Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 30 Wer guter Meinung kommt herein, der soll mir lieb und willkommen sein; wer aber anders kommt herfür, den hab' ich lieber vor der Thür. - Hertz, 19.

Hausinschrift in der Schweiz.

31 Wer in der öffentlichen Meinung untergegangen ist, der kann auf dem Strom der Zeit wol noch zappeln, aber nicht lange mehr schwimmen. - Welt und Zeit, V, 364, 293.

32 Wer seine Meinung als hinreichend betrachtet, setzt sich der Gefahr aus. - Burckhardt, 259.

33 Zwei Meinungen sind besser als nur eine, sagt das Mildener Landrecht.

Frz. Schweiz.: Dou jevi valiont me' tie con d'opri le cotherni de' Moudon. (Schweiz, II, 96, 3.)

*34 Bei seiner Meinung bleiben.

"Sage doch keiner, den Weg will ich gehen bis ans Ende. Wir gehen nicht hienieden, wir werden gegangen." (Holtei, Eselsfresser, I, 131.)

*35 Den will i de Mening geig'n. (Franken.) - Frommann, VI, 168, 107.

*36 Derselben Meinung sein.

Lat.: Album calculum addere. (Faselius, 8; Hanzely, 40) (Philippi, I, 16.)

*37 Eine Meinung mit der Muttermilch einsaugen.

*38 Er hät e Meinig wie 's grosse Hunds Götti. - Sutermeister, 68.

*39 Er hät Meinig wie'n e Haus. - Sutermeister, 68.

*40 Seine Meinung geht auf Stelzen. - Parömiakon, 1710.

Es ist nicht so, wie er glaubt; er hat hohe Dinge im Kopf, aber er täuscht sich.

*41 Si hend d' Meinig enander. - Sutermeister, 102.

Von ein paar Liebenden, die sehr vertraut sind.


Meischen.

Et äs mer met äm't Meisken, wä äm't Heisken. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 387.


Meise.

1 Besser eine Meise in der Hand als eine Nachtigall im Walde. (S. Sperling.)

Böhm.: Lepsi sikora v ruce, nez slavik v lese jerab pod nebem. - Neslibuj jeraba v nebi, dej radeji sikoru v ruce. (Celakovsky, 255.)

2 Die Meise brütet mehr Eier als der Strauss.

Böhm.: Kratke jest plemenne, a mala sikorka nejvic vyliha. (Celakovsky, 265.)

3 Eine Meise in der Hand ist besser als ein Kranich in der Luft.

Die Letten: Besser eine Meise in der Hand als einen Auerhahn auf dem Baume. Die Finnen: Besser in der Hand die Meise als den Birkhahn auf dem Baume. (Reinsberg IV, 13.)

4 Eine Meise kann der Aar nicht vom Nest vertreiben.

5 Eine Meise lockt man anders als einen Krammetsvogel.

6 Wer Meisen fangen will, der muss ein Meisenbein pfeifen. - Petri, II, 734.

*7 Die Meisen im Herbst, die Störche im Frühling. - Eiselein, 458.

*8 Er mag sich in eine Meise und in eine Eule verwandeln, es geht doch nicht. (Lit.)

*9 Hier sind die Meisen ausgenommen (ausgeflogen). (Altenburg.)

Es ist hier nichts mehr zu finden, keine Beute zu machen.


Meisenfänger.

D' Moasenfaa soll ma' alsand haa. (Oberösterreich.)

Die Meisenfänger soll man allesammt hängen. Weil die Meisen zu den vorzüglichsten Insektenvertilgern gehören. Die Weisthümer setzen auf ihren Fang die höchste Busse; aber erst in neuerer Zeit haben die Thierschutzvereine wieder für ihre Schonung gewirkt.


Meisenfeder.

Kaum ainer maysen vedern schwär. - Hätzlerin, Liederbuch, LXXV, 84.


Meisenkoth.

* Wie meisskot und pfeffersot. - Nas, 46b.


Meisje (s. Meidlin).

* 'T is 'n Maisje1 van dre Sesjes2. - Bueren, 1122.

1) Mädchen.

2) Von drei mal sechs Jahren; sess = sechs. (Vgl. Stürenburg, 148a u. 244a.)


[Spaltenumbruch]
Meissen.

1 Der Weise von Meissen.

Während die Christen einen "dummen Jungen" (s. d. 70) von Meissen als Sprichwort im Munde führen, haben die Juden ein diesem ganz entgegengesetztes Sprichwort; sie reden nämlich von einem "Weisen aus Meissen". Die Entstehung dieses jüdischen, gewichtigen Sprichworts, das nur dann gebraucht wird, wenn der Jude die höchste menschliche Weisheit und tiefste religiöse Gelehrsamkeit bezeichnen will, ist einzig darin zu suchen, dass im Mittelalter die Stadt Meissen (besonders im 13. Jahrhundert) nicht nur die Metropole der Juden in den Marken Meissen, Osterland u. s. w. war, wo deren viele sogar ansässig waren und daselbst fast gleiche Rechte mit den Christen genossen, sondern hier auch das grösste Sanhedrin der Juden in Deutschland war, in welchem die jüdischen Gelehrten und Rabbi gebildet wurden. Noch sind die Namen Judenberg, der als Begräbnissplatz bezeichnet wird, und Judenthor übrig. In der Umgebung Meissens findet man hier und da noch sehr alte jüdische Leichensteine mit Jahreszahlen jüdischer Zeitrechnung aus den Jahren von 1200-1350 und nach 1370 (dazwischen fällt die grosse allgemeine Judenverfolgung in Deutschland), theilweise in Gebäuden, an Brunnen und Weinbergsmauern als Baumaterial benutzt und vermauert. (Sachsengrün, Dresden 1865, S. 23.)

