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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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Kanone.

1 Die Kanonen sind ultima ratio regum. - Eiselein, 361.

2 Jede Kanone muss einmal abkühlen. - Parömiakon, 1613.

3 Wenn die Kanone spricht, hört man die Flinte nicht.

*4 Das ist unter der Kanone.

D. h. sehr schlecht.

*5 Eine Kanone laden, um eine Maus zu schiessen. - Altmann VI, 516.

*6 Kanonen auffahren, um Sperlinge zu schiessen. - Altmann VI, 512; Reinsberg IV, 76.


Kanonenfieber.

* Er hat das Kanonenfieber. - Körte, 3276a; Braun, I, 1746.

Eigentlich die fieberartige Erregung, die einen im Bereich der Kugeln ergreift; aber mehr scherzhaft oder ironisch angewandt, um die Furcht vor dem Schlachtenkampf zu bezeichnen. (Vgl. Grimm, V, 170.)

Frz.: Il a fievre de veau, il tremble quand il est sou. (Leroux, I, 152.)

Holl.: Hij heeft de kanonkoorts. (Harrebomee, I, 379b.)


Kanonenfutter.

* Eitel Kanonenfutter.

Bezeichnung für Soldaten.


Kanonenkugel.

Eine Kanonenkugel braucht nicht erst zu rufen: Geh' mir aus dem Wege.

Holl.: Een kanonskogel noodzaakt wel eens de ruiterij, om zich buiten schot te houden. (Harrebomee, I, 379b.)


Kanonenrausch.

* Er hat einen Kanonenrausch. (S. Boden 38.) (Rottenburg.)


Kanonenstöpsel.

* Es ist ein blosser (wahrer) Kanonenstöpsel.

Besonders von einem groben, plumpen Frauenzimmer.

Holl.: Hij is eene goede prop voor het kanon. (Harrebomee, I, 379b.)


Kanonenvoll.

* Er ist kanonenvoll. - Braun, I, 1745.

Sehr stark betrunken. Der Ausdruck rührt aus der Periode, wo das Saufen eine Art Ehrensache war. Unter den Trinkgefässen gab es Pokale und Becher in Form von Kanonen.


Kanonist.

Ein grosser Kanonist ein grosser Esel ist. - Luther, 335.

Eben kein Lob für Lehrer des kanonischen Rechts. "Man siehet wol", sagt Luther, "welch kindisch, albern, schlecht Ding das geistliche Recht ist, ob wol viel heiliger, trefflicher Leute darinnen geweset sind, dass auch die Juristen sagen: Purus Canonista est magnus Asinista." (Heuseler, 97, 335.) Es wäre interessant zu erfahren, ob sich Luther über das jetzige protestantische oder auch specifisch lutherisch geistliche Recht günstiger aussprechen würde.


Kans.

*1 Dat is mein Kans nich. - Stürenburg, 102a.

Das ist nicht meine Sache; es ist mir gleichgültig, wie das ausfällt.

*2 Ick seh d'r gen Kans up. - Stürenburg, 102a.

Ich sehe die Sache schwierig ein.

*3 Sin Kans1 wahrnehmen. - Eichwald, 944.

1) Gute Gelegenheit, Glücksfall. (Stürenburg, 102a.)


Kante (Cantharus, Kandel, Kanne).

* lch muss mich hinfürt mehr an die kante halten. - Tappius, 193b.

Ueber Kante in dieser Bedeutung vgl. Grimm, V, 172.


Kante (Margo, Ora, Rand, Ecke).

1 Je schärfer die Kanten, je grösser die Funken.

2 'T hang't in d' Kant' as't Hilgenland. - Kern, 38.

Mit Bezug auf die schräge Oberfläche des Felseneilands Helgoland.

*3 Dat stet so up de Kante. - Dähnert, 217a.

Es kann leicht herunterfallen.

*4 Einen an die scharfe Kante kriegen. - Frischbier2, 1883.

Ihn zur Entscheidung zwingen.

