives. (Bohn II, 14.)
Frz.: La bonne mère ne dit pas: veux-tu? (Leroux, II, 243.)
Holl.: Eene goede moeder zegt niet: mijn kind, wilt gy? (Harrebomée, II, 91a.)
Ill.: Junačka mati pàrva zaplače. (Čelakovsky, 119.)
It.: La buona madre non dice: „Volete?“ (Cahier, 2873; Gaal, 483.)
Lat.: Unde habeas, curet nemo, sed oportet habere. (Eiselein, 221.)
25 Die Mutter bäckt nicht alle Tage Kuchen.
Weil nicht alle Tage Kirmes ist. Die Perser sagen: Es ist nicht alle Tage Fest, dass man Confect essen kann. (Reinsberg III, 7.)
26 Die Mutter behelt das Kind, und das Bad mit dem Dreck schüttet sie weg. – Petri, II, 139.
27 Die Mutter bekommt Dreck zum Lohn, wenn sie dem Kind alles Gute gethon. – Petri, II, 139.
28 Die Mutter bewahrt das Kind. – Graf, 164, 133.
Aus Wiarda, 87, 2.
29 Die Mutter denkt weit; aber die Kinder denken noch weiter.
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