2 Heute binde ich auff Meissen, Thüringen und Pleissen, und alles, was meinen Eltern je geward. Gott helffe mir zu dieser Fahrt, als wir vor Gott Recht haben.

"Also ritte er, der Markgraf Friedrich, dem der Spruch zugeschrieben ward, an die Schwaben, die im Heere des Kaisers Albrecht kämpften, und schlug sie in der Schlacht bei Lucka." (S. Glücken 18). Friedrich soll schon vor derselben sehr freudigen Muthes gewesen sein und zu seinem Rüstmeister gesagt haben: "Binde mir den Helm auf, da die Wappen der drei Länder Meissen, Thüringen und Osterland darauf stehen, denn ich will dieselben heute entweder erhalten oder ganz verlieren." Und daher der obige alte Spruch.

3 Meissen wird ertrinken, Freiberg versinken; Dresen wird man zusammenkehren mit Besen. - Grässe, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen (Dresden 1855), S. 203.


Meissner.

Meissner - Gleissner. - Gruter, III, 68; Lehmann, II, 40, 63; Körte, 4202; Simrock, 6947; Reinsberg V, 93; Wurzbach III, 14.

In Peter Albinus' Meissnischer Landchronik, Ausgabe von 1589, S. 319 heisst es in Beziehung hierauf: "Man spüret in Meissen den reiniglichen, ordentlichen Bau der Schlösser, Städte, Thürme, Häuser, Dörfer. Man siehet auch die Reinigkeit bei den Meissnern an den Kleidern, an der Zurichtung der Speisen, wie denn solches an ihnen überall für andere benachbarte Völker gerühmt wird. Die meissnische deutsche Sprache ist auch die zierlichste, beste und reinste in ganz Deutschland. Hierher kann man die schöne Gestalt, ehrbare Geberden, zierliche Tracht und Reinigkeit des Schmucks der Kleider, so beides an Männern, Weibern und Jungfern höchlich loben. Derwegen kein Zweifel, dass der alte Zuname der Meissner, da man spricht: >Meissner - Gleissner<, nirgend anders herkommen sei, als von ihrer Reinlichkeit und Fleiss, so sie an ihrem Leibe und Kleidung, an Speise und Wohnung gebrauchen; nämlich dass sie alles eben und gleissend haben wollen." Der Verfasser des unten erwähnten Artikels in der Zeitung für die elegante Welt meint, mit dieser Erklärung könnten die Meissner zufrieden sein und in die Worte der Zauberflöte einstimmen: "Das klingt so herrlich, das klingt so schön, nie hab' ich was Schöneres gehört noch gesehn." Er fürchtet blos, man könne das Zeugniss anfechten, weil Albinus, in Schneeberg geboren, ein Landsmann von ihnen sei. Er sieht sich daher nach andern Zeugen um und nennt zuerst Camerarius, der in seiner Arithmologie der meissnischen Nation drei herrliche Epitheta gibt. "Die Meissner", sagt er, "sind magnifici, speciosi, locupletes." Und in diesen drei Worten findet wol der Beiname "Gleissner" seine beste Erklärung im gedachten Sinne. Auch in der zweiten seiner gesammelten Leichenreden preist Camerarius die erwähnten Tugenden, insbesondere die Anstelligkeit, Gewandtheit des Geistes und die von Albinus gerühmte Zierlichkeit der Meissner. In vielen sächsischen Chroniken wird die oben von Albinus gegebene günstige Erklärung weitläufig ausgeführt. In einer handschriftlichen der Niederlausitz findet sich folgende Bemerkung: "Wenn ein Meissner in ein Wirthshaus kommt, so fragt er nicht nach Braten und Wein, sondern erst nach einem Spiegel, sodann nach einer Bürste, endlich nach einem Orte, wo er allein ehrbar ungehindert seine Füsse bedecken möge. Und geschniegelt und gebiegelt und geleckt ruft er: Herr Wirth, nun wird der Tisch gedeckt." Schliesslich mag noch zu Gunsten der obigen Erklärung die Bemerkung des genannten Chronisten Albinus erwähnt werden, die er S. 367 seines Zeitbuchs macht, dahin lautend, dass Meissen unter dem

[Spaltenumbruch] 30 Wer guter Meinung kommt herein, der soll mir lieb und willkommen sein; wer aber anders kommt herfür, den hab' ich lieber vor der Thür.Hertz, 19.

Hausinschrift in der Schweiz.