*5 Es is mit em up de Kant. - Richey, 108; Schütze, II, 222; Dähnert, 217a.

Es geht mit ihm auf die Neige, seine Umstände sind mislich.

Lat.: Ad extrema redactus est.

*6 Ga an de Kante. - Dähnert, 217a.

Geh deine Wege.

*7 He will 't up allen Kanten woren. - Dähnert, 217a.

Er will es an allen Orten wahrnehmen.


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*8 Sik in de Kante sett'n. - Eichwald, 946.

*9 Up de Kant sett'n. (Altmark.) - Danneil, 95.

Etwas erübrigen, zurücklegen. Bei Dähnert (217a) heisst es: In de Kant setten = im Winkel verwahren, Geld aufheben.

*10 Up städ1 sünd Kanten Mod. (Pommern.)

1) Auf der Stelle, wird nicht blos räumlich, sondern auch als Umstand der Zeit gebraucht. - Jetzt sind Kanten Mode, wobei zu ergänzen: ich verbitte mir also die "Spitzen".

*11 Vun'r nauen Kante wes'n. - Eichwald, 945.


Kanthaken.

*1 Einen beim Kanthaken kriegen. - Hennig, 115; Richey, 109; Danneil, 95; Grimm, V, 175; Frischbier, 369; Frischbier2, 1853; für Holstein: Schütze, II, 223.

Nach Adelung einen beim Genick oder bei den Haaren an sich ziehen, ihn packen, greifen, ihn dingfest machen. (Pr. Wörterbuch.) Wenn das Wort in der Redensart nicht verderbt für Kammhacken (vgl. Campe, Wörterbuch.) steht, dann kann es nur im uneigentlichen Sinne gebraucht sein. Unter Kantshaken versteht man zwei eiserne Haken an beiden Enden eines Taues, das in der Mitte ein Oehr hat, in welches der Haken eines andern Taues eingreift, um Lasten zu heben, an deren Kanten jene Hacken fassen. (Stürenburg, 102a.) Der Kanthaken ist ein eiserner Haken, den man an schwere Gefässe anschlägt, die man kanten oder an einer Seite heben will, an der entgegengesetzten Seite damit anzugreifen. Dergleichen Haken, eiserne Klauen, tragen die Ablader am Gurte, die Ballen und Fässer damit umzukanten. Bei Dähnert (217a): Krieg em bi'm Kanthaken = Pack ihn an, halt ihn fest.

*2 Etwas heim Kanthaken anfassen (anpacken).

"Es hat nicht jeder das Genie und die Energie, so kurz und gut eine Sache beim Kanthaken oder bei allen vier Zipfeln zu erwischen." (Bog. Goltz, Jugendleben, II, 392.) "Et glückede den brawen Manne, dat he't bei'n Kantshaken (Arm) to packen kreig." (Lyra, 51.)


Kantholz.

Kantholz, säd de Tömmermann un smeet sine Fru ut et Bedd. (Stallupönen.) - Frischbier2, 1884.


Kantig.

1 Nüms is kantiger as ein oll Doctor gegen einen jungen, de mihr lihrt hett as de oll. - Mecklenb. Kalender (Rostock 1865).

*2 Der ist ihm zu kantig. (Trier.)

Zu stark, dreist, pfiffig, zu klug, lässt sich nicht vexiren. (Vgl. Grimm, V, 176.)


Kantor.

1 Cantores vnd Sänger, wenn sie vol supen wollen sie jmmer rupen. - Mathesy, 322b.

2 Der Kanter hat de Fuss bedruegen. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 117a.

Bezieht sich auf eine Anekdote oder ein Märchen.

3 Der Kantor hat seine Pause in der Gurgel. - Winckler, XVII, 73.

4 Der Kantor (Vorsänger) hört dahin, wo man am besten nachsingt.

Jeder hat es gern, wenn man sich nach ihm richtet. Durch Gehorsam empfiehlt man sich.

