Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch]
Kipfel. Wir zwei werden bald einen Kipfel1 miteinander essen. (Oberösterreich.) 1) Ein Gebäck, das die Form eines Horns hat. - Sagt man, wenn man denselben Gedanken, dasselbe Wort zu gleicher Zeit mit einem andern ausspricht. Kippe. 1 E Kippe is e Klippe. - Tendlau, 715. Von den Gefahren einer Geschäftsverbindung. (S. Companei.) Kippe von kippah, kuphah = Behältniss, Büchse, gemeinschaftliche Kasse, Gesellschaft. Klippe = Ursache zum Verderben. *2 He steit up de Kippe. (Holst.) - Schütze, II, 260. Nicht fest stehen, leicht um die Stelle kommen können. Frz.: Il branle au manche, dans le manche. - Il est comme l'oiseau sur la branche. (Lendroy, 37.) Kippeler. * Das is e Kippeler. - Tendlau, 429. Kippeln, verwandt mit keifen. (S. Jezern.) Kippen. * Ich habe gekippt, aber noch nicht verschüttet. Der Unfall war nahe, aber das Schlimmste ist noch nicht eingetreten. Kipper. Kipper und Wipper. - Eiselein, 376; Braun, I, 1849; Dähnert, 228b. Kipper und Wipper hiessen in der schlimmsten Zeit der Münzwirren im 17. Jahrhundert die Falschmünzer; von dem niederdeutschen Worte kippen, d. h. sowol auf der Goldwage betrügerisch wiegen, als auch beschneiden; wippen = das falsche Geld in die Wagschale werfen. (Vgl. auch Grimm, V, 786.) Darauf beschränkte sich indess die Thätigkeit der Kipper und Wipper nicht; der Betrug wurde auf so mannichfache Weise geübt, dass uns manche der durch königliche Verordnungen mit schweren Strafen an Gut, Leib und Leben bedrohten betrügerischen Handlungen jetzt gar nicht mehr verständlich sind, als: abschneiden, feilen, fälschen, ausschiessen, austragiren, pagamentiren, heimlich aufwechseln, zerschmelzen guter Münzen, granuliren, kurnen, saigen. Schon um das Jahr 1607 schrieb ein schlesischer Münzmeister an den Kaiser Rudolf, dass die guten Reichsmünzen fast verschwunden und schlechte, die 10-70 Proc. geringer, eingeführt worden seien. Von niederländischen Garn- und andern Händlern wurden sie fassweise eingeführt. Im Jahre 1616 galt der Thaler schon 45 statt 36 Groschen, der Dukaten 75 statt 54 Groschen. Im März 1621 galt in Breslau der Reichsthaler 21/4 Thaler, im Januar 1622 bereits 6-7 Thaler; im Januar 1624 war er bis 20 Thaler gestiegen. Infolge der Entwerthung des Geldes galt in Löwenberg 1621 der Scheffel Weizen schon 9, im folgenden Jahre schon 42 Thaler. Es wurden 1622 für ein Paar Schuhe, die sonst 6-9 Groschen gekostet hatten, 7 Thaler, für ein Mastschwein 120-140 Thaler bezahlt. (Vgl. über die Kipper- und Wipperzeit Breslauer Zeitung, 1865, Nr. 547, S. 3087; Schles. Provinzialbl., Breslau 1865, S. 597; Zur Geschichte der Münzwirren in Schlesien von H. Palm, Breslau 1866, S. 477 und Nachtrag; G. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, II.) Kippe-Tippe. E Kippe-Tippe is nit kalt und nit warm. - Tendlau, 716. Der Topf einer Gesellschaft, Compagnie (s. d.) steht schlecht. Warnung vor Gesellschaftsgeschäften. Kirbe (s. Kirchweihe). 1 Auf ander leut Kirben ist gut Gast laden. - Eyering, II, 391. 