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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] 35 Wenn vor Michaeli der Wein erfriert, so soll er im nächsten Mai wieder erfrieren.

36 Wenn vor Michaeli schon Reife kommen, so folgt ein schlechter Frühling und späte Kälte. (Luzern.)

37 Wenn vor (um) Michaelis die Vögel nicht wegziehen, so bleibt gelind Wetter bis Weihnacht. - Orakel, 782-783.

38 Wie viel vor Michaelis Fröste kommen, so viel sollen dann auch nach Walpurgis oder Philippi Jakobi fallen. - Orakel, 779.

39 Zu Michael die Wintersaat gestreut, den Bauer mit reicher Ernt' erfreut. - Orakel, 797.

40 Zu Michaeli ist alles feil. (Oels.) - Boebel, 47.

41 Zu Michaeli steigt das Vesperbrot in den Himmel. - Orakel, 800.

*42 De grawe Michel. - Dähnert, 305b.

Scheltwort in Pommern, auch Knullmichel.

*43 Der deutsche Michel. - Eiselein, 462; Sailer, 310; Körte, 4246a; Tendlau, 312; Braun, I, 2705; Reinsberg V, 60; VI, 38.

Nach Kirchhofer (51): Entweder der Titel, den man man jenseit des Rheins den biedern, geraden, ehrlichen Deutschen gibt, oder den man diesseit desselben denen beigelegt, oder richtiger früher beilegte, die keine lateinische Schule besucht hatten. Jetzt fängt man an, auch die allmählich zu den Menschen zu rechnen, zu deren Bildung die alten Sprachen nicht mitgewirkt haben. - Wol richtiger die gemeinsame Benennung der Deutschen als Vertreter des gesammten Volks, wie Jan Hagel für Pöbel, John Bull für das englische Volk, Yankees oder Bruder Jonathan für Nordamerikaner gebraucht, der Franzose Jean Foutre und der Holländer Mynheer genannt wird. Es scheint das althochdeutsche mihil, mittelhochdeutsch michel oder gross (unbeholfen, schwerleibig, klotzig) zu sein, womit man sagen will: unbeholfener Deutscher; der deutsche Michel so viel als das ganze schwerleibige deutsche Volk. Man hat zwar versucht, den Ausdruck "deutscher Michel" von diesem spöttischen Beigeschmack zu befreien, indem man ihn auf eine wirkliche Person zurückführen wollte. Zum Beweis dessen hat man behauptet, der erste Träger desselben sei ein tapferer Soldat, Michael Obertraut, 1620-22 Generallieutenant im Dienste des dänischen Königs gewesen, der sehr erfolgreich gegen die Spanier gekämpft habe. Bei jedem Vortheil, den man errang, hiess es: "Das haben wir dem deutschen Michel zu verdanken." (Vgl. darüber Zeinar, Frühlings-Parnass aus dem Jahre 1694, Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Weimar 1826, Bd. 41; auch Wurzbach III, 36 fg.) Bei Keller (140b) heisst es darüber: "Diese Benennung führt Phil. Andr. Bourgoldensis in seinen Discursa ad instrumentum Pacis Osnabrugo-Monasteriensi her von den in dem Dreissigjährigen Kriege durch seine Tapfferkeit berühmten Michaele Obertrautio, welcher als eine Zierde der deutschen Milit. der deutsche Michel genannt wurde, wiewohl dieses Wort jetzund gantz in einem andern Verstande angewendet wird." Weiter bemerkt Keller: "Anno 1638 ist zu Insprug der deutsche Michel oder ein neues Mengelied wider alle Sprachverderber nachgedruckt worden, das sich anhebt: Ich deutscher Michel versteh schier Nichel in meinem Vaterland. Es ist eine schand, man thut frembde reden in allen Läden. Die Leite reden Latein, Welsch und