5 Der Kantor singt wol mit dem Munde vor, aber er taktirt mit den Händen.

Dän.: Som cantor giör tonen med munden, bör han viise pausen med haanden. (Prov. dan., 98.)

6 Ein cantor geb einn guten küchenmeyster. - Franck, II, 66b; Henisch, 583, 13; Lehmann, 121, 20; Simrock, 1434.

7 Kantoren singen dem Herrn und haben viel Durst und trinken gern.

Lat.: Cantores amant humores. (Schamelius, 147, 4.)

8 Roll, roll, roll, de Kantor össe Boll, de Kinder sönn de Narre, se gohne mött em blarre.

Schildert das ehemalige Circuitsingen zu Weihnacht und Pfingsten im Samlande. Das "Roll, roll" bezieht sich wol auf den "Stern", den die Knaben, namentlich zu Weihnacht, mit sich führten.

9 Was der Kantor mit der Kehle ersungen, wird bald wieder mit der Kehle verschlungen.

Span.: Los dineros del sacristan cantando se vienen, y cantando se van. (Cahier, 3699.)

10 Wenn der Kantor fehlet, muss es ein Husten seyn. - Petri, II, 635.

Lat.: Haesitantia cantoris tussis. (Henisch, 583, 10; Binder I, 645; II, 1280; Weber, Append. 32.)

11 Wenn ein Cantor fehlet, gibt er dem husten die schuld. - Henisch, 583, 9.

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Kanone.

1 Die Kanonen sind ultima ratio regum.Eiselein, 361.

2 Jede Kanone muss einmal abkühlen.Parömiakon, 1613.

3 Wenn die Kanone spricht, hört man die Flinte nicht.

*4 Das ist unter der Kanone.

D. h. sehr schlecht.

*5 Eine Kanone laden, um eine Maus zu schiessen.Altmann VI, 516.

*6 Kanonen auffahren, um Sperlinge zu schiessen.Altmann VI, 512; Reinsberg IV, 76.


Kanonenfieber.

* Er hat das Kanonenfieber.Körte, 3276a; Braun, I, 1746.

Eigentlich die fieberartige Erregung, die einen im Bereich der Kugeln ergreift; aber mehr scherzhaft oder ironisch angewandt, um die Furcht vor dem Schlachtenkampf zu bezeichnen. (Vgl. Grimm, V, 170.)

Frz.: Il a fievre de veau, il tremble quand il est sou. (Leroux, I, 152.)

Holl.: Hij heeft de kanonkoorts. (Harrebomée, I, 379b.)


Kanonenfutter.

* Eitel Kanonenfutter.

Bezeichnung für Soldaten.


Kanonenkugel.

Eine Kanonenkugel braucht nicht erst zu rufen: Geh' mir aus dem Wege.

Holl.: Een kanonskogel noodzaakt wel eens de ruiterij, om zich buiten schot te houden. (Harrebomée, I, 379b.)


Kanonenrausch.

* Er hat einen Kanonenrausch. (S. Boden 38.) (Rottenburg.)


Kanonenstöpsel.

* Es ist ein blosser (wahrer) Kanonenstöpsel.

Besonders von einem groben, plumpen Frauenzimmer.

Holl.: Hij is eene goede prop voor het kanon. (Harrebomée, I, 379b.)


Kanonenvoll.

* Er ist kanonenvoll.Braun, I, 1745.

Sehr stark betrunken. Der Ausdruck rührt aus der Periode, wo das Saufen eine Art Ehrensache war. Unter den Trinkgefässen gab es Pokale und Becher in Form von Kanonen.


Kanonist.

Ein grosser Kanonist ein grosser Esel ist.Luther, 335.

Eben kein Lob für Lehrer des kanonischen Rechts. „Man siehet wol“, sagt Luther, „welch kindisch, albern, schlecht Ding das geistliche Recht ist, ob wol viel heiliger, trefflicher Leute darinnen geweset sind, dass auch die Juristen sagen: Purus Canonista est magnus Asinista.“ (Heuseler, 97, 335.) Es wäre interessant zu erfahren, ob sich Luther über das jetzige protestantische oder auch specifisch lutherisch geistliche Recht günstiger aussprechen würde.