31 Wer in der öffentlichen Meinung untergegangen ist, der kann auf dem Strom der Zeit wol noch zappeln, aber nicht lange mehr schwimmen.Welt und Zeit, V, 364, 293.

32 Wer seine Meinung als hinreichend betrachtet, setzt sich der Gefahr aus.Burckhardt, 259.

33 Zwei Meinungen sind besser als nur eine, sagt das Mildener Landrecht.

Frz. Schweiz.: Dóu jévi vâliont me' tié con d'opri le cotherni de' Moudon. (Schweiz, II, 96, 3.)

*34 Bei seiner Meinung bleiben.

„Sage doch keiner, den Weg will ich gehen bis ans Ende. Wir gehen nicht hienieden, wir werden gegangen.“ (Holtei, Eselsfresser, I, 131.)

*35 Den will i de Mêning geig'n. (Franken.) – Frommann, VI, 168, 107.

*36 Derselben Meinung sein.

Lat.: Album calculum addere. (Faselius, 8; Hanzely, 40) (Philippi, I, 16.)

*37 Eine Meinung mit der Muttermilch einsaugen.

*38 Er hät e Meinig wie 's grosse Hunds Götti.Sutermeister, 68.

*39 Er hät Meinig wie'n e Hûs.Sutermeister, 68.

*40 Seine Meinung geht auf Stelzen.Parömiakon, 1710.

Es ist nicht so, wie er glaubt; er hat hohe Dinge im Kopf, aber er täuscht sich.

*41 Si hend d' Meinig enander.Sutermeister, 102.

Von ein paar Liebenden, die sehr vertraut sind.


Meischen.

Et äs mer met äm't Meisken, wä äm't Heisken. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 387.


Meise.

1 Besser eine Meise in der Hand als eine Nachtigall im Walde. (S. Sperling.)

Böhm.: Lepší síkora v ruce, než slavík v lese jeřáb pod nebem. – Neslibuj jeřába v nebi, dej radĕji síkoru v ruce. (Čelakovský, 255.)

2 Die Meise brütet mehr Eier als der Strauss.

Böhm.: Krátké jest plemenné, a malá síkorka nejvíc vylíhá. (Čelakovský, 265.)

3 Eine Meise in der Hand ist besser als ein Kranich in der Luft.

Die Letten: Besser eine Meise in der Hand als einen Auerhahn auf dem Baume. Die Finnen: Besser in der Hand die Meise als den Birkhahn auf dem Baume. (Reinsberg IV, 13.)

4 Eine Meise kann der Aar nicht vom Nest vertreiben.

5 Eine Meise lockt man anders als einen Krammetsvogel.

6 Wer Meisen fangen will, der muss ein Meisenbein pfeifen.Petri, II, 734.

*7 Die Meisen im Herbst, die Störche im Frühling.Eiselein, 458.

*8 Er mag sich in eine Meise und in eine Eule verwandeln, es geht doch nicht. (Lit.)

*9 Hier sind die Meisen ausgenommen (ausgeflogen). (Altenburg.)

Es ist hier nichts mehr zu finden, keine Beute zu machen.


Meisenfänger.

D' Moasenfâa soll ma' alsand hâa. (Oberösterreich.)

Die Meisenfänger soll man allesammt hängen. Weil die Meisen zu den vorzüglichsten Insektenvertilgern gehören. Die Weisthümer setzen auf ihren Fang die höchste Busse; aber erst in neuerer Zeit haben die Thierschutzvereine wieder für ihre Schonung gewirkt.


Meisenfeder.

Kaum ainer maysen vedern schwär.Hätzlerin, Liederbuch, LXXV, 84.


Meisenkoth.

* Wie meisskot und pfeffersot.Nas, 46b.


Meisje (s. Meidlin).

* 'T is 'n Maisje1 van drê Sesjes2.Bueren, 1122.

1) Mädchen.

2) Von drei mal sechs Jahren; sess = sechs. (Vgl. Stürenburg, 148a u. 244a.)


[Spaltenumbruch]
Meissen.

1 Der Weise von Meissen.

Während die Christen einen „dummen Jungen“ (s. d. 70) von Meissen als Sprichwort im Munde führen, haben die Juden ein diesem ganz entgegengesetztes Sprichwort; sie reden nämlich von einem „Weisen aus Meissen“. Die Entstehung dieses jüdischen, gewichtigen Sprichworts, das nur dann gebraucht wird, wenn der Jude die höchste menschliche Weisheit und tiefste religiöse Gelehrsamkeit bezeichnen will, ist einzig darin zu suchen, dass im Mittelalter die Stadt Meissen (besonders im 13. Jahrhundert) nicht nur die Metropole der Juden in den Marken Meissen, Osterland u. s. w. war, wo deren viele sogar ansässig waren und daselbst fast gleiche Rechte mit den Christen genossen, sondern hier auch das grösste Sanhedrin der Juden in Deutschland war, in welchem die jüdischen Gelehrten und Rabbi gebildet wurden. Noch sind die Namen Judenberg, der als Begräbnissplatz bezeichnet wird, und Judenthor übrig. In der Umgebung Meissens findet man hier und da noch sehr alte jüdische Leichensteine mit Jahreszahlen jüdischer Zeitrechnung aus den Jahren von 1200-1350 und nach 1370 (dazwischen fällt die grosse allgemeine Judenverfolgung in Deutschland), theilweise in Gebäuden, an Brunnen und Weinbergsmauern als Baumaterial benutzt und vermauert. (Sachsengrün, Dresden 1865, S. 23.)