Französisch, halb japonesisch" u. s. w. Die Bezeichnung "deutscher Michel" ist aber ältern Ursprungs und hat sich, längst vorhanden, sicher nur an den Vornamen des Generals Obertraut angelehnt, selbst wenn die aus dem Althochdeutschen von Eiselein (462) angeführte Belegstelle: "Das diutschiu Volk ist mihhil giheissan", unecht und nur von ihm erfunden wäre, was man bei seinen Citaten nicht wissen kann, da sie, wie eben die vorstehende, der Quellenangabe gänzlich ermangeln oder nicht am angeführten Orte zu finden sind. W. Wackernagel, der in Pfeiffer's Germania (IV, 129 fg.) die deutschen Appellativnamen und dabei auch den "deutschen Michel" behandelt, bringt indess keine Belegstellen aus dem Mittelhochdeutschen bei, er führt für das sprichwörtliche Vorkommen des Ausdrucks nur Philander von Sittewald (Strasburg 1666, I, 35, 123) und den Simplicissimus (II, 1047 fg.) auf. - Es erscheint aber fast geboten, hier schliesslich noch zu bemerken, dass das Jahr 1870-71 in den Anschauungen und Urtheilen über den "deutschen Michel" als Volksbezeichnung eine wesentliche Aenderung herbeigeführt hat. Noch 1845 klagt der Dichter in: Des armen Michel's Lebenslauf. Teutsches Heldengedicht in sechs Klageliedern: "Ich armer Michelissimus, Weltmutter, was hatt'st du verbrochen, das dich unser lieber Herrgott liess kommen mit mir in die Wochen?" Und sagt, ihn zu charakterisiren: "Sie (andere Völker) kräftigten zu Nationen sich, und ich - ich blieb der Michel. Ich blieb der Michel und ging nach Haus und legte mich auf den Glauben; denn weil mir die irdischen hingen zu hoch, so schielt' [Spaltenumbruch] ich nach himmlischen Trauben. So bracht' ich das Mittelalter herum, gehorsam Gott und dem Fürsten, den einen Hang verspürend nur, nach Sauerkraut und Würsten." (Vgl. Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 46-47.) Ein anderes Heldengedicht, Die Micheliade in 24 Gesängen, in der des deutschen Michel Geburt, Charakter, Leiden und Hoffen, Geständnisse, Aufstand, dargestellt wird, findet sich in Welt und Zeit, IV, 8-36; namentlich wurde der "deutsche Michel" als verschlafen, unerweckbar, als unempfindlich gegen üble Behandlung dargestellt. H. Heine (Ueber Börne, Hamburg 1840, S. 78) sagt: "Ich konnte dadurch bei dem schnarchenden Giganten nur ein sanftes Niesen, keineswegs ein Erwachen bewirken. Riss ich auch heftig an seinem Kopfkissen, so rückte er es sich doch wieder zurecht, mit schlaftrunkener Hand. Michel lächelte im Schlummer." Noch 1849 behauptet die Westdeutsche Zeitung (Köln, Nr. 117): "Kein Schriftsteller in der Welt ist stark genug, den deutschen Michel aufzureizen"; er hat aber 1870 bewiesen, dass alles einmal, auch sein Schlaf und seine Geduld ein Ende habe, er hat gezeigt, dass er, wenn er zur rechten Zeit und auf die rechte Weise geweckt wird, aufzustehen und den ihm gebührenden Platz einzunehmen weiss.

*44 Der Remner Misch kit. (Siebenbürg.- sächs.) - Frommann, V, 177, 212.

Der Riemer Michael, d. i. die Peitsche kommt.

*45 Er ist's klein' Michele. - Nefflen, 457; Michel, 264.

Er ist der Herr im Haus, gilt aber nichts.

*46 Er spielt's kleine Michele mit ihm. (Rottenburg.)

*47 Es ist Vetter Michel. - Körte, 4246b.

*48 Herzog Michel fiel ins Land. (Ostpreuss.)