Kans.

*1 Dat is mîn Kans nich.Stürenburg, 102a.

Das ist nicht meine Sache; es ist mir gleichgültig, wie das ausfällt.

*2 Ick seh d'r gên Kans up.Stürenburg, 102a.

Ich sehe die Sache schwierig ein.

*3 Sin Kans1 wahrnehmen.Eichwald, 944.

1) Gute Gelegenheit, Glücksfall. (Stürenburg, 102a.)


Kante (Cantharus, Kandel, Kanne).

* lch muss mich hinfürt mehr an die kante halten.Tappius, 193b.

Ueber Kante in dieser Bedeutung vgl. Grimm, V, 172.


Kante (Margo, Ora, Rand, Ecke).

1 Je schärfer die Kanten, je grösser die Funken.

2 'T hang't in d' Kant' as't Hilgenland.Kern, 38.

Mit Bezug auf die schräge Oberfläche des Felseneilands Helgoland.

*3 Dat stêt so up de Kante.Dähnert, 217a.

Es kann leicht herunterfallen.

*4 Einen an die scharfe Kante kriegen.Frischbier2, 1883.

Ihn zur Entscheidung zwingen.

*5 Es is mit em up de Kant.Richey, 108; Schütze, II, 222; Dähnert, 217a.

Es geht mit ihm auf die Neige, seine Umstände sind mislich.

Lat.: Ad extrema redactus est.

*6 Gâ an de Kante.Dähnert, 217a.

Geh deine Wege.

*7 He will 't up allen Kanten wôren.Dähnert, 217a.

Er will es an allen Orten wahrnehmen.


[Spaltenumbruch]

*8 Sik in de Kante sett'n.Eichwald, 946.

*9 Up de Kant sett'n. (Altmark.) – Danneil, 95.

Etwas erübrigen, zurücklegen. Bei Dähnert (217a) heisst es: In de Kant setten = im Winkel verwahren, Geld aufheben.

*10 Up städ1 sünd Kanten Mod. (Pommern.)

1) Auf der Stelle, wird nicht blos räumlich, sondern auch als Umstand der Zeit gebraucht. – Jetzt sind Kanten Mode, wobei zu ergänzen: ich verbitte mir also die „Spitzen“.

*11 Vun'r nauen Kante wes'n.Eichwald, 945.


Kanthaken.

*1 Einen beim Kanthaken kriegen.Hennig, 115; Richey, 109; Danneil, 95; Grimm, V, 175; Frischbier, 369; Frischbier2, 1853; für Holstein: Schütze, II, 223.

Nach Adelung einen beim Genick oder bei den Haaren an sich ziehen, ihn packen, greifen, ihn dingfest machen. (Pr. Wörterbuch.) Wenn das Wort in der Redensart nicht verderbt für Kammhacken (vgl. Campe, Wörterbuch.) steht, dann kann es nur im uneigentlichen Sinne gebraucht sein. Unter Kantshaken versteht man zwei eiserne Haken an beiden Enden eines Taues, das in der Mitte ein Oehr hat, in welches der Haken eines andern Taues eingreift, um Lasten zu heben, an deren Kanten jene Hacken fassen. (Stürenburg, 102a.) Der Kanthaken ist ein eiserner Haken, den man an schwere Gefässe anschlägt, die man kanten oder an einer Seite heben will, an der entgegengesetzten Seite damit anzugreifen. Dergleichen Haken, eiserne Klauen, tragen die Ablader am Gurte, die Ballen und Fässer damit umzukanten. Bei Dähnert (217a): Krieg em bi'm Kanthaken = Pack ihn an, halt ihn fest.

*2 Etwas heim Kanthaken anfassen (anpacken).