2 Du kannst mir auf d' Kirbe (Kirchweih) kommen. - Wann hast sie? - Am Hühnerdreckabend; musst aber den Schnabel selber mitbringen. (Rottenburg.) 3 Von der Kirbe no (noch, nach) lang wälla un koann mürbe. (Wurmlingen.) - Birlinger, 310. *4 Das wird eine schone Kirbe geben. "Also erwarteten wir der kaiserlichen Völker Einbruch in die Stadt mit grosser Begierde, zu sehen, was es doch vor eine neue ungewöhnliche Kürbe setzen würde." (Simplic., II, 122.) *5 Een auf die Kirba lade. "D. h. Arschkerbe (in dem Sinne von Ellenbogen 6). Kirba bedeutet hier nicht Kirchweihe." (Sartorius, 169.) "Du kim fei in kirte; lex mihi Mars." (Schmeller, II, 329.) *6 Er wird auf dieser Kirbe ertappt werden. "Aus Sorge, dass ich einmal auf so einer Kirbe (Vergehen gegen das sechste Gebot) erdappt werden möchte." (Simplic., I, 371.) *7 Es ist net üll Tag Kirbe. - Nefflen, 459. Kirchdorf (Eigenname). In Kirchdorf sind die Häuser mit Wasser gebaut. Berckenmeyer (389) sagt zur Erklärung dieses Sprichworts, es sei in der Nähe dieser ungarischen Ortschaft [Spaltenumbruch] ein Brunnen, dessen Wasser zu Stein werde, steinharten Niederschlag bilde, sodass man es zum Häuserbauen anwenden könne. Kirchdorf (Gattungsname). Dat könt se1 in 't Karkdörp ok. - Frommann, III, 427, 202; Bueren, 221. 1) Können sie = kann man. Kirche. 1 Alt kirchen haben dunckel gläser (Fenster). - Franck, II, 55a; Tappius, 55; Eyering, I, 49 u. 503; Petri, II, 11; Henisch, 768, 3; Lehmann, 7, 22; Gruter, I, 4; Schottel, 1113a; Sutor, 888; Sailer, 193; Mayer, I, 20; Braun, II, 42; Reinsberg II, 122. Holl.: Oude kerken hebben donkere glazen. (Harrebomee, I, 394b.) 2 Alte Kirchen, dunkle Fenster (Gläser). - Simrock, 5663; Körte, 3403; ostfriesisch bei Bueren, 957. Von alten Kirchen, alten Menschen und auch alten mit allerlei Menschensatzungen angefüllten Glaubenssystemen. 3 Alte Kirchen haben gut geleut. - Lehmann, 9, 65 u. 147, 98b; Simrock, 5664. 4 Alte Kirchen haben gute Glocken. Alter Leute Rede soll man beachten. Böhm.: Stare chramy dobre zvony maji. (Celakovsky, 284.) 5 Auch in der Kirche gibt's Spinneweben genug. Holl.: In de kerken wast ook wel spinrog. (Harrebomee, I, 399a.) 6 Auf welche Kirche du kommst, deren Gewohnheit halte. - Eiselein, 377. 7 Auss der Kirchen in die Küchen vnd auss der Küchen in die Kirchen. - Gruter, III, 7; Lehmann, II, 36, 74. 8 Ausser der Kirche kein Heil. So lehrt die Kirche, welche behauptet, im Alleinbesitz des richtigen Wegs zum Heil zu sein. Dän.: Uden kirken ingen salighed. (Prov. dan., 345.) Frz.: Hors de l'eglise il n'y a point de salut. (Kritzinger, 381a.) 9 Bar in d'r Kerche störbt, werd ömsaust begrabe. (Meiningen.) - Frommann, II, 409, 42. 10 De Kark eis ken Has. (Rendsburg.) - Hochdeutsch bei Simrock, 12359a. Will sagen: Man habe dahin nicht zu eilen, sie laufe nicht davon wie ein Hase. Holl.: De domine is geen eendvogel en de kerk geen kikvorsch; de een zal mij niet ontvliegen en de ander niet ontspringen. - De domine is geen windhond en de kerk geen haas; zie loopen niet weg. (Harrebomee, I, 142a.) 11 De Kerch is ka Frosch, die huppt net wack. - Lohrengel, II, 93. 