Redensart, wenn Herzen (Coeur) ausgespielt wird.

*49 Ich, deutscher Michel, verstehe schon nihil.

Lat.: Inanium inania sunt consilia, et cogitationes. (Chaos, 815.)

*50 Michel, gib dich! (Oberösterreich.)

So sagt man zu sich selbst oder zu einem andern, um auszudrücken, man müsse sich in das Unvermeidliche fügen.

*51 Micheli, Mächeli, mach' is Kächeli. - Sutermeister, 29.

Die Schweiz hat eine Anzahl sprichwörtlicher Reime und Wortspiele mit Namen, zu denen das vorstehende gehört. (S. Lorenz 3.)

*52 Möchel, merkst nuscht? - Frischbier, 502; Frischbier2, 2629.

Zu einem, der von dem Gewinn eines andern für sich Vortheil ziehen möchte.


Michaelikorn.

Michaelikorn ist halb verlor'n.


Michaeliwein.

1 Der Sanct Michaeliswein wird den Herren willkommen sein.

2 Michaeliswein, süsser Wein. - Simrock, 12373; Orakel, 798.

3 Michaeliwein, Herrenwein.


Michaelsnacht.

Man kann nicht immer Michaelsnacht halten.


Michaelstag.

1 Auf nassen Michaelstag nasser Herbst folgen mag. - Boebel, 48.

2 Fällt am Michaelstage Regen und am Gallustage nicht, dies ein gut Frühjahr verspricht. - Orakel, 795.

3 Michelsdag smücket un Petersdag drücket. - Schambach, II, 162, 641.

Um Michaelis (24. Sept.) herrscht noch Ueberfluss, aber um Peterstag (Petri Stuhlfeier, 22. Febr.) tritt schon bei manchem Mangel ein, wozu bei vielen die fälligen Pachtzinsen kommen. (S. Michael 11.)

4 Nimb an S. Michelstag der Eychöpffel war, haben sie Spinnen, so kommet ein böss Jahr; haben sie Fliegen, ein Milds; Maden, ein guts; nichts darinn, ein Tod. - Fischart, Prakt., in Kloster, VIII, 638.

5 Regnet's sanft am Michelstag, so folgt ein milder Winter nach. - Orakel, 791.

6 So oft es vor dem Michaelstage reift und friert, so viel Tage soll es nach dem ersten Mai reifen und frieren. - Orakel, 776.

7 Wenn sek de Michelsdag helt, denn is de ganze Herwest bestellt. - Schambach, II, 680.

Wenn am Michaelistage das Wetter gut bleibt, so soll es den ganzen Herbst über sich gut halten. (S. Veitstag.)

[Spaltenumbruch] 35 Wenn vor Michaeli der Wein erfriert, so soll er im nächsten Mai wieder erfrieren.

36 Wenn vor Michaeli schon Reife kommen, so folgt ein schlechter Frühling und späte Kälte. (Luzern.)

37 Wenn vor (um) Michaelis die Vögel nicht wegziehen, so bleibt gelind Wetter bis Weihnacht.Orakel, 782-783.

38 Wie viel vor Michaelis Fröste kommen, so viel sollen dann auch nach Walpurgis oder Philippi Jakobi fallen.Orakel, 779.

39 Zu Michael die Wintersaat gestreut, den Bauer mit reicher Ernt' erfreut.Orakel, 797.

40 Zu Michaeli ist alles feil. (Oels.) – Boebel, 47.

41 Zu Michaeli steigt das Vesperbrot in den Himmel.Orakel, 800.

*42 De grawe Michel.Dähnert, 305b.

Scheltwort in Pommern, auch Knullmichel.

*43 Der deutsche Michel.Eiselein, 462; Sailer, 310; Körte, 4246a; Tendlau, 312; Braun, I, 2705; Reinsberg V, 60; VI, 38.