„Es hat nicht jeder das Genie und die Energie, so kurz und gut eine Sache beim Kanthaken oder bei allen vier Zipfeln zu erwischen.“ (Bog. Goltz, Jugendleben, II, 392.) „Et glückede den brawen Manne, dat he't bî'n Kantshâken (Arm) to packen kreig.“ (Lyra, 51.)


Kantholz.

Kantholz, säd de Tömmermann un smeet sine Fru ut et Bedd. (Stallupönen.) – Frischbier2, 1884.


Kantig.

1 Nüms is kantiger as ein oll Doctor gegen einen jungen, de mihr lihrt hett as de oll.Mecklenb. Kalender (Rostock 1865).

*2 Der ist ihm zu kantig. (Trier.)

Zu stark, dreist, pfiffig, zu klug, lässt sich nicht vexiren. (Vgl. Grimm, V, 176.)


Kantor.

1 Cantores vnd Sänger, wenn sie vol supen wollen sie jmmer rupen.Mathesy, 322b.

2 Der Kanter hat de Fuss bedruegen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 117a.

Bezieht sich auf eine Anekdote oder ein Märchen.

3 Der Kantor hat seine Pause in der Gurgel.Winckler, XVII, 73.

4 Der Kantor (Vorsänger) hört dahin, wo man am besten nachsingt.

Jeder hat es gern, wenn man sich nach ihm richtet. Durch Gehorsam empfiehlt man sich.

5 Der Kantor singt wol mit dem Munde vor, aber er taktirt mit den Händen.

Dän.: Som cantor giør tonen med munden, bør han viise pausen med haanden. (Prov. dan., 98.)

6 Ein cantor geb einn guten küchenmeyster.Franck, II, 66b; Henisch, 583, 13; Lehmann, 121, 20; Simrock, 1434.

7 Kantoren singen dem Herrn und haben viel Durst und trinken gern.

Lat.: Cantores amant humores. (Schamelius, 147, 4.)

8 Roll, roll, roll, de Kantor össe Boll, de Kinder sönn de Narre, se gohne mött em blarre.

Schildert das ehemalige Circuitsingen zu Weihnacht und Pfingsten im Samlande. Das „Roll, roll“ bezieht sich wol auf den „Stern“, den die Knaben, namentlich zu Weihnacht, mit sich führten.

9 Was der Kantor mit der Kehle ersungen, wird bald wieder mit der Kehle verschlungen.

Span.: Los dineros del sacristan cantando se vienen, y cantando se van. (Cahier, 3699.)

10 Wenn der Kantor fehlet, muss es ein Husten seyn.Petri, II, 635.

Lat.: Haesitantia cantoris tussis. (Henisch, 583, 10; Binder I, 645; II, 1280; Weber, Append. 32.)