2 Heute binde ich auff Meissen, Thüringen und Pleissen, und alles, was meinen Eltern je geward. Gott helffe mir zu dieser Fahrt, als wir vor Gott Recht haben.

„Also ritte er, der Markgraf Friedrich, dem der Spruch zugeschrieben ward, an die Schwaben, die im Heere des Kaisers Albrecht kämpften, und schlug sie in der Schlacht bei Lucka.“ (S. Glücken 18). Friedrich soll schon vor derselben sehr freudigen Muthes gewesen sein und zu seinem Rüstmeister gesagt haben: „Binde mir den Helm auf, da die Wappen der drei Länder Meissen, Thüringen und Osterland darauf stehen, denn ich will dieselben heute entweder erhalten oder ganz verlieren.“ Und daher der obige alte Spruch.

3 Meissen wird ertrinken, Freiberg versinken; Dresen wird man zusammenkehren mit Besen.Grässe, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen (Dresden 1855), S. 203.


Meissner.

Meissner – Gleissner.Gruter, III, 68; Lehmann, II, 40, 63; Körte, 4202; Simrock, 6947; Reinsberg V, 93; Wurzbach III, 14.

In Peter Albinus' Meissnischer Landchronik, Ausgabe von 1589, S. 319 heisst es in Beziehung hierauf: „Man spüret in Meissen den reiniglichen, ordentlichen Bau der Schlösser, Städte, Thürme, Häuser, Dörfer. Man siehet auch die Reinigkeit bei den Meissnern an den Kleidern, an der Zurichtung der Speisen, wie denn solches an ihnen überall für andere benachbarte Völker gerühmt wird. Die meissnische deutsche Sprache ist auch die zierlichste, beste und reinste in ganz Deutschland. Hierher kann man die schöne Gestalt, ehrbare Geberden, zierliche Tracht und Reinigkeit des Schmucks der Kleider, so beides an Männern, Weibern und Jungfern höchlich loben. Derwegen kein Zweifel, dass der alte Zuname der Meissner, da man spricht: ›Meissner – Gleissner‹, nirgend anders herkommen sei, als von ihrer Reinlichkeit und Fleiss, so sie an ihrem Leibe und Kleidung, an Speise und Wohnung gebrauchen; nämlich dass sie alles eben und gleissend haben wollen.“ Der Verfasser des unten erwähnten Artikels in der Zeitung für die elegante Welt meint, mit dieser Erklärung könnten die Meissner zufrieden sein und in die Worte der Zauberflöte einstimmen: „Das klingt so herrlich, das klingt so schön, nie hab' ich was Schöneres gehört noch gesehn.“ Er fürchtet blos, man könne das Zeugniss anfechten, weil Albinus, in Schneeberg geboren, ein Landsmann von ihnen sei. Er sieht sich daher nach andern Zeugen um und nennt zuerst Camerarius, der in seiner Arithmologie der meissnischen Nation drei herrliche Epitheta gibt. „Die Meissner“, sagt er, „sind magnifici, speciosi, locupletes.“ Und in diesen drei Worten findet wol der Beiname „Gleissner“ seine beste Erklärung im gedachten Sinne. Auch in der zweiten seiner gesammelten Leichenreden preist Camerarius die erwähnten Tugenden, insbesondere die Anstelligkeit, Gewandtheit des Geistes und die von Albinus gerühmte Zierlichkeit der Meissner. In vielen sächsischen Chroniken wird die oben von Albinus gegebene günstige Erklärung weitläufig ausgeführt. In einer handschriftlichen der Niederlausitz findet sich folgende Bemerkung: „Wenn ein Meissner in ein Wirthshaus kommt, so fragt er nicht nach Braten und Wein, sondern erst nach einem Spiegel, sodann nach einer Bürste, endlich nach einem Orte, wo er allein ehrbar ungehindert seine Füsse bedecken möge. Und geschniegelt und gebiegelt und geleckt ruft er: Herr Wirth, nun wird der Tisch gedeckt.“ Schliesslich mag noch zu Gunsten der obigen Erklärung die Bemerkung des genannten Chronisten Albinus erwähnt werden, die er S. 367 seines Zeitbuchs macht, dahin lautend, dass Meissen unter dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0303" n="[289]"/><cb n="577"/>
30 Wer guter Meinung kommt herein, der soll mir lieb und willkommen sein; wer aber anders kommt herfür, den hab' ich lieber vor der Thür.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hertz, 19.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Hausinschrift in der Schweiz.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">31 Wer in der öffentlichen Meinung untergegangen ist, der kann auf dem Strom der Zeit wol noch zappeln, aber nicht lange mehr schwimmen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Welt und Zeit, V, 364, 293.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">32 Wer seine Meinung als hinreichend betrachtet, setzt sich der Gefahr aus.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Burckhardt, 259.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">33 Zwei Meinungen sind besser als nur eine, sagt das Mildener Landrecht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz. Schweiz.</hi>: Dóu jévi vâliont me' tié con d'opri le cotherni de' Moudon. (<hi rendition="#i">Schweiz, II, 96, 3.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*34 Bei seiner Meinung bleiben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Sage doch keiner, den Weg will ich gehen bis ans Ende. Wir gehen nicht hienieden, wir werden gegangen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Holtei, Eselsfresser, I, 131.