12 De Körch ös ut Tegel on Kalk, on de Diewel öss e Schalk. - Frischbier2, 2026. 13 De larrelter Kark, de hangt vull Krallen, vull Klinkerklare, rosinrode Bloodskrallen. - Kern, 38. Ein Spruch, den sich die Kinder in Ostfriesland zum Nachsprechen aufgeben und den Nichtostfriesen selten zum ersten mal richtig und geläufig über die Zunge bringen. Klinkerklar = hell und klar, altniederländisch klinkklar, wie "hell" mit "hallen" auch den "klingenden" Ton; dann auch der Glanz. Larrelt ist ein Kirchdorf bei Emden. 14 Der Kirche den Bann, der Obrigkeit das Schwert, den Eltern die Ruth. - Petri, II, 97; Henisch, 185, 52; Sailer, 96. 15 Der Kirchen Gebet thut mehr bei der Regierung, denn das Schwert der Obrigkeit. - Petri, II, 98. 16 Die christliche Kirche verfolgt niemand, sie wird verfolgt. - Opel, 393. 17 Die erste in der Kirche, die letzte beim Tanz, sind zwei Blumen im Mädchenkranz. - Reinsberg I, 82. 18 Die erste Kirche hatte hölzerne Kelche und goldene Priester, die neue Kirche hat hölzerne Priester und goldene Kelche. Die Russen: Das alte Kloster hatte ein hölzernes Ikonostas und einen goldenen Igumen (Abt); das neue Kloster hat einen hölzern Igumen und ein goldenes Ikonostas. (Altmann VI, 418.) 19 Die heilige römische Kirche hat den Kerbzettel der Zehngebote verschnitten. - Eiselein, 390.
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Kipfel. Wir zwei werden bald einen Kipfel1 miteinander essen. (Oberösterreich.) 1) Ein Gebäck, das die Form eines Horns hat. – Sagt man, wenn man denselben Gedanken, dasselbe Wort zu gleicher Zeit mit einem andern ausspricht. Kippe. 1 E Kippe is e Klippe. – Tendlau, 715. Von den Gefahren einer Geschäftsverbindung. (S. Companei.) Kippe von kippah, kuphah = Behältniss, Büchse, gemeinschaftliche Kasse, Gesellschaft. Klippe = Ursache zum Verderben. *2 He steit up de Kippe. (Holst.) – Schütze, II, 260. Nicht fest stehen, leicht um die Stelle kommen können. Frz.: Il branle au manche, dans le manche. – Il est comme l'oiseau sur la branche. (Lendroy, 37.) Kippeler. * Das is e Kippeler. – Tendlau, 429. Kippeln, verwandt mit keifen. (S. Jezern.) Kippen. * Ich habe gekippt, aber noch nicht verschüttet. Der Unfall war nahe, aber das Schlimmste ist noch nicht eingetreten. Kipper. Kipper und Wipper. – Eiselein, 376; Braun, I, 1849; Dähnert, 228b. Kipper und Wipper hiessen in der schlimmsten Zeit der Münzwirren im 17. Jahrhundert die Falschmünzer; von dem niederdeutschen Worte kippen, d. h. sowol auf der Goldwage betrügerisch wiegen, als auch beschneiden; wippen = das falsche Geld in die Wagschale werfen. (Vgl. auch Grimm, V, 786.) Darauf beschränkte sich indess die Thätigkeit der Kipper und Wipper nicht; der Betrug wurde auf so mannichfache Weise geübt, dass uns manche der durch königliche Verordnungen mit schweren Strafen an Gut, Leib und Leben bedrohten betrügerischen Handlungen jetzt gar nicht mehr verständlich sind, als: abschneiden, feilen, fälschen, ausschiessen, austragiren, pagamentiren, heimlich aufwechseln, zerschmelzen guter Münzen, granuliren, kurnen, saigen. Schon um das Jahr 1607 schrieb ein