11 Wenn ein Cantor fehlet, gibt er dem husten die schuld.Henisch, 583, 9.

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[[566]/0572] Kanone. 1 Die Kanonen sind ultima ratio regum. – Eiselein, 361. 2 Jede Kanone muss einmal abkühlen. – Parömiakon, 1613. 3 Wenn die Kanone spricht, hört man die Flinte nicht. *4 Das ist unter der Kanone. D. h. sehr schlecht. *5 Eine Kanone laden, um eine Maus zu schiessen. – Altmann VI, 516. *6 Kanonen auffahren, um Sperlinge zu schiessen. – Altmann VI, 512; Reinsberg IV, 76. Kanonenfieber. * Er hat das Kanonenfieber. – Körte, 3276a; Braun, I, 1746. Eigentlich die fieberartige Erregung, die einen im Bereich der Kugeln ergreift; aber mehr scherzhaft oder ironisch angewandt, um die Furcht vor dem Schlachtenkampf zu bezeichnen. (Vgl. Grimm, V, 170.) Frz.: Il a fievre de veau, il tremble quand il est sou. (Leroux, I, 152.) Holl.: Hij heeft de kanonkoorts. (Harrebomée, I, 379b.) Kanonenfutter. * Eitel Kanonenfutter. Bezeichnung für Soldaten. Kanonenkugel. Eine Kanonenkugel braucht nicht erst zu rufen: Geh' mir aus dem Wege. Holl.: Een kanonskogel noodzaakt wel eens de ruiterij, om zich buiten schot te houden. (Harrebomée, I, 379b.) Kanonenrausch. * Er hat einen Kanonenrausch. (S. Boden 38.) (Rottenburg.) Kanonenstöpsel. * Es ist ein blosser (wahrer) Kanonenstöpsel. Besonders von einem groben, plumpen Frauenzimmer. Holl.: Hij is eene goede prop voor het kanon. (Harrebomée, I, 379b.) Kanonenvoll. * Er ist kanonenvoll. – Braun, I, 1745. Sehr stark betrunken. Der Ausdruck rührt aus der Periode, wo das Saufen eine Art Ehrensache war. Unter den Trinkgefässen gab es Pokale und Becher in Form von Kanonen. Kanonist. Ein grosser Kanonist ein grosser Esel ist. – Luther, 335. Eben kein Lob für Lehrer des kanonischen Rechts. „Man siehet wol“, sagt Luther, „welch kindisch, albern, schlecht Ding das geistliche Recht ist, ob wol viel heiliger, trefflicher Leute darinnen geweset sind, dass auch die Juristen sagen: Purus Canonista est magnus Asinista.“ (Heuseler, 97, 335.) Es wäre interessant zu erfahren, ob sich Luther über das jetzige protestantische oder auch specifisch lutherisch geistliche Recht günstiger aussprechen würde. Kans. *1 Dat is mîn Kans nich. – Stürenburg, 102a. Das ist nicht meine Sache; es ist mir gleichgültig, wie das ausfällt. *2 Ick seh d'r gên Kans up. – Stürenburg, 102a. Ich sehe die Sache schwierig ein. *3 Sin Kans1 wahrnehmen. – Eichwald, 944. 1) Gute Gelegenheit, Glücksfall. (Stürenburg, 102a.) Kante (Cantharus, Kandel, Kanne). * lch muss mich hinfürt mehr an die kante halten. – Tappius, 193b. Ueber Kante in dieser Bedeutung vgl. Grimm, V, 172. Kante (Margo, Ora, Rand, Ecke). 1 Je schärfer die Kanten, je grösser die Funken. 2 'T hang't in d' Kant' as't Hilgenland. – Kern, 38. Mit Bezug auf die schräge Oberfläche des Felseneilands Helgoland. *3 Dat stêt so up de Kante. – Dähnert, 217a. Es kann leicht herunterfallen. *4 Einen an die scharfe Kante kriegen. – Frischbier2, 1883. Ihn zur Entscheidung zwingen. *5 Es is mit em up de Kant. – Richey, 108; Schütze, II, 222; Dähnert, 217a. Es geht mit ihm auf die Neige, seine Umstände sind mislich. Lat.: Ad extrema redactus est. *6 Gâ an de Kante. – Dähnert, 217a. Geh deine Wege. *7 He will 't up allen Kanten wôren. – Dähnert, 217a. Er will es an allen Orten wahrnehmen. *8 Sik in de Kante sett'n. – Eichwald, 946. *9 Up de Kant sett'n. (Altmark.) – Danneil, 95. Etwas erübrigen, zurücklegen. Bei Dähnert (217a) heisst es: In de Kant setten = im Winkel verwahren, Geld aufheben. *10 Up städ1 sünd Kanten Mod. (Pommern.) 