Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch]
*16 Einem einen (zähen) Kapaun vorsetzen. In Polen herrschte die Sitte, Brautwerbern einen Kapaun vorzusetzen, den sie an der Luft zerlegen mussten. Von der Geschicklichkeit, mit der die Aufgabe gelöst wurde, war die bejahende oder verneinende Aufnahme seiner Bewerbung abhängig. Man pflegte daher wol einem von der Braut und den Aeltern gern gesehenen Bewerber einen bereits geschnittenen und nur künstlich zusammengebundenen Kapaun vorzusetzen, während ein anderer, dem man ein stumpfes Messer und statt des mürben Kapauns einen zähen, alten Hahn vorgesetzt hatte, sich lange und erfolglos abmarterte. (Wurzbach I, 170.) *17 Einen Kapauner kriegen. Den bekommt in Oberösterreich ein junger Bursche, der nächtlich "fensterln" oder "gasseln" geht und, wenn er vor dem Fenster seines Mädchens erscheint, abgewiesen wird. (Baumgarten.) *18 Er hat den Kapaun gut zerlegt. (Poln.) Er hat so geschickt gehandelt (operirt), dass er seinen Zweck erreicht. (S. 16.) Kapeijer. * He köfft Kapeijer. - Dähnert, 217b. Er steht und sieht zu wie andere kaufen. Kapelle. 1 Aus jeder Kapelle macht der Teufel eine Hölle. 2 D' Kapelle war ma schon recht, aber d' Heiligen g'falle mir nit. (Oberösterreich.) So sagt z. B. ein Mädchen (oder Witwe), der zwar die Besitzung, das Geschäft u. s. w. des Bewerbers, aber dieser selbst nicht gefällt. 3 Die Kapelle wär' schon recht; aber der Heiling nöt. (Rott-Thal.) Das Vermögen wär' schon gut, aber die Person gefällt nicht. 4 Es denckt ein jeder, wie er sein Capell besingt in seinen Sack. - Henisch, 678, 44. 5 Es gibt mehr Kapellen als Kirchen. - Altmann V, 101. 6 Es ist keine Kapelle so klein, des Jahres muss Kirwei drin sein. (S. Dörflein 1 und Kirchlein.) Eiselein, 105. 7 Es ist keine Kapelle so klein, die nicht hätt' ihren Heiligenschein. Frz.: Il n'est si petite chapelle qui n'ait son saint. (Bohn I, 25; Kritzinger, 123a.) 8 Es ist keine Kapelle so klein, man geht des Jahres einmal hinein. 9 Es ist keyn Capell (so klein), es ist des jars einmal kirchweih drin. - Franck, I, 84b; Egenolff, 344a; Lehmann, II, 311, 12; Eiselein, 105; Graf, 548, 84; Simrock, 1436; Körte, 796; Braun, I, 289. Frz.: Il n'est si petite chapelle qui n'ait sa dedicace et feste. (Leroux, I, 4.) Lat.: Seruant sacratae semel anno festa capellae. (Loci comm., 65.) 10 In einer kleinen Kapelle kann auch eine grosse Messe gefeiert werden. Holl.: Men doet wel eene groote mis in eene kleine kapel. (Harrebomee, I, 381b.) 11 In solche Capellen gehört solcher Custer. - Henisch, 628, 15; Petri, II, 406. 12 Is koa Koapel so kloa, es is amool Kirchtoag drin. (Innsbruck.) - Frommann, VI, 36, 57. 13 Ist die Capel gross, so singt doch der Pfaff nicht mehr als er kann. - Lehmann, 740, 32. Es kann niemand mehr thun, als er Kräfte hat. 14 Jede Kapelle will ihre Kirchweih ha'n. *15 Ai di Koapalle g'hirt Schmuck. (Oesterr.