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*35 Den will i de Mêning geig'n.</hi> (<hi rendition="#i">Franken.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, VI, 168, 107.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*36 Derselben Meinung sein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Album calculum addere. (<hi rendition="#i">Faselius, 8; Hanzely, 40</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, I, 16.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*37 Eine Meinung mit der Muttermilch einsaugen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*38 Er hät e Meinig wie 's grosse Hunds Götti.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 68.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*39 Er hät Meinig wie'n e Hûs.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 68.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*40 Seine Meinung geht auf Stelzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 1710.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Es ist nicht so, wie er glaubt; er hat hohe Dinge im Kopf, aber er täuscht sich.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*41 Si hend d' Meinig enander.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 102.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von ein paar Liebenden, die sehr vertraut sind.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meischen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Et äs mer met äm't Meisken, wä äm't Heisken.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 387.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meise.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Besser eine Meise in der Hand als eine Nachtigall im Walde.</hi> (S.  Sperling.)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Lep&#x0161;í síkora v ruce, ne&#x017E; slavík v lese je&#x0159;áb pod nebem. &#x2013; Neslibuj je&#x0159;ába v nebi, dej rad&#x0115;ji síkoru v ruce. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 255.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Die Meise brütet mehr Eier als der Strauss.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Krátké jest plemenné, a malá síkorka nejvíc vylíhá. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 265.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Eine Meise in der Hand ist besser als ein Kranich in der Luft.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Letten: Besser eine Meise in der Hand als einen Auerhahn auf dem Baume. Die Finnen: Besser in der Hand die Meise als den Birkhahn auf dem Baume. (<hi rendition="#i">Reinsberg IV, 13.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Eine Meise kann der Aar nicht vom Nest vertreiben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Eine Meise lockt man anders als einen Krammetsvogel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Wer Meisen fangen will, der muss ein Meisenbein pfeifen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 734.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Die Meisen im Herbst, die Störche im Frühling.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 458.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*8 Er mag sich in eine Meise und in eine Eule verwandeln, es geht doch nicht.</hi> (<hi rendition="#i">Lit.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*9 Hier sind die Meisen ausgenommen (ausgeflogen).</hi> (<hi rendition="#i">Altenburg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Es ist hier nichts mehr zu finden, keine Beute zu machen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meisenfänger.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">D' Moasenfâa soll ma' alsand hâa.</hi> (<hi rendition="#i">Oberösterreich.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Meisenfänger soll man allesammt hängen. Weil die Meisen zu den vorzüglichsten Insektenvertilgern gehören. Die Weisthümer setzen auf ihren Fang die höchste Busse; aber erst in neuerer Zeit haben die Thierschutzvereine wieder für ihre Schonung gewirkt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meisenfeder.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Kaum ainer maysen vedern schwär.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hätzlerin, Liederbuch, LXXV, 84.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meisenkoth.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Wie meisskot und pfeffersot.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Nas, 46<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Meisje</hi> (s.  Meidlin).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* 'T is 'n Maisje<hi rendition="#sup">1</hi> van drê Sesjes<hi rendition="#sup">2</hi>.