Nach Kirchhofer (51): Entweder der Titel, den man man jenseit des Rheins den biedern, geraden, ehrlichen Deutschen gibt, oder den man diesseit desselben denen beigelegt, oder richtiger früher beilegte, die keine lateinische Schule besucht hatten. Jetzt fängt man an, auch die allmählich zu den Menschen zu rechnen, zu deren Bildung die alten Sprachen nicht mitgewirkt haben. – Wol richtiger die gemeinsame Benennung der Deutschen als Vertreter des gesammten Volks, wie Jan Hagel für Pöbel, John Bull für das englische Volk, Yankees oder Bruder Jonathan für Nordamerikaner gebraucht, der Franzose Jean Foutre und der Holländer Mynheer genannt wird. Es scheint das althochdeutsche mihil, mittelhochdeutsch michel oder gross (unbeholfen, schwerleibig, klotzig) zu sein, womit man sagen will: unbeholfener Deutscher; der deutsche Michel so viel als das ganze schwerleibige deutsche Volk. Man hat zwar versucht, den Ausdruck „deutscher Michel“ von diesem spöttischen Beigeschmack zu befreien, indem man ihn auf eine wirkliche Person zurückführen wollte. Zum Beweis dessen hat man behauptet, der erste Träger desselben sei ein tapferer Soldat, Michael Obertraut, 1620-22 Generallieutenant im Dienste des dänischen Königs gewesen, der sehr erfolgreich gegen die Spanier gekämpft habe. Bei jedem Vortheil, den man errang, hiess es: „Das haben wir dem deutschen Michel zu verdanken.“ (Vgl. darüber Zeinar, Frühlings-Parnass aus dem Jahre 1694, Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Weimar 1826, Bd. 41; auch Wurzbach III, 36 fg.) Bei Keller (140b) heisst es darüber: „Diese Benennung führt Phil. Andr. Bourgoldensis in seinen Discursa ad instrumentum Pacis Osnabrugo-Monasteriensi her von den in dem Dreissigjährigen Kriege durch seine Tapfferkeit berühmten Michaele Obertrautio, welcher als eine Zierde der deutschen Milit. der deutsche Michel genannt wurde, wiewohl dieses Wort jetzund gantz in einem andern Verstande angewendet wird.“ Weiter bemerkt Keller: „Anno 1638 ist zu Insprug der deutsche Michel oder ein neues Mengelied wider alle Sprachverderber nachgedruckt worden, das sich anhebt: Ich deutscher Michel versteh schier Nichel in meinem Vaterland. Es ist eine schand, man thut frembde reden in allen Läden. Die Leite reden Latein, Welsch und Französisch, halb japonesisch“ u. s. w. Die Bezeichnung „deutscher Michel“ ist aber ältern Ursprungs und hat sich, längst vorhanden, sicher nur an den Vornamen des Generals Obertraut angelehnt, selbst wenn die aus dem Althochdeutschen von Eiselein (462) angeführte Belegstelle: „Das diutschiu Volk ist mihhil giheissan“, unecht und nur von ihm erfunden wäre, was man bei seinen Citaten nicht wissen kann, da sie, wie eben die vorstehende, der Quellenangabe gänzlich ermangeln oder nicht am angeführten Orte zu finden sind. W. Wackernagel, der in Pfeiffer's Germania (IV, 129 fg.) die deutschen Appellativnamen und dabei auch den „deutschen Michel“ behandelt, bringt indess keine Belegstellen aus dem Mittelhochdeutschen bei, er führt für das sprichwörtliche Vorkommen des Ausdrucks nur Philander von Sittewald (Strasburg 1666, I, 35, 123) und den Simplicissimus (II, 1047 fg.) auf. – Es erscheint aber fast geboten, hier schliesslich noch zu bemerken, dass das Jahr 1870-71 in den Anschauungen und Urtheilen über den „deutschen Michel“ als Volksbezeichnung eine wesentliche Aenderung herbeigeführt hat. Noch 1845 klagt der Dichter in: Des armen Michel's Lebenslauf. Teutsches Heldengedicht in sechs Klageliedern: „Ich armer Michelissimus, Weltmutter, was hatt'st du verbrochen, das dich unser lieber Herrgott liess kommen mit mir in die Wochen?“ Und sagt, ihn zu charakterisiren: „Sie (andere Völker) kräftigten zu Nationen sich, und ich – ich blieb der Michel. Ich blieb der Michel und ging nach Haus und legte mich auf den Glauben; denn weil mir die irdischen hingen zu hoch, so schielt' [Spaltenumbruch] ich nach himmlischen Trauben. So bracht' ich das Mittelalter herum, gehorsam Gott und dem Fürsten, den einen Hang verspürend nur, nach Sauerkraut und Würsten.“ (Vgl. Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 46-47.) Ein anderes Heldengedicht, Die Micheliade in 24 Gesängen, in der des deutschen Michel Geburt, Charakter, Leiden und Hoffen, Geständnisse, Aufstand, dargestellt wird, findet sich in Welt und Zeit, IV, 8-36; namentlich wurde der „deutsche Michel“ als verschlafen, unerweckbar, als unempfindlich gegen üble Behandlung dargestellt. H. Heine (Ueber Börne, Hamburg 1840, S. 78) sagt: „Ich konnte dadurch bei dem schnarchenden Giganten nur ein sanftes Niesen, keineswegs ein Erwachen bewirken. Riss ich auch heftig an seinem Kopfkissen, so rückte er es sich doch wieder zurecht, mit schlaftrunkener Hand. Michel lächelte im Schlummer.“ Noch 1849 behauptet die Westdeutsche Zeitung (Köln, Nr. 117): „Kein Schriftsteller in der Welt ist stark genug, den deutschen Michel aufzureizen“; er hat aber 1870 bewiesen, dass alles einmal, auch sein Schlaf und seine Geduld ein Ende habe, er hat gezeigt, dass er, wenn er zur rechten Zeit und auf die rechte Weise geweckt wird, aufzustehen und den ihm gebührenden Platz einzunehmen weiss.