-Schles.) - Peter, 448. Von einer putzsüchtigen Frau. *16 Einen auf die Kapelle setzen. - Stalder, II, 86. Ihn (z. B. bei einer Prüfung) so ins Gedränge bringen, dass er nichts mehr dagegen zu antworten weiss, dass er das Bekenntniss gleichsam herausschwitzt. *17 Es ist eine schöne Kapelle ohne Heilthum. Böhm.: Co je do kaplicky, kdyz v ni obrazu neni. (Celakovsky, 386.) *18 In leeren Kapellen singen. Umsonst singen, vergebens die Saiten rühren, vergeblich guten Rath ertheilen. Kaper. 1 Es ist ein Kaper(er) (Raubschiff) an der Küste. Wenn jemand uns belauert und dasselbe Ziel mit uns verfolgt. Auch von Nebenbuhlern in Heirathsangelegenheiten. [Spaltenumbruch] 2 Mer Kaper1 as Köper, (Holst.) - Schütze, II, 224. 1) Von kapen = gaffen. Neugierige Menschen, die allenthalben mit offenem Munde dastehen. (S. Gaffer.) Kapital. 1 Eigenes Kapital zinst. 2 Ein Kapital in der Kiste trägt keine Zinsen. *3 Es sind Kapital und Zinsen verloren. Jüd.-deutsch: Wie kumm ich zu meinem Keeren (Geld, Anlagekapital). (Tendlau, 863.) *4 Kapital und Zinsen auf einmal holen. - Eiselein, 361. Lat.: Et usuram et sortem persolvere. (Eiselein, 361.) *5 Sie gibt stets Kapital und Zinsen. - Parömiakon, 2716. Von Frauenspersonen, die jedes Wort mit Ueberfülle beantworten. Kapitän. 1 De is god to'n Koptain, hett grote Schunken1. - Kern, 325. 1) Soviel wie Schinken, hier in der Bedeutung von Schenkel, die ein Schiffskapitän sehr gut gebrauchen kann, da er nicht selten in die Lage kommt, sich unter den Theerjacken nur durch physische Ueberlegenheit Achtung zu verschaffen. 2 Jong Kopteins, oal Süppers. (Nordfries.) - Firmenich, III, 6, 71. Junge Kapitäne (Schiffsführer), alte Säufer. 3 'Raus, Kaptän, rief Bohnenstengel. In Stepenitz und andern Haffdörfern. Sehr allgemeine Anwendung z. B. morgens beim Wecken, dann beim Kartenspiel u. s. w. Aus einem übrigens verklungenen Liede, das vor etwa 50 Jahren im Schwange war und ein Schifferabenteuer verherrlichte. 4 Yes, Kepten, monk Luken to! (Pommern.) Wie ein einfaches: Ja wohl. Alles was mit Schiffern zu thun hat, glaubt und bemüht sich englisch sprechen zu können. Die Redensart gibt eine spöttische Probe, wie solch Englisch zuweilen beschaffen ist. Aehnlich das auch viel gehörte französische: Oui, Möppel, purzlevous die Treppe herunter? Kapitel. 1 Der ist im rechten Kapitel der Narrheit, der sich für einen besondern Weisen hält. Holl.: Het eerste kapittel van de zotten is, zich wijs te houden. (Harrebomee, I, 381b.) *2 Auf ein ander Kapitel kommen. Holl.: Hij zoekt het op een ander kapittel te brengen. (Harrebomee, I, 381b.) *3 Ein gut Kapitel lesen. - Lappenberg, Hamburger Chronik, 89. *4 Einem das Kapitel lesen. Kapitel ist bei den Katholiken eine geistliche Aufsichtsbehörde. In Pommern: Enem dat Kapittel lesen. (Dähnert, 217b.) Um Aeusserungen des Unwillens, strafender Vorwürfe in verschiedenen Beziehungen, Formen und Graden zu bezeichnen, hat man in Bedburg die Redensarten: "Dem ess et Kapittel, der Desskamp, dem sind die Leviten gelesen worden. Dä hat ens räet seng Thee, se Fett, senge Tabbet kriegen. Dem sind de Hore geschnippe wurden ohne Schier. Hä hät tüchtig de Cour gemat kriegen. Dä ess tüchtig getrump worden. Dem ess der Morsch geblase wurde nach Noten. Dem äss ens