schlesischer Münzmeister an den Kaiser Rudolf, dass die guten Reichsmünzen fast verschwunden und schlechte, die 10-70 Proc. geringer, eingeführt worden seien. Von niederländischen Garn- und andern Händlern wurden sie fassweise eingeführt. Im Jahre 1616 galt der Thaler schon 45 statt 36 Groschen, der Dukaten 75 statt 54 Groschen. Im März 1621 galt in Breslau der Reichsthaler 21/4 Thaler, im Januar 1622 bereits 6-7 Thaler; im Januar 1624 war er bis 20 Thaler gestiegen. Infolge der Entwerthung des Geldes galt in Löwenberg 1621 der Scheffel Weizen schon 9, im folgenden Jahre schon 42 Thaler. Es wurden 1622 für ein Paar Schuhe, die sonst 6-9 Groschen gekostet hatten, 7 Thaler, für ein Mastschwein 120-140 Thaler bezahlt. (Vgl. über die Kipper- und Wipperzeit Breslauer Zeitung, 1865, Nr. 547, S. 3087; Schles. Provinzialbl., Breslau 1865, S. 597; Zur Geschichte der Münzwirren in Schlesien von H. Palm, Breslau 1866, S. 477 und Nachtrag; G. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, II.) Kippe-Tippe. E Kippe-Tippe is nit kalt und nit warm. – Tendlau, 716. Der Topf einer Gesellschaft, Compagnie (s. d.) steht schlecht. 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(Rendsburg.) – Hochdeutsch bei Simrock, 12359a. Will sagen: Man habe dahin nicht zu eilen, sie laufe nicht davon wie ein Hase. Holl.: De dominé is geen eendvogel en de kerk geen kikvorsch; de een zal mij niet ontvliegen en de ander niet ontspringen. – De dominé is geen windhond en de kerk geen haas; zie loopen niet weg. (Harrebomée, I, 142a.) 11 De Kerch is kâ Frosch, die huppt net wack. – Lohrengel, II, 93. 12 De Körch ös ut Têgel on Kalk, on de Diewel öss e Schalk. – Frischbier2, 2026. 13 De larrelter Kark, de hangt vull Krallen, vull Klinkerklare, rosinrode Bloodskrallen. – Kern, 38. Ein Spruch, den sich die Kinder in Ostfriesland zum Nachsprechen aufgeben und den Nichtostfriesen selten zum ersten mal richtig und geläufig über die Zunge bringen. Klinkerklar = hell und klar, altniederländisch klinkklar, wie „hell“ mit „hallen“ auch den „klingenden“ Ton; dann auch der Glanz. 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Kipfel.
Wir zwei werden bald einen Kipfel1 miteinander essen. (Oberösterreich.)
1) Ein Gebäck, das die Form eines Horns hat. – Sagt man, wenn man denselben Gedanken, dasselbe Wort zu gleicher Zeit mit einem andern ausspricht.
Kippe.
1 E Kippe is e Klippe. – Tendlau, 715.
Von den Gefahren einer Geschäftsverbindung. (S. Companei.) Kippe von kippah, kuphah = Behältniss, Büchse, gemeinschaftliche Kasse, Gesellschaft. Klippe = Ursache zum Verderben.
*2 He steit up de Kippe. (Holst.) – Schütze, II, 260.
Nicht fest stehen, leicht um die Stelle kommen können.
Frz.: Il branle au manche, dans le manche. – Il est comme l'oiseau sur la branche. (Lendroy, 37.)
Kippeler.
* Das is e Kippeler. – Tendlau, 429.
Kippeln, verwandt mit keifen. (S. Jezern.)
Kippen.
* Ich habe gekippt, aber noch nicht verschüttet.
Der Unfall war nahe, aber das Schlimmste ist noch nicht eingetreten.
Kipper.
Kipper und Wipper. – Eiselein, 376; Braun, I, 1849; Dähnert, 228b.