*44 Der Remner Misch kit. (Siebenbürg.- sächs.) – Frommann, V, 177, 212.

Der Riemer Michael, d. i. die Peitsche kommt.

*45 Er ist's klein' Michele.Nefflen, 457; Michel, 264.

Er ist der Herr im Haus, gilt aber nichts.

*46 Er spielt's kleine Michele mit ihm. (Rottenburg.)

*47 Es ist Vetter Michel.Körte, 4246b.

*48 Herzog Michel fiel ins Land. (Ostpreuss.)

Redensart, wenn Herzen (Coeur) ausgespielt wird.

*49 Ich, deutscher Michel, verstehe schon nihil.

Lat.: Inanium inania sunt consilia, et cogitationes. (Chaos, 815.)

*50 Michel, gib dich! (Oberösterreich.)

So sagt man zu sich selbst oder zu einem andern, um auszudrücken, man müsse sich in das Unvermeidliche fügen.

*51 Micheli, Mächeli, mach' is Kächeli.Sutermeister, 29.

Die Schweiz hat eine Anzahl sprichwörtlicher Reime und Wortspiele mit Namen, zu denen das vorstehende gehört. (S. Lorenz 3.)

*52 Möchel, merkst nuscht?Frischbier, 502; Frischbier2, 2629.

Zu einem, der von dem Gewinn eines andern für sich Vortheil ziehen möchte.


Michaelikorn.

Michaelikorn ist halb verlor'n.


Michaeliwein.

1 Der Sanct Michaeliswein wird den Herren willkommen sein.

2 Michaeliswein, süsser Wein.Simrock, 12373; Orakel, 798.

3 Michaeliwein, Herrenwein.


Michaelsnacht.

Man kann nicht immer Michaelsnacht halten.