der Wurm gehühnt." *5 Einem ein gutes Kapitel geben. - Herberger, II, 349. In dem Sinne: Einen den Text, die Leviten lesen. *6 Einem ein Kapitel aus Puffendorf lesen. Ihn prügeln, puffen. *7 Er hat in diesem Kapitel etwas (nichts) zu sagen. Sein Wort ist hier von grosser (oder geringer) Bedeutung. *8 Ich will ihm das rechte Kapitel aufschlagen. Mehr ironisch und zurechtweisend. Holl.: Iemand op het regte kapittel helpen. (Harrebomee, I, 381b.) *9 Wer weiss, was im letzten Kapitel steht! Frz.: Le retour est pire, est pis que matines. (Lendroy, 989.) Kapitelfest. * Nicht recht kapitelfest sein. - Lohrengel, II, 400. Kapiteln. *1 Einen kapiteln und im Cavillantes lesen. - Eiselein, 105. *2 Er ist (ab)gekapitelt worden. Hat Verweise erhalten. Von den Mönchen, die wegen eines Vergehens vor das Kapitel gestellt und dort zurechtgewiesen wurden. Kaplan. 1 Es ist offtmals der Caplan so gelert als der Superintendent. - Mathesy, 61a. 2 Jeder Kaplan lobt seine Reliquien.
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*16 Einem einen (zähen) Kapaun vorsetzen. In Polen herrschte die Sitte, Brautwerbern einen Kapaun vorzusetzen, den sie an der Luft zerlegen mussten. Von der Geschicklichkeit, mit der die Aufgabe gelöst wurde, war die bejahende oder verneinende Aufnahme seiner Bewerbung abhängig. Man pflegte daher wol einem von der Braut und den Aeltern gern gesehenen Bewerber einen bereits geschnittenen und nur künstlich zusammengebundenen Kapaun vorzusetzen, während ein anderer, dem man ein stumpfes Messer und statt des mürben Kapauns einen zähen, alten Hahn vorgesetzt hatte, sich lange und erfolglos abmarterte. (Wurzbach I, 170.) *17 Einen Kapauner kriegen. Den bekommt in Oberösterreich ein junger Bursche, der nächtlich „fensterln“ oder „gasseln“ geht und, wenn er vor dem Fenster seines Mädchens erscheint, abgewiesen wird. (Baumgarten.) *18 Er hat den Kapaun gut zerlegt. (Poln.) Er hat so geschickt gehandelt (operirt), dass er seinen Zweck erreicht. (S. 16.) Kapeijer. * He köfft Kapeijer. – Dähnert, 217b. Er steht und sieht zu wie andere kaufen. Kapelle. 1 Aus jeder Kapelle macht der Teufel eine Hölle. 2 D' Kapelle war ma schon recht, aber d' Heiligen g'falle mir nit. (Oberösterreich.) So sagt z. B. ein Mädchen (oder Witwe), der zwar die Besitzung, das Geschäft u. s. w. des Bewerbers, aber dieser selbst nicht gefällt. 3 Die Kapelle wär' schon recht; aber der Heiling nöt. (Rott-Thal.) Das Vermögen wär' schon gut, aber die Person gefällt nicht. 4 Es denckt ein jeder, wie er sein Capell besingt in seinen Sack. – Henisch, 678, 44. 5 Es gibt mehr Kapellen als Kirchen. – Altmann V, 101. 6 Es ist keine Kapelle so klein, des Jahres muss Kirwei drin sein. (S. Dörflein 1 und Kirchlein.) Eiselein, 105. 7 Es ist keine Kapelle so klein, die nicht hätt' ihren Heiligenschein. Frz.: Il n'est si petite chapelle qui n'ait son saint. 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Jüd.