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Bueren, 1122.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Mädchen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">2</hi>) Von drei mal sechs Jahren; sess = sechs. (Vgl. <hi rendition="#i">Stürenburg, 148<hi rendition="#sup">a</hi> u. 244<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <cb n="578"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meissen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Weise von Meissen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Während die Christen einen &#x201E;dummen  Jungen&#x201C; (s. d. 70) von Meissen als Sprichwort im Munde führen, haben die Juden ein diesem ganz entgegengesetztes Sprichwort; sie reden nämlich von einem &#x201E;Weisen aus Meissen&#x201C;. Die Entstehung dieses jüdischen, gewichtigen Sprichworts, das nur dann gebraucht wird, wenn der Jude die höchste menschliche Weisheit und tiefste religiöse Gelehrsamkeit bezeichnen will, ist einzig darin zu suchen, dass im Mittelalter die Stadt Meissen (besonders im 13. Jahrhundert) nicht nur die Metropole der Juden in den Marken Meissen, Osterland u. s. w. war, wo deren viele sogar ansässig waren und daselbst fast gleiche Rechte mit den Christen genossen, sondern hier auch das grösste Sanhedrin der Juden in Deutschland war, in welchem die jüdischen Gelehrten und Rabbi gebildet wurden. Noch sind die Namen Judenberg, der als Begräbnissplatz bezeichnet wird, und Judenthor übrig. In der Umgebung Meissens findet man hier und da noch sehr alte jüdische Leichensteine mit Jahreszahlen jüdischer Zeitrechnung aus den Jahren von 1200-1350 und nach 1370 (dazwischen fällt die grosse allgemeine Judenverfolgung in Deutschland), theilweise in Gebäuden, an Brunnen und Weinbergsmauern als Baumaterial benutzt und vermauert. (<hi rendition="#i">Sachsengrün, Dresden 1865, S. 23.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Heute binde ich auff Meissen, Thüringen und Pleissen, und alles, was meinen Eltern je geward. Gott helffe mir zu dieser Fahrt, als wir vor Gott Recht haben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Also ritte er, der Markgraf Friedrich, dem der Spruch zugeschrieben ward, an die Schwaben, die im Heere des Kaisers Albrecht kämpften, und schlug sie in der Schlacht bei Lucka.&#x201C; (S.  Glücken 18). Friedrich soll schon vor derselben sehr freudigen Muthes gewesen sein und zu seinem Rüstmeister gesagt haben: &#x201E;Binde mir den Helm auf, da die Wappen der drei Länder Meissen, Thüringen und Osterland darauf stehen, denn ich will dieselben heute entweder erhalten oder ganz verlieren.&#x201C; Und daher der obige alte Spruch.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Meissen wird ertrinken, Freiberg versinken; Dresen wird man zusammenkehren mit Besen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Grässe, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen (Dresden 1855), S. 203.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Meissner.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Meissner &#x2013; Gleissner.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 68; Lehmann, II, 40, 63; Körte, 4202; Simrock, 6947; Reinsberg V, 93; Wurzbach III, 14.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In <hi rendition="#i">Peter Albinus' Meissnischer Landchronik, Ausgabe von 1589, S. 319</hi> heisst es in Beziehung hierauf: &#x201E;Man spüret in Meissen den reiniglichen, ordentlichen Bau der Schlösser, Städte, Thürme, Häuser, Dörfer. Man siehet auch die Reinigkeit bei den Meissnern an den Kleidern, an der Zurichtung der Speisen, wie denn solches an ihnen überall für andere benachbarte Völker gerühmt wird. Die meissnische deutsche Sprache ist auch die zierlichste, beste und reinste in ganz Deutschland. Hierher kann man die schöne Gestalt, ehrbare Geberden, zierliche Tracht und Reinigkeit des Schmucks der Kleider, so beides an Männern, Weibern und Jungfern höchlich loben. Derwegen kein Zweifel, dass der alte Zuname der Meissner, da man spricht: &#x203A;Meissner &#x2013; Gleissner&#x2039;, nirgend anders herkommen sei, als von ihrer Reinlichkeit und Fleiss, so sie an ihrem Leibe und Kleidung, an Speise und Wohnung gebrauchen; nämlich dass sie alles eben und gleissend haben wollen.&#x201C; Der Verfasser des unten erwähnten Artikels in der <hi rendition="#i">Zeitung für die elegante Welt</hi> meint, mit dieser Erklärung könnten die Meissner zufrieden sein und in die Worte der <hi rendition="#i">Zauberflöte</hi> einstimmen: &#x201E;Das klingt so herrlich, das klingt so schön, nie hab' ich was Schöneres gehört noch gesehn.