Michaelstag.

1 Auf nassen Michaelstag nasser Herbst folgen mag.Boebel, 48.

2 Fällt am Michaelstage Regen und am Gallustage nicht, dies ein gut Frühjahr verspricht.Orakel, 795.

3 Michelsdag smücket un Pêtersdag drücket.Schambach, II, 162, 641.

Um Michaelis (24. Sept.) herrscht noch Ueberfluss, aber um Peterstag (Petri Stuhlfeier, 22. Febr.) tritt schon bei manchem Mangel ein, wozu bei vielen die fälligen Pachtzinsen kommen. (S. Michael 11.)

4 Nimb an S. Michelstag der Eychöpffel war, haben sie Spinnen, so kommet ein böss Jahr; haben sie Fliegen, ein Milds; Maden, ein guts; nichts darinn, ein Tod.Fischart, Prakt., in Kloster, VIII, 638.

5 Regnet's sanft am Michelstag, so folgt ein milder Winter nach.Orakel, 791.

6 So oft es vor dem Michaelstage reift und friert, so viel Tage soll es nach dem ersten Mai reifen und frieren.Orakel, 776.

7 Wenn sek de Michelsdag helt, denn is de ganze Herwest bestellt.Schambach, II, 680.

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[[327]/0341] 35 Wenn vor Michaeli der Wein erfriert, so soll er im nächsten Mai wieder erfrieren. 36 Wenn vor Michaeli schon Reife kommen, so folgt ein schlechter Frühling und späte Kälte. (Luzern.) 37 Wenn vor (um) Michaelis die Vögel nicht wegziehen, so bleibt gelind Wetter bis Weihnacht. – Orakel, 782-783. 38 Wie viel vor Michaelis Fröste kommen, so viel sollen dann auch nach Walpurgis oder Philippi Jakobi fallen. – Orakel, 779. 39 Zu Michael die Wintersaat gestreut, den Bauer mit reicher Ernt' erfreut. – Orakel, 797. 40 Zu Michaeli ist alles feil. (Oels.) – Boebel, 47. 41 Zu Michaeli steigt das Vesperbrot in den Himmel. – Orakel, 800. *42 De grawe Michel. – Dähnert, 305b. Scheltwort in Pommern, auch Knullmichel. *43 Der deutsche Michel. – Eiselein, 462; Sailer, 310; Körte, 4246a; Tendlau, 312; Braun, I, 2705; Reinsberg V, 60; VI, 38. Nach Kirchhofer (51): Entweder der Titel, den man man jenseit des Rheins den biedern, geraden, ehrlichen Deutschen gibt, oder den man diesseit desselben denen beigelegt, oder richtiger früher beilegte, die keine lateinische Schule besucht hatten. Jetzt fängt man an, auch die allmählich zu den Menschen zu rechnen, zu deren Bildung die alten Sprachen nicht mitgewirkt haben. – Wol richtiger die gemeinsame Benennung der Deutschen als Vertreter des gesammten Volks, wie Jan Hagel für Pöbel, John Bull für das englische Volk, Yankees oder Bruder Jonathan für Nordamerikaner gebraucht, der Franzose Jean Foutre und der Holländer Mynheer genannt wird. Es scheint das althochdeutsche mihil, mittelhochdeutsch michel oder gross (unbeholfen, schwerleibig, klotzig) zu sein, womit man sagen will: unbeholfener Deutscher; der deutsche Michel so viel als das ganze schwerleibige deutsche Volk. Man hat zwar versucht, den Ausdruck „deutscher Michel“ von diesem spöttischen Beigeschmack zu befreien, indem man ihn auf eine wirkliche Person zurückführen wollte. Zum Beweis dessen hat man behauptet, der erste Träger desselben sei ein tapferer Soldat, Michael Obertraut, 1620-22 Generallieutenant im Dienste des dänischen Königs gewesen, der sehr erfolgreich gegen die Spanier gekämpft habe. Bei jedem Vortheil, den man errang, hiess es: „Das haben wir dem deutschen Michel zu verdanken.