-deutsch: Wie kumm ich zu meinem Keeren (Geld, Anlagekapital). (Tendlau, 863.) *4 Kapital und Zinsen auf einmal holen. – Eiselein, 361. Lat.: Et usuram et sortem persolvere. (Eiselein, 361.) *5 Sie gibt stets Kapital und Zinsen. – Parömiakon, 2716. Von Frauenspersonen, die jedes Wort mit Ueberfülle beantworten. Kapitän. 1 De is god to'n Koptain, hett grote Schunken1. – Kern, 325. 1) Soviel wie Schinken, hier in der Bedeutung von Schenkel, die ein Schiffskapitän sehr gut gebrauchen kann, da er nicht selten in die Lage kommt, sich unter den Theerjacken nur durch physische Ueberlegenheit Achtung zu verschaffen. 2 Jong Kopteins, oal Süppers. (Nordfries.) – Firmenich, III, 6, 71. Junge Kapitäne (Schiffsführer), alte Säufer. 3 'Raus, Kaptän, rief Bohnenstengel. In Stepenitz und andern Haffdörfern. Sehr allgemeine Anwendung z. B. morgens beim Wecken, dann beim Kartenspiel u. s. w. Aus einem übrigens verklungenen Liede, das vor etwa 50 Jahren im Schwange war und ein Schifferabenteuer verherrlichte. 4 Yes, Kepten, monk Luken to! (Pommern.) Wie ein einfaches: Ja wohl. Alles was mit Schiffern zu thun hat, glaubt und bemüht sich englisch sprechen zu können. Die Redensart gibt eine spöttische Probe, wie solch Englisch zuweilen beschaffen ist. Aehnlich das auch viel gehörte französische: Oui, Möppel, purzlevous die Treppe herunter? Kapitel. 1 Der ist im rechten Kapitel der Narrheit, der sich für einen besondern Weisen hält. Holl.: Het eerste kapittel van de zotten is, zich wijs te houden. (Harrebomée, I, 381b.) *2 Auf ein ander Kapitel kommen. Holl.: Hij zoekt het op een ander kapittel te brengen. (Harrebomée, I, 381b.) *3 Ein gut Kapitel lesen. – Lappenberg, Hamburger Chronik, 89. *4 Einem das Kapitel lesen. Kapitel ist bei den Katholiken eine geistliche Aufsichtsbehörde. In Pommern: Enem dat Kapittel lesen. (Dähnert, 217b.) 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*16 Einem einen (zähen) Kapaun vorsetzen.
In Polen herrschte die Sitte, Brautwerbern einen Kapaun vorzusetzen, den sie an der Luft zerlegen mussten. Von der Geschicklichkeit, mit der die Aufgabe gelöst wurde, war die bejahende oder verneinende Aufnahme seiner Bewerbung abhängig. Man pflegte daher wol einem von der Braut und den Aeltern gern gesehenen Bewerber einen bereits geschnittenen und nur künstlich zusammengebundenen Kapaun vorzusetzen, während ein anderer, dem man ein stumpfes Messer und statt des mürben Kapauns einen zähen, alten Hahn vorgesetzt hatte, sich lange und erfolglos abmarterte. (Wurzbach I, 170.)
*17 Einen Kapauner kriegen.
Den bekommt in Oberösterreich ein junger Bursche, der nächtlich „fensterln“ oder „gasseln“ geht und, wenn er vor dem Fenster seines Mädchens erscheint, abgewiesen wird. (Baumgarten.)
*18 Er hat den Kapaun gut zerlegt. (Poln.)
Er hat so geschickt gehandelt (operirt), dass er seinen Zweck erreicht. (S. 16.)
Kapeijer.
* He köfft Kapeijer. – Dähnert, 217b.
Er steht und sieht zu wie andere kaufen.
Kapelle.
1 Aus jeder Kapelle macht der Teufel eine Hölle.
2 D' Kapelle war ma schon recht, aber d' Heiligen g'falle mir nit. (Oberösterreich.)
So sagt z. B. ein Mädchen (oder Witwe), der zwar die Besitzung, das Geschäft u. s. w. des Bewerbers, aber dieser selbst nicht gefällt.