&#x201C; Er fürchtet blos, man könne das Zeugniss anfechten, weil <hi rendition="#i">Albinus,</hi> in Schneeberg geboren, ein Landsmann von ihnen sei. Er sieht sich daher nach andern Zeugen um und nennt zuerst <hi rendition="#i">Camerarius,</hi> der in seiner <hi rendition="#i">Arithmologie der meissnischen Nation</hi> drei herrliche Epitheta gibt. &#x201E;Die Meissner&#x201C;, sagt er, &#x201E;sind magnifici, speciosi, locupletes.&#x201C; Und in diesen drei Worten findet wol der Beiname &#x201E;Gleissner&#x201C; seine beste Erklärung im gedachten Sinne. Auch in der zweiten seiner gesammelten <hi rendition="#i">Leichenreden</hi> preist <hi rendition="#i">Camerarius</hi> die erwähnten Tugenden, insbesondere die Anstelligkeit, Gewandtheit des Geistes und die von <hi rendition="#i">Albinus</hi> gerühmte Zierlichkeit der Meissner. In vielen sächsischen Chroniken wird die oben von <hi rendition="#i">Albinus</hi> gegebene günstige Erklärung weitläufig ausgeführt. In einer handschriftlichen der Niederlausitz findet sich folgende Bemerkung: &#x201E;Wenn ein Meissner in ein Wirthshaus kommt, so fragt er nicht nach Braten und Wein, sondern erst nach einem Spiegel, sodann nach einer Bürste, endlich nach einem Orte, wo er allein ehrbar ungehindert seine Füsse bedecken möge. Und geschniegelt und gebiegelt und geleckt ruft er: Herr Wirth, nun wird der Tisch gedeckt.&#x201C; Schliesslich mag noch zu Gunsten der obigen Erklärung die Bemerkung des genannten Chronisten <hi rendition="#i">Albinus</hi> erwähnt werden, die er S. 367 seines <hi rendition="#i">Zeitbuchs</hi> macht, dahin lautend, dass Meissen unter dem
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[289]/0303] 30 Wer guter Meinung kommt herein, der soll mir lieb und willkommen sein; wer aber anders kommt herfür, den hab' ich lieber vor der Thür. – Hertz, 19. Hausinschrift in der Schweiz. 31 Wer in der öffentlichen Meinung untergegangen ist, der kann auf dem Strom der Zeit wol noch zappeln, aber nicht lange mehr schwimmen. – Welt und Zeit, V, 364, 293. 32 Wer seine Meinung als hinreichend betrachtet, setzt sich der Gefahr aus. – Burckhardt, 259. 33 Zwei Meinungen sind besser als nur eine, sagt das Mildener Landrecht. Frz. Schweiz.: Dóu jévi vâliont me' tié con d'opri le cotherni de' Moudon. (Schweiz, II, 96, 3.) *34 Bei seiner Meinung bleiben. „Sage doch keiner, den Weg will ich gehen bis ans Ende. Wir gehen nicht hienieden, wir werden gegangen.“ (Holtei, Eselsfresser, I, 131.) *35 Den will i de Mêning geig'n. (Franken.) – Frommann, VI, 168, 107. *36 Derselben Meinung sein. Lat.: Album calculum addere. (Faselius, 8; Hanzely, 40) (Philippi, I, 16.) *37 Eine Meinung mit der Muttermilch einsaugen. *38 Er hät e Meinig wie 's grosse Hunds Götti. – Sutermeister, 68. *39 Er hät Meinig wie'n e Hûs. – Sutermeister, 68. *40 Seine Meinung geht auf Stelzen. – Parömiakon, 1710. Es ist nicht so, wie er glaubt; er hat hohe Dinge im Kopf, aber er täuscht sich. *41 Si hend d' Meinig enander. – Sutermeister, 102. Von ein paar Liebenden, die sehr vertraut sind. Meischen. Et äs mer met äm't Meisken, wä äm't Heisken. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 387. Meise. 1 Besser eine Meise in der Hand als eine Nachtigall im Walde. (S. Sperling.) Böhm.: Lepší síkora v ruce, než slavík v lese jeřáb pod nebem. – Neslibuj jeřába v nebi, dej radĕji síkoru v ruce. (Čelakovský, 255.) 2 Die Meise brütet mehr Eier als der Strauss. Böhm.: Krátké jest plemenné, a malá síkorka nejvíc vylíhá. (Čelakovský, 265.) 3 Eine Meise in der Hand ist besser als ein Kranich in der Luft. Die Letten: Besser eine Meise in der Hand als einen Auerhahn auf dem Baume. Die Finnen: Besser in der Hand die Meise als den Birkhahn auf dem Baume. (Reinsberg IV, 13.) 4 Eine Meise kann der Aar nicht vom Nest vertreiben. 5 Eine Meise lockt man anders als einen Krammetsvogel. 6 Wer Meisen fangen will, der muss ein Meisenbein pfeifen. – Petri, II, 734. *7 Die Meisen im Herbst, die Störche im Frühling. – Eiselein, 458. *8 Er mag sich in eine Meise und in eine Eule verwandeln, es geht doch nicht. (Lit.) *9 Hier sind die Meisen ausgenommen (ausgeflogen). (Altenburg.) Es ist hier nichts mehr zu finden, keine Beute zu machen. Meisenfänger. D' Moasenfâa soll ma' alsand hâa. (Oberösterreich.) Die Meisenfänger soll man allesammt hängen. Weil die Meisen zu den vorzüglichsten Insektenvertilgern gehören. Die Weisthümer setzen auf ihren Fang die höchste Busse; aber erst in neuerer Zeit haben die Thierschutzvereine wieder für ihre Schonung gewirkt. Meisenfeder. Kaum ainer maysen vedern schwär. – Hätzlerin, Liederbuch, LXXV, 84. Meisenkoth. * Wie meisskot und pfeffersot. – Nas, 46b. Meisje (s. Meidlin). * 'T is 'n Maisje1 van drê Sesjes2. – Bueren, 1122. 1) Mädchen. 2) Von drei mal sechs Jahren; sess = sechs. (Vgl. Stürenburg, 148a u. 244a.) Meissen. 