“ (Vgl. darüber Zeinar, Frühlings-Parnass aus dem Jahre 1694, Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Weimar 1826, Bd. 41; auch Wurzbach III, 36 fg.) Bei Keller (140b) heisst es darüber: „Diese Benennung führt Phil. Andr. Bourgoldensis in seinen Discursa ad instrumentum Pacis Osnabrugo-Monasteriensi her von den in dem Dreissigjährigen Kriege durch seine Tapfferkeit berühmten Michaele Obertrautio, welcher als eine Zierde der deutschen Milit. der deutsche Michel genannt wurde, wiewohl dieses Wort jetzund gantz in einem andern Verstande angewendet wird.“ Weiter bemerkt Keller: „Anno 1638 ist zu Insprug der deutsche Michel oder ein neues Mengelied wider alle Sprachverderber nachgedruckt worden, das sich anhebt: Ich deutscher Michel versteh schier Nichel in meinem Vaterland. Es ist eine schand, man thut frembde reden in allen Läden. Die Leite reden Latein, Welsch und Französisch, halb japonesisch“ u. s. w. Die Bezeichnung „deutscher Michel“ ist aber ältern Ursprungs und hat sich, längst vorhanden, sicher nur an den Vornamen des Generals Obertraut angelehnt, selbst wenn die aus dem Althochdeutschen von Eiselein (462) angeführte Belegstelle: „Das diutschiu Volk ist mihhil giheissan“, unecht und nur von ihm erfunden wäre, was man bei seinen Citaten nicht wissen kann, da sie, wie eben die vorstehende, der Quellenangabe gänzlich ermangeln oder nicht am angeführten Orte zu finden sind. W. Wackernagel, der in Pfeiffer's Germania (IV, 129 fg.) die deutschen Appellativnamen und dabei auch den „deutschen Michel“ behandelt, bringt indess keine Belegstellen aus dem Mittelhochdeutschen bei, er führt für das sprichwörtliche Vorkommen des Ausdrucks nur Philander von Sittewald (Strasburg 1666, I, 35, 123) und den Simplicissimus (II, 1047 fg.) auf. – Es erscheint aber fast geboten, hier schliesslich noch zu bemerken, dass das Jahr 1870-71 in den Anschauungen und Urtheilen über den „deutschen Michel“ als Volksbezeichnung eine wesentliche Aenderung herbeigeführt hat. Noch 1845 klagt der Dichter in: Des armen Michel's Lebenslauf. Teutsches Heldengedicht in sechs Klageliedern: „Ich armer Michelissimus, Weltmutter, was hatt'st du verbrochen, das dich unser lieber Herrgott liess kommen mit mir in die Wochen?“ Und sagt, ihn zu charakterisiren: „Sie (andere Völker) kräftigten zu Nationen sich, und ich – ich blieb der Michel. Ich blieb der Michel und ging nach Haus und legte mich auf den Glauben; denn weil mir die irdischen hingen zu hoch, so schielt' ich nach himmlischen Trauben. So bracht' ich das Mittelalter herum, gehorsam Gott und dem Fürsten, den einen Hang verspürend nur, nach Sauerkraut und Würsten.“ (Vgl. Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 46-47.) Ein anderes Heldengedicht, Die Micheliade in 24 Gesängen, in der des deutschen Michel Geburt, Charakter, Leiden und Hoffen, Geständnisse, Aufstand, dargestellt wird, findet sich in Welt und Zeit, IV, 8-36; namentlich wurde der „deutsche Michel“ als verschlafen, unerweckbar, als unempfindlich gegen üble Behandlung dargestellt. H. Heine (Ueber Börne, Hamburg 1840, S. 78) sagt: „Ich konnte dadurch bei dem schnarchenden Giganten nur ein sanftes Niesen, keineswegs ein Erwachen bewirken. Riss ich auch heftig an seinem Kopfkissen, so rückte er es sich doch wieder zurecht, mit schlaftrunkener Hand. Michel lächelte im Schlummer.