3 Die Kapelle wär' schon recht; aber der Heiling nöt. (Rott-Thal.)
Das Vermögen wär' schon gut, aber die Person gefällt nicht.
4 Es denckt ein jeder, wie er sein Capell besingt in seinen Sack. – Henisch, 678, 44.
5 Es gibt mehr Kapellen als Kirchen. – Altmann V, 101.
6 Es ist keine Kapelle so klein, des Jahres muss Kirwei drin sein. (S. Dörflein 1 und Kirchlein.) Eiselein, 105.
7 Es ist keine Kapelle so klein, die nicht hätt' ihren Heiligenschein.
Frz.: Il n'est si petite chapelle qui n'ait son saint. (Bohn I, 25; Kritzinger, 123a.)
8 Es ist keine Kapelle so klein, man geht des Jahres einmal hinein.
9 Es ist keyn Capell (so klein), es ist des jars einmal kirchweih drin. – Franck, I, 84b; Egenolff, 344a; Lehmann, II, 311, 12; Eiselein, 105; Graf, 548, 84; Simrock, 1436; Körte, 796; Braun, I, 289.
Frz.: Il n'est si petite chapelle qui n'ait sa dédicace et feste. (Leroux, I, 4.)
Lat.: Seruant sacratae semel anno festa capellae. (Loci comm., 65.)
10 In einer kleinen Kapelle kann auch eine grosse Messe gefeiert werden.
Holl.: Men doet wel eene groote mis in eene kleine kapel. (Harrebomée, I, 381b.)
11 In solche Capellen gehört solcher Custer. – Henisch, 628, 15; Petri, II, 406.
12 Is koa Koapel so kloa, es is amool Kirchtoag drin. (Innsbruck.) – Frommann, VI, 36, 57.
13 Ist die Capel gross, so singt doch der Pfaff nicht mehr als er kann. – Lehmann, 740, 32.
Es kann niemand mehr thun, als er Kräfte hat.
14 Jede Kapelle will ihre Kirchweih ha'n.
*15 Ai di Koapalle g'hirt Schmuck. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 448.
Von einer putzsüchtigen Frau.
*16 Einen auf die Kapelle setzen. – Stalder, II, 86.
Ihn (z. B. bei einer Prüfung) so ins Gedränge bringen, dass er nichts mehr dagegen zu antworten weiss, dass er das Bekenntniss gleichsam herausschwitzt.
*17 Es ist eine schöne Kapelle ohne Heilthum.
Böhm.: Co je do kapličky, když v ní obrazu není. (Čelakovsky, 386.)
*18 In leeren Kapellen singen.
Umsonst singen, vergebens die Saiten rühren, vergeblich guten Rath ertheilen.
Kaper.
1 Es ist ein Kaper(er) (Raubschiff) an der Küste.
Wenn jemand uns belauert und dasselbe Ziel mit uns verfolgt. Auch von Nebenbuhlern in Heirathsangelegenheiten.
2 Mêr Kaper1 as Köper, (Holst.) – Schütze, II, 224.
1) Von kapen = gaffen. Neugierige Menschen, die allenthalben mit offenem Munde dastehen. (S. Gaffer.)
Kapital.
1 Eigenes Kapital zinst.
2 Ein Kapital in der Kiste trägt keine Zinsen.
*3 Es sind Kapital und Zinsen verloren.
Jüd.-deutsch: Wie kumm ich zu meinem Keeren (Geld, Anlagekapital). (Tendlau, 863.)
*4 Kapital und Zinsen auf einmal holen. – Eiselein, 361.
Lat.: Et usuram et sortem persolvere. (Eiselein, 361.)
*5 Sie gibt stets Kapital und Zinsen. – Parömiakon, 2716.
Von Frauenspersonen, die jedes Wort mit Ueberfülle beantworten.