1) Auf der Stelle, wird nicht blos räumlich, sondern auch als Umstand der Zeit gebraucht. – Jetzt sind Kanten Mode, wobei zu ergänzen: ich verbitte mir also die „Spitzen“. *11 Vun'r nauen Kante wes'n. – Eichwald, 945. Kanthaken. *1 Einen beim Kanthaken kriegen. – Hennig, 115; Richey, 109; Danneil, 95; Grimm, V, 175; Frischbier, 369; Frischbier2, 1853; für Holstein: Schütze, II, 223. Nach Adelung einen beim Genick oder bei den Haaren an sich ziehen, ihn packen, greifen, ihn dingfest machen. (Pr. Wörterbuch.) Wenn das Wort in der Redensart nicht verderbt für Kammhacken (vgl. Campe, Wörterbuch.) steht, dann kann es nur im uneigentlichen Sinne gebraucht sein. Unter Kantshaken versteht man zwei eiserne Haken an beiden Enden eines Taues, das in der Mitte ein Oehr hat, in welches der Haken eines andern Taues eingreift, um Lasten zu heben, an deren Kanten jene Hacken fassen. (Stürenburg, 102a.) Der Kanthaken ist ein eiserner Haken, den man an schwere Gefässe anschlägt, die man kanten oder an einer Seite heben will, an der entgegengesetzten Seite damit anzugreifen. Dergleichen Haken, eiserne Klauen, tragen die Ablader am Gurte, die Ballen und Fässer damit umzukanten. Bei Dähnert (217a): Krieg em bi'm Kanthaken = Pack ihn an, halt ihn fest. *2 Etwas heim Kanthaken anfassen (anpacken). „Es hat nicht jeder das Genie und die Energie, so kurz und gut eine Sache beim Kanthaken oder bei allen vier Zipfeln zu erwischen.“ (Bog. Goltz, Jugendleben, II, 392.) „Et glückede den brawen Manne, dat he't bî'n Kantshâken (Arm) to packen kreig.“ (Lyra, 51.) Kantholz. Kantholz, säd de Tömmermann un smeet sine Fru ut et Bedd. (Stallupönen.) – Frischbier2, 1884. Kantig. 1 Nüms is kantiger as ein oll Doctor gegen einen jungen, de mihr lihrt hett as de oll. – Mecklenb. Kalender (Rostock 1865). *2 Der ist ihm zu kantig. (Trier.) Zu stark, dreist, pfiffig, zu klug, lässt sich nicht vexiren. (Vgl. Grimm, V, 176.) Kantor. 1 Cantores vnd Sänger, wenn sie vol supen wollen sie jmmer rupen. – Mathesy, 322b. 2 Der Kanter hat de Fuss bedruegen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 117a. Bezieht sich auf eine Anekdote oder ein Märchen. 3 Der Kantor hat seine Pause in der Gurgel. – Winckler, XVII, 73. 4 Der Kantor (Vorsänger) hört dahin, wo man am besten nachsingt. Jeder hat es gern, wenn man sich nach ihm richtet. Durch Gehorsam empfiehlt man sich. 5 Der Kantor singt wol mit dem Munde vor, aber er taktirt mit den Händen. Dän.: Som cantor giør tonen med munden, bør han viise pausen med haanden. (Prov. dan., 98.) 6 Ein cantor geb einn guten küchenmeyster. – Franck, II, 66b; Henisch, 583, 13; Lehmann, 121, 20; Simrock, 1434. 7 Kantoren singen dem Herrn und haben viel Durst und trinken gern. Lat.: Cantores amant humores. (Schamelius, 147, 4.) 8 Roll, roll, roll, de Kantor össe Boll, de Kinder sönn de Narre, se gohne mött em blarre. Schildert das ehemalige Circuitsingen zu Weihnacht und Pfingsten im Samlande. Das „Roll, roll“ bezieht sich wol auf den „Stern“, den die Knaben, namentlich zu Weihnacht, mit sich führten. 9 Was der Kantor mit der Kehle ersungen, wird bald wieder mit der Kehle verschlungen. Span.: Los dineros del sacristan cantando se vienen, y cantando se van. (Cahier, 3699.) 10 Wenn der Kantor fehlet, muss es ein Husten seyn. – Petri, II, 635. Lat.: Haesitantia cantoris tussis. (Henisch, 583, 10; Binder I, 645; II, 1280; Weber, Append. 32.) 11 Wenn ein Cantor fehlet, gibt er dem husten die schuld. – Henisch, 583, 9.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [566]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/572>, abgerufen am 22.12.2024.