“ Noch 1849 behauptet die Westdeutsche Zeitung (Köln, Nr. 117): „Kein Schriftsteller in der Welt ist stark genug, den deutschen Michel aufzureizen“; er hat aber 1870 bewiesen, dass alles einmal, auch sein Schlaf und seine Geduld ein Ende habe, er hat gezeigt, dass er, wenn er zur rechten Zeit und auf die rechte Weise geweckt wird, aufzustehen und den ihm gebührenden Platz einzunehmen weiss. *44 Der Remner Misch kit. (Siebenbürg.- sächs.) – Frommann, V, 177, 212. Der Riemer Michael, d. i. die Peitsche kommt. *45 Er ist's klein' Michele. – Nefflen, 457; Michel, 264. Er ist der Herr im Haus, gilt aber nichts. *46 Er spielt's kleine Michele mit ihm. (Rottenburg.) *47 Es ist Vetter Michel. – Körte, 4246b. *48 Herzog Michel fiel ins Land. (Ostpreuss.) Redensart, wenn Herzen (Coeur) ausgespielt wird. *49 Ich, deutscher Michel, verstehe schon nihil. Lat.: Inanium inania sunt consilia, et cogitationes. (Chaos, 815.) *50 Michel, gib dich! (Oberösterreich.) So sagt man zu sich selbst oder zu einem andern, um auszudrücken, man müsse sich in das Unvermeidliche fügen. *51 Micheli, Mächeli, mach' is Kächeli. – Sutermeister, 29. Die Schweiz hat eine Anzahl sprichwörtlicher Reime und Wortspiele mit Namen, zu denen das vorstehende gehört. (S. Lorenz 3.) *52 Möchel, merkst nuscht? – Frischbier, 502; Frischbier2, 2629. Zu einem, der von dem Gewinn eines andern für sich Vortheil ziehen möchte. Michaelikorn. Michaelikorn ist halb verlor'n. Michaeliwein. 1 Der Sanct Michaeliswein wird den Herren willkommen sein. 2 Michaeliswein, süsser Wein. – Simrock, 12373; Orakel, 798. 3 Michaeliwein, Herrenwein. Michaelsnacht. Man kann nicht immer Michaelsnacht halten. Michaelstag. 1 Auf nassen Michaelstag nasser Herbst folgen mag. – Boebel, 48. 2 Fällt am Michaelstage Regen und am Gallustage nicht, dies ein gut Frühjahr verspricht. – Orakel, 795. 3 Michelsdag smücket un Pêtersdag drücket. – Schambach, II, 162, 641. Um Michaelis (24. Sept.) herrscht noch Ueberfluss, aber um Peterstag (Petri Stuhlfeier, 22. Febr.) tritt schon bei manchem Mangel ein, wozu bei vielen die fälligen Pachtzinsen kommen. (S. Michael 11.) 4 Nimb an S. Michelstag der Eychöpffel war, haben sie Spinnen, so kommet ein böss Jahr; haben sie Fliegen, ein Milds; Maden, ein guts; nichts darinn, ein Tod. – Fischart, Prakt., in Kloster, VIII, 638. 5 Regnet's sanft am Michelstag, so folgt ein milder Winter nach. – Orakel, 791. 6 So oft es vor dem Michaelstage reift und friert, so viel Tage soll es nach dem ersten Mai reifen und frieren. – Orakel, 776. 7 Wenn sek de Michelsdag helt, denn is de ganze Herwest bestellt. – Schambach, II, 680. Wenn am Michaelistage das Wetter gut bleibt, so soll es den ganzen Herbst über sich gut halten. (S. Veitstag.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [327]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/341>, abgerufen am 21.11.2024.