1 Der Weise von Meissen. Während die Christen einen „dummen Jungen“ (s. d. 70) von Meissen als Sprichwort im Munde führen, haben die Juden ein diesem ganz entgegengesetztes Sprichwort; sie reden nämlich von einem „Weisen aus Meissen“. Die Entstehung dieses jüdischen, gewichtigen Sprichworts, das nur dann gebraucht wird, wenn der Jude die höchste menschliche Weisheit und tiefste religiöse Gelehrsamkeit bezeichnen will, ist einzig darin zu suchen, dass im Mittelalter die Stadt Meissen (besonders im 13. Jahrhundert) nicht nur die Metropole der Juden in den Marken Meissen, Osterland u. s. w. war, wo deren viele sogar ansässig waren und daselbst fast gleiche Rechte mit den Christen genossen, sondern hier auch das grösste Sanhedrin der Juden in Deutschland war, in welchem die jüdischen Gelehrten und Rabbi gebildet wurden. Noch sind die Namen Judenberg, der als Begräbnissplatz bezeichnet wird, und Judenthor übrig. In der Umgebung Meissens findet man hier und da noch sehr alte jüdische Leichensteine mit Jahreszahlen jüdischer Zeitrechnung aus den Jahren von 1200-1350 und nach 1370 (dazwischen fällt die grosse allgemeine Judenverfolgung in Deutschland), theilweise in Gebäuden, an Brunnen und Weinbergsmauern als Baumaterial benutzt und vermauert. (Sachsengrün, Dresden 1865, S. 23.) 2 Heute binde ich auff Meissen, Thüringen und Pleissen, und alles, was meinen Eltern je geward. Gott helffe mir zu dieser Fahrt, als wir vor Gott Recht haben. „Also ritte er, der Markgraf Friedrich, dem der Spruch zugeschrieben ward, an die Schwaben, die im Heere des Kaisers Albrecht kämpften, und schlug sie in der Schlacht bei Lucka.“ (S. Glücken 18). Friedrich soll schon vor derselben sehr freudigen Muthes gewesen sein und zu seinem Rüstmeister gesagt haben: „Binde mir den Helm auf, da die Wappen der drei Länder Meissen, Thüringen und Osterland darauf stehen, denn ich will dieselben heute entweder erhalten oder ganz verlieren.“ Und daher der obige alte Spruch. 3 Meissen wird ertrinken, Freiberg versinken; Dresen wird man zusammenkehren mit Besen. – Grässe, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen (Dresden 1855), S. 203. Meissner. Meissner – Gleissner. – Gruter, III, 68; Lehmann, II, 40, 63; Körte, 4202; Simrock, 6947; Reinsberg V, 93; Wurzbach III, 14. In Peter Albinus' Meissnischer Landchronik, Ausgabe von 1589, S. 319 heisst es in Beziehung hierauf: „Man spüret in Meissen den reiniglichen, ordentlichen Bau der Schlösser, Städte, Thürme, Häuser, Dörfer. Man siehet auch die Reinigkeit bei den Meissnern an den Kleidern, an der Zurichtung der Speisen, wie denn solches an ihnen überall für andere benachbarte Völker gerühmt wird. Die meissnische deutsche Sprache ist auch die zierlichste, beste und reinste in ganz Deutschland. Hierher kann man die schöne Gestalt, ehrbare Geberden, zierliche Tracht und Reinigkeit des Schmucks der Kleider, so beides an Männern, Weibern und Jungfern höchlich loben. Derwegen kein Zweifel, dass der alte Zuname der Meissner, da man spricht: ›Meissner – Gleissner‹, nirgend anders herkommen sei, als von ihrer Reinlichkeit und Fleiss, so sie an ihrem Leibe und Kleidung, an Speise und Wohnung gebrauchen; nämlich dass sie alles eben und gleissend haben wollen.“ Der Verfasser des unten erwähnten Artikels in der Zeitung für die elegante Welt meint, mit dieser Erklärung könnten die Meissner zufrieden sein und in die Worte der Zauberflöte einstimmen: „Das klingt so herrlich, das klingt so schön, nie hab' ich was Schöneres gehört noch gesehn.“ Er fürchtet blos, man könne das Zeugniss anfechten, weil Albinus, in Schneeberg geboren, ein Landsmann von ihnen sei. Er sieht sich daher nach andern Zeugen um und nennt zuerst Camerarius, der in seiner Arithmologie der meissnischen Nation drei herrliche Epitheta gibt. „Die Meissner“, sagt er, „sind magnifici, speciosi, locupletes.“ Und in diesen drei Worten findet wol der Beiname „Gleissner“ seine beste Erklärung im gedachten Sinne. Auch in der zweiten seiner gesammelten Leichenreden preist Camerarius die erwähnten Tugenden, insbesondere die Anstelligkeit, Gewandtheit des Geistes und die von Albinus gerühmte Zierlichkeit der Meissner. In vielen sächsischen Chroniken wird die oben von Albinus gegebene günstige Erklärung weitläufig ausgeführt. In einer handschriftlichen der Niederlausitz findet sich folgende Bemerkung: „Wenn ein Meissner in ein Wirthshaus kommt, so fragt er nicht nach Braten und Wein, sondern erst nach einem Spiegel, sodann nach einer Bürste, endlich nach einem Orte, wo er allein ehrbar ungehindert seine Füsse bedecken möge. Und geschniegelt und gebiegelt und geleckt ruft er: Herr Wirth, nun wird der Tisch gedeckt.“ Schliesslich mag noch zu Gunsten der obigen Erklärung die Bemerkung des genannten Chronisten Albinus erwähnt werden, die er S. 367 seines Zeitbuchs macht, dahin lautend, dass Meissen unter dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/303
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [289]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/303>, abgerufen am 22.12.2024.