Kipper und Wipper hiessen in der schlimmsten Zeit der Münzwirren im 17. Jahrhundert die Falschmünzer; von dem niederdeutschen Worte kippen, d. h. sowol auf der Goldwage betrügerisch wiegen, als auch beschneiden; wippen = das falsche Geld in die Wagschale werfen. (Vgl. auch Grimm, V, 786.) Darauf beschränkte sich indess die Thätigkeit der Kipper und Wipper nicht; der Betrug wurde auf so mannichfache Weise geübt, dass uns manche der durch königliche Verordnungen mit schweren Strafen an Gut, Leib und Leben bedrohten betrügerischen Handlungen jetzt gar nicht mehr verständlich sind, als: abschneiden, feilen, fälschen, ausschiessen, austragiren, pagamentiren, heimlich aufwechseln, zerschmelzen guter Münzen, granuliren, kurnen, saigen. Schon um das Jahr 1607 schrieb ein schlesischer Münzmeister an den Kaiser Rudolf, dass die guten Reichsmünzen fast verschwunden und schlechte, die 10-70 Proc. geringer, eingeführt worden seien. Von niederländischen Garn- und andern Händlern wurden sie fassweise eingeführt. Im Jahre 1616 galt der Thaler schon 45 statt 36 Groschen, der Dukaten 75 statt 54 Groschen. Im März 1621 galt in Breslau der Reichsthaler 21/4 Thaler, im Januar 1622 bereits 6-7 Thaler; im Januar 1624 war er bis 20 Thaler gestiegen. Infolge der Entwerthung des Geldes galt in Löwenberg 1621 der Scheffel Weizen schon 9, im folgenden Jahre schon 42 Thaler. Es wurden 1622 für ein Paar Schuhe, die sonst 6-9 Groschen gekostet hatten, 7 Thaler, für ein Mastschwein 120-140 Thaler bezahlt. (Vgl. über die Kipper- und Wipperzeit Breslauer Zeitung, 1865, Nr. 547, S. 3087; Schles. Provinzialbl., Breslau 1865, S. 597; Zur Geschichte der Münzwirren in Schlesien von H. Palm, Breslau 1866, S. 477 und Nachtrag; G. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, II.)
Kippe-Tippe.
E Kippe-Tippe is nit kalt und nit warm. – Tendlau, 716.
Der Topf einer Gesellschaft, Compagnie (s. d.) steht schlecht. Warnung vor Gesellschaftsgeschäften.
Kirbe (s. Kirchweihe).
1 Auf ander leut Kirben ist gut Gast laden. – Eyering, II, 391.
2 Du kannst mir auf d' Kirbe (Kirchweih) kommen. – Wann hast sie? – Am Hühnerdreckabend; musst aber den Schnabel selber mitbringen. (Rottenburg.)
3 Von der Kirbe no (noch, nach) lang wälla un koann mürbe. (Wurmlingen.) – Birlinger, 310.
*4 Das wird eine schône Kirbe geben.
„Also erwarteten wir der kaiserlichen Völker Einbruch in die Stadt mit grosser Begierde, zu sehen, was es doch vor eine neue ungewöhnliche Kürbe setzen würde.“ (Simplic., II, 122.)
*5 Een auf die Kirba lade.
„D. h. Arschkerbe (in dem Sinne von Ellenbogen 6). Kirba bedeutet hier nicht Kirchweihe.“ (Sartorius, 169.) „Du kim fei in kirte; lex mihi Mars.“ (Schmeller, II, 329.)
*6 Er wird auf dieser Kirbe ertappt werden.
„Aus Sorge, dass ich einmal auf so einer Kirbe (Vergehen gegen das sechste Gebot) erdappt werden möchte.“ (Simplic., I, 371.)
*7 Es ist net üll Tag Kirbe. – Nefflen, 459.
Kirchdorf (Eigenname).
In Kirchdorf sind die Häuser mit Wasser gebaut.
Berckenmeyer (389) sagt zur Erklärung dieses Sprichworts, es sei in der Nähe dieser ungarischen Ortschaft
ein Brunnen, dessen Wasser zu Stein werde, steinharten Niederschlag bilde, sodass man es zum Häuserbauen anwenden könne.
Kirchdorf (Gattungsname).
Dat könt se1 in 't Karkdörp ôk. – Frommann, III, 427, 202; Bueren, 221.
1) Können sie = kann man.
Kirche.