Kapitän.
1 De is god to'n Koptain, hett grote Schunken1. – Kern, 325.
1) Soviel wie Schinken, hier in der Bedeutung von Schenkel, die ein Schiffskapitän sehr gut gebrauchen kann, da er nicht selten in die Lage kommt, sich unter den Theerjacken nur durch physische Ueberlegenheit Achtung zu verschaffen.
2 Jong Kopteins, oal Süppers. (Nordfries.) – Firmenich, III, 6, 71.
Junge Kapitäne (Schiffsführer), alte Säufer.
3 'Raus, Kaptän, rief Bohnenstengel.
In Stepenitz und andern Haffdörfern. Sehr allgemeine Anwendung z. B. morgens beim Wecken, dann beim Kartenspiel u. s. w. Aus einem übrigens verklungenen Liede, das vor etwa 50 Jahren im Schwange war und ein Schifferabenteuer verherrlichte.
4 Yes, Kepten, monk Luken to! (Pommern.)
Wie ein einfaches: Ja wohl. Alles was mit Schiffern zu thun hat, glaubt und bemüht sich englisch sprechen zu können. Die Redensart gibt eine spöttische Probe, wie solch Englisch zuweilen beschaffen ist. Aehnlich das auch viel gehörte französische: Oui, Möppel, purzlevous die Treppe herunter?
Kapitel.
1 Der ist im rechten Kapitel der Narrheit, der sich für einen besondern Weisen hält.
Holl.: Het eerste kapittel van de zotten is, zich wijs te houden. (Harrebomée, I, 381b.)
*2 Auf ein ander Kapitel kommen.
Holl.: Hij zoekt het op een ander kapittel te brengen. (Harrebomée, I, 381b.)
*3 Ein gut Kapitel lesen. – Lappenberg, Hamburger Chronik, 89.
*4 Einem das Kapitel lesen.
Kapitel ist bei den Katholiken eine geistliche Aufsichtsbehörde. In Pommern: Enem dat Kapittel lesen. (Dähnert, 217b.) Um Aeusserungen des Unwillens, strafender Vorwürfe in verschiedenen Beziehungen, Formen und Graden zu bezeichnen, hat man in Bedburg die Redensarten: „Dem ess et Kapittel, der Desskamp, dem sind die Leviten gelesen worden. Dä hat êns räet seng Thee, se Fett, senge Tabbet kriegen. Dem sind de Hore geschnippe wurden ohne Schier. Hä hät tüchtig de Cour gemât kriegen. Dä ess tüchtig getrump worden. Dem ess der Morsch geblase wurde nach Noten. Dem äss êns der Wurm gehühnt.“
*5 Einem ein gutes Kapitel geben. – Herberger, II, 349.
In dem Sinne: Einen den Text, die Leviten lesen.
*6 Einem ein Kapitel aus Puffendorf lesen.
Ihn prügeln, puffen.
*7 Er hat in diesem Kapitel etwas (nichts) zu sagen.
Sein Wort ist hier von grosser (oder geringer) Bedeutung.
*8 Ich will ihm das rechte Kapitel aufschlagen.
Mehr ironisch und zurechtweisend.
Holl.: Iemand op het regte kapittel helpen. (Harrebomée, I, 381b.)
*9 Wer weiss, was im letzten Kapitel steht!
Frz.: Le retour est pire, est pis que matines. (Lendroy, 989.)
Kapitelfest.
* Nicht recht kapitelfest sein. – Lohrengel, II, 400.
Kapiteln.
*1 Einen kapiteln und im Cavillantes lesen. – Eiselein, 105.
*2 Er ist (ab)gekapitelt worden.
Hat Verweise erhalten. Von den Mönchen, die wegen eines Vergehens vor das Kapitel gestellt und dort zurechtgewiesen wurden.
Kaplan.
1 Es ist offtmals der Caplan so gelert als der Superintendent. – Mathesy, 61a.
2 Jeder Kaplan lobt seine Reliquien.
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