1 Alt kirchen haben dunckel gläser (Fenster). – Franck, II, 55a; Tappius, 55; Eyering, I, 49 u. 503; Petri, II, 11; Henisch, 768, 3; Lehmann, 7, 22; Gruter, I, 4; Schottel, 1113a; Sutor, 888; Sailer, 193; Mayer, I, 20; Braun, II, 42; Reinsberg II, 122.
Holl.: Oude kerken hebben donkere glazen. (Harrebomée, I, 394b.)
2 Alte Kirchen, dunkle Fenster (Gläser). – Simrock, 5663; Körte, 3403; ostfriesisch bei Bueren, 957.
Von alten Kirchen, alten Menschen und auch alten mit allerlei Menschensatzungen angefüllten Glaubenssystemen.
3 Alte Kirchen haben gut geleut. – Lehmann, 9, 65 u. 147, 98b; Simrock, 5664.
4 Alte Kirchen haben gute Glocken.
Alter Leute Rede soll man beachten.
Böhm.: Staré chrámy dobré zvony maji. (Čelakovsky, 284.)
5 Auch in der Kirche gibt's Spinneweben genug.
Holl.: In de kerken wast ook wel spinrog. (Harrebomée, I, 399a.)
6 Auf welche Kirche du kommst, deren Gewohnheit halte. – Eiselein, 377.
7 Auss der Kirchen in die Küchen vnd auss der Küchen in die Kirchen. – Gruter, III, 7; Lehmann, II, 36, 74.
8 Ausser der Kirche kein Heil.
So lehrt die Kirche, welche behauptet, im Alleinbesitz des richtigen Wegs zum Heil zu sein.
Dän.: Uden kirken ingen salighed. (Prov. dan., 345.)
Frz.: Hors de l'église il n'y a point de salut. (Kritzinger, 381a.)
9 Bâr in d'r Kerche störbt, werd ömsûst begrabe. (Meiningen.) – Frommann, II, 409, 42.
10 De Kark îs kên Hâs. (Rendsburg.) – Hochdeutsch bei Simrock, 12359a.
Will sagen: Man habe dahin nicht zu eilen, sie laufe nicht davon wie ein Hase.
Holl.: De dominé is geen eendvogel en de kerk geen kikvorsch; de een zal mij niet ontvliegen en de ander niet ontspringen. – De dominé is geen windhond en de kerk geen haas; zie loopen niet weg. (Harrebomée, I, 142a.)
11 De Kerch is kâ Frosch, die huppt net wack. – Lohrengel, II, 93.
12 De Körch ös ut Têgel on Kalk, on de Diewel öss e Schalk. – Frischbier2, 2026.
13 De larrelter Kark, de hangt vull Krallen, vull Klinkerklare, rosinrode Bloodskrallen. – Kern, 38.
Ein Spruch, den sich die Kinder in Ostfriesland zum Nachsprechen aufgeben und den Nichtostfriesen selten zum ersten mal richtig und geläufig über die Zunge bringen. Klinkerklar = hell und klar, altniederländisch klinkklar, wie „hell“ mit „hallen“ auch den „klingenden“ Ton; dann auch der Glanz. Larrelt ist ein Kirchdorf bei Emden.
14 Der Kirche den Bann, der Obrigkeit das Schwert, den Eltern die Ruth. – Petri, II, 97; Henisch, 185, 52; Sailer, 96.
15 Der Kirchen Gebet thut mehr bei der Regierung, denn das Schwert der Obrigkeit. – Petri, II, 98.
16 Die christliche Kirche verfolgt niemand, sie wird verfolgt. – Opel, 393.
17 Die erste in der Kirche, die letzte beim Tanz, sind zwei Blumen im Mädchenkranz. – Reinsberg I, 82.
18 Die erste Kirche hatte hölzerne Kelche und goldene Priester, die neue Kirche hat hölzerne Priester und goldene Kelche.
Die Russen: Das alte Kloster hatte ein hölzernes Ikonostas und einen goldenen Igumen (Abt); das neue Kloster hat einen hölzern Igumen und ein goldenes Ikonostas. (Altmann VI, 418.)
19 Die heilige römische Kirche hat den Kerbzettel der Zehngebote verschnitten. – Eiselein, 390.
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